Himmel und Erde
Botschafter des Heils in Christo 1880
Himmel und Erde - Teil 3/3
Doch auch in Bezug auf die Erde gibt es große Ratschlüsse und Vorsätze Gottes, die ihrer Erfüllung noch harren. Der Regenbogen wurde einst, wie wir wissen, als ein Unterpfand hierfür dem Menschen gegeben. Er ist das Zeichen eines Bundes zwischen Gott und der ganzen Erde, sowie einer jeden lebendigen Seele auf derselben. Der Herr sagt, dass, wenn die Wolke kommt, der Bogen bei ihr sein – wenn der Vorbote des Gerichts naht, das Zeichen des Friedens erscheinen wird. Und bis zu dem heutigen Tage ist die Erde nicht wieder zerstört worden. Sie mag nicht mehr der Wohnplatz der Herrlichkeit sein, wie sie es einst war und später wieder sein wird, aber doch ist sie, nach der Verheißung des Regenbogens, bis zum gegenwärtigen Augenblick bewahrt geblieben. Und die Schrift belehrt uns sorgfältig und genau, dass Gott in all den verschiedenen Wegen seiner Regierung und Handlungsweise dieser Verheißung gedacht hat, ihrer heute noch gedenkt und auch in der Zukunft gedenken wird.
Sicherlich wurde ihrer gedacht, solange der Herr seinen Thron in Zion hatte. Diese ganze Zeit hindurch war die Erde die Wohnstätte Gottes. Und als der Thron des Herrn Zion verließ und das Allerheiligste die Herrlichkeit verlor, weil das irdische Volk durch seine Sünden seine Ruhe gestört hatte, und als alles in den Himmel zurückkehrte (Hes 1–9), sehen wir den Thron und die Herrlichkeit den Regenbogen mit sich nehmen. Das heißt: obgleich die Erde damals der Herrlichkeit beraubt wurde, obgleich Jerusalem, der Thron des Herrn, für eine Zeit lang in Trümmer gelegt und von den Nationen unter die Füße getreten wurde, so wollte der Herr doch der Erde eingedenk bleiben und sie, nach seiner Verheißung, zum Gegenstand seiner treuen Sorgfalt machen. Wir sehen, dass die Herrlichkeit, obgleich sie die Erde verlässt, das Erinnerungszeichen derselben mitnimmt; der Regenbogen begleitet sie zum Himmel. Dies sagt uns, dass der Herr, obgleich Er die Erde als den Schauplatz seiner Macht und seines Lobes verlassen haben mag, sich ihrer dennoch stets erinnert. In Übereinstimmung hiermit sehen wir in Offenbarung 4, wo der Himmel sich vor unseren Blicken öffnet, den Thron umgeben von dem Regenbogen, dem untrüglichen Zeichen des Bundes Gottes mit der Erde. Wie köstlich ist dieses! Der Herr ist in den Himmeln immer noch eingedenk der Erde. Er hat seinen Thron in der Höhe gerade mit dem Unterpfande ihrer Sicherheit umgeben, so dass, obgleich die Erde diesen Thron nicht sieht und nicht mehr der Standort desselben ist, der Thron die Erde sieht, sich ihrer erinnert und gleichsam nach seinem naturgemäßen Schemel verlangt.
Dies zeigt uns die Sicherheit der Erde während der ganzen Zeit der himmlischen Verwaltung, in welcher wir uns jetzt befinden. Der Herr sammelt sich jetzt ein Volk für den Himmel. Er erfüllt jetzt noch nicht die Erde mit seiner Herrlichkeit, sondern Er sammelt sich auf ihr eine auserwählte Familie, die Gemeinschaft mit Ihm haben soll in den Himmeln; aber dennoch gedenkt Er an seine Verheißung. Er sieht den Bogen an und bewahrt die Erde – Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht, alles lässt Er in seinem regelmäßigen Wechsel wiederkehren (1. Mo 8,22). Wie einfach ist dieses alles! Als der Thron zuerst seinen Weg von der Erde zum Himmel zurücknahm, ward er begleitet von dem Regenbogen, und jetzt sehen wir ihn in den Himmeln umgeben von diesem lieblichen und schönen Zeichen der Segnung der Erde.
Doch dies ist nicht alles. Selbst dann, wenn der Herr dereinst seine gerechten Gerichte über diese Erde kommen lassen wird, finden wir Ihn ebenso eingedenk seiner Verheißung, sie nicht zu zerstören, wie Er es jetzt ist und bis heute war. Wir sehen dies in Offenbarung 10. Der starke Engel, der Engel des Gerichts, kommt hernieder. Er ist bekleidet mit einer Wolke, dem schrecklichen Gefäß des Zornes und Zeichen des Gerichts. Doch er ist nicht nur angetan mit der Wolke, sondern auch der Regenbogen begleitet ihn – „bekleidet mit einer Wolke, und ein Regenbogen auf seinem Haupt.“ Gott will uns ohne Zweifel hierdurch sagen, dass Er bis zum Ende hin sich an sein Wort erinnern wird. Das Gericht wird nur bis zu einer bestimmten Grenze gehen können; aber dann wird Gott sagen: „Bis hierher und nicht weiter!“ Die Wolke muss allerdings herniederkommen – das Gericht muss ausgeübt und die Zornschalen müssen ausgegossen werden, aber nur um diejenigen zu richten, welche die Erde zerstören oder verderben, nicht aber um die Erde selbst zu zerstören. Der starke Engel ist bekleidet mit einer Wolke, und ein Regenbogen ist auf seinem Haupt; die Wolke schüttet ihre Wasser oder ihre Gerichte aus, steht aber, so zu sagen, unter der Leitung und Kontrolle des Regenbogens. Der gegenwärtige Zeitlauf mag verschwinden, wie es in den Tagen Noahs geschah, aber der Bogen strahlt vor dem Auge des Herrn, seine Verheißung lebt in seinem Herzen, und die Erde wird der glückliche Schauplatz der reichen Erfüllung derselben sein.
Wir sehen also, dass selbst das Gericht nicht im Stande ist, die alte, der Erde gemachte Verheißung anzutasten. Sie wird geliebt um Noahs willen, von welchem es hieß: „Dieser wird uns trösten über unser Tun und über die Mühsal unserer Hände wegen des Erdbodens, den Jehova verflucht hat“ (1. Mo 5,29); oder besser gesagt, um des gepriesenen Herrn willen, den Noah vorbildlich darstellte. Um seinetwillen überlebt sie das Gericht – sie halt die schreckliche Erschütterung aus, die durch die Herniederkunft des starken Engels hervorgerufen wird, obgleich dieser mit einer Wolke bekleidet ist und seinen rechten Fuß auf das Meer und den linken auf die Erde stellt und mit starker Stimme ruft, wie ein Löwe brüllt.
Doch wofür wird die Erde aufbewahrt? Für viel mehr, als der Regenbogen ihr verheißt. So handelt Gott immer. Er hält seine Verheißungen aufrecht und ist überströmend in seiner Treue, indem Er weit über das hinausgeht, was Er versprochen hat. So ist es auch der Fall mit der Erde. Sie wird nicht nur aufbewahrt im Verein mit ihrer Saat und Ernte, Tag und Nacht usw., sondern sie wird gebracht werden „zu der Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes.“ Das ist mehr, als ihr verheißen worden ist. Die heilige Stadt kommt aus dem Himmel hernieder, um ihre Verbindung mit der Erde einzugehen; und indem sie über ihr leuchtet, entsendet sie aus ihrem Schoß die Blätter des Baumes des Lebens, die Ströme ihres lebendigen Wassers und die Strahlen der in ihr wohnenden Herrlichkeit, um die Erde und alles, was auf ihr ist, zu verschönern, zu erfrischen und fruchtbar zu machen (Off 21; 22). Der Regenbogen braucht dann nicht mehr zu erscheinen, denn die Wolke ist nicht mehr da. Solange diese da war, befand sich der Regenbogen an seinem Platz, da die Verheißung und das Unterpfand Trost verleihen konnten inmitten des Gerichts. Jetzt aber ist das Gericht vorüber; die Wolke ist zerstreut und deshalb der Regenbogen verschwunden. Doch, wie schon bemerkt, die heilige Stadt kommt von Gott aus dem Himmel hernieder, um mehr, unendlich mehr zu tun, als bloß das göttliche Unterpfand einzulösen. Sie bewahrt nicht nur die Schöpfung, sondern verherrlicht sie. Alles wird sich dann in der Gegenwart des Herrn freuen, wenn Er kommt, um die Herrschaft über die Erde anzutreten.
Es würde uns hier zu weit führen, wenn wir von all den Vorbildern und Prophezeiungen reden wollten, die sich auf die Segnung der Erde in den Tagen des Königreiches beziehen. Die Bäume und Felder und Gewässer werden jubeln vor dem Herrn. Die Schöpfung selbst wird freigemacht sein zu der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes. Der 8. Psalm im Verein mit manchen anderen Stellen kündigt dieses an. Die Stimme aller Kreatur, die auf der Erde und unter der Erde und ans dem Meer ist, welche von dem Propheten in seinem Gesicht gehört wird, sagt es vorher (Off 5). Und wenn der verheißene Tag kommt, wird es sich verwirklichen; dann „wird die Wüste und das dürre Land sich freuen, und die Einöde wird frohlocken und blühen gleich einer Narzisse“; „der Wolf wird weilen bei dem Lamm und der Pardel bei dem Böcklein liegen“; „der Himmel wird die Erde erhören, und die Erde wird erhören das Korn und den Most und das Öl“ (Jes 11; 35; Hos 2).
Auch die Nationen werden, wie wir wissen, ihren Platz in dem kommenden System der Herrlichkeit haben. Sie werden ihre Schwerter in Pflugscharen verwandeln, und anstatt den Krieg zu erlernen, werden sie die Wege Jehovas erforschen und in seinen Pfaden wandeln. Zur bestimmten Zeit werden sie, ein jeder mit seinem Opfer, auf den König in Zion warten und ihre Freudenfeste in der Gegenwart seiner Größe und Herrlichkeit feiern. Von den äußersten Enden der Erde wird man dem Gerechten Lieder singen, und mit willigem Herzen werden alle Völker der Aufforderung des Propheten nachkommen: „Singt Jehova ein neues Lied, seinen Ruhm am Ende der Erde; ihr, die ihr das Meer befahrt, und alles, was darinnen ist, ihr Inseln und ihre Bewohner! Lasst die Stimme erheben die Wüste und ihre Städte, die Dörfer, die Kedar bewohnt; lasst jubeln, die in den Felsen wohnen, und rufen vom Gipfel der Berge! Lasst sie Jehova Ehre geben und seinen Ruhm verkündigen auf den Inseln!“ (Jes 42,10–12)
Israel wird dann sicher wohnen – „ein jeder unter seinem Wein stock und unter seinem Feigenbaum.“ Sie werden alle vereinigt sein. Sie werden jedermann ihren Nachbar nennen. „Ephraim wird Juda nicht beneiden, und Juda wird Ephraim nicht bedrängen“ (Jes 11,13). Die beiden geheimnisvollen Hölzer in der Hand des Propheten werden zu einem werden (Hes 37). Sie werden „eine Nation sein im Land, auf den Bergen Israels.“ Und so wie in den Tagen Salomos, wird auch dann gesagt werden: „Juda und Israel waren Zahlreich wie der Sand, der am Meer ist, an Menge; sie aßen und tranken und waren fröhlich.“ Doch ihre Fröhlichkeit wird dann eine heilige sein. „Das Gedächtnis deiner großen Güte werden sie hervorströmen lassen und deine Gerechtigkeit jubelnd preisen. Sie werden sprechen von der Herrlichkeit deines Reiches, und von deiner Macht werden sie reden“ (Ps 145,7.11). Unter dem Gott ihrer Väter, dem Gott ihres Bundes, wird Israel reichlich gesegnet werden. Denn so spricht der Herr Gott: „Und sie werden wohnen in dem Land, das ich meinem Knecht Jakob gegeben, worin eure Väter gewohnt haben, und sie werden darin wohnen, sie und ihre Kinder und ihre Kindeskinder ewiglich; und mein Knecht David wird ihr Fürst sein ewiglich. Und ich werde mit ihnen einen Bund des Friedens machen, das soll ein ewiger Bund sein mit ihnen; und ich werde sie einsetzen und sie mehren, und werde mein Heiligtum in ihre Mitte setzen ewiglich. Und meine Wohnstätte wird bei ihnen sein, und ich werde ihnen zum Gott, und sie werden mir zum Volk sein. Und die Nationen werden wissen, dass ich Jehova bin, der Israel heiligt, wenn mein Heiligtum in ihrer Mitte sein wird ewiglich“ (Hes 37,25–28).
Alle diese Stellen reden von den tausendjährigen Freuden auf der Erde. Allein in diesem System der Herrlichkeit gibt es außer der Schöpfung, den Nationen und Israel noch einen Gegenstand, der sich inmitten dieser Freuden durch seinen besonderen Glanz auszeichnet. Ich meine Jerusalem. Ich habe mich früher schon oft gefragt, woher es wohl komme, dass in der Schrift auf Jerusalem ein so hoher Wert gelegt werde, dass der Herr „die Tore Zions mehr liebe, denn alle Wohnungen Jakobs“ (Ps 87,2).
Es war der Ort, wo Er als der Gott und der König Israels gegenwärtig war. Sein Haus und sein Heiligtum waren in Jerusalem. Dort wurden seine Gesetze verwaltet und die Verordnungen seiner Anbetung beobachtet. Die Throne des Gerichts, die Throne des Hauses Davids, die Verordnung für Israel, der Dienst der Anbetung des Namens Jehovas – alles das befand sich in dieser Stadt (Ps 122). Es war der Ort, von welchem Jehova gesagt hatte: „Mein Name soll daselbst sein“, die Wohnstätte der Herrlichkeit, des Symbols seiner Gegenwart.
Und mehr noch als das. Es war seine Heimat. Das ganze Land war das Eigentum Jehovas, aber Jerusalem war so zu jagen die Familienwohnung. Die Kinder wohnten hin und her zerstreut in den einzelnen Teilen des Landes, aber sie kamen von Zeit zu Zeit, an bestimmten Festtagen, in der gemeinschaftlichen Heimat, in dem Haus des Vaters, zusammen. Dies war es, wie ich nicht zweifle, was die Stadt für das Auge und das Herz des Herrn so besonders anziehend machte. Er suchte und fand eine Heimat in Jerusalem, und Er verließ sie, als die Sünde sie beschmutzt hatte, mit alle dem Zögern einer in ihren Erwartungen getäuschten Liebe (Hes 8–11).
Jerusalem war das Haus des Vaters, das Haus des Königs und der Tempel des Gottes Israels. Und dies ist mehr als genug, um uns ihre hohe Auszeichnung zu erklären. Und alles das wird sie einmal wieder sein. Sie wird wieder das Haus, den Tempel und die Familienwohnung bilden. Sie wird der Sitz der Gesetzgebung, der Anbetung, des Gerichts und der Regierung sein. Von ihr werden die lebendigen Wasser ausstießen, um sie in jenen zukünftigen Tagen zu der geheimnisvollen Mutter der ganzen Familie zu machen (Ps 87). Die Herrlichkeit der Himmel wird über ihr scheinen und für sie den Dienst der Sonne und des Mondes versehen; sie selbst wird erhöht werden, um sich des vollen Lichtes dieser Herrlichkeit erfreuen und unter ihr wohnen zu können (Jes 4,5; 60,1; Sach 14,10).
Sie wird die Braut des Herrn der Erde sein, die Königin an dem Tag seiner Macht. Er wird über sie frohlocken und sie bekleiden mit dem herrlichsten Schmuck; die ganze Welt wird sie ehren und pflegen müssen, und alle Schmach, die ihr zugefügt wird, wird Er betrachten, als ob sie Ihm selbst angetan wäre (Ps 45; Jes 60; Jer 33; Zeph 3). Alles dieses ist wohl im Stande, uns den Platz zu erklären, den sie in den Gedanken des Geistes einnimmt. Seine Propheten, welche redeten, getrieben durch Ihn, bezeichnen sie wieder und wieder als die Braut, die Königin und die Mutter in jenen Tagen zukünftiger Herrlichkeit. Doch was sollen wir sagen von Ihm, der sie so mit aller Schönheit und Würde bekleidet und sie in solche Beziehungen zu sich selbst gestellt hat? Ist es nicht wunderbar und beglückend, den Kreis menschlicher Zuneigungen in dem Herzen Gottes zu entdecken? Ist Freundschaft nur menschlich? Wie könnte ich das sagen, wenn ich Jesus und die Jünger betrachte, in deren Gesellschaft Er so gerne verweilte? Sind verwandtschaftliche Zuneigungen nur menschlich? Wie könnte ich dies behaupten, wenn ich an das Verhältnis zwischen Christus und der Kirche denke, von welchem unzählige Schriftstellen Zeugnis geben? Ist die innige Freude des Herzens an der Heimat ebenso sehr eine göttliche wie eine menschliche Freude? Wie könnte ich daran zweifeln, wenn ich den Herrn und Jerusalem betrachte? Sicherlich, das Herz Gottes ist der Wohnsitz aller reinen und richtigen Gefühle des Herzens; der „Mensch Jesus Christus“ offenbart uns dieses.
Das also ist der Zustand Jerusalems, der Erde, der Nationen und des Volkes Israel in den verheißenen Tagen der Gegenwart und Macht des Herrn. Die ganze Schrift zeigt uns, dass solche Freuden nicht genossen werden können auf der Erde in ihrem gegenwärtigen Zustand. Sie können nicht eher eintreten, bis sie zu einem Schauplatz der Gerechtigkeit gemacht ist, oder mit anderen Worten, bis der Herr sie von allem gereinigt hat, was Ihm widersteht und Ungerechtigkeit wirkt. Das Schwert des Gerichts muss dem Thron der Herrlichkeit vorausgehen. Die Erde muss von ihrem Verderben befreit sein, ehe sie wieder ein Garten heiliger, göttlicher Wonne werden kann.
Das Evangelium bringt nicht eine glückliche Welt hervor, noch erzeugt es einen Garten Eden. Sein Zweck ist ein ganz anderer; es sammelt aus der Welt ein Volk, und zwar ein himmlisches Volk für Christus. Doch die Gegenwart des Herrn wird dereinst, wenn diese Gegenwart in rechtmäßiger Weise zu ihr zurückkehren kann, eine glückliche Welt hervorbringen. Der Schluss des Buches der Psalmen zeigt uns dieses. Herrlicher Schluss! Alles ist Preis und Dank; unermüdlich geben die Lippen der überströmenden Freude des Herzens Ausdruck und erkennen die ungeteilte Herrlichkeit des gepriesenen Herrn an. Doch diesem allen gingen die Leiden des Gerechten in einer bösen Welt und das darauffolgende Gericht dieser Welt voraus. Denn das Buch der Psalmen enthält das Schreien des Gerechten in einer bösen Welt, die, Freuden des Geistes inmitten dieses Bösen, die mannigfaltigen Hebungen der Seele auf dem Weg und endlich das Ende des Gerechten in der Freude des Lobes. Dies alles bewahrt uns vor dem Gedanken, dass Freude auf der Erde sein wird, bevor das Gericht sie gereinigt hat. Die Ruhe muss durch das Schwert Davids für Salomo bereitet werden.
Verstehen wir dieses, so werden wir vor Enttäuschungen bewahrt bleiben und zugleich für diese Welt und in ihr keine Ruhe und Beständigkeit erwarten, bevor der Herr das Gericht ausgeübt hat. Unsere Freude besteht jetzt in Ihm, im Geist, in dem Gedanken an seine Liebe und in dem Genuss seines Friedens, indem wir Tag für Tag, in der Hoffnung auf die zukünftige, vollkommene und rechtmäßige Freude mit Ihm, unseren Weg fortsetzen.
Es ist eine sehr ernste Wahrheit, dass Gott dem Menschen Zeit und Raum lässt, seine Ungerechtigkeit zur völligen Reife zu bringen, damit das Gericht über ihn komme, wenn sein Stolz den höchsten Gipfelpunkt erreicht hat, und damit es das System, welches er aufzurichten bestrebt ist, gerade dann vernichte, wenn es seiner Vollendung nahe scheint. Dies ist sicherlich eine feierliche Wahrheit. Aber selbst hierin ist, wie in allen Ratschlüssen und Wegen Gottes, „die Weisheit gerechtfertigt von ihren Kindern.“ Der Gläubige mag vielleicht bestürzt sein, wenn er diese Handlungsweise Gottes mit dem Menschen sieht, allein er billigt sie und versteht, dass es ganz richtig ist, wenn dem Menschen erlaubt wird, die völlig gereifte Frucht seiner Abweichung von Gott hervorzubringen, um dann in dem endgültigen Gericht die gerechte Antwort auf seinen Stolz und Abfall zu empfangen. Das Maß der Gottlosigkeit der Amoriter musste voll sein, ehe das gerechte Gericht sie ereilte. Der Herr trug Babylon solange mit Geduld, bis das Geschrei von ihr zu Ihm emporstieg. Nebukadnezar wurde erst dann seiner hohen Stellung und Würde beraubt, als er sich rühmte, die große Babel „durch die Stärke seiner Macht und zur Ehre seiner Herrlichkeit“ erbaut zu haben. Der große König des Nordens in den letzten Tagen wird erst dann zu seinem Ende kommen, wenn er „die Zelte seines Palastes aufschlagen wird zwischen den Meeren und dem Berg der heiligen Zierde“ (Dan 4; 11). Dieses ist ernst, aber es findet die Rechtfertigung der Weisheit und die völlige Billigung des Glaubens. Gott ist gerechtfertigt in seinen Worten und überwindet, wenn Er gerichtet wird (Röm 3,4).
Doch genug. Ich will diese Gedanken nicht weiterverfolgen. Allein es ist in diesen Tagen, wo so viel Verschiedenheit in der Denk– und Urteilsweise unter den Gläubigen besteht, wo die Finsternis und Verwirrung immer mehr zunimmt, köstlich für das Herz, sich mit Gegenständen zu beschäftigen, die alle interessieren und erfreuen, und das Auge zu richten auf jene Regionen, wo Licht und Reinheit herrschen, und wo Gott alles, sowohl die Dinge in den Himmeln, als auch die Dinge auf der Erde, in Christus vereinigen wird auf jene Regionen, wo alles den Charakter inniger, vertrauter Nähe tragen wird, während zu gleicher Zeit die Beziehungen zwischen dem Schöpfer und dem Geschöpf, zwischen dem, der heiligt, und denen, die geheiligt sind, völlig aufrecht gehalten und anerkannt werden. In vielen herrlichen Stellen des Wortes Gottes wird uns dies klar vorgestellt. Der Herr wohnte inmitten des Lagers Israels, solange das Volk ruhte, und ging mit, wenn es seine Reise fortsetzte, sowohl bei Tag wie bei der Nacht, sowohl wenn es vorwärts zog, als auch wenn es zum Berg Sinai oder zum roten Meer zurückkehrte. Aber dennoch war Er Gott, der Herr des Lagers.
Wie spricht dieses alles zu unserem Herzen! Wir beugen uns davor. Wir freuen uns, zu wissen, dass Er in einem Licht wohnt, dem sich kein Mensch nahen kann, und dass Er zugleich gewandelt hat auf dieser Erde durch Städte und Dörfer, dass Er der Eine ist, den niemand je gesehen hat, noch sehen kann, und dass Er uns zugleich kundgemacht worden ist durch den eingeborenen Sohn, der in des Vaters Schoß ist. Seine unumschränkte Autorität, als Herr, sowie seine Heiligkeit und Unnahbarkeit, als Gott, sind unendlich; und dennoch ist Er „als Haupt über alles der Kirche“ gegeben.
Ich schließe hiermit diese Betrachtung; doch ich frage meine Leser, ich frage mich: „Ist Er unser Gegenstand?“ Das Herz weiß wohl, welche Macht und welchen Einfluss der Gegenstand, der vor ihm steht, ausübt. Machen wir Jesus zu dem Gegenstand unserer Herzen? Ist ein Gefühl des Heimwehs in unseren Herzen? Hoffen wir von Tag zu Tage, Ihn zu schauen? Und sind wir fähig zu sagen: „Wenn Er beruhigt, wer wird dann bedrängen?“ (Hiob 34,29)
Möchte der Heilige Geist diese Gefühle und diese Zuneigungen mehr und mehr in unser aller Herzen wecken! Dem aber, „der uns liebt und uns von unseren Sünden gewaschen hat in seinem Blut und uns gemacht hat zu einem Königtum, zu Priestern seinem Gott und Vater Ihm sei die Herrlichkeit und die Macht in de Zeitalter der Zeitalter! Amen.“
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