Botschafter des Heils in Christo 1885
Danksagt in allem
In Freud und Leid ist es das Vorrecht der Kinder Gottes, „zu danksagen allezeit für alles dem Gott und Vater im Namen unseres Herrn Jesus Christus.“ Die unaussprechliche Gnade Gottes hat sie aus Gefäßen des Zornes zu Gefäßen der Begnadigung, und aus Gefäßen zur Unehre zu Gefäßen zur Ehre gemacht. Sie sind losgekauft aus der Sklaverei Satans und der Sünde, und zwar nicht mit Gold oder Silber, sondern mit dem kostbaren Blut Christi, als eines Lammes ohne Fehl und ohne Flecken. Sie sind jetzt mit dem vor Gott auserwählten, kostbaren Ecksteine, mit seinem Sohn, in eine ewige, unauflösliche Verbindung gebracht; und indem sie hierdurch seiner Natur teilhaftig gemacht und selbst lebendige Steine geworden sind, werden sie aufgebaut auf Ihn, den Eckstein, zu einem geistlichen Haus, zu einem heiligen Priestertum, um darzubringen geistliche Schlachtopfer, Gott wohlannehmlich durch Jesus Christus (1. Pet 2,4–5). Diese geistlichen Schlachtopfer sind die Opfer des Lobes, die Frucht der Lippen, welche seinen Namen bekennen (Heb 13,15). Die Aufgabe ihres Lebens ist also hinfort für Zeit und Ewigkeit, Gott zu loben. Ein Christ, der in diesem Lob Gottes träge ist, erkennt sein Vorrecht schlecht und erfüllt wenig den Zweck seines Lebens. Da wir nun alle, infolge der natürlichen Trägheit des menschlichen Herzens, der Gefahr ausgesetzt sind, in unserem Lob nachzulassen, so ist es nötig, dass wir uns selbst und unsere Mitbegnadigten immer aufs Neue zur Ausübung der köstlichsten Beschäftigung, zu der die Gnade uns berufen hat, ermuntern, nach dem Beispiel des Psalmisten in Psalm 146,1–2. Derselbe erkennt dort zunächst an, dass Gott zu preisen ist, dann ermuntert er seine Seele dazu, und endlich kommt er dahin, zu sagen: Ja, ich will es tun mein Lebenslang, ich will Psalmen singen meinem Gott, solange ich bin.
Ohne Zweifel wird es von jedem Begnadigten von Herzen anerkannt werden, dass wir stets Ursache haben, für die unaussprechliche Gnade Gottes in Christus Jesus und den unergründlichen Reichtum der Segnungen, die uns in Ihm geschenkt sind, zu danken. Dass aber in allen Führungen Gottes, in allem, was Er uns begegnen lässt auf dem Lebensweg, also auch in den Trübsalen, eine Ursache zum Danken für uns liegt, daran wird im Allgemeinen weniger gedacht. Und doch kann Gott nicht auf zweierlei, verschiedene Weise mit den Seinen handeln: auf der einen Seite sie mit den Beweisen seiner höchsten Gunst in Christus überschütten, und auf der anderen Seite unbarmherzig mit ihnen verfahren, oder gar ihnen Schaden zufügen. Das ist undenkbar. Vielmehr stehen sie so vollkommen in seiner Gunst, dass Er, der seinen Sohn für sie hingegeben hat, auch in ihrer Führung durch diese Welt Himmel und Erde zu ihrer Segnung in Bewegung setzt, alle Kräfte, gute und böse, so zusammen wirken lässt, dass sie zu ihrem Besten dienen müssen. Die Trübsal, welche Er ihnen schickt, ist nicht minder ein Beweis seiner Liebe, als die Hingabe seines Sohnes. So werden also auch die Trübsale ein Gegenstand des Rühmens, des Dankes für sie. Wenn Gott sie nun einmal zu seinem Lob zubereitet hat, so wird Er auch dafür sorgen, dass alles, was Er mit ihnen tut, für sie eine Ursache des Lobes wird, auch die schweren Wege, die Er in seiner Weisheit oft für nötig findet, sie zu führen.
Unser Herz gleicht einem Acker, der bearbeitet werden muss, um Frucht tragen zu können. Überlässt man das Land sich selbst, lässt man es in Ruhe, so trägt es Unkraut, Dornen und Disteln. Wird es aber durch Pflug und Egge, Hacke und Spaten zerrissen, locker und mürbegemacht, so wird es fähig, den guten Samen aufzunehmen, welcher Frucht hervorbringt für den Ackermann. Ebenso muss unser Herz oft durch schmerzliches Einschneiden von Seiten des himmlischen Ackermannes, der unser Vater ist, zubereitet und empfänglich gemacht werden für den Samen des Wortes des Lebens, welcher Früchte tragt zum Lob, zur Herrlichkeit und Ehre unseres Herrn und zu unserem Frieden. Die Frucht, welche aus dieser Bearbeitung, die in Hebräer 12,5–11 als väterliche Zucht beschrieben wird, denen erwächst, welche durch dieselbe geübt sind, wird „die friedsame Frucht der Gerechtigkeit“ genannt. Friedsam ist diese Frucht, weil durch die Zucht des Vaters der eigene Wille, der uns immer unglücklich macht, gebrochen und dem Willen Gottes unterwürfig gemacht wird, so dass kein Widerstreit mehr bleibt zwischen uns und Gott; wir ruhen dann in Frieden in dem Willen Gottes, in welchem wir seine Liebe erkennen. Eine Frucht der Gerechtigkeit ist diese Frucht, weil sie die Erfüllung der Absichten Gottes ist, uns seiner Heiligkeit teilhaftig zu machen, auf dass wir dadurch fähig werden, das Glück seiner Gemeinschaft immer mehr zu genießen. Wenn also der Zweck der Züchtigungen unseres Vaters der ist, unseren Herzen Frieden und Glück zu bereiten, so haben wir gewiss Ursache, für dieselben zu danken.
Schwierigkeiten sind durchaus nötig, wenn wir etwas lernen und Fortschritte machen sollen in der Nachfolge Jesu, und zwar Schwierigkeiten mancherlei Art, so wie sie zu der Mannigfaltigkeit unserer Bedürfnisse passen. Die vollkommene Weisheit, die unseren Weg bereitet, sorgt jeden Tag für die richtigen Schwierigkeiten und wirft uns oft etwas in den Weg, woran wir gar nicht gedacht haben und was uns sehr unbequem ist. Gott kennt unseren Charakter und unsere schwachen Seiten und weiß die empfindlichsten Stellen genau zu treffen. Wie gut ist es, dass Er, der uns so unaussprechlich liebt, uns in seine Hand genommen hat, um uns zu bilden, wie der Töpfer seinen Ton formt. Möchten wir uns Ihm nur immer willenlos und mit kindlichem Vertrauen überlassen; Er wird schon die richtige Form an uns zu bringen wissen, und am Ende wird das Werk zum Lob des Meisters sein.
In dem Sonnenschein des Lebens sind wir in Gefahr, uns behaglich niederzulassen, uns zu erfreuen an den sichtbaren Dingen und den Kampf des Glaubens ruhen zu lassen. Da findet dann der Feind unserer Seelen leicht eine unbewachte, schwache Seite bei uns heraus, wo er unbemerkt eindringen und uns Schaden zufügen kann. Unser Vater aber hat uns viel zu lieb, als dass Er dies zugeben könnte. Deshalb bringt Er uns in Umstände, wo es uns nahegelegt wird, dass wir zu denen gehören, die durch den Glauben, nicht durch Schauen zu wandeln haben, denen Er einen Schatz im Himmel gegeben hat, der zwar unsichtbar ist, den sie aber durch den Glauben jetzt schon genießen sollen, damit seine Absicht, sie wahrhaft glücklich vor sich zu sehen, erreicht werde. Ein Herz, welches zu einer Wohnung des Herrn selbst zubereitet ist, kann nur glücklich sein, wenn der Platz, der dem Herrn gehört, nicht durch etwas anderes eingenommen wird. Deshalb sollten wir nicht Kammern und klagen, sondern dankbar sein, wenn Gott etwas wegnimmt, was uns hinderlich ist, unser Glück im Herrn zu genießen. Er nimmt uns nichts, als was uns schaden kann, und wenn Er es nimmt, so will Er dadurch zugleich eine Lücke hervorbringen, die Er durch sich selbst, das unendliche Gut, ausfüllen will.
Wenn das Fleisch leiden muss, so ist es zum Gewinn des inneren Menschen (2. Kor 4,10–18), und das ist ein wirklicher Gewinn, wofür wir zu danken haben. Wir werden ohne Zweifel in der Ewigkeit für die erduldeten Trübsale mehr danken, als für die in dieser Welt genossenen Freuden. Der Glaube versteht dies und leitet uns, schon jetzt das zu tun, was wir in der Ewigkeit tun werden. Im Blick auf die vor uns liegende Herrlichkeit rühmen wir uns der Trübsale, weil sie das Mittel in der Hand Gottes sind, uns auf dem Weg zu erhalten, der zur Herrlichkeit führt, aber durch eine gefährliche Wüste geht (Röm 5,3–4). Wenn wir „danken allezeit und für alles“, so empfängt Gott das, was Ihm gebührt, und die Absicht des Feindes, Ihm die Ehre zu rauben, indem er uns zum Murren und Klagen reizt, wird vereitelt. Wenn wir für die Trübsale danken, so wird das Herz glücklich und fähig gemacht, im Frieden Gottes durch alles hindurch zu gehen und Ihn auch vor den Menschen zu verherrlichen.
Die Wahrheit ist, dass die Züchtigungen des Herrn, unseres Vaters, ein Beweis seiner Liebe sind (Heb 12,6), während der Feind, der „ein Lügner und der Vater derselben ist“ (Joh 8,44), sie uns als das Gegenteil darzustellen und uns dadurch zum Misstrauen gegen Gott zu verleiten sucht. Könnte es aber wohl zweifelhaft sein, wem wir zu glauben haben, der Wahrheit oder der Lüge? Glauben wir der Wahrheit, so werden die Trübsale eine Ursache zum Dank, glauben wir der Lüge, so verunehren wir Gott und machen uns selbst unglückliche das einzige Mittel, um in allen Lagen glücklich zu sein ist, zu danken allezeit und für alles.
Wo in Wahrheit Gott gelobt wird, da kann es der Widersacher Gottes nicht aushalten; er muss fliehen. Er kann ein Herz, welches durch den Glauben in der Liebe Gottes ruht, nicht unglücklich machen. Nicht selten aber auch tritt da, wo das Lob Gottes ertönt, selbst in den äußeren Umständen an die Stelle der Wirksamkeit des Feindes die Offenbarung der Macht Gottes. Denken wir z. B. an Paulus und Silas im Kerker zu Philippi. Satan wollte das Werk des Evangeliums in dieser Stadt verhindern und die Arbeiter des Herrn unschädlich machen. Da es ihm als listige Schlange nicht gelungen war, durch das Zeugnis der unter seiner Leitung stehenden Magd die Augen der Apostel vom Herrn ab auf sich selbst zu lenken, so trat er als brüllender Löwe auf und suchte durch einen von ihm erregten Aufruhr sie zu verschlingen, indem er bewirkte, dass sie gegeißelt und ins Gefängnis geworfen wurden. Doch das Werk war des Herrn, der den Satan überwunden hat und der alle Macht besitzt im Himmel und auf Erden. Deshalb sehen wir auch hier, wie überall, wo der Feind der Wirksamkeit des Herrn entgegentritt, dass er Ihm gegen seinen Willen dienen muss, und dass der Herr ihn als Werkzeug zur Förderung seiner Absichten benutzt. Das wussten die Apostel, und ihr Glaube triumphierte über die denkbar schwierigsten Umstände, in denen sie sich befanden. Blutig geschlagen, lagen sie im innersten Gefängnis, ihre Füße im Stock, und hatten vielleicht ihr Todesurteil zu erwarten. Dazu musste ihr Glaube eine harte Probe bestehen. Waren sie doch durch eine besondere Offenbarung des Herrn nach Mazedonien berufen worden, um dort das Evangelium zu verkündigen, und jetzt dieser Erfolg! Das war für den Verstand unfassbar. Der Glaube aber urteilt: Je unfassbarer für den Verstand, desto herrlicher muss der Weg sein – ein Weg Gottes. So erhob auch der Glaube der Apostel sie über die Umstände und ließ sie mit ihren Herzen da ihren Platz nehmen, wo alle ihre Quellen waren und wo „eine Fülle von Freuden“ ist (Ps 16), so dass sie, anstatt niedergeschlagen zu sein, um Mitternacht vor den Ohren ihrer Mitgefangenen Loblieder singen konnten. Sie vermochten an ihren Umständen nichts zu ändern, aber eins konnten sie tun, und zwar gerade das, was das Köstlichste ist: sie konnten Gott loben und Ihn vor den Menschen verherrlichen. Welch ein nachahmungswürdiges Beispiel für uns in allen Umständen! Wenn wir nichts anders tun können, so können wir doch Gott loben.
Doch es, hörten sie nicht allein die Gefangenen, sondern ihre Lobopfer stiegen auch auf zu dem, für dessen allmächtige Wirksamkeit die stärksten Fesseln und Kerkermauern kein Hindernis sind, ja, in dessen Hand sie sogar als Anlass zur Entfaltung der Macht seiner Gnade dienen müssen. Diese Gnade hatte den Kerkermeister und sein Haus als Gefäße ausersehen, worin sie sich verherrlichen wollte. Die Antwort Gottes auf die Lobgesänge der Apostel, wovon die Mauern des innersten Gefängnisses wiederhallten, war die Durchbrechung aller Hindernisse und die Bahnung des Weges für die Gnade zu dem Herzen des Kerkermeisters. Dieses harte Herz, welches für die Predigt der Apostel vielleicht nicht zu erreichen gewesen wäre, wurde durch die Machttaten Gottes, indem Er die Elemente in Bewegung setzte, gebrochen und zubereitet für die Aufnahme der frohen Botschaft: „Glaube an den Herrn Jesus, und du wirst errettet werden, du und dein Haus.“ Satan musste, indem er durch den Aufruhr die Apostel ins Gefängnis brachte, als Werkzeug dienen zur Verherrlichung Gottes durch ihre Lobgesänge inmitten der trübseligsten Lage, zur Entfaltung der Macht Gottes zu ihrer Befreiung und zur Errettung einer ganzen Familie von ewigem Verderben. Wunderbar sind die Wege der Weisheit Gottes, unaufspürbar für den menschlichen Verstand, aber in jedem Fall herrlich und anbetungswürdig. Und wir sollten von den Aposteln lernen, inmitten der Wirksamkeit des Feindes nicht zu verzagen, sondern durch unerschütterlichen Glauben den Herrn zu verherrlichen, der über allem steht in unumschränkter Macht und Gnade. Möchten wir in allen seinen Wegen mit uns, noch ehe wir das Ende sehen, durch den Glauben in seiner Liebe ruhen und mit glücklichem Herzen, selbst in der Trübsal Ihm das Opfer des Lobes darbringen! Wir werden dann ohne Zweifel ähnliche Erfahrungen machen, wie die Apostel, aber die Hauptsache ist, dass der Herr durch uns verherrlicht wird.
Sehr ermunternd ist auch das Beispiel des Königs Joschafat, welches wir in 2. Chronika 20 finden. Ein großes feindliches Heer überzog sein Land mit Krieg. Er wandte sich in einem Gebet voll Glaubens an Jehova, den Gott seiner Väter, um Hilfe. Das Gebet des Glaubens aber findet immer eine göttliche Antwort, und diese verkündigte dem Joschafat: „Ihr sollt euch nicht fürchten und sollt nicht Zagen vor dieser großen Menge, denn nicht euer ist der Streit, sondern Gottes. ... Ihr werdet hier nicht zu streiten haben; stellt euch hin, steht und seht die Rettung Jehovas an euch.“
„Da neigte sich Joschafat mit dem Angesicht zur Erde, und ganz Juda und die Bewohner von Jerusalem fielen nieder vor Jehova, um Jehova anzubeten. Und die Leviten ... standen auf, Jehova, den Gott Israels, zu preisen mit überaus lauter Stimme.“ Dann ermunterte Joschafat das Volk zum Glauben und bestellte „Sänger Jehovas, die da lobpriesen in heiliger Pracht, indem sie vor den Gerüsteten her auszogen und sprachen: Lobsingt Jehova, denn seine Güte währt ewiglich! Und zurzeit, da sie begannen mit Jubel und Lobsingen, stellte Jehova einen Hinterhalt wider die Söhne Ammons, Moab und die vom Gebirge Seir, die wider Juda gekommen waren, und sie wurden geschlagen.“ Die Feinde töteten sich untereinander, so dass das ganze feindliche Heer sich selbst vernichtete, und Joschafat und sein Volk nichts anderes zu tun hatten, als die Beute in Besitz zu nehmen und Gott für die Rettung zu preisen.
Welch gesegnete Resultate hatte die Not für Joschafat und sein Volk! Während sein früheres äußeres Wohlergehen ihn in die Gemeinschaft des gottlosen Königs Ahab und an den Rand des Verderbens gebracht hatte (2. Chr 18), führte ihn die Not in die Gegenwart Jehovas zurück und ließ ihn die wunderbare Hilfe und die mächtige Dazwischenkunft seines Gottes erfahren. Für den Gläubigen ist die Not immer gesegneter, als ein äußeres Wohlergehen. Die erstere treibt ihn in die Vaterarme Gottes, das letztere bringt ihn leicht in die Fallstricke des Fürsten dieser Welt. Die Geschichte Joschafats zeigt uns dies in augenfälliger Weise. Möchten wir deshalb in äußerlich guten Tagen wachen und beten, dass wir nicht in Versuchung hineinkommen, und in der Not mit kindlichem Vertrauen uns in die Arme unseres Vaters legen! Er liebt uns mit vollkommener Liebe, bei Ihm ist keine Veränderung, noch Schatten von Wechsel, und Er betrübt uns nur, „wenn es nötig ist, durch mancherlei Versuchungen“ (1. Pet 1,6), um uns auf diesem Weg reicher Segnungen teilhaftig zu machen. In Freud und Leid aber gebührt Ihm unser Lob.
Beachten wir auch, dass die großen Machttaten Gottes, sowohl bei Paulus und Silas, als auch bei Joschafat, sich unmittelbar an die Lobopfer anschlössen, die ihm von diesen Männern dargebracht wurden. Zeigt uns das nicht, welchen Wert Gott auf seine Verherrlichung durch den Glauben der seinigen inmitten der Schwierigkeiten legt? Das Lob Gottes inmitten der Trübsal schließt einen Triumph über den Feind in sich, indem Gott selbst mit seiner Macht in die Umstände hineingebracht wird. Allein vergessen wir nicht, dass jene gläubigen Männer nicht deshalb Gott lobten, um aus den Umständen und Schwierigkeiten errettet zu werden. Ihr Lob entsprang vielmehr dem innersten Drange ihrer Herzen. Aus der Fülle des Herzens redete der Mund. Das Herz der Apostel war voll von dem Glück, welches sie in der innigen Gemeinschaft mit dem Herrn genossen; und dieses Glück erhob sie weit über das gegenwärtige Leid. Ebenso ließ der Glaube an die Treue Gottes, der die Errettung verheißen hatte, Joschafat schon für das, was noch nicht zu sehen war, loben und preisen, als wäre es bereits eine vollendete Tatsache.
Indes denkt vielleicht mancher: Ja, Joschafat Halle auch die bestimmte zusage Gottes, dass Er für ihn eintreten wolle. Aber, möchte ich fragen, hat nicht jeder Gläubige ebenso bestimmte zusagen, die sich auf alle seine Bedürfnisse in jeder möglichen Lage erstrecken? Lesen wir nicht in Hebräer 13,5–6: „Er hat gesagt: Ich will dich nicht versäumen, noch dich verlassen; so dass wir kühn sagen mögen: Der Herr ist mein Helfer, und ich will mich nicht fürchten; was will mir ein Mensch tun?“ und in Römer 10,12–13: „Denn derselbe Herr von allen ist reich für alle, die Ihn anrufen; denn ein jeder, der den Namen des Herrn anrufen wird, wird errettet werden“, und in Psalm 50,15: „Ruf mich an am Tag der Bedrängnis, ich will dich erretten, und du wirst mich verherrlichen“; und endlich in Psalm 145,18–19: „Nahe ist Jehova allen, die ihn anrufen, allen, die ihn anrufen in Wahrheit. Er tut das Verlangen derer, die ihn fürchten, ihr Schreien hört er und rettet sie?“ (vgl. ferner Mt 6,7–8; Ps 34) Ist das geschriebene Wort Gottes weniger zuverlässig, als dasjenige, welches durch den Mund des Leviten Jehasiel an Joschafat gerichtet wurde? Es fehlt uns nur an dem Glauben eines Joschafat an die Treue Gottes, dass Er seine Zusagen unter allen Umständen wahrmachen werde, wenn wir nicht fähig sind, Ihn allezeit und für alles zu preisen, auch für die Trübsale, die Er uns sendet.
Keiner von uns ist wohl je in einer so schwierigen Lage gewesen, wie Paulus und Silas im Kerker zu Philippi, oder wie Paulus im Gefängnis zu Rom, aus welchem er den Philippern schrieb: „Wenn ich aber auch wie ein Trankopfer gesprengt werde über das Opfer und den Dienst eures Glaubens, so freue ich mich, und freue mich mit euch allen. Gleicherweise aber freut auch ihr euch und freut euch mit mir“ (Kap 2,17–18). Sollte es uns in weit leichteren Trübsalen nicht auch möglich sein, Gott zu loben mit glücklichem Herzen? Allerdings „scheint alle Züchtigung für die Gegenwart nicht Freude, sondern Traurigkeit zu sein.“ Gewiss soll sie auch als Züchtigung nicht Freude sein, sonst würde sie ihren Zweck nicht erreichen; die Züchtigung muss als solche gefühlt werden. Aber dennoch wird ein Herz, welches in inniger Gemeinschaft mit dem Herrn lebt, in dem Glück, welches der Besitz des unendlichen Gutes hervorbringt, sich über die schwierigsten Umstände erheben und Gott preisen können. Freilich muss der Geist Gottes oft, anstatt in unseren Herzen von der Kostbarkeit Christi zu zeugen, die Züchtigung benutzen, um uns etwas aufzudecken in unserem Wandel oder Zustand, worüber wir uns zu demütigen haben. Er führt uns dann gleichsam in eine Wüste, um zu unseren Herzen zu reden (Hos 2,14); aber Er tut dies nur zu dem Zweck, um uns von allem zu reinigen, was die Gemeinschaft hinderte, und uns so aufs Neue fähig zu machen, das Glück derselben zu genießen. Dann geht das Lob aus der Demütigung hervor. Aber die Züchtigung war das Mittel und wird ein Anlass zur Verherrlichung Gottes. Auf diese Weise wird das „Tränental“ zu einer Quelle von Segnungen (Ps 84,6).
Fürwahr, die Kinder Gottes sind ein glückliches Volk. Berufen in die Gemeinschaft des Vaters und seines Sohnes Jesu Christi, soll ihre Freude völlig sein (1. Joh 1,34). Sie haben nichts zu fürchten, weil Gott für sie ist (Röm 8,28–39), dessen vollkommene Liebe die Furcht austreibt (1. Joh 4,18). Selbst der Tod, der Schrecken aller Lebenden, ist für sie nur ein Friedensbote, der ihnen verkündet, dass nunmehr aller Kampf beendet sei, und der sie entkleidet von dem Leib der Niedrigkeit, in welchem sie beschwert waren und seufzten (2. Kor 5,1–6). Die himmlische Herrlichkeit, ein Platz im Vaterhaus Gottes, liegt für sie bereit, und sie haben jeden Augenblick das Wiederkommen ihres Herrn zu erwarten, um verwandelt und Ihm entgegengerückt zu werden in die Luft, auf dass sie bei Ihm seien allezeit (Joh 14,2–4; 1. Thes 4,15–17). Die Trübsale auf dem Weg sollen, weit entfernt, sie unglücklich zu machen, nur dazu dienen, sie von allem zu befreien, was sie hindert, ihr wahres Glück zu genießen. – Nach allem diesem können wir verstehen, dass zu ihnen gesagt werden kann: „Danksagt in allem, denn dies ist der Wille Gottes in Christus Jesus gegen euch!“