Gedanken über das Zusammenkommen der Gläubigen
Botschafter des Heils in Christo 1883
Gedanken über das Zusammenkommen der Gläubigen - Teil 2/4
Von welcher Wichtigkeit ist es daher, sich genaue Rechenschaft zu geben über die Bedeutung und Tragweite des Wortes: „im Namen Jesu versammelt!“ Wie bereits gesagt, erinnert uns der Name Jesu an alles das, was Er selbst in seiner Person und in seinem Charakter ist, sowie an das Werk, das Er vollbracht hat zur Verherrlichung seines Gottes und Vaters und zur Errettung der Seinigen und zu ihrer Versammlung um Ihn. Jesus heißt: Jehova Erretter. Der, welcher diesen Namen trägt, ist der eingeborene und vielgeliebte Sohn Gottes, das Wort, welches Fleisch ward, um uns die völlige Offenbarung Gottes, als Vater, zu geben. Es ist der Menschensohn, gekommen, um zu leiden und zu sterben für unsere Sünden, um das Opfer zur Abschaffung der Sünde darzubringen, der aber, auferweckt durch die Herrlichkeit des Vaters, erhöht und zum Herrn und zum Christus gemacht worden ist. Droben ist Er unsere Gerechtigkeit vor Gott. Er ist unser großer Hohepriester, welcher für uns vor Gott erscheint und immerdar lebt, um für uns zu bitten. Durch Ihn kann stets das Opfer des Lobes aus unseren Herzen zu Gott emporsteigen. Doch noch mehr. Gott hat auch alles seinen Füßen unterworfen und Ihn, als Haupt über alles, der Versammlung gegeben, welche sein Leib ist. Hinaufgestiegen in die Höhe, hat dieses himmlische Haupt den Heiligen Geist hernieder gesandt, welcher nicht allein die einzelnen Gläubigen auf den Tag der Erlösung versiegelt, sondern sie auch mit Christus vereinigt, als Glieder seines Leibes, und in ihnen insgesamt wohnt, als solchen, welche aufgebaut werden zu einer Behausung Gottes im Geist (Eph 2,21–22).
Das ist die glorreiche und gesegnete Person dessen, der sich in seiner Gnade herablässt, in der Mitte von Zweien oder Dreien, die in seinem Namen versammelt sind, Platz zu nehmen. Und was seinen Charakter betrifft, so stellt uns das Wort Ihn nicht allein dar als den, der uns liebt und uns gewaschen hat von unseren Sünden in seinem Blut, sondern auch als den Heiligen, den Wahrhaftigen und den Getreuen. So ist man denn, indem man Ihn also anerkennt, in seinem Namen versammelt. Ohne Zweifel können errettete Seelen, angezogen durch die Gnade und Vortrefflichkeit der Person Jesu, sich auf göttlichem Boden – „in seinem Namen“ – versammeln, ohne dass sie sich genaue Rechenschaft zu geben vermöchten über alles das, was der ist, welcher sich in ihrer Mitte befindet. Indes dürfen wir die Herrlichkeit seiner Person und die Vollkommenheit seines Werkes nicht erniedrigen; und zum richtigen Verständnis des vollen Wertes, sowie des Ernstes des Zusammenkommens in seinem Namen ist es wichtig, den immer besser kennen zu lernen, um dessen gesegnete Person wir uns versammeln und in welchem sich alle Hilfsquellen befinden, damit wir wohl gegründet seien in Ihm. Wir haben alle zu wachsen „in der Erkenntnis unseres Herrn Jesus Christus.“ Einem Herzen, das an Ihm hängt, offenbart Er sich immer mehr. Maria Magdalena mochte noch sehr unwissend sein, aber sie begehrte nichts anders, als ihren Herrn, und Jesus gibt sich ihr zu erkennen in der Fülle seiner Gnade und als den, der die Kinder Gottes in eins versammelt (Joh 20). Dasselbe wird der Fall sein mit jeder aufrichtigen Seele, die nichts anders wünscht, als die Verherrlichung Christi.
Aus dem bisher Gesagten geht indessen hervor, dass das zusammenkommen im Namen Jesu nur dann eine Wirklichkeit sein kann, wenn Jesus für uns persönlich ein Erretter ist, und wir uns der Errettung in bewusster Weise erfreuen, das heißt, wenn wir die Gewissheit haben, dass unsere Sünden vergeben und dass wir versöhnt sind und Frieden haben mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus. Welche Freude erfüllt das Herz, wenn wir, versammelt im Namen des Heilands, wissen, dass derjenige, in welchem wir eine ewige Erlösung gefunden haben, in unserer Mitte gegenwärtig ist! Das zusammenkommen im Namen Jesu ist also nicht eine bloße Versammlung von Gläubigen und Nichtgläubigen, nur zu dem Zweck, eine Predigt zu hören, obwohl der Geist Gottes auch da wirksam sein kann zum Segen der Seelen. Alle diejenigen, welche Christus nicht kennen, können sich nicht in seinem Namen versammeln. Es sind die Erretteten, welche dies im Namen ihres Erretters tun. Indessen mögen, wenn sie also versammelt sind, auch Nichtgläubige zugegen sein, und diese werden, wenn die Gegenwart des Herrn verwirklicht wird, durch die Wirksamkeit des Geistes dieselbe erkennen und ihre gesegneten Wirkungen verspüren können (vgl. 1. Kor 14,24–25).
Derselbe Jesus, welcher seine Gegenwart inmitten derer, die in seinem Namen versammelt sind, verheißen hat, ist der Sohn Gottes, der gekommen ist, um uns den Namen des Vaters zu offenbaren (Joh 17,26). Ja, mehr als das; Er hat uns in das Verhältnis der Kindschaft zu Gott eingeführt. Durch den Glauben an Ihn werden wir Kinder Gottes; durch den Heiligen Geist wird uns das Leben aus Gott mitgeteilt (Joh 1,12–13; 3,3.5; 20,17.22), und der Heilige Geist selbst, indem Er in uns Wohnung gemacht, hat uns versiegelt auf den Tag der Erlösung. Er ist der Geist der Sohnschaft, in welchem wir rufen: „Abba, Vater!“ und Er zeugt mit unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind (Eph 1,13; Röm 8,15–16). Wir ersehen hieraus, dass ein zusammenkommen im Namen Jesu voraussetzt, dass man das Leben aus Gott, das ewige Leben besitzt, da es denen zugehört, die da glauben an den Namen des Sohnes Gottes (1. Joh 5,13); zweitens setzt es voraus, dass man sich in bewusster Weise seiner Gotteskindschaft erfreut, da Jesus die seinigen in dieselbe einführt; schließlich sieht man, dass es der Heilige Geist ist, der uns um Jesus versammelt und in uns die Kraft ist, um uns alles das genießen zu lassen, was ein solches zusammenkommen in sich schließt. Es ist also nicht irgendeine menschliche Einrichtung, durch welche wir uns so vereinigt finden, sondern der Heilige Geist, welcher, von Christus gegeben, uns zu Christus führt und uns die Fähigkeit gibt, seine Gegenwart zu genießen. Ist das nicht in Wahrheit das einzig Passende für Kinder Gottes, für solche, die das Leben aus Gott besitzen? Ist es nicht ein hohes Glück für sie, sich hienieden schon unter dem Auge des Vaters versammelt zu finden, und zwar um den, welcher der Erstgeborene ist unter vielen Brüdern?
Aber das ist noch nicht alles. Wenn wir versammelt sind im Namen Jesu, so erkennen wir Ihn als Herrn an, als den, der ein Recht hat an den Gehorsam seiner Knechte, welchen Er einen Dienst anweist, wie es für jeden Einzelnen passend ist. Wenn man sich daher nach menschlichen Gedanken und menschlichem Gutdünken versammelt, indem man irgendetwas einführt, was das Wort nicht bestätigt, so ist das kein zusammenkommen im Namen Jesu; denn Jesus als Herrn anerkennen, heißt, sich der Autorität unterwerfen, welche Er besitzt, um alles zu ordnen und zu leiten; und Er tut dies durch seinen Geist in der Mitte derer, welche sich in der Abhängigkeit von Ihm allein versammeln. Ihn als Herrn anerkennen heißt, in Wahrheit und Heiligkeit seinem Wort unterworfen bleiben. Wenn diese Herrschaft Christi anerkannt wird, so werden wir erfahren, dass Er, nach seiner Treue, inmitten jener „Zwei oder drei“ ist, so groß ihre Schwachheit und so gering ihr Ansehen in den Augen der Menschen auch sein mögen. Er ist da als Herr, um sie durch seine Macht zu bewahren und ihr Zeugnis zu seiner Verherrlichung zu erhalten. Welch eine Gnade und Sicherheit! Welch eine Segnung! Möchten wir ein solches zusammenkommen um Jesus allein immer mehr schätzen und es in der Kraft des Heiligen Geistes verwirklichen! Wo könnten wir unter den vortrefflichsten Einrichtungen, welche die Menschen zum Zweck des Zusammenkommens zum Gottesdienst getroffen haben, etwas finden, das den Bedürfnissen des göttlichen Lebens in uns besser entspräche, als die Gegenwart Jesu unter uns? Diese aber findet sich nur da, wo man sich in seinem Namen versammelt, und zwar in der Unterwürfigkeit unter Ihn, als Herrn.
Indes ist Christus auch „das Haupt der Versammlung, welche sein Leib ist.“ Das Wort lehrt uns, dass es „einen Leib und einen Geist“ gibt, wie wir auch berufen worden in „einer Hoffnung“ unserer Berufung. Man wird nicht geboren als ein Glied dieses Leibes, denn wir sind von Natur „Kinder des Zornes“; man wird es auch nicht durch die Wassertaufe, noch durch irgendein religiöses Bekenntnis, sondern, wie der Apostel sagt: „In einem Geist sind wir alle zu einem Leib getauft“ (1. Kor 12,13). Der Heilige Geist ist das göttliche Siegel, das dem Gläubigen aufgedrückt wird (Eph 1,14), so dass die Glieder des Leibes aus allen denen bestehen, welche, nachdem sie „dem Wort der Wahrheit, dem Evangelium ihres Heils“, geglaubt haben, „versiegelt“ worden sind mit „dem Heiligen Geist der Verheißung“, welche Kinder Gottes sind und „den Geist der Sohnschaft“ empfangen haben, „in welchem wir rufen: Abba, Vater!“ Alle Glieder des Leibes sollten sich daher mit vollem Bewusstsein der völligen, durch Christus vollbrachten Erlösung, der Vergebung, des Friedens, sowie eines kraft seines Werkes vollkommenen Gewissens erfreuen. Aber, leider ist dies infolge mangelhafter Belehrung nicht immer der Fall. Der unermessliche Schatz der Reichtümer der Gnade ist wohl da und gehört den Gläubigen, aber sie versäumen es oft, dieselben zu genießen in der völligen Freiheit, womit Christus sie freigemacht hat – denn „wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit.“
Von diesem also gebildeten einen Leib ist Christus das Haupt, und schon dieses beweist deutlich, dass die Glieder wirklich des Lebens teilhaftig sein müssen, welches das Haupt, d. i. Christus im Himmel, besitzt. Anders ist eine solch innige Verbindung unmöglich. Und in der Tat sind sie mit Ihm verbunden durch den Heiligen Geist, welchen Er gesandt hat, nachdem Er hinaufgestiegen ist in die Höhe; wie geschrieben steht: „Wer aber dem Herrn anhängt, ist ein Geist mit Ihm“ (1. Kor 6,17). Als Glieder des Leibes Christi sind wir zugleich je einer des anderen Glieder, desselben Lebens teilhaftig, verbunden mit demselben Haupt durch denselben Geist. Das Wort Gottes erkennt keinen anderen Leib an und verurteilt ebendeshalb die verschiedenen Benennungen, welche in der Christenheit bestehen und tatsächlich diese Einheit leugnen. Wir können uns, wie schon gesagt, nicht im Namen Jesu versammeln, ohne Ihn als das Haupt der Versammlung anzuerkennen, welche „Sein Leib ist, die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt.“ Diesen Grundsatz der Einheit des Leibes, welcher aus der Einheit des einen Geistes hervorgeht, haben wir festzuhalten und zu bezeugen, und zwar sind wir berufen, dies zu tun als ein Zeugnis gegenüber den fast Zahllosen Benennungen und Sekten der Christenheit; wir sollen uns befleißigen, ihn zu verwirklichen, indem wir uns versammeln auf dem einzigen Grund, welchen uns das Wort für die schweren Zeiten angibt, nämlich „im Namen Jesu“, des Hauptes des einen Leibes.
Damit soll nicht gesagt sein, dass diejenigen, welche sich im Namen Jesu versammeln, indem sie jenen Grundsatz bekennen und aufrecht halten und sich befleißigen, durch die Gnade des Herrn ihn zu verwirklichen, den einen Leib bilden, mit Ausschluss aller übrigen Christen. Keineswegs! Alle Gläubige, die wirklich mit dem Heiligen Geist getauft sind, gehören zu diesem einen Leib, und wir freuen uns, sagen zu dürfen, dass es solche Gläubige in allen Benennungen gibt. Viele von ihnen kennen aber jene Wahrheit nicht, oder verstehen doch nicht ihre Tragweite und Wichtigkeit; andere nehmen sie zwar an, suchen aber nicht, sie zu verwirklichen, oder denken, eine Verwirklichung derselben sei unmöglich. Nichtsdestoweniger aber besteht die Tatsache, dass es nur einen Leib gibt, sowie die Verpflichtung für alle, die diese Wahrheit kennen, dieselbe aufrecht zu halten, samt allen ihren Folgerungen, eingedenk dessen, dass in der Mitte derer, welche im Namen Jesu zusammenkommen, Jesus, das Haupt des Leibes, gegenwärtig ist. Auf diese Weise werden sie der Wahrheit Zeugnis geben. Ohne Zweifel haben sie es in der Liebe zu tun und mit Geduld gegen die Unwissenden, aber der Wahrheit gemäß und im Gehorsam (Fortsetzung folgt).
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