Botschafter des Heils in Christo 1881
Christus, der Mittelpunkt - Warum haben wir uns allein in dem Namen Jesu zu versammeln? - Teil 2/2
Und jetzt möchte ich fragen: Welche Benennung erkennt in unseren Tagen so den Geist Gottes an? Wahrlich, in demselben Augenblick, wo eine Versammlung von Christen dies tut, hört sie auf, eine Partei oder Benennung zu sein, weil eben der Heilige Geist keinen anderen Namen ehrt, als denjenigen Jesu. Vergleichen wir eine Versammlung von Christen vor 1800 Jahren mit irgendeiner Partei Versammlung der Jetztzeit. Alle die Christen in einem Ort versammelten sich in dem Namen Jesu; der Geist schenkte Verschiedenheiten von Gnadengaben; die Einen waren begabt, zu predigen, die Anderen, zu lehren, wieder andere, zu ermahnen, und so fort, entsprechend den mannigfaltigen Offenbarungen des Geistes. Er, der Heilige Geist, war in Wirklichkeit in ihrer Mitte gegenwärtig, einem jeden insbesondere austeilend, wie Er wollte. Zwei bis drei sprachen und die Übrigen urteilten; und das war die Ordnung Gottes, wie wir in 1. Korinther 14,29–33 lesen: „Propheten aber lasst zwei oder drei reden, und die Anderen lasst urteilen. Wenn aber einem Anderen, der dasitzt, eine Offenbarung wird, so schweige der Erste. Denn ihr könnt einer nach dem Anderen alle weissagen, auf dass alle lernen und alle getröstet werden. Und die Geister der Propheten sind den Propheten untertan. Denn Gott ist nicht ein Gott der Unordnung, sondern des Friedens, wie in allen Versammlungen der Heiligen.“ Solange die unumschränkte Leitung des Geistes Gottes anerkannt wurde, war dies offenbar die Ordnung. Lasst uns jetzt in eine Versammlung eintreten, die zu irgendeiner Benennung der gegenwärtigen Zeit gehört. Sage mir, wo erwartet oder erlaubt man dem Heiligen Geist, einem jeden insbesondere auszuteilen, wie Er will? Die Leitung und der Vorsitz des Heiligen Geistes, wenn ich so sagen darf, ist völlig vergessen. Ein Mensch nimmt seinen Platz ein, und er muss dies tun, ob er von dem Geist geleitet und glücklich in Ihm ist, oder nicht. Diese Missachtung der persönlichen Gegenwart und der unumschränkten Leitung des Heiligen Geistes ist in jeder Hinsicht höchst traurig. Die verschiedenen Gaben werden nicht ausgeübt; das Werk des Dienstes wird eine Last für die eine Person. Aber mehr als alles, Gott wird nicht anerkannt in der Versammlung als der Leiter derselben, sondern eine menschliche Ordnung, oder besser noch, jede Art menschlicher Unordnung steht an seinem Platz. Es mag schön lauten, dies Gewissensfreiheit zu nennen; aber wo bleibt die Freiheit des Geistes Gottes zu gebrauchen, wen Er will, zur Auferbauung der Versammlung Gottes? Ist dies eine geringfügige Sache? Bildete nicht die Missachtung der Leitung und Regierung Gottes und der Wunsch, einen Menschen an seiner Stelle zu haben, den Ersten verhängnisvollen Schritt auf der abschüssigen Bahn des Volkes Israel (vgl. 1. Sam 8,4–9)? Und was ist die Geschichte der Propheten anders, als die Geschichte einzelner Männer, die, inmitten des allgemeinen Abfalls von Gott, die gesegnete Wirklichkeit seiner Gegenwart festhielten und bekannten? Welch eine ernste Lehre finden wir in dem Buch Jeremias! Der Prophet saß allein, jedoch gerufen durch den Namen Jehovas, des Gottes der Heerscharen; wie köstlich mussten die Worte des Herrn für ihn sein: „Sie sollen zu dir umkehren, aber du sollst nicht zu ihnen umkehren!“ (Jer 15,16–21)
Das ist auch der ernste und doch gesegnete Platz aller derer, die in der gegenwärtigen Zeit dazu gebracht worden sind, die wahrhaftige Gegenwart des Heiligen Geistes in der Versammlung anzuerkennen, und die gefunden haben, dass die Worte des Herrn köstlicher sind, als diejenigen des Menschen. Ach, möchten doch alle die teuren Kinder Gottes, in welcher Benennung sie sich auch finden mögen, den Segen einer rückhaltlosen Unterwerfung unter die unumschränkte Leitung des Heiligen Geistes kennen lernen! Wo diese Unterwürfigkeit in Wirklichkeit, nicht nur zum Schein, vorhanden ist, da zeugt der Geist in einer Weise von Christus, die keine menschliche Weisheit nachahmen kann. Sollte ich dahingehen, wo Er nicht anerkannt wird als der, den der Vater gesandt hat, um uns zu leiten, zu bewahren und bis zum Ende bei uns zu bleiben? Sicherlich nicht, wenn anders mein Wille unterworfen ist und ich begehre, den wohlgefälligen Willen Gottes zu tun. Es macht nichts aus, wer oder was an die Stelle des Geistes gesetzt wird – ob der Papst, ein Fürst, eine Konferenz oder ein Prediger – in allen Fällen ist die Leitung des Geistes nicht nur nicht anerkannt, sondern völlig unmöglich gemacht. Und deshalb sollte ich mich von einer derartigen Gemeinschaft, mag sie nun einen Namen tragen, welchen sie will – sei es die griechische, römische oder eine der protestantischen Kirchen, sei es die Eine oder Andere der unzähligen Parteien und Benennungen – trennen und mich einfach im Namen Jesu und unter der Leitung des Geistes mit denen versammeln, die mit mir nur diesen Herrn als ihr Oberhaupt und den Heiligen Geist als ihren Lehrer und Leiter betrachten.
Ich komme jetzt zu dem dritten Grund, weshalb die Gläubigen nur in dem Namen Jesu zusammenkommen sollten, und das ist die Einheit der Kirche, oder genauer gesagt, die Einheit des einen Leibes. Das Wort Gottes redet nicht, ss viel ich weiß, von einer Kirche, wohl aber von „einem Leib“ (Eph 4,4; 1. Kor 10,17). Das gewöhnlich mit „Gemeinde“ oder „Kirche“ übersetzte Wort bedeutet einfach eine Versammlung. Es wird in Apostelgeschichte 19,32 und 39 gebraucht, um eine zusammengeströmte Menge von Heiden zu bezeichnen. Die Kirche Gottes ist die Versammlung Gottes: errettete Personen an jedem Ort, die sich als solche versammeln, um Gott anzubeten, deren Sünden alle für immerdar hinweggetan sind (Heb 10). Keiner anderen Versammlung kann der Name: Kirche oder Versammlung Gottes beigelegt werden. Und selbst eine solche, aus wahren Gläubigen bestehende Versammlung kann, wenn sie nicht in Wahrheit Gott, den Heiligen Geist, als ihren Leiter und Bewahrer in allen Dingen anerkennt – so wie es die Versammlungen Gottes in den Tagen der Apostel taten – eigentlich nicht die Kirche Gottes genannt werden. Ich führe zur Erklärung ein Beispiel an. Nehmen wir an, der Kaiser von Deutschland sendete seinem in Feindesland stehenden Heere einen Oberbefehlshaber, und das Heer unterwürfe sich eine Zeitlang den Befehlen dieses Mannes. Solange dies geschähe, könnte man sagen, dass es das Heer des Kaisers von Deutschland sei. Wenn es aber den Oberbefehlshaber absetzte und sich selbst einen anderen wählte, oder wenn sich gar die Truppen in einzelne Teile auflösten und jeder dieser Teile einen eignen Anführer ernannte, so würde man vielleicht die einzelnen Soldaten noch deutsche Soldaten nennen können, das Heer selbst aber würde seinen Charakter als Heer des Kaisers von Deutschland verloren haben. Ja, mehr als das: jeder Teil des Heeres würde sich, nachdem der von dem Kaiser gesandte Oberbefehlshaber beseitigt worden wäre, in einem Zustand der Meuterei befinden, und es würde einem Treuebruch gleich sein, wenn man sich einer dieser rebellischen Abteilungen anschließen wollte.
Wenden wir jetzt dieses Beispiel auf die Kirche oder Versammlung Gottes an. Eine Zeitlang wurde die Autorität des vom Himmel herniedergesandten Geistes anerkannt, gerade wie jenes Heer sich für einige Zeit der Autorität des vom Kaiser gesandten Generals unterwarf. Dann wurde die unumschränkte Autorität des Geistes Gottes bei Seite gesetzt, und die Autorität des römischen Papstes trat an deren Stelle. Kann nun die römische Kirche die wahre Kirche oder Versammlung Gottes genannt werden? Unmöglich! Sie hat sich gegen den von Gott gesandten obersten Leiter, den Heiligen Geist, aufgelehnt. Sich ihr anzuschließen oder in ihr zu bleiben ist Untreue gegen Christus. Doch bin ich nicht gezwungen, dieselben Schlüsse in Bezug auf alle die verschiedenen Abteilungen der bekennenden Kirche zu ziehen? Nehmen wir die griechische Kirche. Hat sie nicht die Leitung des Heiligen Geistes völlig bei Seite gesetzt? Mag sie auch eine so hochgestellte Person wie den Kaiser aller Russen an seinen Platz gesetzt haben, würde es nicht Untreue gegen Gott sein, wenn ich mich ihr anschlösse? Betrachten wir ferner die sogenannte Kirche von England. Wie in Russland, so ist auch hier das Haupt der weltlichen Regierung zum Haupt der Kirche gemacht worden, und anstatt dem Heiligen Geist zu gestatten, „auszuteilen, wie Er will“, hat ein Minister, nach welchen Grundsätzen derselbe auch handeln mag, das Recht, Pfarrer für Städte und Dörfer zu ernennen, und diesen Pfarrern ist es dann innerhalb ihrer Sprengel allein gestattet, gottesdienstliche Handlungen vorzunehmen.
Wie mit den genannten Kirchen, so steht es auch mit allen den zahlreichen anderen größeren oder kleineren Parteiungen und Benennungen der bekennenden Christenheit. Sie alle haben darin gefehlt, die persönliche Leitung des Heiligen Geistes anzuerkennen, und sind dazu übergegangen, sich eine eigene Regierung zu wählen. In der Gestaltung und Zusammensetzung dieser Regierung herrscht eine große Verschiedenheit, aber sie alle lassen die Regierung des Geistes außer Acht, ja setzen sie völlig bei Seite.
Ich weiß sehr wohl, dass die persönliche Leitung des Geistes Gottes eine solch längst vergessene Sache ist, dass man selbst Christen nur mit großer Schwierigkeit deutlich machen kann, was darunter zu verstehen ist. Ich führe deshalb noch ein Beispiel an. Ein gewisser Edelmann wird aufgefordert, eine öffentliche Versammlung der Einwohner irgendeiner Stadt zu leiten. Die Versammlung ist vollzählig; der Edelmann kommt und nimmt den Präsidentensitz ein, aber niemand kennt ihn; er spricht, aber niemand hört ihn an. Unterdessen wird ein Bote nach dem Anderen zu seinem Haus gesandt mit der Bitte, doch zu kommen; endlich gehen die Versammelten, da sie nicht wissen, dass der wirkliche Präsident gegenwärtig ist, dazu über, eine andere Person zum Vorsitzenden zu Wahlen.
Das ist ein genaues Bild von dem Zustand der kirchlichen Parteien in unseren Tagen. So sehr wir auch den Heiligen Geist betrübt und so wenig wir Ihn anerkannt haben mögen, so bleibt dennoch jene köstliche Verheißung Wahrheit: „Und Er (der Vater) wird euch einen anderen Sachwalter geben, dass Er bei euch sei in Ewigkeit.“ So wie jener Edelmann, obwohl ungekannt, bereits gegenwärtig war, als die Boten zu seinem Haus gesandt wurden, ebenso ist auch der Heilige Geist in die Versammlung Gottes herabgekommen, ist persönlich gegenwärtig auf dieser Erde, und zu gleicher Zeit betet man in Unwissenheit, Er möge vom Himmel herniederkommen. Ja, wenn man viele Christen beten hört, so sollte man denken, sie beteten um einen Einfluss. Würde es nicht für einen jeden Christen höchst anstößig sein, von Gott, dem Vater, als von einem Einfluss zu sprechen? Würde es ihn nicht empören, wenn man sagen wollte, das Leben Gottes, des Sohnes, auf dieser Erde sei nur eine Allegorie oder ein Einfluss gewesen? Und ist nicht Gott, der Heilige Geist, jetzt eine ebenso wirkliche Person auf Erden, wie einst Jesus hienieden war und jetzt im Himmel ist? Was ein Befehlshaber für ein Heer, und was ein Präsident für eine Versammlung ist, das ist der Heilige Geist für die Versammlung Gottes: Er befiehlt, leitet, ordnet, gibt und gebraucht, wen Er will. Wo Er nicht so anerkannt wird, kann keine Versammlung, selbst nicht von wahren Christen, die Versammlung Gottes genannt werden. Und daher muss ich mich, wenn ich treu sein will gegen Gott, von allen solchen Versammlungen trennen.
Doch es möchte entgegnet werden: Sind denn inmitten derer, welche bekannten, die persönliche Gegenwart des Geistes Gottes anzuerkennen, keine Spaltungen vorgekommen? Leider ist es so; aber nichts könnte deutlicher die Wahrheit der vorliegenden Ausführungen beweisen. Was war die Ursache dieser traurigen Trennungen? Gerade das Außerachtlassen der unumschränkten Leitung des Heiligen Geistes. Und sollte ein Fehler in dieser Beziehung ein Grund sein, die Leitung des Geistes in der Versammlung nicht anzuerkennen, oder könnte es jemanden entschuldigen, wenn Er dableibt, wo Er nicht anerkannt wird? Es wäre gerade so, als wenn jemand sagen wollte: weil dieser oder jener Christ in seinem Wandel gefehlt hat, so muss auch ich aufhören, in dem Geist zu wandeln. Sollten nicht vielmehr unsere früheren Sünden und Fehler uns desto wachsamer und ernster machen, in dem leiste zu wandeln. Er ist der einzige Führer des Christen und der Versammlung. Doch welch ein gesegneter Führer ist Er! Die Quelle aller Fehler der Kirche war stets die Missachtung der Leitung des Geistes. Vertraute sie sich einzig und allein ihrem gesegneten Führer an, so stand alles wohl, was auch kommen mochte. Ebenso ist es mit dem einzelnen Christen. Wandelt er in dem Fleisch, so kann ihn schon ein Strohhalm zu Fall bringen; wandelt er aber in dem Geist, so wird er feststehen, welche Versuchung ihn auch treffen mag. Jeder frühere Fehler in der Kirche oder Versammlung sollte daher tiefe Demütigung und eine unbedingte Unterwerfung unter den Geist Gottes hervorrufen. Was würde man von einem Mann denken, welcher sagte: Dieser oder jener Mensch bekannte, ein Christ zu sein, aber er hat gefehlt und ist betrunken auf der Straße gefunden worden; deshalb kann ich mit aller Ruhe dem Trunk ergeben bleiben? Aber ist es nicht im Grund dasselbe, wenn man sagt: Es gibt Kinder Gottes, welche darin gefehlt haben, die Einheit des Geistes zu bewahren; deshalb kann ich ruhig dableiben, wo der Geist nicht anerkannt wird? Ich bitte alle die christlichen Leser dieser Zeilen dringend, diese wichtige Sache nicht nach menschlichen Fehlern, sondern nach dem Wort Gottes zu prüfen.
Was ist denn nun der „eine Leib?“ (Eph 4,4) Die römische Kirche ist nicht einmal die katholische Kirche, und noch weniger kann sie der „eine Leib“ sein. Katholisch heißt allgemein. Die vielen Millionen Glieder der griechischen, anglikanischen, protestantischen usw. Kirchen sind aber ebenso viele lebendige Zeugen gegen die Allgemeinheit der katholischen Kirche. Sie kann weder die eine Kirche, noch der eine Leib sein, da sie nur eine Partei ist – und dasselbe gilt von allen anderen Parteien.
Der Herr sagt: „Alles, was mein ist, ist dein, und was dein ist, mein, und ich bin in ihnen verherrlicht.“ „Und die Herrlichkeit, die du mir gegeben, habe ich ihnen gegeben, auf dass sie eins seien, gleich wie wir eins sind“ (Joh 17,10.22). Diese herrlichen Worte Jesu finden ihre Anwendung auf jedes Kind Gottes während der gegenwärtigen Verwaltung. Worin besteht nun die Herrlichkeit, die der Vater dem Sohn gegeben hat? Er hat Ihn „auferweckt aus den Toten und Ihn zu seiner Rechten gesetzt in den himmlischen Örtern, über jedes Fürstentum und jede Gewalt und Kraft und Herrschaft und jeglichen Namen, der genannt wird, nicht allem in diesem Zeitalter, sondern auch in dem zukünftigen, und hat alles unterworfen unter seine Füße und Ihn als Haupt über alles der Versammlung gegeben, welche sein Leib ist, die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt“ (Eph 1,19–23). Und wiederum: „Und Er ist das Haupt des Leibes, der Versammlung, welcher ist der Anfang, der Erstgeborene aus den Toten, auf dass Er in allen Dingen den Vorrang habe“ (Kol 1,18).
Die Herrlichkeit, welche Jesu gegeben worden ist, hat Er also empfangen als der auferstandene Christus, und als solcher ist Er der Anfang und das Haupt des Leibes. Und daher, wenn jemand in Christus ist, so ist er eine neue Schöpfung. Aber sagt Jesus nicht: „Und die Herrlichkeit, die du mir gegeben, habe ich ihnen gegeben?“ Ist dieses nicht wahr von allen, die sein sind? Ganz gewiss; und daher ist jeder Christ eins mit dem auferstandenen Christus in der erhabensten Herrlichkeit, wie geschrieben steht: „Gott aber ... hat uns mit auferweckt und mitsitzen lassen in den himmlischen Örtern in Christus Jesus“ (Eph 2,6).
Welch ein gewaltiger Unterschied muss daher bestehen zwischen einem himmlischen, auferweckten Leib und einer irdischen Gemeinschaft! Die einzige irdische Gemeinschaft, welche Gott je besaß, bildete das Volk der Juden. Selbst während des Lebens Jesu gehörte die kleine Gesellschaft oder Herde von Jüngern diesem Volk an. Erst nach seiner Auferstehung und Himmelfahrt konnte der Heilige Geist gegeben werden, um die Kirche zu bilden, „welche sein Leib ist.“ Das war das Geheimnis, welches von den Zeitaltern her verborgen war, dass die irdische Gemeinschaft, die jüdische Nation, für eine Zeit bei Seite gesetzt werden und der Heilige Geist aus allen Nationen, Juden und Heiden, einen himmlischen Leib sammeln sollte, und dass ferner dieser Leib mit dem Haupt in seiner Auferstehungs – Herrlichkeit verbunden und mit allen geistlichen Segnungen in den himmlischen Örtern in Christus gesegnet werden sollte. Und ich wiederhole noch einmal: alles dieses ist wahr von jedem Kind Gottes während der gegenwärtigen Verwaltung. Wo sich ein Kind Gottes dem Leib nach auf dieser Erde auch befinden mag, im Geist ist es ebenso wirklich eins mit dem auferstandenen Christus, wie ein Glied des menschlichen Körpers mit der Person verbunden ist, welcher es angehört. Ja, unser Einssein mit Christus ist nicht Vereinigung, sondern vollkommene Einheit. Wir können, genau genommen, nicht von einer Vereinigung der Glieder des menschlichen Körpers sprechen; denn alle diese Glieder bilden eine Person. Ebenso ist es mit dem himmlischen, auferstandenen Christus. „Denn gleich wie der Leib einer ist und viele Glieder hat, alle die Glieder des Leibes aber, obgleich viele, ein Leib sind: also auch der Christus. Denn auch in einem Geist sind wir zu einem Leib getauft, es seien Juden oder Griechen, es seien Sklaven oder Freie usw.“ „Ihr aber seid der Leib Christi und Glieder in Sonderheit“ (1. Kor 13,12–28). Der Heilige Geist gebraucht hier die stärksten Ausdrücke und die klarsten Bilder, um diese wunderbare Einheit auszudrücken. Vergleichen wir die obige Stelle mit der folgenden: „denn wir sind Glieder seines Leibes, von seinem Fleisch und von seinen Gebeinen“ (Eph 5,30). Es heißt nicht: wir waren eins mit Ihm während seines Lebens im Fleisch – das wäre unmöglich. Wäre Er nicht gestorben, so hätte Er allein bleiben müssen (Joh 12,24). Irdische Einheit sündiger Menschen mit einem sündlosen Christus war unmöglich – nein, Er musste sterben, und Er ist gestorben für die Sünden vieler, und nachdem Er für sie durch den Tod gegangen ist und durch das Vergießen seines kostbaren Blutes das Lösegeld für sie bezahlt hat, ist Er aus den Toten auferweckt und gerechtfertigt worden (Jes 50,8). Und alles dieses für uns: „Er ist unserer Rechtfertigung wegen auferweckt“ (Röm 4,25). Wir werden betrachtet als gestorben mit Ihm, auferweckt mit Ihm, gerechtfertigt mit Ihm, und als eins mit Ihm in jenem auferstandenen, gerechtfertigten Zustand, so dass wir eins mit Ihm sind. Wie ein Mensch eine Person ist, obwohl er viele Glieder hat, so ist auch der auferstandene Christus; obwohl Er viele Glieder auf der Erde hat, so sind doch alle mit Ihm verbunden, eins mit Ihm und in Ihm, dem Haupt im Himmel. „Wir sind Glieder seines Leibes.“ Da ist ein Leib (Eph 4,4; 5,30). Welch eine wunderbare neue Schöpfung, welch eine neue Existenz ist dieses! Wir sind bereits versetzt in das Reich des Sohnes seiner Liebe – wir werden es nicht erst dann sein, wenn wir sterben. „Der uns errettet hat aus der Gewalt der Finsternis und versetzt in das Reich des Sohnes seiner Liebe“ (Kol 1,13).
Das Vergessen dieser großen Wirklichkeit, der Einheit der ganzen Versammlung Gottes in dem auferstandenen Christus in himmlischer Herrlichkeit, ist eine der Ursachen der weltlichen Systeme und irdischen Parteien, welche die Menschen Kirchen nennen. Wenn man viele Christen fragt: „Wenn wir einst im Himmel sind, wird es dann auch Sekten und Parteiungen geben?“ so ist die Antwort: „O nein; dann wird Christus alles sein.“ Aber ich frage: Sind wir nicht jetzt schon mit Ihm auferweckt und in Ihm in die himmlischen Örter versetzt (Eph 2,6)? Und ist Christus nicht jetzt schon alles (Kol 3,11)? In der neuen Schöpfung gibt es weder Jude noch Grieche, weder Römling noch Protestant, weder Independent noch Methodist; o nein, Christus ist alles. „Das Alte ist vergangen, siehe, alles ist neu geworden. Alles aber von dem Gott, der uns mit sich selbst versöhnt hat“ (2. Kor 5,17–18). Und dieses ist wahr von jedem Menschen in Christus. Er ist eine neue Schöpfung.
Der in Christus mitauferweckte Leib ist daher einer, zusammengesetzt aus allen Gläubigen jeder Nation, eine neue Schöpfung aus den Toten, auferweckt und zusammengefügt durch Gott den Vater (Eph 2). Er kann nie getrennt werden (Röm 8,39). In diesem himmlischen Leib gibt es keine Trennungen und kann es nicht geben; denn das Alte ist vergangen. Das Gebet des Herrn ist erhört: „Auf dass alle eins seien.“ Ja, alle Gläubigen sind eins mit Christus in den himmlischen Örtern.
Was ist nun der Wille Gottes in Bezug auf die Gläubigen hienieden? Denn während wir eins mit Christus sind im Himmel, sind wir, solange wir uns noch in diesem Leib der Schwachheit befinden, ausheimisch von dem Herrn. Ich wünsche nicht, Meinungen aufzustellen. Die Frage ist: Was sind die Gedanken Gottes? Wahrlich, eine ernste Frage! Möge Er uns Gnade geben, seinen wohlgefälligen Willen zu tun!
Dass Gott die Spaltungen verurteilt, wird niemand leugnen, der sich vor seinem inspirierten Worte beugt. Bei der ersten Erscheinung, bei dem ersten Aufkeimen von Spaltungen sagt der Apostel: „Ich ermahne euch aber, Brüder, durch den Namen unseres Herrn Jesus Christus, dass ihr alle dasselbe redet und nicht Spaltungen unter euch seien. ... Jeder von euch sagt: Ich bin des Paulus, ich aber des Apollos, ich aber des Kephas, ich aber Christi. Ist der Christus zerteilt?“ (1. Kor 1,10–13) Wahrlich, ich kann über die Gedanken des Herrn in gegenwärtiger Zeit nicht im Unklaren sein, wenn jeder sagt: Ich bin römisch, ich griechisch, ich anglikanisch, ich lutherisch, ich reformiert, ich wesleyanisch, ich baptistisch usw. Gott ermahnt alle durch die Herrlichkeit und Erhabenheit des Namens des Herrn Jesus, dass keine Spaltungen da seien. Nicht eine einzige Benennung oder Spaltung kann Gott dulden. Irgendeinen Namen außer dem seinen zu erlauben, erniedrigt diesen gesegneten Namen und stellt ihn auf gleichen Boden mit einem menschlichen: ich bin des Paulus, ich aber Christi. Wenn es daher Gottes Wille ist, dass keine Spaltungen da seien, wie kann ich zu einer solchen gehören oder in irgendeiner Weise die eine oder andere Partei verteidigen, ohne mich des positiven Ungehorsams gegen den offenbarten Willen Gottes schuldig zu machen? Mein lieber Leser, beantworte diese Frage in der Gegenwart Gottes, mit seinem Wort vor dir.
Damit kein Irrtum in dieser Beziehung möglich sei, spricht der Heilige Geist weiter über denselben Gegenstand: „Denn ihr seid noch fleischlich. Denn da Eifer und Streit unter euch ist, seid ihr nicht fleischlich und wandelt nach Menschenweise? Denn wenn einer sagt: Ich bin des Paulus; der Andere aber: Ich des Apollos; seid ihr nicht menschlich?“ Wenn es den Heiligen Geist so betrübte, sagen zu hören: „Ich bin des Paulus, oder des Apollos“, sollte es Ihm dann jetzt gefallen, wenn der eine Gläubige sagt: „Ich gehöre zu den Lutheranern“, ein anderer: „Ich zu den Methodisten“, ein dritter: „Ich zu den Independenten“ usw.? Ist das Fleischlichkeit, oder ist es Geistlichkeit? Kann Gott dazu seinen Beifall geben oder nicht? Wenn ferner der Apostel davon spricht, dass er gehört habe, es seien Spaltungen unter ihnen, so sagt er: „Ich lobe euch nicht, dass ihr nicht zum Bessern, sondern zum Schlechteren zusammenkommt“ (1. Kor 11,17).
Gott könnte nicht deutlicher sprechen, nicht nur betreffs dessen, was Er verurteilt, sondern auch in Bezug auf das, was Er will. „Aber Gott hat den Leib zusammengefügt ... auf dass keine Spaltung in dem Leib sei, sondern die Glieder dieselbe Sorge für einander haben“ (1. Kor 12,24–25). Der Mensch sagt: es müssen Spaltungen da sein, und er sucht mich zu veranlassen, der einen oder anderen Partei beizutreten oder an ihrer Förderung mitzuwirken. Gott sagt, dass keine Spaltungen da sein sollten, weil der Leib einer ist. Soll ich nun Gott gehorchen oder dem Menschen? Der Leser urteile selber.
Welch eine gesegnete Einheit – eins mit dem Haupt droben und eins mit jedem Glied hienieden, ja mit jedem Gläubigen auf der Erde! Wie köstlich ist der Wille Gottes: „Und wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder; wenn ein Glied verherrlicht wird, so freuen sich alle Glieder mit. Ihr aber seid der Leib Christi und Glieder in Sonderheit“ (1. Kor 12,26–27). Wahrlich, wir haben darin gefehlt, diese wunderbare Einheit anzuerkennen und zu verwirklichen. Hüten wir uns, das Wort Gottes abzuschwächen! Lasst uns nicht das Böse gut nennen! Jede Spaltung ist in den Augen Gottes böse und völlig verwerflich. Er stellt sie selbst mit den gröbsten Sünden, mit Hurerei, Mord und Trunkenheit, auf eine Stufe (vgl. Gal 5,17–21). Lasst uns deshalb mit tiefer, aufrichtiger Demütigung zu dem Herrn zurückkehren! Lasst uns die allgemeine Sünde und Schande der gespaltenen Kirche bekennen!
Wir sind zu einer himmlischen Einheit mit dem auferstandenen Christus berufen. Es ist der Wille Gottes, „dass ihr würdig wandelt der Berufung, womit ihr berufen worden, mit aller Demut und Sanftmut, mit Langmut, einander ertragend in Liebe, euch befleißigend, die Einheit des Geistes zu bewahren in dem Band des Friedens. Ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen worden in einer Hoffnung eurer Berufung“ (Eph 4,1–4). Wünschest du, mein lieber Mitgläubiger, den Willen Gottes zu tun? Hier ist der gesegnete Pfad, die Einheit des Geistes. Er muss stets zu dem Haupt, zu Christus, führen. Der Geist sammelt um die Person Christi, und wo zwei oder drei versammelt sind in seinem Namen, da ist Er in ihrer Mitte. Der Mensch macht eine Versammlung oder eine Gemeinschaft unter irgendeinem beliebigen Namen. Dies ist Spaltung oder Zerstreuung. Der Geist allein sammelt um Christus. Diese beiden Dinge sind so verschieden, wie die Einheit des Himmels und die Zerstreuung der Erde.
Alle Gläubigen sind eins in dem auferstandenen Christus, und der Wille Christi ist, dass diese Einheit der ganzen Welt offenbar werde. Wie rührend tritt dies in dem Gebet des Herrn an den Tag, wenn Er sagt: „Aber nicht für diese allein bitte ich, sondern auch für die, welche durch ihr Wort an mich glauben, auf, dass sie alle eins seien, gleich wie du Vater in mir und ich in dir, auf dass auch sie in uns eins seien, auf dass die Welt glaube, dass du mich gesandt hast.“ Und weiter: „Ich in ihnen und du in mir, auf dass sie in eins vollendet seien, und auf dass die Welt erkenne, dass du mich gesandt und sie geliebt, gleich wie du mich geliebt hast“ (Joh 17,20–21.23). Statt irdischer Spaltungen und Uneinigkeit will der Herr, dass wir vor der Welt unsere Einheit mit Ihm, unserem verherrlichten Haupt, offenbaren. Wir sind mit Ihm gestorben, mit Ihm auferstanden, und werden einst seine Herrlichkeit teilen. Haben wir die Kraft dieser Auferstehung erkannt? Wandeln wir würdig dieser Einheit mit dem auferstandenen Christus? Wünschen wir, wie Paulus, seinem Tod gleichgestaltet zu werden? Das sind ernste, inhaltsschwere Fragen. Möchten wir sie beantworten mit ganzer Aufrichtigkeit des Herzens. Doch wenn wir in diesen Dingen gefehlt haben, kann uns das entbinden von unserer Treue, die wir dem auferstandenen Christus schuldig sind? Sicherlich nicht. Stand ich deshalb bisher mit irgendetwas in Verbindung, was Ihn betrübt oder Ihm nicht wohl gefällt, so sollte ich mich ohne Verzug davon trennen. Vielleicht wird mein Pfad, wenn ich so in Einfalt und Treue vorangehe, ein schwieriger sein; aber wann war der Pfad des Glaubens leicht? Die gegenwärtige Zeit ist böse und gefährlich. Das Böse wird gut, das Gute böse genannt. „Deshalb sagt er: Wache auf, der du schläfst, und stehe auf aus den Toten, und der Christus wird dir leuchten!“ „Darum seid nicht töricht, sondern verständig, was der Wille des Herrn ist“ (Eph 5,14.17).
Der Herr ist nahe; Er sagt: „Ich komme bald.“ Wie bald wird der letzte Ton der Uneinigkeit gehört werden; wie bald der Tag da sein, wo unser erhabener Herr für immerdar anerkannt und angebetet werden wird! Mein lieber gläubiger Leser, sollten wir nicht bei einer solchen Erwartung die wenigen Tage, die wir noch hier sind, suchen, seinen wohlgefälligen Willen zu tun? Er will, dass wir uns trennen und reinigen von allen Gesäßen zur Unehre (2. Tim 2,19–21). Er will, dass wir uns versammeln in seinem Namen (Mt 18,20). Sein Wille ist uns so klar offenbart, dass es für ein unterwürfiges Herz keine Frage, keinen Zweifel geben kann.