Gekommen – um zu dienen
Kapitel 1
Einleitung
„Anfang des Evangeliums Jesu Christi, des Sohnes Gottes“ (1,1).
Markus beginnt sein Evangelium sehr direkt und ohne jeden Hinweis auf die Geburt oder das Geschlechtsregister des Herrn, wie wir es bei Matthäus und Lukas finden. Wenn es um die Beschreibung eines Dieners geht, sind Abstammung oder Geburt unwichtig. Bei einem Diener zählt allein, dass er in Treue seinen Dienst ausführt.
Der Heilige Geist wacht darüber, dass deutlich wird, dass der Herr trotz seiner tiefen Erniedrigung auf der Erde jederzeit der Sohn Gottes war und ist. Diese Wahrheit finden wir hier im ersten Vers des Evangeliums und in Kapitel 15,39 am Ende des Buches erwähnt. Sie bildet somit einen gewissen Rahmen um das gesamte Evangelium.
Es ist der Anfang des Evangeliums „Jesu Christi, des Sohnes Gottes“. Der Herr wird in seiner ganzen Würde als vollkommener Mensch (Jesus Christus) und als Gott (Sohn Gottes) vorgestellt. Hier kommt Gott „offenbart im Fleisch“ auf diese Erde (1. Tim 3,16). Er trägt den Namen Jesus, d. h. „der Herr ist Rettung“ (vgl. Anm. zu Mt 1,21). Das ist der Name, den Er als Mensch trägt, dieser eine Name, „in dem wir errettet werden müssen“ (Apg 4,12). Er ist aber auch der Christus, der „Gesalbte Gottes“, der Mann des Ratschlusses Gottes.
In seinem Sohn beginnt Gott, das Evangelium, die gute Botschaft zu verkündigen. Gott redet jetzt „im Sohn“ zu den Menschen (Heb 1,2). Die zwei Hauptpunkte dieser guten Botschaft sind die Buße und der Glaube, wie aus Vers 14 und 15 hervorgeht.
Immer, wenn wir in der Heiligen Schrift von einem „Anfang“ lesen, können wir etwas ganz Besonderes erwarten. So geht es z. B. in 1. Mose 1,1 um die Schöpfung Gottes, in Johannes 1,1 um das ewige Wort und hier um den Anfang der Beschreibung des Herrn in Niedrigkeit als Diener auf der Erde.
Dienst und Auftrag Johannes’ des Täufers
„... wie geschrieben steht in Jesaja, dem Propheten: „Siehe, ich sende meinen Boten vor deinem Angesicht her, der deinen Weg bereiten wird.“ „Stimme eines Rufenden in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn, macht gerade seine Pfade!“
Johannes der Täufer trat in der Wüste auf und predigte die Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden. Und das ganze jüdische Land ging zu ihm hinaus und alle Bewohner von Jerusalem; und sie wurden im Jordanfluss von ihm getauft, indem sie ihre Sünden bekannten. Und Johannes war bekleidet mit Kamelhaar und einem ledernen Gürtel um seine Lenden; und er aß Heuschrecken und wilden Honig. Und er predigte und sagte: Nach mir kommt einer, der stärker ist als ich, dem den Riemen seiner Sandalen gebückt zu lösen ich nicht wert bin. Ich habe euch mit Wasser getauft, er aber wird euch mit Heiligem Geist taufen“ (1,2–8).
Vers 2 enthält einen zweifachen Hinweis auf die Erhabenheit und Gottheit des treuen Knechtes im Markusevangelium. Zunächst ist die Änderung, die der Heilige Geist beim Zitieren des Verses aus Maleachi 3,1 vornimmt, ein Beweis der göttlichen Herrlichkeit des Herrn Jesus. In Maleachi ist es der Herr, der seinen Boten sendet, dass er den Weg bereite vor Ihm (d. h. dem Herrn) her. In dem Zitat des Verses hier ist es immer noch der Herr, der seinen Boten (Johannes) sendet, aber hier vor „deinem Angesicht“ her, das meint: dem Angesicht des Herrn Jesus. Daraus folgt: Der als Mensch auf diese Erde gekommene Jesus ist der Herr (Jahwe) selbst.
Des Weiteren ist es ungewöhnlich, dass ein Bote vor einem Knecht her gesandt wird. Ein Herold oder ein Vorauskommando wurde früher wie auch heute nur vor großen Würdenträgern her gesandt. Auch dieser Punkt zeigt die Würde des Knechtes, der hier kommt.
Obwohl dieser Vers aus Maleachi stammt, werden die beiden Zitate in Vers 2 und 3 dem Propheten Jesaja zugeordnet. Warum? Liest man den Vers aus Maleachi 3,1 im Zusammenhang des ganzen Kapitels, so erkennt man, dass das zentrale Thema in Maleachi 3 das Gericht Gottes ist. Dort kommt der Bote Gottes, um das Gericht anzukündigen. Hier im Markusevangelium kommt der Herr Jesus jedoch nicht in erster Linie, um Gericht auszuführen, sondern Er kommt in Gnade – und genau das ist das Thema in Jesaja 40. So können wir auch in der Verbindung dieser zwei Stellen aus Jesaja die Weisheit Gottes erkennen.
Vers 3 beschreibt den Auftrag Johannes’ des Täufers. Bei den schlechten Straßen früher war es oft erforderlich, dass ein Vorauskommando den Weg vor einer hochgestellten Persönlichkeit von Hindernissen freiräumte. Johannes’ Aufgabe war es, die Herzen des Volkes in moralischer Hinsicht für den Herrn Jesus zuzubereiten. Der Herr war da, um das neue Leben einzuführen. Dazu mussten jedoch die Hindernisse der Sünde in den Herzen beseitigt werden.
Das Zitat hier stellt einen etwas anderen Gedanken vor als die Originalstelle in Jesaja 40,3. In Jesaja 40 spricht die Stimme eines Rufenden, dass in der „Wüste der Zerstreuung und Gefangenschaft“, in der sich das Volk Gottes befand, ein Weg für ihren Gott gebahnt werden sollte. Hier in Markus 1,3 ist das Volk selbst für seinen Gott eine geistliche Wüste. Und in diese Wüste hat Gott in seiner Gnade seinen Sohn gesandt.
Die Botschaft dieses Verses können wir ganz praktisch auf uns anwenden. Wir sollten uns täglich die Frage stellen, ob in unseren Herzen gebahnte Wege sind, damit wir seine Botschaft aufnehmen können, oder ob Hindernisse da sind und wir „freie Bahn“ machen müssen.
Johannes trat in der Wüste auf und predigte die Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden. Die Taufe des Johannes war eine Bußtaufe, die aber kein Leben geben konnte. Die Bußtaufe trennte den gläubigen Überrest von dem übrigen unbußfertigen Volk. Um den rechten Platz vor Gott einzunehmen, musste das Volk zu Johannes hinausgehen: eine Illustration des für alle sichtbaren Stellungswechsels, der in der Taufe allgemein ausgedrückt wird.
Johannes wies in seiner Predigt auf den Glauben an den Herrn Jesus und die Notwendigkeit der Buße hin. Denn nur in Verbindung mit Ihm kann man neues Leben bekommen. Und Vergebung gibt es nur, wenn echte Buße, verbunden mit einem Sündenbekenntnis, vorhanden ist.
Die christliche Taufe hat einen anderen Charakter als die Taufe der Buße. Wenn sie in der richtigen Weise an einem Gläubigen vollzogen wird, wird dadurch öffentlich bezeugt, dass dieser Buße getan hat und nun dem Herrn nachfolgen will. Sie trennt den Gläubigen von der Welt.
Die Taufe wurde im Jordan durchgeführt. Den Jordan finden wir an vielen Stellen in der Schrift. Nur im Jordan, nicht in einem der Flüsse von Damaskus, konnte Naaman, der Syrer, von seinem Aussatz geheilt werden. Auch das Volk Israel konnte nur durch den Jordan in den Bereich des Segens, in das verheißene Land eintreten. So können auch wir den Segen des neuen Lebens nur erlangen, wenn wir uns mit dem Tod des Herrn Jesus einsmachen, wovon der Jordan ein Bild ist.
Die Kleidung des Johannes war die eines Propheten (2. Kön 1,8).
Durch seinen Aufenthaltsort, seine Kleidung und seine Nahrung sonderte er sich als Bote des Herrn ab. Er ernährte sich nicht von der Nahrung der Welt und bewahrte so seine Botschaft machtvoll und rein. Auch wir sollen heute solche klaren Wegweiser zum Herrn Jesus sein.
Vers 7 stellt den besonderen Gegenstand der Predigt des Johannes vor. Er predigte nicht nur die Buße, sondern es war ihm auch eine große Freude, auf den Herrn Jesus hinzuweisen und Ihn den Zuhörern groß zu machen. Die Art und Weise, in denen Johannes von dem spricht, der nach ihm kommen sollte, ist sehr beeindruckend. Er hielt sich nicht für tüchtig genug, dem Herrn den Riemen seiner Sandalen „gebückt“ (diese Ergänzung steht nur bei Markus) zu lösen. Dies zeigt die tiefe Demut und die große Ehrfurcht vor dem Herrn Jesus, durch die Johannes gekennzeichnet war. In Johannes 3,30 sagt er über den Herrn: „Er muss wachsen, ich aber abnehmen“, und offenbart darin das Wesen eines echten Dieners: den groß machen, dem er dient.
Wenn hochgestellte Leute in ihr Haus eintraten, wurden ihnen von einem einfachen Diener die Sandalen ausgezogen. Und selbst für diesen niedrigen Dienst hielt Johannes, der größte der Propheten (vgl. Lk 7,28), sich nicht für würdig genug.
Von dieser Haltung des Johannes und auch von manchen anderen Personen im Neuen Testament (z. B. den Magiern in Mt 2,11 und den Frauen in Lk 8,3) können wir viel für unser praktisches Leben lernen. Wie sehen wir den Herrn Jesus und was bedeutet Er uns? Wir kennen viel mehr von dem Herrn als diese Personen, und doch stehen wir in der Wertschätzung seiner Person oft weit hinter ihnen zurück.
Wie groß wird uns aber der Herr selbst, wenn wir Ihn, dem hier und auch in den Versen 9–11 so große Ehre widerfährt, in Johannes 13 sehen, wie Er sich bückt und die Füße der Jünger wäscht.
In Vers 7 hat Johannes den Vergleich zwischen der persönlichen Würde und Stellung des Herrn und seiner eigenen Niedrigkeit gezogen. In Vers 8 stellt er das Tun des Herrn seinem eigenen Handeln gegenüber. Er hatte mit Wasser getauft, der nach ihm Kommende würde mit Heiligem Geist taufen. Wer so etwas tun würde, musste von oben sein, konnte nur Gott selbst sein.
Die Taufe mit Heiligem Geist fand einmalig in Apostelgeschichte 2 statt, als der Heilige Geist auf die Erde herabkam und die Versammlung der Zeit nach gebildet wurde. Davon spricht auch 1. Korinther 12,13. Wer heute an das Evangelium glaubt, wird nicht mehr mit Heiligem Geist getauft, sondern wird mit Ihm versiegelt, empfängt Ihn als Unterpfand (Eph 1,13.14) und Salbung (1. Joh 2,20.27) und wird der Versammlung hinzugefügt. Der Geist Gottes wohnt in jedem Gläubigen und wird in Ewigkeit bei uns sein (Joh 14,17).
Die hier von Johannes erwähnte Taufe mit Heiligem Geist verweist auch auf ein noch zukünftiges Ereignis, wenn Gott den Geist über alles Fleisch ausgießen wird (Joel 3,1–3; Jes 32,15; 44,1–5 u. a.).
Hier wird nicht wie in Matthäus 3 und Lukas 3 von der Taufe mit Feuer gesprochen. Sie redet von Gericht, das der Herr einmal ausüben wird. Das ist nicht das Hauptthema von Markus. Er ist inspiriert, nur das von dem Zeugnis des Johannes zu berichten, was direkt mit dem Dienst des Herrn in Gnade und im Evangelium in Verbindung steht.
Die Taufe des Herrn im Jordan
„Und es geschah in jenen Tagen: Jesus von Nazareth in Galiläa kam und wurde von Johannes im Jordan getauft. Und sogleich, als er aus dem Wasser heraufstieg, sah er die Himmel sich teilen und den Geist wie eine Taube auf ihn herniederfahren. Und eine Stimme erging aus den Himmeln: Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden“ (1,9–11).
Der Herr wird hier als „Jesus von Nazareth in Galiläa“ vorgestellt. Das zeigt Ihn als Den, der sich „zu nichts machte“ (Phil 2,7), denn Nazareth war eine sehr verachtete Stadt (siehe Joh 1,46) und Galiläa ein ebenso verachtetes Gebiet. Es wird vielfach angenommen, dass mit dem „Volk, das im Finstern wandelt“, und mit dem „Land des Todesschattens“ in Jesaja 9,1 die Bewohner und das Gebiet von Galiläa gemeint sind (vgl. Mt 4,15.16).
„Jesus, der Nazaräer“ – das war die verächtliche Bezeichnung für den Herrn seitens der Menschen, die Ihn verwarfen, und doch hat Er diesen Namen mit in den Himmel genommen (Apg 22,8).
Der Herr „kam“ – dieses Wort ist das erste von vielen in diesem Kapitel, die den Herrn als den Diener zeigen, der stets in Bewegung war (V. 14.16.19 usw). Er, der sündlose Herr, kommt und reiht sich in die Reihe derer ein, die Buße tun, und lässt sich von einem Niedrigeren taufen. Er lässt sich taufen, um sich mit dem bußfertigen Überrest einszumachen.
Die Taufe ist ein Bild des Todes. Für die Juden, die sich taufen ließen, war es der Tod in einer geistlichen Bedeutung, der Herr musste den Tod jedoch buchstäblich erfahren. Sicherlich dachte Er bei dieser Begebenheit auch an die „Taufe“, mit der Er getauft werden musste (Lk 12,50).
„Sogleich“ – dieses für das Markusevangelium kennzeichnende Wort wird in Vers 10 zum ersten Mal gebraucht. Ein Mann aus Nazareth musste – bildlich gesprochen – normalerweise lange im Jordan verweilen, da er viele Sünden zu bekennen hatte. Aber der Herr kann „sogleich“ aus dem Jordan heraussteigen. Er ist der Reine und völlig Sündlose, der sich selbst in Nazareth nicht verunreinigt.
Über dieser Szene am Jordan teilen sich die Himmel. Gott lässt nicht zu, dass Unklarheit herrscht über Den, der sich hier in die Reihe derer stellt, die sich taufen lassen. Jetzt gibt Gott ein zweifaches Zeugnis aus dem Himmel über den „Mann von Nazareth“:
- Gott, der Heilige Geist, kommt sichtbar in Gestalt einer Taube auf den Herrn Jesus.
- Die Stimme Gottes des Vaters wird hörbar, um Ihn als den geliebten Sohn zu kennzeichnen.
In diesem zweifachen Charakter entspricht das Zeugnis Gottes über den Sohn den Anforderungen des Gesetzes an ein gültiges und wahres Zeugnis (Joh 8,17; 5. Mo 17,6; 19,15). Zugleich wird das Zeugnis des Schreibers Markus über den Herrn Jesus (V. 1) von göttlicher Seite aus bestätigt. Markus hatte von dem Herrn Jesus als dem „Christus“, dem Gesalbten gesprochen – diese Salbung erfolgt hier in Vers 9 durch das Herniederkommen des Heiligen Geistes auf den Herrn (Lk 4,18; Apg 10,38). Weiter hatte Markus von dem Herrn Jesus als dem „Sohn Gottes“ gesprochen – und das bezeugt Gott der Vater hier in Vers 10.
Das Geschehen in Vers 10 ist die Erfüllung der Anordnung für das Speisopfer in 3. Mose 2,4, wo es heißt, dass es ein Speisopfer „gesalbt mit Öl“ sein musste.
Im Alten Testament wurden Könige, Priester und Propheten durch eine Salbung mit Öl offiziell in ihr Amt eingeführt. Und viele prophetische Aussagen und Vorausbilder zeigten, dass der verheißene Messias auch so gekennzeichnet werden würde (1. Sam 2,10; Ps 2,2; Apg 4,25–27; Ps 45,8; Jes 11,1.2; 42,1; 61,1; Dan 9,24.25). Diese Prophezeiungen waren unter dem Volk auch bekannt, denn der Christus wurde als solcher erwartet (Joh 1,41; 4,25.29; 7,27.31.41.42). Der Herr begann seinen Dienst somit in völliger Übereinstimmung mit den Schriften.
Der Heilige Geist in Gestalt einer Taube symbolisiert die Demut und Reinheit als spezielle Kennzeichen, in denen die Kraft des Geistes sich in dem Herrn Jesus offenbaren würde.
Nur hier bei Markus und in Lukas 3,22 findet sich die direkte Anrede „Du“ – vielleicht will der Vater gerade in diesen beiden Evangelien, in denen der Herr in seiner tiefen Erniedrigung als Mensch gezeigt wird, den Herrn Jesus inmitten der bußfertigen Juden so direkt ansprechen und herausstellen. Er ist der geliebte Sohn des Vaters. Aus Johannes 17 wissen wir, dass die Liebe zwischen dem Vater und dem Sohn schon in der Ewigkeit vor der Zeit bestand. Und dieses Kennzeichen der Ewigkeit bezeugt der Vater jetzt an seinem Sohn als Mensch in Niedrigkeit.
Die Versuchung des Herrn in der Wüste
„Und sogleich treibt der Geist ihn hinaus in die Wüste. Und er war vierzig Tage in der Wüste und wurde von dem Satan versucht; und er war unter den wilden Tieren, und die Engel dienten ihm“ (1,12.13).
Markus berichtet in nur zwei Versen von der Versuchung des Herrn, aber diese Verse sind voll von der Herrlichkeit des Sohnes Gottes. Diese Szene, die der aus den Versen 10 und 11 so völlig entgegengesetzt ist, zeigt deutlich, wohin der geliebte Sohn des Vaters gekommen war, um seinen Dienst zu erfüllen. Er, der Schöpfer, tritt in seine gefallene Schöpfung ein, die unter der Herrschaft Satans steht, um „die Werke des Teufels zu vernichten“ (1. Joh 3,8).
Markus und Lukas 4,1 berichten davon, dass der Herr Jesus vierzig Tage lang (die Zahl völliger Erprobung) versucht wurde. Diese Versuchungen geschahen, damit bewiesen würde, dass dieser vollkommen reine und sündlose Mensch nicht sündigen konnte. Satan gibt sich hier wie auch später in Gethsemane die größte Mühe, den Herrn zu Fall zu bringen. Und obwohl das nicht gelingen konnte, bedeuteten diese Versuchungen für den Herrn doch tiefste innere Not.
Aber diese Szene in der Wüste liefert auch eindrucksvolle Zeugnisse davon, wer dieser niedrige Diener in Wirklichkeit ist. Satans völliger Misserfolg zeigt die Vollkommenheit Jesu. Und selbst die Schöpfung zeugt von der Herrlichkeit seiner Person. Für Ihn, den Schöpfer in Knechtsgestalt, sind die Tiere nicht wild, und sie fürchten sich auch nicht vor Ihm (1. Mo 9,2). Dann geben noch die Engel Zeugnis von der Herrlichkeit seiner Person. Sie, die höchsten himmlischen Geschöpfe, finden ihre Freude darin, Dem zu dienen, der gekommen war, um den gefallenen Menschen zu dienen. So zeigen diese zwei Verse den niedrigen Diener als den Herrn über Satan, die Erde und den Himmel.
Die Umstände und Ergebnisse dieser Versuchung stehen in großem Gegensatz zu der Versuchung des ersten Menschenpaares in 1. Mose 3. Adam, der Gegenstand des Interesses Gottes, erlag der Versuchung unter günstigsten Umständen im Garten Eden. Der Herr, dem in den ungünstigen Umständen in der Wüste das volle Interesse Satans gilt, geht als herrlicher Sieger aus der Versuchung hervor.
Der Anfang von Vers 12 beinhaltet noch eine praktische Lektion für uns: „Und sogleich treibt der Geist ihn“ – der Heilige Geist konnte völlig und ungehindert in dem Herrn Jesus wirken. Auch in uns möchte der Geist so wirken und uns antreiben und anleiten in unserem Wandel und Zeugnis für den Herrn (Apg 1,8). Wir müssen Ihn nur wirken lassen.
Die Predigt des Herrn in Galiläa
„Nachdem aber Johannes überliefert worden war, kam Jesus nach Galiläa, predigte das Evangelium des Reiches Gottes und sprach: Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist nahe gekommen. Tut Buße und glaubt an das Evangelium“ (1,14.15).
Ohne die näheren Umstände zu schildern, wird hier von Johannes’ Gefangennahme berichtet. Auch darin und in seinem Tod wurde Johannes der Vorläufer des Herrn. Direkt nach der Beiseitesetzung des Johannes beginnt der Herr seinen Dienst. Wenn das Licht der Welt kommt, ist kein Platz mehr für die „brennende und scheinende Lampe“ (Joh 5,35), so wertvoll sie auch in der Zeit der Dämmerung war. Die Ablehnung des Johannes machte den bösen Herzenszustand der Menschen und die ganze Macht der Sünde deutlich – und gerade das machte den Dienst der Gnade, den der Herr ausüben würde, so dringend erforderlich. Es hätte nutzlos erscheinen können, dass der Herr seinen Dienst begann, nachdem sein Vorläufer verworfen worden war. Aber der Herr kam, obwohl Er alles wusste, was über Ihn kommen würde, um gerade in dieser hasserfüllten Welt zu offenbaren, wer Gott ist.
Der Herr war gesalbt worden, „Armen gute Botschaft zu verkündigen“ – und dementsprechend beginnt Er seinen Dienst in dem verachteten Gebiet von Galiläa, seiner irdischen Heimat. Bevor der Herr seinen praktischen Dienst beginnt, verkündigt Er zuerst in kurzen und klaren Worten seine Botschaft. Der Gegenstand seiner Predigt ist „das Evangelium [des Reiches] Gottes“. Es ist das Evangelium Gottes. Das weist auf den Ursprung und die Herkunft des Evangeliums hin, denn als der Knecht Gottes kommt der Herr nicht mit einer unabhängigen Botschaft (Joh 7,16.17; 12,49; 14,24).
Die Botschaft selbst in Vers 15 enthält eine zweifache Ankündigung und eine zweifache Aufforderung: Er verkündigt, dass (a) die Zeit erfüllt ist und dass (b) das Reich Gottes nahe gekommen ist. Dann fordert Er die Menschen auf, zum einen Buße zu tun und zum anderen an das Evangelium zu glauben.
Die von Gott bestimmte Zeit war erfüllt, zu der der Herr auf die Erde gesandt werden sollte, um das Reich aufzurichten. Das ist das Evangelium, die gute Botschaft des Reiches Gottes. Und die Tatsache, dass der Herr, der König, da war, machte deutlich, wie nah das Reich Gottes gekommen war. Doch der Herr wurde von seinem Volk als König abgelehnt (Joh 19,15b) und ans Kreuz gebracht und die Aufrichtung des Reiches auf der Erde damit aufgeschoben. Erst im 1000-jährigen Reich wird dies geschehen. Die inneren Kennzeichen dieses Reiches sind damals wie heute „Gerechtigkeit und Friede und Freude“ (Röm 14,17), während „Trübsale“ (Apg 14,22) ein äußeres Kennzeichen des Reiches sind.
Um heute in den Bereich zu gelangen, wo Gott regiert, sind gewisse Voraussetzungen zu erfüllen. Das Reich Gottes lässt sich nicht mit der Sünde und der Ungerechtigkeit des Menschen verbinden. Es ist erforderlich, im Licht Gottes Buße zu tun und an das Evangelium zu glauben, um in das Reich Gottes einzutreten. Apostelgeschichte 20,21 zeigt, dass die „Buße zu Gott“ und der „Glaube an den Herrn Jesus Christus“ immer die Kernpunkte jeder Evangeliumsverkündigung sein müssen.
Die Berufung der ersten vier Jünger
„Und als er am See von Galiläa entlangging, sah er Simon und Andreas, den Bruder Simons, die in dem See Netze auswarfen, denn sie waren Fischer. Und Jesus sprach zu ihnen: Kommt, folgt mir nach, und ich werde euch zu Menschenfischern machen; und sogleich verließen sie die Netze und folgten ihm nach. Und als er ein wenig weitergegangen war, sah er Jakobus, den Sohn des Zebedäus, und Johannes, seinen Bruder, auch sie in dem Schiff, wie sie die Netze ausbesserten; und sogleich rief er sie. Und sie ließen ihren Vater Zebedäus mit den Tagelöhnern in dem Schiff und gingen weg, ihm nach“ (1,16–20).
Während der Herr in Vers 15 noch alleine im Dienst steht, beginnt Er hier als der große Menschenfischer damit, Menschen mit sich zu verbinden. Er ruft sie in seinen Dienst, um aus ihnen „Menschenfischer“ zu machen. Er sieht sowohl Simon und Andreas in Vers 16 als auch Jakobus und Johannes in Vers 19. So sieht Er jeden von uns ganz persönlich und möchte uns in seinen Dienst rufen. Dabei ist der Blick des Herrn in erster Linie auf die Einfachen und Geringen gerichtet, die nicht auf eigene Fähigkeiten vertrauen. Sie waren Fischer – „ungelehrte und ungebildete Leute“, wie Apostelgeschichte 4,13 sagt, aber sie waren fleißig in ihrem Beruf und daran gewöhnt, zu arbeiten. Der Herr möchte uns gebrauchen, aber wir müssen uns bewusst sein, dass wir in uns selbst nichts sind und nichts haben. Wenn Er zum Dienst beruft, gibt Er auch die Fähigkeiten dazu. Wir müssen nur bereit sein, Ihm zu folgen. Nachfolge geht jedem Dienst voraus (Joh 12,26). Das zeigen diese Verse ganz besonders (V. 17.18.20).
Simon und Andreas verlassen ihre Netze und folgen Ihm nach, Jakobus und Johannes verlassen ihren Vater und folgen Ihm nach. Sowohl irdische Beschäftigungen (die Netze) als auch uns umgebende Personen (der Vater) können für uns zu Hindernissen in der Nachfolge werden (Lk 9,57–62). Aber wie aus Johannes 1,35–51 zu entnehmen ist, war diese Szene hier nicht die erste Begegnung der Jünger mit dem Herrn. Sie hatten Ihn vorher schon kennen gelernt. So ist es auch bei uns: Wenn wir etwas von dem erkannt haben, was Er ist, fällt es uns leichter, Dinge zu verlassen, die uns an der Nachfolge hindern wollen.
In den Tätigkeiten, die Petrus und Johannes ausübten, als der Herr sie berief, liegt eine symbolische Andeutung ihres späteren Auftrags im Dienst des Herrn:
Simon „warf Netze im See aus“ – die ersten Kapitel der Apostelgeschichte zeigen, dass Petrus ein Menschenfischer wurde, der „mit dem Netz“ fischte. Viele Menschen kamen durch seine Predigten zum Glauben (Apg 2,41; 4,4).
Johannes „besserte die Netze aus“ – er begann seinen Dienst in einer Zeit, als die „Netze des Christentums“ zu reißen begannen. Seine Briefe zeigen seine Bemühungen um die Gläubigen in einer Zeit, als erste Irrlehrer auftraten. Dieser Dienst an den Einzelnen ist heute noch ebenso wichtig in einer Zeit, die durch Lieblosigkeit und Gleichgültigkeit gekennzeichnet ist und in der sich viele vom richtigen Weg abwenden.
Der Herr in der Synagoge von Kapernaum
„Und sie gehen nach Kapernaum hinein. Und sogleich am Sabbat ging er in die Synagoge und lehrte. Und sie erstaunten sehr über seine Lehre; denn er lehrte sie wie einer, der Vollmacht hat, und nicht wie die Schriftgelehrten“ (1,21.22).
Hier lernen die Jünger etwas davon, was Nachfolge bedeutet. Sie gehen gemeinsam hinter dem Herrn her, beobachten Ihn und hören seinen Worten zu. Das ist es, was „nötig“, was wichtig ist (Lk 10,39.42).
Der Herr folgt der damals herrschenden Gewohnheit und geht am Sabbat in die Synagoge. Die Synagoge war für den Juden der Ort, wo das Alte Testament gelesen und ausgelegt wurde, denn damals gab es nur wenige Schriftrollen, und die gehörten in der Regel dem Synagogenvorsteher. Diesen Ort missbrauchten aber oftmals die Pharisäer und Schriftgelehrten, um sich selbst groß zu machen. Sie gingen in der Auslegung des Wortes oft weit über das Gesetz hinaus und standen mit ihrem Leben andererseits nicht hinter dem, was sie lehrten. Nicht so der Herr Jesus. Er lehrte sie wie einer, der Vollmacht oder Gewalt hat, und sein ganzes Leben stand in Einklang mit dem, was Er sagte. Seine Worte erreichten die Herzen der Zuhörer. Als der wahre Prophet Gottes redete Er in der Abhängigkeit von Gott dessen Worte zu dem Volk (5. Mo 18,18). So geschieht auch heute noch wahrer prophetischer Dienst. In Vers 14 haben wir bereits gesehen, worin die Lehre des Herrn bestand: Er predigte das Evangelium des Reiches. Ein Beispiel dafür findet sich in Johannes 3, wo Er dem Schriftgelehrten Nikodemus die Schriften erklärt.
Die Heilung des Menschen mit dem unreinen Geist
„Und sogleich war in ihrer Synagoge ein Mensch mit einem unreinen Geist; und er schrie auf und sprach: Was haben wir mit dir zu schaffen, Jesus, Nazarener? Bist du gekommen, um uns zu verderben? Ich kenne dich, wer du bist: der Heilige Gottes. Und Jesus gebot ihm ernstlich und sprach: Verstumme und fahre von ihm aus! Und der unreine Geist zerrte ihn hin und her und rief mit lauter Stimme und fuhr von ihm aus. Und sie entsetzten sich alle, so dass sie sich untereinander befragten und sprachen: Was ist dies? Was ist dies für eine neue Lehre? Denn mit Vollmacht gebietet er sogar den unreinen Geistern, und sie gehorchen ihm. Und die Kunde von ihm ging sogleich aus überallhin in das ganze Gebiet von Galiläa“ (1,23–28).
Nun können die Jünger und auch wir von dem Herrn Jesus lernen, wie Er mit einzelnen Menschen umgeht. Gleich zu Beginn seines Dienstes stellt sich dem Herrn in dem Menschen mit dem unreinen Geist die Macht Satans entgegen. Was muss es für den Herrn gewesen sein, in seinem Dienst ständig mit der Sünde konfrontiert zu werden und zu sehen, was die Macht des Teufels aus den Geschöpfen Gottes gemacht hatte (Joh 8,44.45)! Seine Gegenwart auf der Erde brachte das Wirken Satans in ganz besonderer Weise ans Licht. Daher finden wir in den Evangelien auch so viele Berichte von besessenen Menschen. Aber auch in unserer Zeit offenbart sich das Böse in zunehmender Weise.
Der unreine Geist verbindet sich hier ganz mit dem Menschen, von dem er Besitz genommen hatte. Er sagt: „Was haben wir mit dir zu schaffen, Jesus, Nazarener?“ In dieser Frage liegt Wahrheit, denn welche Gemeinschaft hat Licht mit Finsternis (2. Kor 6,14)? Aber es ist nicht die ganze Wahrheit, denn der Herr kam, um Menschen aus der Gewalt der Finsternis zu retten (Kol 1,13). Der unreine Geist fährt fort, indem er fragt: „Bist du gekommen, um uns zu verderben?“ Auch darin hat er in Bezug auf sich selbst recht, wie 1. Johannes 3,8b zeigt. Aber in Bezug auf den besessenen Menschen hat er unrecht. Denn ihn will der Herr retten (Mt 18,11). Das Zeugnis, das der böse Geist dem Herrn Jesus dann ausstellt: „Du bist der Heilige Gottes“, entspricht der Wahrheit und ist doch wiederum nicht die ganze Wahrheit, denn niemals nannten die Dämonen Ihn „Herr“. Was muss das für die Zuhörer in der Synagoge gewesen sein, die den Herrn oft so verächtlich bezeichneten.
Der Herr kann das Zeugnis des unreinen Geistes jedoch nicht annehmen. Es muss ganz klar sein, dass keine Verbindung zwischen Ihm, dem Knecht Gottes, und dem Geist der Finsternis besteht. Mit Autorität gebietet Er dem Geist, aus dem Menschen auszufahren. Darin wird deutlich, dass der Herr nicht nur lehrte wie einer, der Vollmacht hat. Sein Handeln war durch Kraft und Vollmacht gekennzeichnet. Seine Lehre und sein Handeln waren in völliger Übereinstimmung. Das kommt auch in der zweifachen Frage der Menschen in Vers 27 zum Ausdruck: „Was ist dies [d. h. für eine Handlung]? Was ist dies für eine neue Lehre?“ Auch bei uns müssen die Werke unsere Worte unterstützen, sonst wird unser Dienst schwach oder vergeblich sein.
Vers 26 zeigt eine häufig anzutreffende Handlungsweise Satans: Wenn er erkennt, dass er einen Menschen nicht für sich behalten kann, setzt er noch einmal alles daran, ihn besonders zu quälen. So tat er es auch mit dem jungen Mann in Markus 9,26. Und der Pharao quälte die Kinder Israel nie so heftig wie kurz vor ihrer Flucht aus Ägypten. Bis heute hat Satan sein Verhalten nicht geändert, aber der Herr ist stärker. Er hat Macht über den Feind und hat diese Macht auf Golgatha in seinem Sieg über den Teufel völlig offenbart.
Das Handeln des Herrn ruft Entsetzen bei den Anwesenden hervor. Aber wir finden keinen Hinweis darauf, dass sie ein Interesse haben, diese Macht Gottes näher kennenzulernen. Ihre Herzen werden nicht wirklich berührt, es ist mehr ein Interesse an der Sensation.
Die Heilung der Schwiegermutter Simons
„Und sogleich gingen sie aus der Synagoge hinaus und kamen in das Haus von Simon und Andreas, mit Jakobus und Johannes. Die Schwiegermutter Simons aber lag fieberkrank danieder; und sogleich sagen sie ihm von ihr. Und er trat hinzu und richtete sie auf, indem er sie bei der Hand ergriff; und das Fieber verließ sie sogleich, und sie diente ihnen“ (1,29–31).
Nach seinem öffentlichen Handeln tritt der Herr hier in das Haus von Simon und Andreas ein. In diesem Haus ist Not. Simons Schwiegermutter liegt fieberkrank danieder. In ihrem wachsenden Vertrauen zu Ihm sagen die Jünger dem Herrn sogleich von der Not – etwas, das auch wir jederzeit tun können.
Fieber ist ein äußeres Anzeichen einer im Körper wirkenden Krankheit. Darin können wir ein Bild der in uns wohnenden Sünde sehen, die sich in Unruhe äußert. Auf das Handeln des Herrn hin weicht das Fieber sofort. So ist es auch heute: Wenn die Sünde bei einem Menschen zur Not wird und er bereit ist, sich im Glauben und im Vertrauen an den Herrn zu wenden, heilt Er sofort. Denn Er hat am Kreuz nicht nur die Macht Satans gebrochen, sondern auch die Sünde vor den Augen Gottes weggetan.
Nur bei Markus finden wir bei dieser Begebenheit den Hinweis, dass der Herr Jesus die Schwiegermutter Simons „bei der Hand ergriff“. Eine bewegende Handlung des Herrn, die Ihn im persönlichen Kontakt mit den Nöten des Menschen zeigt. Er, der Allmächtige, legt seine Hand auf die Schwachheiten des Menschen (z. B. auch Mk 9,27; Mt 14,31). Genauso legt Er seine Hand auch auf jeden Sünder, der zu Ihm kommt, weil Er sein Herz und Gewissen berühren möchte.
Die Frau benutzt die ihr neu geschenkte Kraft sogleich im Dienst an dem Herrn und den Seinen.
Die Heilung vieler Leidender und Besessener in Kapernaum
„Als es aber Abend geworden und die Sonne untergegangen war, brachten sie alle Leidenden und Besessenen zu ihm; und die ganze Stadt war an der Tür versammelt. Und er heilte viele, die an mancherlei Krankheiten litten; und er trieb viele Dämonen aus und erlaubte den Dämonen nicht, zu reden, weil sie ihn kannten“ (1,32–34).
Diese Verse zeigen etwas von dem Segen, der im 1000-jährigen Reich vom Herrn auf diese Erde ausgehen wird. Die Reihenfolge, in der Markus den Beginn des Dienstes des Herrn schildert, enthält einen Hinweis auf diese zukünftige Zeit. Die ersten Krankenheilungen in diesem Kapitel folgen auf die Austreibung des unreinen Geistes in der Synagoge (V. 23–27). So wird es auch bei dem zweiten Kommen des Herrn auf diese Erde sein, wenn Er als der König und nicht länger als Diener kommen wird. Dann wird Er zuerst Satan binden und für tausend Jahre in den Abgrund werfen (Off 20,2.3), bevor Er sowohl geistlichen als auch materiellen Segen über die Menschen auf der Erde ausgießen wird.
Am Ende des Sabbats werden alle Leidenden und Besessenen aus Kapernaum zu dem Herrn Jesus gebracht. Er heilt viele von ihnen und treibt viele Dämonen aus. Um geheilt zu werden, muss man zu Ihm kommen, alles Weitere tut Er dann. Auch wir dürfen heute mit allem zu Ihm kommen und auf seine Hilfe rechnen.
„Die ganze Stadt war an der Tür versammelt“ – alle Einwohner Kapernaums lernen Ihn kennen und sehen sein gewaltiges Handeln. Und doch wird der Stadt Kapernaum in Lukas 10,13–15 das Gericht angekündigt. Wie viele waren also da, die nicht umkehrten und nur ein neugieriges Interesse an den Wundern des Herrn hatten. Darin gleichen die Bewohner Kapernaums den vielen Menschen heute, die sich zwar äußerlich zum Herrn bekennen, aber keine wahre Buße kennen und keine echte Lebensbeziehung zu Ihm haben.
Der Herr im Gebet
„Und frühmorgens, als es noch sehr dunkel war, stand er auf und ging hinaus; und er ging hin an einen öden Ort und betete dort“ (1,35).
Was für ein Vorbild gibt uns der Herr als der vollkommen abhängige Diener in diesem Vers! Nach einem anstrengenden und langen Tag steht Er am nächsten Morgen früh auf, um an einem öden Ort im Gebet in Gemeinschaft mit seinem Vater zu sein. Er nimmt sich Zeit, ungestört die Stille der Gemeinschaft mit dem Vater aufzusuchen, um sich jeden Morgen das Ohr wecken zu lassen (Jes 50,4). Darin liegt die Quelle seiner Kraft, seines Ausharrens und seines gesegneten Dienstes. Und wenn selbst der Herr vor Beginn seines Tagewerks die Gegenwart des Vaters aufsucht, haben wir dies dann nicht umso nötiger? Wenn wir die Abhängigkeit von Gott und die Gemeinschaft mit Ihm vernachlässigen, brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn wir im Dienst versagen.
Der Herr zieht durch Galiläa
„Und Simon eilte ihm nach, mit denen, die bei ihm waren; und sie fanden ihn und sagen zu ihm: Alle suchen dich. Und er spricht zu ihnen: Lasst uns woandershin gehen in die nächsten Ortschaften, damit ich auch dort predige; denn dazu bin ich ausgegangen. Und er predigte in ihren Synagogen in ganz Galiläa und trieb die Dämonen aus“ (1,36–39).
Neben dem Gebet in Vers 35 wird hier ein weiterer Hinweis auf die Abhängigkeit des Herrn gegeben. Er sucht nicht im Mittelpunkt des Interesses der Menschen zu stehen, Er lehnt jede Popularität ab. Stattdessen folgt Er dem Auftrag seines Vaters und zieht weiter, um in den nächsten Ortschaften zu predigen. Er sucht nicht seine Ehre, sondern ist um die Ausübung seines Dienstes bemüht. Das ist der Charakter des Herrn besonders hier im Markusevangelium.
Die Heilung eines Aussätzigen
„Und ein Aussätziger kommt zu ihm, bittet ihn und kniet vor ihm nieder und spricht zu ihm: Wenn du willst, kannst du mich reinigen. Und innerlich bewegt streckte er seine Hand aus, rührte ihn an und spricht zu ihm: Ich will; werde gereinigt! Und sogleich wich der Aussatz von ihm, und er wurde gereinigt. Und er gebot ihm ernstlich und schickte ihn sogleich fort und spricht zu ihm: Gib acht, dass du niemand etwas sagst; sondern geh hin, zeige dich dem Priester und opfere für deine Reinigung, was Mose geboten hat, ihnen zum Zeugnis. Er aber ging weg und fing an, es vielfach kundzumachen und die Sache zu verbreiten, so dass er nicht mehr öffentlich in die Stadt gehen konnte; sondern er war draußen in öden Gegenden, und sie kamen von allen Seiten zu ihm“ (1,40–45).
An der Heilung des Aussätzigen in diesem Kapitel und der des Gelähmten zu Beginn von Kapitel 2 sowie auch an den anderen Krankheiten, die der Herr heilte, wird beispielhaft gezeigt, dass der Herr nicht nur gekommen war, um Kranke zu heilen und vom Teufel Besessene zu befreien, sondern auch, um dem niedrigen Zustand des Volkes Israel zu begegnen. Es war durch die Sünde verunreinigt und völlig kraftlos in sich selbst.
Der Aussatz war eine weit verbreitete Krankheit in Israel, der im Gesetz Moses ganz besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Im Gegensatz zu anderen Krankheiten, die z. T. nur sehr kurz erwähnt werden, gibt es in Bezug auf den Aussatz viele Verordnungen und Zeremonien (z. B. 3. Mo 13 und 14). Aus diesen Stellen lässt sich leicht erkennen, dass der Aussatz ein besonderes Bild von der Sünde ist, und zwar unter dem Aspekt, dass sie den Sünder verunreinigt, ihn ausschließt aus der Gegenwart Gottes und von den Vorrechten der Gemeinschaft mit Ihm.
Durch die Heilung des Aussätzigen zeigt der Herr in dieser Begebenheit, dass Er gekommen war, den Sünder von den Sünden zu reinigen. Er ist der Mittler, der zwischen Gott und den Sünder tritt und den Sünder für die Gegenwart Gottes passend macht. Diese Mittlerstellung wird Er auch für das Volk Israel einmal einnehmen, wenn es mit einem Bekenntnis seiner Schuld zu Gott kommen wird.
Markus beschreibt sehr bildhaft, wie ein einzelner Aussätziger zu dem Herrn Jesus kommt und Ihn um Heilung bittet. Als Aussätziger durfte er normalerweise nicht zu gesunden Menschen kommen. Aber er erkennt, dass die Gegenwart des Herrn Jesus die einmalige Chance zu seiner Heilung ist. Seine Bitte drückt volles Vertrauen aus in die Macht und Fähigkeit des Herrn, zu helfen. Allerdings scheint er etwas im Zweifel zu sein, ob der Herr seine Macht auch ihm zuwenden will.
Die Antwort des Herrn und sein Handeln zerstreuen jeden Zweifel im Herzen des Aussätzigen. Der Herr hat nicht nur die Macht und Fähigkeit, zu heilen, Er will es auch. Er ist innerlich bewegt, als Er den Aussätzigen in seiner Sünde und Not sieht, und weist ihn nicht ab. Es wäre nicht nötig gewesen, den Aussätzigen zu berühren, um ihn zu heilen. Aber der Herr, der über jede Möglichkeit einer Verunreinigung erhaben ist, rührt ihn in seinem Mitgefühl und seiner Macht an. Der Aussatz weicht sogleich von ihm und er ist gereinigt. Sofort und ganz! Wenn der Herr etwas tut, dann tut Er ein ganzes Werk.
So ist es auch heute sein Wille, dass alle Menschen gerettet werden (1. Tim 2,4; 2. Pet 3,9), und Er rettet jeden, der anerkennt, dass er „ganz aussätzig“ ist, und der sich in Buße und Glauben zu Ihm wendet. So haben auch wir es erfahren (Eph 2,4.5).
Verschiedene Male wird in den Evangelien davon berichtet, dass der Herr „innerlich bewegt“ war. Auch der Samariter war innerlich bewegt, als er den unter die Räuber Gefallenen sah. Das ist die Gesinnung, mit der Gläubigen und Ungläubigen geholfen werden kann und die auch uns kennzeichnen sollte.
Die Worte des Herrn in den Versen 43 und 44 bestätigen die Tatsache, dass der vollkommene Diener nicht seine eigene Ehre sucht. Im Dienst des Herrn stand seine Predigt an erster Stelle. Seine Werke dienten dazu, seine Worte zu unterstützen und zu bekräftigen. Daher wollte Er nicht, dass seine Werke in den Vordergrund traten. Er wollte auch nicht das Gesetz aufheben und schickt deshalb den Geheilten zu dem Priester, damit von offizieller Seite, dem Gesetz gemäß, diese wunderbare Heilung bestätigt würde. Der Blick soll nicht auf den Menschen, sondern auf Gott gelenkt werden. Der Geheilte wurde ein lebendiges Zeugnis davon, dass Gott, der früher einmal Naaman, den Syrer, gereinigt hatte, jetzt diesen Mann aus dem verachteten Galiläa geheilt hatte. Und dies tat Gott durch seinen Knecht Jesus, den das Volk und die Obersten nicht anerkennen wollten. Somit wurde durch den Priester und das Gesetz das Wirken Gottes in dem Herrn Jesus bezeugt, denn nur Gott kann Aussatz heilen.
Der Geheilte soll sofort in den Tempel gehen und opfern. Das ist auch heute das Teil eines jeden, der zum Glauben kommt. Wir haben Zutritt ins Heiligtum und dürfen Gott als Anbeter nahen.
Dieser Mann tut jedoch nicht das, was der Herr ihm geboten hat: Er verbreitet die „Sache“ von seiner Heilung. Sensationen werden auch heute in der Christenheit gerne angenommen, aber die Person des Herrn gerät dabei in den Hintergrund.
Der Herr, der nicht das Aufsehen der Menschen erregen will, zieht sich wieder in einsame Gegenden zurück, um in Gemeinschaft mit seinem Vater zu sein. Das ist es, was auch wir nach jedem Dienst nötig haben: in die Stille vor Gott zu gehen, um neue Kraft zu empfangen und neu ausgerichtet zu werden.