Himmel und Erde
Botschafter des Heils in Christo 1880
Der feste Grund Gottes und sein Siegel - Teil 3/3
In 1. Korinther 1,12 finden wir die Anfänge dieses Parteiwesens: „Ich sage aber dieses, dass jeder von euch sagt: Ich bin des Paulus, ich aber des Apollos, ich aber des Kephas, ich aber Christi.“ Und weiter in Kapitel 3,4: „Denn wenn einer sagt: Ich bin des Paulus; der Andere aber: Ich des Apollos; seid ihr nicht menschlich?“ Heute würde der Apostel weit über hundert Namen neunen müssen, wenn er alle Parteien, alle Benennungen aufzählen wollte. Aber würde er nicht ebenso bestimmt zu allen sagen: „Ihr seid fleischlich und wandelt nach Menschenweise?“ Das christliche Leben oder das Leben Christi in uns offenbart sich wie bei Christus selbst, in einem völligen Gehorsam; und wo ist dieser Gehorsam, wenn ich bei solchen klaren Aussprüchen der Schrift fortfahre, fleischlich und menschlich zu handeln, indem ich in einer Partei verbleibe und sie durch meine Teilnahme anerkenne und gutheiße? War es nicht der Wille Gottes, dass die Korinther sich demütigen und aufhören sollten, „des Paulus oder des Apollos usw.“ Zu sein? Verharrten sie darin, so gehörten sie zu dienen, die den Willen Gottes wussten und nicht taten und also doppelter Schläge wert waren (Lk 12,47). Wir sind immer strafbar, wenn wir das Böse tun; aber doppelt strafbar, wenn wir wissen, dass es böse ist, und dennoch fortfahren, es zu tun.
Im Blick auf die vielen Parteiungen führt man oft die Worte des Apostels an: „Denn es müssen auch Parteiungen unter euch sein“ (1. Kor 11,19), und meint damit zu beweisen, dass er dieselben gutgeheißen habe. Man vergisst dabei aber ganz, dass er hinzufügt: „auf dass die Bewährten unter euch offenbar werden.“ Diese durch den fleischlichen Sinn der Korinther hervorgerufenen und, wie schon vorhin bemerkt, durch den Apostel scharf verurteilten Parteiungen waren ein Prüfstein für den Glauben der Bewährten. Ihre Bewährung konnte sich aber nur dadurch offenbaren, dass sie sich von allem Parteiwesen fernhielten und sich in Einfalt den Anordnungen Gottes unterwarfen.
In unseren Tagen bezeichnet man gewöhnlich diejenigen, welche sich von einer der größeren Parteien trennen, als Unbewährte oder Sektierer, während der Apostel gerade umgekehrt diejenigen als solche bezeichnen würde, die darin verbleiben. Würden letztere das Wort Gottes zu ihrer alleinigen Richtschnur haben, so würden sie gewiss Hein Urteil des Apostels beistimmen und im Blick auf ihre eigene Untreue beschämt werden. Würden sie daran denken, wie viel Kampf und Verleugnung, Schmach und Verachtung oft mit einer solchen Trennung von einem anerkannten kirchlichen System verbunden ist – vorausgesetzt dass diese Trennung aus Gehorsam gegen den Willen Gottes geschieht – so würden sie nicht jene, sondern sich selbst wegen ihrer Menschenfurcht und Menschengefälligkeit verurteilen. Es ist für das Fleisch weit angenehmer und bequemer, in einem solchen System zu verbleiben; aber ein treuer Christ fragt in allem nach dem wohlgefälligen Willen seines Herrn. Er weiß wohl, dass, wenn er mit Einfalt und Treue dem Wort Gottes folgt, es mit der Ehre und dem Ansehen in dieser Welt zu Ende ist, und dass oft seine Mitbrüder im Herrn seine grüßten Gegner sind, weil sie sich bewusst oder unbewusst durch seine Treue verurteilt fühlen.
Mancher sucht sein Bleiben in einer der kirchlichen Gemeinschaften dadurch zu rechtfertigen und sein Gewissen zu beruhigen, dass er sagt: „Es gibt doch noch viel Gutes dann; man hat dort Zahlreiche Anstalten zum Besten der Waisen, Kranken und Armen, und diese alle sind durch die christliche Liebestätigkeit hervorgerufen.“ Gewiss; ich erkenne dies im Blick auf die Verwaisten und Notleidenden mit Dank gegen den Herrn an und nehme gerne daran teil, obwohl ich weiß, wie sehr oft die Ehre und das Ansehen vor den Menschen, eitler Ruhm, Neid und Eifersucht bei solchen Einrichtungen im Vordergrund stehen. Zudem finde ich es höchst verwerflich, wenn die Gläubigen in ihrer Liebestätigkeit, besonders wenn es sich dabei um die Mission unter den Heiden oder die Evangelisation unter den Namenschristen handelt, bei ihren Kollekten die Unbekehrten, sogar solche, die Christus verwerfen oder doch in Bezug auf Ihn ganz gleichgültig sind, zur Teilnahme an dem Werk des Herrn auffordern. Viele geben ihren Beitrag mit Widerwillen, oder doch mit der größten Gleichgültigkeit; und wie viele werden getäuscht, indem sie sich auf diese Weise Gott wohlgefällig zu machen wähnen! Doch abgesehen von diesem allen, bleibt es immer wahr, dass „Gehorsam besser ist denn Opfer“, und: „Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt.“ Sein bestimmtes Gebot aber ist, dass wir uns von jedem Bösen trennen sollen, und es ist ein deutlicher Beweis von Ungehorsam, wenn wir dasselbe durch irgendetwas zu entkräften suchen. Zudem möchte ich fragen: Bedingt eine solche Trennung das Aufhören der Liebestätigkeit?
Weiterhin meinen viele ihrer Verantwortlichkeit in Bezug auf das bestimmte Gebot des Herrn aus, dem Grund überhoben zu sein, weil der Prediger ihres Ortes ein Gläubiger ist. Ist er aber deshalb auch ein Evangelist, Hirte und Lehrer? Bedarf es dazu nicht der besonderen Gabe von oben? Vorausgesetzt aber, dass er irgendeine Gabe des Dienstes empfangen hat, so rechtfertigt dieses doch in keiner Weise seine falsche Stellung, denn sie ist von Menschen und nicht von Gott und steht im Gegensatz zu dem, was Paulus in Galater 1,1 von sich sagt. Er mag sogar im Segen wirken, so dass Seelen durch ihn zu Christus geführt und die Gläubigen in ihrem inneren Leben gefördert werden – und wenn es so ist, so haben wir es mit Dank gegen den Herrn anzuerkennen – allein es beweist dies nichts anderes, als die Unumschränktheit der Gnade Gottes, der über allen Mängeln und Verkehrtheiten der Menschen steht und seinem Wort überall Segen verleihen kann. Und nimmer enthebt es den Gläubigen seiner persönlichen Verantwortlichkeit, noch macht es das Gebot des Herrn, von der Ungerechtigkeit abzustehen, ungültig.
Aber, wird man fragen, ist es denn richtig, eine größere Partei zu verlassen, um eine kleinere aufzurichten und aus einer vielleicht eine Menge von Parteien zu machen? Gewiss nicht. Viele freilich trösten sich damit, dass sie sagen: „Das Bestehen der fast Zahllosen Parteien oder Sekten trägt viel zur Verbreitung des Wortes Gottes bei; viele Menschen werden auf diese Weise durch das Evangelium erreicht, die sonst nicht damit bekannt gemacht werden würden.“ Ich gebe dieses zu; allein man kann dann auch mit vollem Recht sagen: „Lasst uns das Üble tun, auf dass das Gute komme“ (Röm 3,8). Wir sollten nie eine Sache, die Gott missfällig ist, gutheißen, wenn auch Gott in seiner unumschränkten Gnade Gutes daraus hervorkommen lässt. Das Verhalten der Söhne Jakobs gegen ihren Bruder Joseph war und blieb böse, wenn auch nach den Ratschlüssen Gottes die gesegnetsten Folgen daraus erwachsen sollten.
Es mag nun sein, dass sich viele aus Neid und Eifersucht oder anderen unlauteren Beweggründen von den größeren kirchlichen Parteien, den so genannten Landeskirchen, trennen, um ihre vielleicht unbewusste Gesetzlichkeit und Selbstsucht in der Aufrichtung einer kleineren Partei zu befriedigen; aber ich bin überzeugt, dass eine weit größere Zahl von Christen diesen Weg aus Gehorsam und um ihres Gewissens vor Gott willen einschlägt. Sie sind überzeugt, dass, wenn auch nicht alle, so doch die meisten kirchlichen Anordnungen, Regeln, Formen und Einrichtungen nur dem Namen nach göttlich, aber dem Wesen nach menschlich und mit der Wahrheit mehr oder weniger im Widerspruch sind. Wir sind berufen, uns stets von dem Bösen zu trennen, in welcher Gestalt es sich auch Zeigen mag. Wenn wir dieses aus Gehorsam gegen das Wort Gottes tun, so mögen wir von den Menschen verkannt oder verachtet werden, bei dem Herrn aber finden wir Anerkennung und Lob. Auch werden wir dadurch zubereitet, um von Ihm benutzt werden zu kennen. „Wenn sich nun jemand von diesen reinigt, der wird ein Gefäß zur Ehre sein, geheiligt, nützlich dem Hausherrn, zu allen guten Werken bereitet“ (2. Tim 2,21).
Es gibt viele Christen in unseren Tagen, die sich nur deshalb von einer Partei trennen, weil sie so vieles darin entdecken, was nicht in Übereinstimmung mit dem Wort Gottes ist, aber sie verstehen nicht, dass schon das Bestehen einer Partei, abgesehen davon, was in derselben richtig oder unrichtig ist, mit dem Wort Gottes im Widerspruch steht, und dass man sich schon deshalb von ihr zu trennen hat; und weil sie dies nicht verstehen, so fangen sie sofort an, eine neue Partei aufzurichten. Sie tun dies unter einem neuen Namen und unter gewissen Statuten, um sich dadurch von anderen Christen zu unterscheiden. Vielleicht gestatten sie nur Gläubigen Zutritt in ihre Gemeinschaft, aber auch diesen nur dann, wenn sie sich zu ihrer Parteistellung oder ihren Statuten bekennen, und nicht einfach deshalb, weil sie Glieder des Leibes Christi sind und als solche zu allen Vorrechten und Segnungen der Gläubigen Zutritt haben. Sie schließen durch ihre Parteistellung nicht nur Unbekehrte und solche, die falsche Lehren haben oder einen unlauteren Wandel führen, aus, sondern auch Kinder Gottes, die zur Ehre des Herrn leben, und sie begehen dadurch ein großes Unrecht. Gewöhnlich verfallen sie, wenn auch in etwas anderer Form, in denselben Fehler, in welchen auch die größeren Parteien nach ihrer Lossagung von Rom gefallen sind. Sie setzen Älteste ein, stellen Hirten und Lehrer an usw. Mit der Einsetzung der Ältesten glaubt man nun im vollsten Recht zu sein, weil ja auch früher solche eingesetzt wurden; allein man übersieht ganz und gar, dass dies nie von Seiten der Gemeinde oder Versammlung, sondern nur von Seiten der Apostel und der von diesen dazu bevollmächtigten Personen geschah. Der Heilige Geist, der die Gaben einem jeden austeilt, wie Er will, war es auch, der die Ältesten als Aufseher in der Kirche einsetzte. Wir ersehen dies deutlich aus Apostelgeschichte 20,28, wo der Apostel zu den Ältesten von Ephesus sagt: „So habt denn Acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, in welcher euch der Heilige Geist als Aufseher gesetzt hat usw.“ Sobald jedoch die Kirche sich in Parteien Zersplitterte, hörte der Heilige Geist auf, dieses zu tun, anders hätte Er jene Parteien anerkennen müssen. Wir können versichert sein, dass der Herr bis zum Ende hin für alles Sorge tragen wird, was „zur Vollendung der Heiligen nötig ist: für das Werk des Dienstes, für die Auferbauung des Leibes Christi usw“ (Eph 4,12–13). und wir sind schuldig, uns allen zu unterwerfen, die sich unter der Leitung des Geistes im Werk des Herrn bemühen und besonders solchen, die den Dienst eines Ältesten oder Aufsehers in der Versammlung versehen und im Wort und in der Lehre arbeiten. Was aber sollen wir tun, wenn wir in eine Stadt kommen, wo fünf bis sechs oder mehr kirchliche Gemeinschaften sind, von denen jede ihre eigenen Ältesten hat, die alle Anspruch darauf machen, ihr Amt von dem Heiligen Geist überkommen zu haben – denn anders sind sie nichts? Welchen von ihnen sollen wir uns unterwerfen? Wurden uns nicht die widersprechendsten Ermahnungen zu Teil werden? Würden sie uns nicht alle sagen, dass wir uns ihrer Partei anschließen müssten? Der einzig richtige Weg für uns ist in einem solchen Fall, keinen jener Ältesten anzuerkennen oder zu befragen, sondern nur das Wort Gottes. Tun wir dieses, so werden wir finden, dass der Mensch und nicht der Heilige Geist jene Partei–Ältesten eingesetzt, und dass letzterer in dieser Sache in den kleinen Parteien ebenso wenig die Leitung hat, wie in den großen. Derselbe Grundsatz der Ungerechtigkeit – der eigene Wille – welcher diese beherrscht, ist auch in jenen wirksam. Wir aber müssen uns trennen von der Ungerechtigkeit, unter welcher Form sie sich auch zeigen mag, und darum trennen von allen Parteien – wie groß oder klein, wie viel oder wenig sie dem Wort Gottes angepasst, wie alt und anerkannt sie sein und welchen Namen sie auch tragen mögen – wir müssen uns trennen von allem, was sie schriftwidriges tun. Wir müssen „hinausgehen, außerhalb des Lagers, seine Schmach tragend“ (Heb 13,13). Dies ist das bestimmte Gebot Gottes, welches gerichtet ist an „jeden, der den Namen des Herrn nennt“, an jeden, der Anspruch macht auf den Namen eines Christen.
Aber, wird man fragen, sollen wir denn abgesondert von allen Parteien, ein jeder für sich, seinen Weg gehen und auf jede Gemeinschaft verzichten? Und werden nicht notwendigerweise die Christen eine neue Sekte oder Partei bilden, so oft sie irgendwie Gemeinschaft pflegen wollen? Keineswegs. Der Apostel zeigt uns in 2. Timotheus 2 auf die klarste Weise, was wir zu tun haben, nachdem wir uns getrennt von aller Ungerechtigkeit: „Strebe aber nach Gerechtigkeit, Glauben, Liebe, Frieden mit denen, die den Herrn anrufen aus reinem Herzen“ (V 22). „Wende dich ab vom Bösen und tue Gutes“ (1. Pet 3,11). Das ist der göttliche Grundsatz, die göttliche Regel und Richtschnur. Nicht nur müssen wir das Böse lassen, sondern auch das Gute tun; und zwar in Gemeinschaft mit allen aufrichtigen Christen. Und der Herr, der die Untreue der Kirche vorausgesehen, hat in seiner zuvorkommenden Liebe und Gnade den Seinen, die treu sind, den Weg des Guten bezeichnet. Er hat gesagt: „Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich in ihrer Mitte“ (Mt 18,20). Machen wir uns nun, wenn wir uns dieses Vorrechts bedienen, der Sektiererei schuldig? Gewiss nicht; wir unterwerfen uns dem Wort Gottes und gehorchen seiner Stimme. Und wenn wir also einfach im Namen Jesu uns versammeln, uns gemeinschaftlich erbauen und unterweisen, indem wir die Gabe anerkennen, die der Herr zu diesem Zweck dem Einen oder Anderen unter uns gegeben hat, wenn wir zusammenkommen, um zu beten, wenn wir Gemeinschaft mit einander machen, oder, indem wir das Brot brechen, den Tod des Herrn verkündigen, bis Er kommt, und dadurch zugleich der Einheit des Leibes Ausdruck geben, sind wir dann eine Sekte? Gewiss nicht; wir unterwerfen uns dem Wort Gottes und gehorchen seiner Stimme. Wir versammeln uns weder unter einem besonderen Namen, noch haben wir bestimmte Statuten, noch errichten wir endlich Barrikaden für andere Christen. Keinem Gläubigen, wenn er anders frei ist von Irrlehren, die den Herrn und sein Werk verunehren, und wenn er einen ordentlichen Wandel führt, wird auf diese Weise ein Hindernis in den Weg gelegt. Vielmehr ist es das Vorrecht und die Pflicht eines jeden wahren Christen, dass er dort seinen Platz einnimmt, wo man einfach im Namen des Herrn zusammenkommt, und wo sein Tisch auf der wahren göttlichen Grundlage errichtet ist. Sollte er jedoch keine finden, die sich in dieser Weise versammeln oder mit ihm versammeln wollen, so hat er sich dennoch von allem Bösen zu trennen und fern zu halten und unter anhaltendem Gebet und Zeugnis auf die Güte und Treue des Herrn zu warten, der ihm zu dem Genuss der Segnungen, die Er den Seinen hienieden verliehen hat, über kurz oder lang den Weg bahnen wird.
Wir dürfen nie vergessen, dass es nur einen Leib, nur eine Versammlung oder Kirche gibt, und wir sind ernstlich ermahnt, uns zu befleißigen, „die Einheit des Geistes zu bewahren in dem Band des Friedens“ (Eph 4,3).
Die Einheit ist durch den Geist Gottes bewirkt und ist unauflöslich. Nur Unwissenheit und menschliche Anmaßung können daran denken, eine Einheit machen zu wollen. Jede Anstrengung dieser Art beweist, dass man die wahre Einheit, die der Geist errichtet hat, nicht kennt, und sie führt nur zu noch größerer Blindheit, Täuschung und Verwirrung.
Aber sind in unseren Tagen nicht an manchen Orten, wo man sich bereits in der oben bezeichneten Weise versammelte, andere Gemeinschaften errichtet worden, die ebenfalls keinen besonderen Namen tragen, keine besonderen Statuten haben, sich gemeinschaftlich erbauen und das Brot untereinander brechen? Es ist wahr, und es ist dies eine höchst betrübende Erscheinung und gewiss, wie so vieles andere, ein Werk des Feindes. Wenn Gläubige die Einheit des Leibes Christi anerkennen, wenn sie verstehen, dass dieser Einheit am Tisch des Herrn Ausdruck gegeben wird – ein Brot, ein Leib sind wir, die vielen – und sie befinden sich an einem Ort, wo sich Gläubige versammeln und den Tod des Herrn verkündigen, so ist es doch zunächst ihre Pflicht, sich zu überzeugen, ob diese sich als eine abgeschlossene Partei oder nur als Gläubige im Namen Jesu versammeln, ob Irrlehren unter ihnen gelehrt werden oder die Wahrheit, ob man gleichgültig gegen die Sünde ist, oder ob Zucht geübt wird. Ist ersteres der Fall, so haben sie sich ohne alle Frage fern zu halten, wenn aber letzteres, so tun sie großes Unrecht und betrüben den Geist Gottes, wenn sie sich von jenen getrennt versammeln und den Tisch des Herrn von neuem aufrichten; sie verachten und verwerfen dann das, was der Heilige Geist aufgerichtet hat, und können sich gewiss nicht des Wohlgefallens des Herrn darin erfreuen. Leider aber gibt es heutzutage viele Christen, die in dieser Weise handeln, und der Beweggrund, der sie dabei leitet, ist in vielen Fällen kein lauterer. Sie suchen dadurch die Christen zu verhindern, mit Gläubigen, die sich an ihrem Ort im Namen Jesu versammeln, Gemeinschaft zu machen. Sie ahmen das Eine und Andere nach, um dadurch das Zeugnis jener Gläubigen kraftlos zu machen und ihnen, wie es oft geschieht, auf etwaige Vorstellungen entgegnen zu können: „Haben wir nicht dasselbe, was ihr habt, und tun wir nicht dasselbe wie ihr?“ Heißt das, nach der Wahrheit wandeln? Heißt das, sich im Namen Jesu versammeln? Heißt das, die durch den Heiligen Geist bewirkte Einheit des Leibes bekennen und verwirklichen? Nie und nimmer. Es ist nur eine neue List, ein neuer Betrug des Feindes, um die Wahrheit zu entkräften, die Einheit der Versammlung praktisch zu zerstören, den Namen des Herrn zu entehren und den Heiligen Geist zu betrüben. Unmöglich kann der Herr ein solches Verfahren billigen, unmöglich seinen Segen darauflegen, obwohl Er in seiner großen Gnade und Langmut nie aufhört, sein Wort zu segnen, wo es verkündigt wird, Seelen zu erretten und die Seinen zu erbauen. Alles aber, was nicht aus der Wahrheit ist und nicht die Liebe zum Herrn zur Quelle hat – alles, was bloße Form ist, und sei sie auch noch so sehr der Wahrheit angepasst, ist wertlos und verwerflich vor dem Herrn; der eigene Wille, der nie im Dienst des Herrn steht, spielt eine Hauptrolle dabei. Ach, wie wenig denken diese Brüder daran, dass das, wonach sie bewusst oder unbewusst handeln, derselbe Grundsatz der Ungerechtigkeit ist, der die bekennende Kirche beherrscht und ihren Verfall herbeigeführt hat. Nichts anderes als der eigene Wille ist jenes „Geheimnis der Gesetzlosigkeit“, das zurzeit des Apostels „schon wirksam“ war, und dessen Resultat „der Mensch der Sünde, der Sohn des Verderbens“, sein wird, welcher „tut nach seinem Wohlgefallen“, und welcher „widersteht und sich selbst erhöht über alles, was Gott heißt, oder ein Gegenstand der Verehrung ist, so dass er sich in den Tempel Gottes setzt und stellt sich selbst dar, dass er Gott sei“ (2. Thes 2,3–4).
Möchte der Herr die Augen der Seinen, die Er mit vollkommener Liebe liebt, öffnen und die wahre Demut und Gottesfurcht in ihren Herzen wachrufen, damit sie „abstehen von der Ungerechtigkeit“ und sich der Wahrheit völlig unterwerfen. Ihm aber sei Dank, dass Er, wie in den Tagen der Reformation die Rechtfertigung aus Glauben, so in unseren Tagen die in seinem Wort offenbarten Gedanken über das Sammeln und Auferbauen seiner Kirche oder Versammlung hienieden, sowie seine Ratschlüsse bezüglich ihrer himmlischen Berufung und Hoffnung auf den Leuchter gestellt hat! und Dank sei Ihm, dass Er jetzt vielen Gläubigen auf dem ganzen Erdkreis Mut und Kraft gibt, das durch seinen Geist empfangene Licht zu benutzen und sich im Vertrauen auf sein Wort in seinem Namen zu versammeln, ohne eine andere Hilfe und Stütze zu haben, als seine gesegnete Gegenwart! Leider gibt es noch viele Seelen in den verschiedenen Systemen, die in ihren Herzen unglücklich und unruhig sind, die aber nicht Licht oder auch nicht Mut und Kraft genug haben – leider mag auch oft der Mangel an Treue die Ursache sein – um sich loszumachen und nach dem wohlgefälligen Willen Gottes ihren wahren Platz außerhalb des Lagers einzunehmen. Der Herr aber, voll von Gnade und Güte, fährt fort, überall seine Wahrheit auszubreiten und die Zahl derer, die sich in seinem Namen versammeln, zu vermehren; Er fährt fort, die Verlorenen zu erretten und die Seinen von der Welt und ihren Systemen abzusondern, bis zu dem nicht mehr fernen Augenblick, wo Er kommen wird, um sie in seine Herrlichkeit einzuführen, für welche Er sie nach dem ewigen Ratschluss seiner Gnade zuvor bestimmt hat.
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