Botschafter des Heils in Christo 1882
Ein kurzes Wort über das Abendmahl
... Wenn man das Abendmahl als ein bloßes Gedächtnis an den abwesenden Herrn betrachtet, so geht der wahre, wesentliche und eigentümliche Charakter dieser Einrichtung, sowie der köstlichste Wert derselben gänzlich verloren. Ich möchte deshalb so klar und unzweideutig, als es mir möglich ist, die Lehre des Wortes über diesen so wichtigen Punkt darlegen.
Zunächst glaube ich nach Matthäus 26,26–30, dass die Haupttatsache – und zwar eine vor 1800 Jahren ein für alle Mal vollbrachte – welche uns im Abendmahl dargestellt wird, der Tod des Herrn ist, Christus selbst in seinem Tod als Gegenstand des Andenkens, des Genusses und der Anbetung unserer Herzen. Wohl ist der für uns gestorbene Christus jetzt lebend für uns und verherrlicht in den Himmeln, von wo Er bald zurückkommen wird, und wir leben mit Ihm, dem Auferstandenen, sind verbunden und haben Gemeinschaft mit Ihm in dieser seiner jetzigen Stellung. Aber in diesem Charakter stellt uns das Abendmahl den Herrn nicht vor, sondern vielmehr in seinem leidensvollen Tod, d. h. in einer Stellung, in welcher Er einst war, aber jetzt nicht mehr ist. Indem wir nun das Brot, die Gemeinschaft seines für uns gegebenen Leibes, essen, und den Kelch, die Gemeinschaft seines für uns vergossenen Blutes trinken, genießen wir durch die Kraft des Geistes Ihn selbst in seiner Dahingabe, indem wir die Gemeinschaft und den Segen seines Todes in unseren Seelen durch den Glauben verwirklichen.
Eingedenk dessen, was diesen bitteren Tod verursachte, und in dem seligen Bewusstsein der in demselben offenbarten errettenden Liebe, sowie der unermesslichen, ewigen Segnungen, die der Tod Jesu uns gebracht hat, verkündigen wir also diesen Tod. Die unaussprechliche, hingebende Liebe des Herrn Jesus, die Mühsal seiner Seele, deren Frucht wir sind, sein Leiden und Sterben, seine völlige Darbringung Gott gegenüber für uns und unsere Sünden, sein vollkommen vollendetes Werk, kurz all das Wunderbare und Rührende, das uns im Abendmahl vorgestellt wird, fesselt das Herz an Ihn, an seine anbetungswürdige Person. Wir gedenken dessen, der uns also geliebt, solches für uns gelitten und so Großes für uns getan hat. Das Herz ist mit Ihm beschäftigt und mit Lob und Dank und Anbetung erfüllt.
Es war das innige Verlangen des Herrn, dieses Gedächtnis seines Opfertodes uns zu hinterlassen, damit wir es während der Zeit seiner Abwesenheit zu seinem Andenken feiern sollten, und das Wort zeigt uns, welch einen Wert und welch eine Wichtigkeit sein liebendes Herz auf das schwache Andenken der Seinen legt. Es ist seine Freude, sie an seinem Tisch versammelt zu sehen. Er wünscht, dass sie glücklich in Ihm mit einander solches tun zum Gedächtnis seiner selbst und dessen, was Er für sie am Kreuz war und vollbracht hat. Er ist nach seiner treuen Verheißung im Geist in ihrer Mitte gegenwärtig, um ihre Herzen mit Frieden und Freude zu erfüllen, und das, was sie gemeinschaftlich zu seinem Andenken tun, ist köstlich für Ihn. – Teurer Herr!
Nachdem Er das Kreuz für uns erduldet, unsere Sünden getragen und uns auf dem ewig festen Grund seines vollbrachten Erlösungswerkes als Auferstandene mit sich selbst sichergestellt hatte, ist Er uns vorangegangen als Vorläufer in die himmlische Herrlichkeit und hat uns die trostreiche Verheißung hinterlassen: „Ich komme wieder und will euch zu mir nehmen, auf dass, wo ich bin, auch ihr seid.“ – „Ja, ich komme bald.“ – Welch eine glückselige Hoffnung! Wir freuen uns, dass der, welcher für uns starb, nun zur Rechten Gottes sitzt, mit Ehre und Herrlichkeit gekrönt; und durch den Heiligen Geist mit Ihm dort verbunden und für die Herrlichkeit versiegelt, erwarten wir, im Bewusstsein seiner Liebe und im Gefühl seiner persönlichen Abwesenheit, Ihn selbst mit Sehnsucht aus den Himmeln. So stehen wir hier in der Wüste – zwischen dem Tod Jesu und seiner baldigen Wiederkunft mit dem gesegneten Gedächtnis, das seine Liebe uns zurückgelassen hat. Also versammelt am Tisch des Herrn, feiern und verkündigen wir seinen Tod, dem wir alles verdanken, zu seinem Gedächtnis und in der seligen Hoffnung seiner ersehnten Ankunft – „bis Er kommt!“
Köstliches Vorrecht der Erlösten des Herrn! Und gewiss, je mehr wir die am Kreuz offenbarte Liebe Jesu samt den herrlichen Resultaten seines Opfertodes für uns erkennen, desto mehr werden wir uns auch sehnen nach seiner baldigen Ankunft, die an uns in Herrlichkeit das am Kreuz vollbrachte Erlösungswerk krönen wird, desto mehr Eifer und Interesse wird auch vorhanden sein, zur Feier des Abendmahls des Herrn gemeinschaftlich zusammen zu kommen.
... Während also unser geliebter Herr, was seine anbetungswürdige Person betrifft, von dieser Welt abwesend, in Gott verborgen, ein Gegenstand des Glaubens, nicht des Schauens ist, feiern wir sein Gedächtnismahl zum Andenken und zur Verkündigung dessen, was Er für uns getan und gelitten hat, und wir tun dies in der Erwartung seiner Ankunft. Ich unterscheide in dem Brot und in dem Wein den Leib und das Blut des Herrn; beide – voneinander getrennt ein Bild des Todes stellen mir Ihn als einen gestorbenen Christus vor, d. h. in einer Stellung, in welcher Er einst für mich war, so dass Er jetzt ein Gegenstand des Gedächtnisses für mich ist. Und indem ich dieses Brot esse und diesen Kelch trinke, verkündige ich jenen Tod, der mir Leben und Errettung brachte, in welchem ich mit anbetender Bewunderung die Macht und Fülle der Liebe Christi erblicke, ja, ich genieße Ihn selbst als das für mich geschlachtete Lamm. Ich tue es im vollen Bewusstsein meiner Verbindung mit Ihm, dem Lebenden und Verherrlichten, sowie im Vorgeschmack der unaussprechlichen Freude und Wonne, die mir in seiner ersehnten Ankunft gebracht werden wird, wo ich Ihn sehen werde, wie Er ist, und bei Ihm sein werde für immerdar.