Samuel - der Mann Gottes
Samuels Tod
Zweimal wird berichtet, dass Samuel starb und dass ganz Israel um ihn klagte und ihn in seinem Haus in Rama begrub (1. Sam 25,1; 28,3). Nun gab es also ein Staatsbegräbnis mit öffentlicher Trauer für den Mann, dessen treue Worte, solange er lebte, unbeachtet geblieben und dessen letzte Lebensjahre durch die Bosheit des Königs und auch des Volkes vergällt worden waren! Es war ein großer Tag, denn „ganz Israel versammelte sich“, wie uns berichtet wird. War Saul anwesend? Es wird uns nicht gesagt, aber das Fleisch ist inkonsequent genug, um sogar das zu tun.
Viele Propheten folgten auf Samuel, ehe der Herr Jesus auf diese Erde kam, aber allen erging es unter den Händen der Menschen übel. „Welchen der Propheten haben eure Väter nicht verfolgt?“, sagte der entrüstete Stephanus. „Und sie haben die getötet, die die Ankunft des Gerechten zuvor verkündigten, dessen Verräter und Mörder ihr jetzt geworden seid“ (Apg 7,52). Der Herr selbst sagte zu den religiösen Führern: „Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler! Denn ihr baut die Gräber der Propheten und schmückt die Grabmäler der Gerechten und sagt: Wären wir in den Tagen unserer Väter gewesen, so würden wir nicht ihre Teilhaber an dem Blut der Propheten gewesen sein. Also gebt ihr euch selbst Zeugnis, dass ihr Söhne derer seid, die die Propheten ermordet haben.“ Dann fährt Er fort und sagt ihnen, dass Er ihnen neue Boten senden werde und dass sie auch diese verfolgen, geißeln und töten würden (Mt 23,29–34). Die Apostelgeschichte berichtet davon, wie schrecklich seine Worte in Erfüllung gingen (siehe auch 1. Thes 2,15 und Joh 16,2).
Es ist leicht, tote Männer zu ehren, deren treue Ermahnungen das Gewissen nicht mehr beunruhigen. Das Fleisch bringt es fertig, dabei sogar noch eine gewisse Befriedigung zu empfinden, aber was Gott wertschätzt, ist, dass wir den Botschaften seiner Diener willig gehorchen, während sie noch leben, und dass wir seinen Dienern nach ihrem Abscheiden ein treues Andenken bewahren, indem wir an ihre Worte denken (Heb 13,7).
Seid nicht so sehr darum besorgt, Gedenkfeiern für uns zu halten, wenn unsere Leiber im Grab liegen und unsere Lippen geschlossen sind! Ermuntert uns vielmehr, während wir noch bei euch sind, und ermutigt uns, indem ihr der Wahrheit gehorsam seid, damit wir in unseren Gebeten „mit Freuden und nicht mit Seufzen“ für euch Rechenschaft geben können (Heb 13,17). Die Toten zu rühmen, ihre Belehrungen aber abzuweisen, ist eine der schlimmsten Formen religiöser Heuchelei.
Hierfür nur ein Beispiel: In der gesamten Christenheit wird Petrus große Ehre erwiesen; prächtige Gebäude tragen seinen Namen. Aber wenn der Apostel heute zu uns zurückkäme und uns von den Kanzeln von „St. Peter“ die Wahrheiten seiner Briefe predigte, würde er wahrscheinlich genauso verachtet und hinausgeworfen werden wie sein Herr und Meister aus der Synagoge von Nazareth. Denn Petrus lehrt klar und deutlich, dass die Wiedergeburt die Frucht des unverweslichen Samens des Wortes Gottes ist, und dieser Samen wird durch den Glauben ins Herz aufgenommen (1. Pet 1,23). Doch große Teile der Christenheit erklären, dass die Wiedergeburt durch die von Geistlichen vollzogene Taufe erlangt werde. Ebenso belehrt uns Petrus, dass alle an den Herrn Jesus Glaubenden Priester sind, „eine heilige Priesterschaft, um darzubringen geistliche Schlachtopfer, Gott wohlangenehm durch Jesus Christus“ (1. Pet 2,5). Die Christenheit beharrt jedoch darauf, dass Priesterschaft das ausschließliche Vorrecht nur einiger weniger Amtsträger sei. Auf diese Weise werden Gläubige in Dunkelheit und in einem gewissen Abstand von ihrem Gott und Vater gehalten.
Im Licht der Ewigkeit haben die Bauwerke, die Menschen errichtet haben, um Tote zu ehren – seien es Grabmäler oder Kathedralen –, keinen Wert. Wer vermag dagegen den Wert der Worte des Heiligen Geistes zu ermessen über die „große Wolke von Zeugen“ – zu denen auch Samuel gehörte –, „deren die Welt nicht wert war“ (Heb 11,38)!