Botschafter des Heils in Christo 1880

2. Petrus 2,4.9; 3,7

In dem letzten Briefe des Apostels Petrus offenbart der Heilige Geist drei verschiedene Arten von Gericht, die Gott zur bestimmten Zeit ausführen wird. Das erste dieser Gerichte finden wir im 4. Verse des 2. Kapitels, wo wir lesen: „Denn wenn Gott Engel, welche gesündigt, nicht verschonte, sondern sie in den Abgrund hinabstürzend den Ketten der Finsternis überlieferte, um aufbewahrt zu werden für das Gericht. ...“ Für diese Engel gibt es keine Erlösung; kein Versöhnungsblut ist für sie geflossen, kein Weg geöffnet, der sie in jene göttliche Gegenwart und Freude zurückführen könnte, die sie durch ihren Fall verscherzt haben. Sie sind in den Abgrund hinabgestürzt und mit Finsternis wie mit Ketten gebunden; sie erwarten dort das zukünftige und endliche Gericht, für welches sie aufbewahrt sind. Worin dieses Gericht bestehen wird, offenbart uns die Heilige Schrift nicht. Welch schreckliche Qual ihr Los sein wird – das Los derer, die einst in der Gegenwart Gottes und vor seinem Angesicht standen, die heilig, schön und untadelig, ja die Täter seines Wohlgefallens und die Boten seiner Herrlichkeit waren – wissen wir nicht. Aber einst wird es offenbar werden zum Preis der Heiligkeit und Gerechtigkeit Gottes. Ein Tag ist bestimmt, an welchem das gerechte Gericht an ihnen vollzogen werden wird. „Und Engel, die ihren ersten Zustand nicht bewahrten, sondern ihre eigene Behausung verließen, hat Er zum Gericht des großen Tages mit ewigen Ketten unter der Finsternis verwahrt“ (Jud 1,6).

In dem neunten Vers desselben Kapitels lesen wir: „Der Herr weiß die Gottseligen aus der Versuchung zu retten, die Ungerechten aber aufzubewahren auf den Tag des Gerichts, um bestraft zu werden.“ So unendlich wertvoll das Versöhnungswerk des Herrn Jesus Christus für den Sünder ist, so ewig und unantastbar die Erlösung, die Er zu Wege gebracht hat, ebenso gewiss und ewig dauernd ist das Gericht, für welches, wie wir hier hören, die Ungerechten oder diejenigen, welche nicht an jenes Versöhnungswerk glauben wollen, aufbewahrt werden. Welch ein ernster, feierlicher Gedanke! Gott selbst, der heilige, gerechte Gott, bewahrt den Ungläubigen auf bis zu jenem schrecklichen Tage des Gerichts. Derselbe wird erscheinen müssen vor einem Gott, dessen Ehrerbietungen der Gnade und Vergebung er von sich gestoßen, dessen Versöhnung er nicht angenommen und dessen Weg der Errettung er verschmäht hat. Und dann ist die Gnadenzeit für immer abgelaufen, der Weg der Errettung für ewig verschlossen. Jetzt steht er noch offen. Jetzt kann ein jeder durch den einfältigen, kindlichen Glauben an den Herrn Jesus Errettung und ewiges Heil finden. Dann ist es für immer zu spät. Anstatt Gnade und Erbarmen wird sich nur Gericht und Verdammnis finden.

Am Schluss des zwanzigsten Kapitels der Offenbarung finden wir eine Beschreibung jenes großen Tages des Gerichts. Alle die Toten, alle, die gestorben sind im Unglauben, sehen wir dort erscheinen vor einem großen, weißen Thron, vor dessen Angesicht die Erde und der Himmel entfliehen. Das Meer, der Tod und der Hades werden gezwungen, alle die Toten, die in ihnen sind, wiederzugeben. „Und ich sah die Toten, Kleine und Große, vor dem Thron stehen, und Bücher wurden aufgetan; und ein Buch ward aufgetan, welches das des Lebens ist. Und die Toten wurden gerichtet aus dem, was in den Büchern geschrieben war, nach ihren Werken. ... Und wenn jemand nicht geschrieben gefunden ward in dem Buch des Lebens, so ward er geworfen in den Feuersee“ (V 12.15). Schreckliches Gericht! Das Feuer, das bereitet ist dem Teufel und seinen Engeln, der Feuersee mit all seinen Schrecken, eine endlose Ewigkeit mit ihren peinlichen Selbstanklagen und quälenden Gewissensbissen – das wird das Teil eines jeden sein, dessen Name nicht in dem Buch des Lebens gefunden wird.

Siehst auch du diesem Gericht vor dem großen, weißen Thron entgegen, mein lieber Leser? Oder kannst du durch die Gnade Gottes sagen, dass dein Name eingeschrieben ist in das Buch des Lebens, und dass du Teil hast an der ersten Auferstehung? Das sind sehr ernste Fragen und wohl wert, mit aller Aufrichtigkeit beantwortet zu werden. Kannst du die Zweite mit „Ja“ beantworten? Wirst du, wenn der Herr Jesus kommt, um die Seinen zu sich zu nehmen, mit zu der Zahl derer gehören, die Ihm entgegengehen in die Luft? Wenn es der Fall ist, glückselig bist du. Denn „glückselig und heilig, wer Teil hat an der ersten Auferstehung! Über diese hat der zweite Tod keine Gewalt, sondern sie werden Priester Gottes und des Christus sein“ (Off 20,6).

Oder erfüllt dich der Gedanke an die Ankunft Christi mit Furcht und Schrecken? Beunruhigt er dein Gewissen, und möchtest du ihn gerne so fern wie möglich von dir halten? Ach, wenn es so ist, ruhe doch nicht eher, bis du mit völligem Frieden, ja mit Freude daran denken kannst! Lass dich doch nicht durch Satan abhalten, zu Jesu zu eilen! Obgleich er selbst ganz gut weiß, dass ein schreckliches Gericht seiner wartet – denn „auch die Teufel glauben und zittern“ (Jak 2,19) – so sucht er dir doch vorzuspiegeln, dass alles nicht wahr sei, und dass du mit aller Ruhe deinen sündigen Weg fortsetzen könntest. Horche nicht auf seine verführerische Stimme! Leihe dein Ohr dem untrüglichen, ewig bleibenden Worte Gottes und nimm die Errettung an, die Er für dich in Christus Jesus bereitet hat, und wodurch du Anteil erlangst an dem Erbe der Heiligen in dem Licht.

Wenden wir uns jetzt zu der Dritten und letzten Art des Gerichts, von welchem Petrus redet. Wir finden dasselbe im 7. Verse des dritten Kapitels. Dort heißt es: „Die jetzigen Himmel und die Erde sind durch sein Wort aufbewahrt, für das Feuer behalten bis zum Tag des Gerichts und des Verderbens der gottlosen Menschen.“ Wann wird dieses Gericht eintreten? Wann wird diese gewaltige Feuersbrunst stattfinden, die Gott selbst entzündet und die von niemandem gelöscht werden kann? An dem „Tage des Gerichts und des Verderbens der gottlosen Menschen.“ Es ist derselbe Tag, von welchem Judas spricht. Er beginnt mit den Gerichten Gottes über diese Erde und ihre Bewohner und endet mit der völligen Zerstörung des jetzigen Himmels und der Erde und der Erschaffung eines neuen Himmels und einer neuen Erde.

Es gibt nichts, was der Mensch mehr fürchtet, als das Gericht, welches für diese Welt aufbewahrt wird. Nichts ist ihm unerträglicher, als der Gedanke, dass „die Himmel vergehen werden mit gewaltigem Geräusch, die Elemente aber im Brand aufgelöst und die Erde und die Werke auf ihr verbrannt werden“ (2. Pet 3,10). Aus diesem Grund sucht er sich zu überreden, dass das Wort Gottes nicht wahr sei und das angedrohte Gericht nie über diese Erde kommen werde. „Bleibt nicht“, so fragt er spöttisch, „alles so, wie es von Anfang der Schöpfung an war es Sieht man irgendwelche Veränderung, irgendeinen Vorboten des angekündigten Gerichts?“ Er glaubt, dass der Herr die Verheißung seiner Ankunft verziehe, und weiß nicht, dass Er sehr langmütig ist und „nicht will, dass irgendwelche verloren gehen, sondern dass alle zur Buße kommen.“ Mit Willen ist es ihm verborgen, dass es nur die Langmut Gottes ist, die Ihn noch zögern lässt, als der Richter aufzutreten. Aber der Tag des Herrn wird über ihn kommen wie ein Dieb in der Nacht. Gerade dann, wenn er sagen wird: „Friede und Sicherheit!“ dann wird das Verderben plötzlich über ihn kommen wie die Geburtswehen über die. Schwangere, und keiner wird entfliehen.

Das also ist es, was der Gottlose zu erwarten hat, mag er es anerkennen wollen oder nicht. Was aber ist der Gegenstand der Erwartung des Gläubigen? „Wir erwarten aber“, sagt der Apostel, „nach seiner Verheißung, neue Himmel und eine neue Erde, in denen Gerechtigkeit wohnt.“ Köstliches Teil! Möchte uns der Gedanke daran befähigen, der Ermahnung des Apostels zu folgen und uns zu befleißigen, dass wir ohne Flecken und tadellos vor Ihm erfunden werden in Frieden. Möchten wir auf der anderen Seite mit Einfalt dem Wort Gottes vertrauen, trotz aller Vernünfteleien und Spöttereien des Menschen, damit wir nicht, durch den Irrtum der Ruchlosen mit fortgerissen, von unserer eignen Festigkeit fallen, sondern wachsen in der Gnade und Erkenntnis unseres Herrn und Heilands Jesu Christi (V 17–18).

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