Vorträge über die Sendschreiben an die 7 Versammlungen
Botschafter des Heils in Christo 1881

Vorträge über die Sendschreiben an die sieben Versammlungen - Teil 2/14

Im 8. Verse geht der Geist auf die Herrlichkeit der Person des Herrn selbst über: „Ich bin das Alpha und das Omega, spricht der Herr, Gott, der da ist und der da war und der da kommt, der Allmächtige.“ Es ist hier nicht der Vater. Wie ganz anders ist es, das zu erwarten, was der Allmächtige auf der Erde tun wird, oder in das Vaterhaus entrückt zu werden und von dem zu reden, was der Vater dort für uns ist.

Gott hat sich dem Menschen unter drei großen Namen offenbart, und zwar zunächst dem Abraham in 1. Mose 17 mit den Worten: „Ich bin Gott, der Allmächtige, (El Shaddai) wandle vor meinem Angesicht und sei vollkommen.“ Gott sagte seinem treuen Knecht gleichsam: Ich bin der Allmächtige, darum vertraue du auf mich. Der Ausdruck „Vollkommenheit“ entspricht dem Charakter, in welchem Gott sich uns offenbart hat. Sobald Gott mit Israel in Verbindung tritt, nimmt Er einen anderen Namen an. In dem Zweiten Buch Mose offenbart Er sich ihnen als Jehova, der ewig Seiende, welcher im Begriff steht, alle seine Verheißungen zu erfüllen. Den Heiligen der Jetztzeit offenbart Er sich als Vater. Sie werden mit dem allmächtigen und ewigen Jehova in Verbindung gebracht und in das Verhältnis von Kindern zu dem Vater versetzt, und zwar im Genuss des ewigen Lebens, das ihnen mitgeteilt ist. „Ich werde euch zum Vater sein ... spricht der Herr, der Allmächtige.“ Dieser Offenbarung können wir nur durch den Geist der Kindschaft begegnen, indem wir wirklich Kinder sind und die Natur und den Geist dessen besitzen, der unser Vater ist. Darum wird nicht gesagt: „Du sollst vollkommen sein mit Jehova, deinem Gott“ (5. Mo 18,13), wie einst in Verbindung mit den Titeln Allmächtiger und Jehova; sondern, nachdem Christus den Namen des Vaters offenbart hat, heißt es: „Ihr nun sollt vollkommen sein, gleich wie euer himmlischer Vater vollkommen ist“ (Mt 5,48). Wir vertrauen Ihm nicht als Fremde, sondern wandeln mit Ihm und gleich Ihm als Kinder. Wir kennen den als Vater, welcher der Allmächtige ist, und Christus sagt: „Dies aber ist das ewige Leben, dass sie dich, den allein wahren Gott, und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen.“ Und wiederum: „Wer mich gesehen, hat den Vater gesehen“; und wiederum: „Jeglicher, der euch tötet, wird meinen, Gott einen Dienst darzubringen. Und dieses werden sie tun, weil sie weder den Vater, noch mich erkannt haben.“ Sie glauben Gott zu dienen, indem sie seine Kinder töten; aber sie kennen weder den Vater, noch den Sohn. Wir haben bereits bemerkt, dass Gott unter dem Titel „Vater“ in der Offenbarung nicht erscheint, sondern als der Allmächtige und als Jehova.

In den Versen 9–13 tritt uns aufs Neue der Charakter entgegen, mit welchem Christus sich sowohl in Verbindung mit den sieben Versammlungen, als auch mit der Welt bekleidet. Er erscheint nicht als das Haupt des Leibes, oder als die Quelle der Gnade für seine Glieder hienieden, sondern als einer, der inmitten einer Körperschaft wandelt, die sich außer Ihm befindet, über deren äußeren Zustand Er sein Urteil ausspricht. In Vers 14 sehen wir, dass Christus, wiewohl Er hier als Sohn des Menschen offenbart wird, zugleich auch Jehova ist und alle die Charakterzüge des Alten der Tage in Daniel 7 trägt. „Sein Haupt aber und seine Haare weiß, wie weiße Wolle.“ In Daniel 7 wird der Sohn des Menschen vor den Alten der Tage gebracht. Hier erscheint Er selbst als der Alte der Tage: 1 „Seine Augen wie eine Feuerflamme“, um in das Herz einzudringen und alles darin richten zu können. „Gott ist ein verzehrendes Feuer.“ „Und aus seinem Mund ging hervor ein scharfes, zweischneidiges Schwert“ – das Schwert des Gerichtes, welches andeutet, dass Er alle Autorität besitzt.

„Und als ich Ihn sah, fiel ich zu seinen Füßen wie tot. Und Er legte seine Rechte auf mich und sprach: Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige, und ich war tot, und siehe, ich bin lebendig in die Zeitalter der Zeitalter“ (V 17–18). Es ist außerordentlich ermutigend für die Seele, zu wissen, dass Er, das Alpha und das Omega, der Erste und der Letzte, außer welchem es keinen Gott gibt, derselbe ist, welcher sich um meiner Sünden willen unter die Macht des Todes begab und, indem Er ohne dieselben wieder auferstand, nicht nur für immer jegliche Sünde hinwegtat, sondern mich auch von dem befreite, welcher (und zwar mit Recht) die Macht des Todes besaß, d. h. vom Teufel, und mich in die Gegenwart Gottes selbst einführte. Er „hat einmal für Sünden gelitten, der Gerechte für die Ungerechten, auf dass Er uns zu Gott führe.“ Das ist es auch, was der Seele einen solch festen Frieden gibt; denn wenn ich zu Gott gekommen bin, so habe ich nichts mehr zu suchen: „Wer mich gesehen, hat den Vater gesehen.“ Wenn meine Seele den an dem Kreuz für meine Sünden sterbenden Christus gesehen hat, so bin ich Gott dort hinsichtlich der feierlichen Frage des Gerichts begegnet; ich bin zu Gott gekommen durch einen gestorbenen und auferstandenen Christus, und eben dadurch, dass ich zu Gott selbst gekommen bin, habe ich alles empfangen, was Erde oder Himmel mir geben können. Denn dieser Sanftmütige und von Herzen Demütige, der sich wie ein Lamm zur Schlachtbank führen ließ, ist gerade der Gott, zu dem ich gebracht worden bin, und zwar ohne den geringsten Flecken von Sünde, der mich in seiner Gegenwart beschämen könnte. Ich stehe daher vor Ihm in vollkommener Liebe, da jede Ursache zur Furcht beseitigt ist; und Er lebt, um sich uns in der Kraft eines unauflöslichen Lebens zu offenbaren.

Kehren wir jetzt zu dem prophetischen Teil unseres Buches zurück, so finden wir im 19. Verse in bestimmten Ausdrücken die höchst wichtige Einteilung der Offenbarung in drei große Abschnitte. 1. „Schreibe, was du gesehen hast“ – d. i. Christus, inmitten der Leuchter wandelnd; 2. „was ist“ – der zeitliche oder äußere Zustand der Versammlungen oder der bekennenden Kirche auf der Erde, nicht aber der ewige Zustand und die unveränderlichen Vorrechte der Versammlung als Leib Christi; 3. „was geschehen wird nach diesem“ – die prophetischen Dinge, die Schlussereignisse im Blick auf diese Welt.

Das vierte Kapitel zeigt uns die Versammlung im Himmel. Den Ausdruck „was ist“ beziehe ich durchaus nicht (aus dem einfachen Grund, weil die Schrift es nicht tut) auf den ewigen Zustand der Versammlung in ihrer Einheit mit Christus, als ihrem Haupt in Gnade, sondern auf den zeitlichen, äußeren Zustand derselben, als betrachtet in ihrer Verantwortlichkeit hienieden während einer bestimmten Periode; und Zwar wird dieser zeitliche, äußere Zustand in den sieben Versammlungen gerichtet. Ich wiederhole nochmals, es handelt sich hier nicht um unsere geistlichen Segnungen in den himmlischen Örtern in Christus, sondern um etwas, das außerhalb Christi auf der Erde ist, und in dessen Mitte Er wandelt. Auf der Erde bedarf Er eines Leuchters, eines Lichtes; nicht aber im Himmel – dort ist kein Leuchter, kein Lichtträger nötig, „denn die Herrlichkeit Gottes hat sie erleuchtet und ihre Lampe ist das Lamm“ (Kap 21,23). Auf Erden sind jedoch Lichtträger nötig, und deshalb werden die sieben Versammlungen mit Leuchtern verglichen; sie sollen „das Licht der Welt“ sein. Sie werden vom Himmel her erleuchtet, um auf der Erde, in den dunklen Örtern hienieden, Licht auszustrahlen, um ein Zeugnis für Christus zu sein, während Er abwesend im Himmel, in Gott verborgen ist. Und um diese Lichtträger zu prüfen, wandelt Christus als der Sohn des Menschen inmitten der Leuchter. Wohl ist es wahr, dass unser Leben mit Christus in Gott verborgen ist; aber während wir auf der Erde wandeln, sollen wir als Lichter in der Welt scheinen und das offenbaren, was der Himmel hervorzubringen vermag, nämlich im Himmel zu leben, während man noch auf der Erde wandelt, so wie Jesus von sich selbst sagte, als Er hienieden war: „Der Sohn des Menschen, der im Himmel ist.“

„Das Geheimnis der sieben Sterne“ (V 20) erweckt den Gedanken an Macht, d. h. an eine untergeordnete Macht, während „die Engel“ 2 die symbolischen Stellvertreter der Versammlungen vorstellen. In der ganzen Heiligen Schrift wird eine höhere Macht durch die Sonne, eine untergeordnetere durch die Sterne symbolisch dargestellt. Der Engel von irgendetwas bezeichnet den Stellvertreter dessen, was nicht selbst gegenwärtig ist. Dies ist selbst der Fall mit dem Engel Jehovas. Als Petrus nach seiner wunderbaren Befreiung am Tor des Hauses der Maria klopfte, sprachen die, welche dort versammelt waren: „Es ist sein Engel“ (Apg 12), und von den Kindern sagt der Herr selbst: „Ich sage euch, dass ihre Engel in den Himmeln allezeit schauen das Angesicht meines Vaters“ (Mt 18,10). Ferner nannte Jakob den Ort, an welchem er mit dem Engel gerungen hatte, Pniel Antlitz (Gottes), „denn ich habe Gott gesehen von Angesicht zu Angesicht“ (1. Mo 32); und in 2. Mose 3,2 lesen wir, dass „der Engel Jehovas“ dem Mose in einer Feuerflamme mitten aus einem Dornbusch erschien, während es nachher, als er hinzutrat, um das große Gesicht zu sehen, heißt: „Und als Jehova sah, dass er herzutrat, da rief ihm Gott mitten aus dem Dornbusch usw.“ In ähnlicher Weise bilden hier die Engel die Repräsentanten der sieben Versammlungen. Anstatt von Christus, als dem Haupt des Leibes, zu reden, stellt der Heilige Geist in der Offenbarung die Verantwortlichkeit in den Vordergrund, welcher der Leib in seinem zeitlichen Zustand unterworfen ist, sowie ein gewisses Verhalten, das der Herr als Folge der empfangenen Vorrechte erwartet. Auch handelt es sich nicht um die Mitteilung dieser Vorrechte, sondern um den Gebrauch, den die Kirche von denselben gemacht hat. Keine der sieben Versammlungen ist demzufolge an und für sich ein Werk Gottes. Was hier stattfindet, ist eine richterliche Untersuchung, und ich brauche kaum zu sagen, dass Gott nicht sein eigenes Werk einer Beurteilung unterzieht, sondern Er richtet den Menschen auf dem Boden der Verantwortlichkeit nach dem, was er durch jenes Werk empfangen hat.

Wenn die Schrift von der Versammlung Gottes redet, so geschieht es in ganz bestimmter und unterschiedlicher Weise. Die Leiden Christi und die Herrlichkeiten danach bildeten das Zeugnis der Propheten, ehe der Heilige Geist Hernieder gesandt wurde. Als Christus auf der Erde war, sagte Er: „Auf diesen Felsen will ich bauen meine Versammlung“; sie war noch nicht gebildet. Christus konnte nicht eher das Haupt im Himmel sein, bis die Erlösung vollbracht war; ich spreche hier selbstredend nicht von der Errettung Einzelner, sondern von dem Leib Christi. Die Geschichte des Stephanus führt uns einen Schritt weiter: ein Mensch auf der Erde, erfüllt mit dem Heiligen Geist, sieht den Himmel geöffnet und den Sohn des Menschen zur Rechten Gottes. Das Gesicht, welches Paulus auf dem Weg nach Damaskus sieht, zeigt uns noch mehr; es offenbart innere Einheit mit Christus. Alle wahren Christen sind seine Glieder, und dies nicht nur, weil sie Teilhaber seiner, der göttlichen Natur sind, sondern weil dieselbe Macht, welche Ihn auferweckte, auch sie auferweckt, und weil der Heilige Geist sie mit Ihm, dem Haupt, vereinigt hat. Der Herr fragt den erschreckten Saulus: „Was verfolgst du mich?“ Wenn meine Hand verwundet ist, so sage ich: Ich bin verwundet; denn meine Hand bildet einen Teil von mir. Außerdem aber gibt es noch einen anderen Charakter, den dieser Leib naturgemäß hat; er wird „mitaufgebaut zu einer Behausung Gottes in dem Geist.“ Da nun die Versammlung der Platz ist, wo Gott wohnt, und auf der Erde zur Offenbarung seiner Herrlichkeit dienen soll, so kommt Gott, um zu untersuchen, welche Frucht diese Vorrechte in den Händen des Menschen hervorgebracht haben. Es handelt sich hier also nicht um die Tatsache, dass der Heilige Geist in der Kirche wohnt, sondern um den Gebrauch, den die Menschen davon gemacht haben.

Es gibt zwei Grundsätze, nach welchen Gott stets sein Volk richtet. Erstens: Der ursprüngliche Zustand des Volkes, die Segnung, mit der Er begonnen, die Stellung, von welcher es abgewichen ist. Zweitens: das Ziel, nach welchem seine Wege führten – die Hoffnung, die Er seinem Volk vor Augen gestellt hat – und die Fähigkeit desselben zum Genuss der Segnung, mit welcher Er ihm am Ende, bei der Offenbarung seiner Gegenwart, begegnen will. Zur Erläuterung dieses Grundsatzes führe ich als Beispiel das Volk Israel an. In Jesaja 5 sagt Gott: „Was war noch zu tun an meinem Weinberg, das ich nicht an ihm getan habe?“ Im 6. Kapitel aber beweist die Offenbarung der Herrlichkeit Jehovas, dass der Zustand des Volkes nicht nur der ihm im Anfang verliehenen Segnung nicht entsprach (denn Jesaja sagt: „Inmitten eines Volkes unreiner Lippen wohne ich“), sondern dass er auch nicht für die Herrlichkeit passte, auf welche Jehova ihre Blicke und ihre Erwartung gerichtet hatte. Während der Überrest nach der Wahl der Gnade zu jeder Zeit bewahrt wird, fällt der übrige Teil des Volkes dem Gericht anheim. Wenden wir uns jetzt zu der Versammlung zurück, so sehen wir, dass der Herr zunächst die Vorrechte, die Er gegeben, berührt und dann fragt, ob der Wandel denselben entsprochen habe. Errichtet gleichsam die Frage an die Versammlung zu Ephesus: Hast du deine erste Liebe verlassen? Und da die Antwort leider bejahend lautet, so fährt Er fort: „Gedenke nun, wovon du gefallen bist.“ „Ich habe euch geliebt und mich selbst für euch dahingegeben“, das war das wahre Maß der Liebe zu Ihm, in welchem sie hätte wandeln sollen, als die Versammlung Gottes, welche Er sich erworben hat „durch das Blut seines Eigenen“, und die zu allem heiligen Wandel unter den Schutz des Blutes gestellt ist, wie wir dies vorbildlich in den Priestern des alten Bundes sehen. Das Blut wurde sowohl auf die Hand, den Fuß und das Ohr des Aussätzigen, als auch auf die des Priesters getan (zur Reinigung des Einen und zur Einweihung des Anderen; vgl. 2. Mose 29; 3. Mose 14), so dass nichts gestattet werden durfte, was dieses Blut verunehren konnte. So sind auch wir unter den Schutz des Blutes gekommen, und jetzt entsteht die Frage: Haben wir diesem Blut, das auf uns gebracht worden ist, entsprechend gehandelt? Ist in Gesinnung, Tat oder Wandel nichts vorgekommen, was nicht Gott gemäß war? Der Herr übt stets Gericht in einer Versammlung aus, obwohl Er sie lange Zeit in Geduld trägt. Er erwies dem Volk Israel seine Langmut länger als siebenhundert Jahre, nachdem das Gericht durch den Mund Jesajas angekündigt worden war; aber obwohl Gott den Fehltritten seines Volkes gegenüber sehr geduldig ist, so kann Er doch den Maßstab der Ansprüche seiner ersten Segnung nie verringern.

Zu Sardes sagt der Herr: „Ich habe deine Werke nicht völlig erfunden vor meinem Gott“; doch wie tief war es gefallen! Wir konnten uns vor dem Herrn wegen unserer Fehltritte demütigen und werden dann stets jene Gnade finden, welche uns wiederaufrichtet; aber trotzdem erniedrigt Gott niemals den Maßstab dessen, was in uns hervorgebracht werden sollte, und wir selbst werden dies nicht wünschen. Es kann nicht der Wunsch eines wahren Gläubigen sein, dass Gott den Maßstab seiner Heiligkeit verringere, um dadurch im Stande zu sein, uns in den Himmel einzuführen.

Durch die Gnade kann ich in Bezug auf die Versammlung Gottes nichts annehmen, was hinter dem Gemälde, welches Gott zuerst von ihr gegeben hat, zurückstände. Nehmen wir z. B. den Menschen als solchen; er hat die Unschuld verloren; dessen ungeachtet kann ich im Blick auf ihn keinen niedrigeren Standpunkt oder Maßstab annehmen, als die gänzliche Abwesenheit von Sünde. Und dies ist noch nicht alles. Gott stellt jetzt einen noch köstlicheren Gegenstand der Wünsche vor mein Herz, in welchem Er das, was verloren gegangen ist, ersetzt, und zwar durch die vollkommene Offenbarung seiner selbst, seiner eigenen Herrlichkeit in seinem Volk. Der Gläubige soll daher seinen Zustand nicht mit demjenigen des ersten gefallenen Adam, noch auch mit dem ersten Zustand der Versammlung messen, sondern mit Christus selbst, dem er begegnen wird.

Wir haben also gesehen, dass Gott einerseits die Entfernung von der ersten Stellung des Segens richtet und andererseits erforscht, in wie weit die Versammlung der Fülle des Segens, zu welcher Gott sie beruft, entsprochen hat. Gott richtet und beurteilt uns gemäß unserer vergangenen und unserer zukünftigen Segnung. Daher finden wir in all den Sendschreiben an die Versammlungen zunächst ihre Entfernung von den ursprünglichen Segnungen, und dann wird untersucht, in wie weit ihr gegenwärtiger Zustand der Segnung entspricht, zu welcher sie berufen sind und welche von Gott verheißen wird. Paulus konnte sagen: „Vergessend, was dahinten, und mich ausstreckend nach dem, was da vorne ist, jage ich, das vorgesteckte Ziel anschauend, hin zu dem Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben, in Christus Jesus.“ Wenn jemand dieses sagen kann, so hat er ein gutes und glückliches Gewissen vor Gott, im Blick auf die vor ihm liegende Herrlichkeit. Möchte es ein jeder Gläubiger mit Ernst bedenken, dass sein Standpunkt ein falscher und seine Neigungen nicht die richtigen sind, sobald er etwas anderes tut, als dem Christus der Herrlichkeit nachzufolgen, welcher vor das Auge seines Herzens gestellt ist. Wir wissen, dass die Versammlung ihre erste Liebe verlassen hat. Möchten wir daher stets eingedenk sein, dass Gott, so geduldig und langmütig Er ist, niemals seinen Maßstab niedriger stellen kann, und dass es deshalb unser Teil ist, „Buße zu tun.“ Gnade genug ist vorhanden, um aufzurichten und wiederherzustellen; allem mein Gewissen würde nicht glücklich sein, wenn Gott die Züge des Bildes, welches Er mir von der Versammlung gegeben hat, irgendwie schwächte.

Der Mensch hat seine Unschuld verloren; das Kreuz hat jedoch Erlösung und Segnung gebracht, und obwohl ich das herrliche Resultat dieser Erlösung, wie es sich in der Herrlichkeit dessen, der sie vollbracht hat, offenbaren wird, noch nicht erreicht habe, so „jage ich doch hin nach dem Kampfpreis“; so nur kann mein Gewissen glücklich sein. Wäre der Gedanke an das Kommen des Herrn, um uns in die Herrlichkeit einzuführen, recht lebendig in uns, wie vieles würde dann verschwinden! Stände die Hoffnung seiner Ankunft stets vor unseren Augen, wie viele Gegenstände, auf die wir jetzt Wert legen, wie viele Sorgen und Kümmernisse, die uns jetzt drücken, würden dann wie nichts erscheinen! „Ein jeglicher, der diese Hoffnung zu Ihm hat, reinigt sich selbst, gleich wie Er rein ist.“ Aber ach! die Versammlung hat ihre erste Liebe verlassen und damit auch ihre Erwartung verloren. Die Hoffnung der baldigen Ankunft des Herrn bringt Ihn unseren Seelen sehr nahe, und die Folge ist, dass wir den Zustand, in welchem wir uns befinden, richten. Wir sind berufen, Jesu zu begegnen. Befinden wir uns in einem Zustand, der uns seiner Ankunft freudig entgegensehen lässt?

Es gibt außerdem noch eine andere Wahrheit, die ein Beweggrund zur Heiligkeit in der Versammlung ist: nämlich die Gegenwart des Heiligen Geistes. Es steht geschrieben: „Betrübt nicht den Heiligen Geist Gottes“ – tut nichts, was mit seiner Gegenwart ebenso wenig vereinbar wäre, wie mit der Herrlichkeit, der ihr entgegengeht und von welcher Er Zeugnis ablegt. In den drei ersten Sendschreiben wird das Kommen des Herrn gar nicht erwähnt; sobald aber hernach das Böse festen Fuß gefasst hatte, bildet diese Ankunft den vorherrschenden Gedanken. Sie ist unsere Freude und Hoffnung, welche uns aufrecht hält, wenn alles andere zusammenbricht.

Bevor ich schließe, möchte ich das Gesagte noch einmal kurz zusammenfassen. Das Buch der Offenbarung trägt einen prophetischen Charakter. Die Versammlung wird in demselben nicht dargestellt als die Behausung des Heiligen Geistes, welcher von Christus, als dem Haupt des Leibes, Zeugnis gibt, noch wird der Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn Ausdruck gegeben. Alles ist hier richterlich. Christus erscheint zunächst als Richter der Versammlung, betrachtet in ihrer irdischen und nicht in ihrer himmlischen Stellung, und dann als Richter der Welt. Das ganze Buch teilt sich in drei Hauptabschnitte – „was du gesehen hast, was ist, und was geschehen wird nach diesem.“ Gott richtet auf zweierlei Weise. Er untersucht, ob wir die bereits empfangenen Segnungen benutzen, und dann, ob wir in einer Weise wandeln, die mit der verheißenen Herrlichkeit im Einklang steht.

Zufolge der Vorrechte, die Er uns mitgeteilt hat, erwartet der Herr durch die Gnade eine Antwort des Herzens auf die Herrlichkeit, zu der Er uns beruft. Da Er uns gesegnet hat, so erwartet Er die Antwort: „Komm, Herr Jesu!“ Er sucht die Frucht der Gnade, die Er gegen uns hat überströmen lassen, und unser Teil ist es, zu untersuchen, wozu wir durch diese Gnade berufen sind. Nicht als ob wir es schon ergriffen hätten, sondern in der Kraft eines neuen Lebens eilen wir vorwärts, „vergessend, was dahinten ist.“ Das Herz Gottes ist damit beschäftigt, uns zu segnen, und Er erwartet aus unseren Herzen eine Antwort auf diese Kenntnis von unserer himmlischen Berufung.

Möchten wir daher das genießen, wozu Gott uns in Gemeinschaft mit seinem Sohn berufen hat! Möchte es auf die Gefühle und Zuneigungen unserer Herzen einen solch mächtigen Einfluss ausüben, dass wir in Aufrichtigkeit sagen können: „Eins aber tue ich!“ Der Herr öffne unsere Augen und erfülle sie mit seiner Herrlichkeit, damit wir wandeln in der Kraft der Hoffnung, Ihn zu sehen, wie Er ist, und für immer bei Ihm und Ihm gleich zu sein! (Fortsetzung folgt)

Fußnoten

  • 1 Auch in Daniel 7 scheint der 22. Vers anzudeuten, dass der Sohn des Menschen selbst der Alte der Tage ist.
  • 2 Man hat gedacht, dieses Wort sei mit Bezugnahme auf den Engel der Synagoge gebraucht und bezeichne daher den Bischof oder Hauptältesten. Allem der Engel der Synagoge war keineswegs der Leiter derselben, sondern ein Vorleser. Der Leiter der Synagoge war eine ganz andere Person. Es ist möglich, dass zur Zeit, als die Offenbarung geschrieben wurde, der Älteste oder der hervorragendste unter den Ältesten eine Art von Vorsitz führte. Aber wenn dies auch wirklich der Fall war und jener Älteste dadurch verantwortlich wurde, so beweist doch schon der Gebrauch des Namens „Engel“, dass wir es hier mit etwas anderem zu tun haben. Nimmer würde der Herr in der Schrift einen solchen kirchlichen Titel anerkennen.
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