Samuel - der Mann Gottes
Die Kraft des Geistes Gottes
Nachdem Samuel sowohl Saul, den Mann nach dem Begehren des Volkes, als auch David, den Mann nach dem Herzen Gottes, gesalbt hatte, war sein öffentlicher Dienst beendet. Von nun an lebte er zurückgezogen in Rama. Aber wer zu einem Leben in der Stille gezwungen ist, hört nicht unbedingt auf, für seine Brüder von Nutzen zu sein. Der Dienst der Fürbitte steht allen offen, die ein Herz dafür haben, und diesem Dienst widmete sich Samuel bis ans Ende seines Lebens. „Fern sei es von mir, gegen den HERRN zu sündigen und aufzuhören, für euch zu bitten“, hatte er einst gesagt (1. Sam 12,23).
Liebe alte, gebrechliche oder gefangene Geschwister, fasst Mut! Auch wenn ihr nicht mehr als Boten des Herrn unterwegs sein könnt, so könnt ihr doch noch dem Volk Gottes vor dem Thron der Gnade dienen. Paulus hörte nicht auf, während seiner Gefangenschaft in Rom für seine Brüder in Ephesus zu danken und ihrer in seinen Gebeten zu gedenken (Eph 1,16). Auch an die Philipper erinnerte er sich „allezeit“ in jedem seiner Gebete für sie mit Freuden (Phil 1,4). Ebenso regelmäßig betete er für die Kolosser (Kol 1,3) und zweifellos auch für die Heiligen an anderen Orten, ob sie ihm bekannt oder unbekannt waren. Als Epaphras seiner Freiheit beraubt war, rang er in seinen Gebeten für seine Brüder, damit sie „vollkommen und völlig überzeugt in allem Willen Gottes“ dastünden (Kol 4,12).
Der Prophet, der fühlte, dass er alt wurde und dass sein aktiver Dienst zu Ende ging, und der – ohne ein Wort von Seiten Gottes – seine Söhne zu Richtern über das Volk bestimmt hatte, lebte aber nicht nur, um Saul und David zu salben. Er lebte auch, um David zu beschützen, als es für David gefährlich wurde, weil sein Feind ihn verfolgte. So lesen wir in 1. Samuel 19,18: „David aber war geflohen und entkommen; und er kam zu Samuel nach Rama und berichtete ihm alles, was Saul ihm getan hatte.“ Doch was konnte ein alter, schwacher Mann für David in seiner Bedrängnis tun? Saul setzte schon sehr bald seine Kräfte in Bewegung. Er war bereits so völlig unter die Macht Satans geraten, dass er jede Achtung vor Samuel verloren zu haben schien. Sogar in Samuels Wohnung versuchte er einzudringen, um David dort herauszuholen. Aber die Kraft Gottes war mit seinem hochbetagten Diener, und das musste Saul in recht bemerkenswerter Weise erfahren.
Saul sandte nacheinander drei Scharen zweifellos bewaffneter Boten nach Rama, um David festzunehmen. Als sie jedoch in die Nähe Samuels und der Versammlung angehender Propheten kamen, geriet der Geist Gottes über sie, so dass die Boten mit ihnen weissagten (1. Sam 19,20). Das erinnert uns an Ahasja und seinen Zorn gegen Elia (2. Kön 1). Auch er sandte drei Scharen Kriegsleute unter einem Obersten, um Elia festzunehmen. Aber der dritte Oberste jener Fünfzig demütigte sich angesichts der Kraft Gottes, die von Elia ausging, und bat um sein Leben. In Sauls Tagen waren die Dinge weit schlimmer insofern, als seine dritte ausgesandte Schar ebenso bereit war, das böse Werk ihres Herrn zu tun wie die vorher gekommenen Männer. Schließlich, und das ist besonders ernst, ging Saul selbst. Er machte sich persönlich auf, denn er war überzeugt, dass er stark genug wäre, um dem geistlichen Einfluss, dem seine Boten unterlegen waren, widerstehen zu können. Er war fest entschlossen, seine Sache mit Gott auszukämpfen. Armer, blinder Betrogener Satans! Der unglückselige Saul ist ein trauriges Vorbild jenes eigenwilligen Königs späterer Tage (Dan 11,36), der in Jerusalem regiert, wenn der Herr Jesus erscheinen wird.
Der wütende König kommt „an die große Zisterne, die in Seku ist“, und erkundigt sich nach dem Aufenthaltsort Samuels und Davids (1. Sam 19,22). Wollte er den Propheten und seinen eigenen Schwiegersohn töten? Wir wissen es nicht. Auf jeden Fall aber wurde er, als er mit Mordgedanken in die Nähe Samuels und Davids kam, von der mächtigen Kraft des Geistes Gottes überwältigt. Viele Stunden lag er auf der Erde, hilflos und unfähig, das zu tun, was er beabsichtigte. Mit Recht konnten Beobachter der Szene, die den Charakter dieses Mannes kannten, sagen (vielleicht mit einem gewissen Spott): „Ist auch Saul unter den Propheten?“ (1. Sam 19,24).
„Wie sind die Helden gefallen!“ (2. Sam 1,27). In Rama sehen wir den König vor der gegenwärtigen Macht Gottes zu Boden geworfen; in Endor liegt er im Haus einer Totenbeschwörerin der Länge nach auf der Erde (1. Sam 28,20); und auf dem Gebirge Gilboa wird er tot auf dem Schlachtfeld liegend gefunden (1. Sam 31,8). Trauriges Ende eines unglücklichen Lebens, das mit allen Vorrechten begonnen hatte, die ein gütiger Gott nur schenken konnte!
Das bemerkenswerte Erlebnis in Najot bei Rama war bei David und Saul sicher nicht ohne Eindruck geblieben (1. Sam 19). In den noch kommenden Jahren, in denen David umherirren würde, konnte er daher darauf vertrauen, dass der HERR mit ihm war und keine Macht irgendeines Geschöpfes ihm jemals würde schaden können. Saul dagegen mochte heimgekehrt sein in dem Bewusstsein, dass sein Widerstand gegen Gott nutzlos war. Aber leider lernt das Fleisch niemals die göttlichen Lektionen. Ein anderer Saul, Saulus von Tarsus, in späterer Zeit achtete auf die Stimme des Herrn, die zu ihm aus dem Himmel redete – zu seinem ewigen Segen (Apg 26,19)!
Wir leben heute in den Tagen, wo der Heilige Geist persönlich gegenwärtig ist auf der Erde. Die Versammlung ist seine Wohnung, und von dort her wirkt Er in Gnade zum Segen der Menschen. Die Macht Satans widersetzt sich seinem Wirken, aber wir brauchen uns nicht zu fürchten. Der, der den Saul des Alten Testaments zu Boden zwang – obwohl nichts besser für ihn war – und der auch den Saul des Neuen Testaments niederwarf, um ihn in ein leuchtendes Zeugnis für Christus umzuwandeln, der wird auch heute noch mit jeder Form satanischer Feindschaft gegen das Volk Gottes fertig. Denn für Gott gibt es niemals eine Niederlage.