Botschafter des Heils in Christo 1879
Christus hat die Versammlung geliebt
Die Gnade hat uns mit Gott und mit Christus vereinigt. Sie hat uns zu Teilhabern der göttlichen Natur gemacht und uns den Geist Gottes gegeben, um in uns zu wohnen, so dass wir verwirklichen, was Er ist, und dadurch, dass wir mit Ihm vereinigt sind, eins mit Christus werden.
Wir finden in dem ersten Vers des fünften Kapitels des Briefes an die Epheser, dass wir berufen sind, „Nachahmer Gottes zu sein, als geliebte Kinder, und in Liebe zu wandeln.“ Die Natur Gottes ist Liebe, und wir sehen dies in einem Menschen verkörpert, wenn wir Christus als das Muster derselben nehmen. „Wandelt in Liebe, gleich wie auch der Christus uns geliebt hat.“
Außerdem begegnen wir noch einem anderen Wort, welches gleichfalls die Natur Gottes ausdrückt: Er ist „Licht.“ Wir lesen im 8. Vers: „Denn einst wärt ihr Finsternis, jetzt aber Licht in dem Herrn; wandelt als Kinder des Lichts.“ Und auch hier ist Christus der vollkommene Ausdruck dessen, was uns vorgestellt wird: „Wache auf, der du schläfst, und stehe auf aus den Toten, und der Christus wird dir leuchten“ (V 14). Als Mensch in der Welt, war Er der Ausdruck und das Muster des Lichtes.
Dann aber fügt der Apostel hinzu: „Seid mit dem Geist erfüllt“; denn obgleich wir zu Teilhabern dieser göttlichen Natur, welche Licht ist, gemacht und berufen sind, zu lieben nach dem Muster Gottes in Christus, so sind wir doch nach allem nur schwache, menschliche Geschöpfe, kraftlos in uns selbst; und der Geist ist die alleinige Kraft, die wir für alles besitzen.
Es ist der wohlgefällige Wille Gottes, Gemeinschaft mit Ihm zu haben. Er hat uns vor sich hingestellt in Liebe – hat uns zu seinen Söhnen und Töchtern, zu Gegenständen seiner Wonne gemacht; und Er soll der Gegenstand unserer Wonne sein. – So viel über die erste Beziehung, die wir hier finden. Wir sind vor Ihm, dem Vater, als Söhne und hierin ist Christus der Erstgeborene unter vielen Brüdern.
Die Zweite Sache ist die Vereinigung mit dem jetzt verherrlichten Christus. „Wir sind Glieder seines Leibes, von seinem Fleisch und von seinen Gebeinen“ (V 30). Wir sind in lebendiger Weise mit Ihm verbunden, wie die Glieder mit ihrem Haupt. Ich kann Ihm nicht näherkommen, als wenn ich ein Glied seines Leibes und in derselben Herrlichkeit mit Ihm bin. Diese Beziehung stellt uns die unauflösliche Vereinigung Christi und der Versammlung dar. „Ihr Männer, liebt eure eignen Weiber, gleich wie auch der Christus die Versammlung geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat ... das Weib aber, dass sie den Mann fürchte“ (V 25.33). Obgleich dieses im Blick auf Mann und Weib ganz wahr ist, so ist es doch eigentlich ein Bild von Christus und der Versammlung.
Allein obschon wir mit Ihm vereinigt sind, so nimmt Er doch stets einen hervorragenden Platz ein, und gerade der notwendige Vorrang Christi in dieser, sowie in jeder anderen Beziehung, ist es, was derselben ihren wahren Wert verleiht. Als Moses und Elias auf dem Berg waren, befanden sie sich in derselben Herrlichkeit wie Er und sprachen mit Ihm über das, was seinem Herzen sowie dem seines Vaters am nächsten stand; sie unterredeten sich mit Ihm in einer ganz vertraulichen Weise. Sobald aber Petrus davon spricht, drei Hütten, für jeden eine, zu machen, und sie somit auf gleichen Boden stellt, ertönt die Stimme des Vaters, der seinem Sohn Anerkennung gibt; Moses und Elias aber verschwinden sofort (Ich führe dieses nur an, um zu zeigen, was ich meine). Und so muss es immer sein. Die ewige Segnung und das ewige Vorrecht seiner Person können nimmer aufhören, und je näher wir zu Ihm kommen, desto mehr werden wir uns dessen bewusst sein. Wenn ich mit einem Menschen in wirklich vertrautem Verkehr stehe, so werde ich sicher seine Schwächen kennen lernen. Je mehr ich aber Christus kenne, desto mehr werde ich seine tiefe und göttliche Vortrefflichkeit kennen lernen. Wir brauchen nicht zu fürchten, dass eine nahe Bekanntschaft die Ehrfurcht vor seiner Person schwäche oder vermindere. Je mehr ich seine Liebe fühle, desto mehr werde ich auch fühlen, dass Er vollkommen in ihr ist. Ein Vertrautsein mit seiner Liebe bringt nur ihre Vortrefflichkeit ans Licht und erweckt mehr Anbetung und Liebe in mir.
Gott ist vollkommen, unumschränkt in Liebe. Es wird in unserem Kapitel nicht gesagt, dass wir Liebe sein sollen; wir können nicht frei und unumschränkt in derselben sein. Es wird gesagt, dass wir Licht sind, weil der neue Mensch an der Reinheit seiner Natur teilnimmt. In der Liebe Christi finden wir die Wirksamkeit dieser vollkommenen Güte, und zwar in einem Menschen, so dass wir, indem wir Ihm folgen, in derselben zu wandeln vermögen; doch können wir nicht sagen, dass wir Liebe sind, wie wir sagen, dass wir Licht sind. In unserem Kapitel, wo es sich um die Versammlung handelt, haben wir eine Liebe von besonderer Beziehung. Es ist nicht einfach die Güte und unumschränkte Liebe Gottes. Der Ursprung und die Quelle von allem liegt in der ungesuchten Liebe Christi, in welcher Er in den Gedanken seiner eigenen Gnade handelte, als nichts vorhanden war, um sie hervorzurufen. Er hatte die Gegenstände seiner Liebe zu erwerben und sie für sich zu bilden. „Er gab sich selbst für sie“, und wenn Er sie empfängt, so reinigt Er sie für sich selbst.
Doch wir finden hier noch eine andere bemerkenswerte Sache. Er stellt sie „sich selbst“ dar. Als Gott Eva geschaffen hatte, stellte er sie Adam dar. Hier aber gewähren wir die Herrlichkeit der Person Christi. Da Er eine göttliche Person ist, so stellt Er sich selbst die Versammlung dar, nachdem Er sie so gebildet und vollendet hat, dass sie passend für Ihn ist. Er tut alles für die Versammlung; sehen wir jetzt, in welcher Weise Er es tut.
Das Erste von allem ist seine eigene freie und vollkommene Liebe. „Er hat die Versammlung geliebt“, vollkommen, göttlich, unendlich; wir finden hier den höchsten Beweis seiner Liebe. „Er gab sich selbst für sie.“ Er tat nicht nur etwas für sie: „Er gab sich selbst.“ Und dies wird fortwährend in dem Wort wiederholt; es heißt sogar: „Er gab sich selbst für unsere Sünden“, indem unsere Sünden die Scheidewand zwischen uns und Gott bildeten. Wenn ich auf die Liebe Christi blicke, so sehe ich, dass sie keinen Beweggrund außer in sich selbst hatte, und sie gibt sich selbst. Nichts wird zurückgehalten. Sie ist ganz und völlig mein. Er hat sich selbst gegeben – darin ist alles eingeschlossen. Die Selbstopferung Christi war vollkommen: Alles in seiner Natur nahm daran teil: „Er gab sich selbst.“ Dies ist ein wunderbarer Gedanke, wenn unsere Herzen ihn nur zu erfassen vermöchten. Es ist nicht, dass Er sein Blut und sein Leben gab, obwohl dies wahr ist und wir von beidem sprechen können (denn die Schrift tut es); aber die Sache, um welche es sich hier handelt, ist der Charakter seiner Liebe, und deshalb heißt es: „Er gab sich selbst.“ Der Beweggrund war, sich selbst hinzugeben.
Beachten wir hier, dass im Blick auf das Werk, die Versammlung für Christus passend zu machen, die Liebe und die Selbstopferung für sie vorausgeht. Es heißt nicht: Er reinigte und wusch sie, so dass Er sie besitzen konnte, und dann liebte Er sie, weil sie gewaschen und geeignet war, um von Ihm geliebt zu werden. Nein. Er gibt sich selbst für sie und besitzt sie mit einem vollkommenen Anrecht, da Er sich für sie hingegeben in der absoluten Vollkommenheit seines ganzen Herzens, nach welchem Er sie für sich selbst genommen hat. Er gibt sich für sie, weil Er sie liebt; und danach sagt Er: Sie muss gereinigt und für mich passend gemacht werden. Es heißt nicht: Sie muss glücklich sein – sie ist ohne Zweifel glücklich; das ist aber nicht alles – sie muss für Ihn selbst bereitgemacht werden. Ich kann nicht befriedigt sein, wenn eine Person, die ich liebe, z. B. mein Weib oder mein Kind, nicht so ist, wie ich sie gerne haben möchte. Es ist nicht ein Gefühl von Unzufriedenheit – das meine ich nicht – aber es mangelt die völlige Befriedigung. So hat Christus sich vorgesetzt, die Versammlung zu dem zu machen, was sie nach dem Wunsch seines Herzens sein sollte. Er reinigt sie „durch die Waschung mit Wasser durch das Wort“; wie Er früher gesagt hatte: „Heilige sie durch die Wahrheit; dein Wort ist Wahrheit.“
Da das Wort von Gott kommt, so richtet es alles, was im Gegensatz zu Gott steht durch die Offenbarung dessen, was in Gott ist, um mich dem ähnlich zu machen, was es offenbart. „Ich heilige mich selbst für sie“, sagt Christus. Ich bin nicht das, was ich sein sollte, aber ich hin mit Christus verbunden, welcher der Ausdruck dessen ist, was ich sein sollte, und der mich bildet zu seinem Gleichnis. „Wir alle aber, mit aufgedeckten! Angesicht die Herrlichkeit des Herrn anschauend, werden verwandelt nach demselben Bilde von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, als durch den Herrn, den Geist“ (2. Kor 3,18). In dieser Weise reinigt uns das Wort: es reinigt unsere Beweggründe, unsere Gedanken und unsere Vorstellungen und verwandelt uns in dasselbe Bild von Herrlichkeit zu Herrlichkeit. Doch Er ist es, welcher alles tut: Er erlöst uns, reinigt uns, heiligt, uns und stellt uns dar.
Es gibt hier noch einen Gedanken, der von dem höchsten Interesse ist, nämlich, dass wir die Reinigung nicht von der Herrlichkeit trennen können. Die Reinigung entspricht der Herrlichkeit, und wenn der Leib verwandelt ist, so ist der Zustand der Heiligkeit der offenbarten Herrlichkeit gemäß. Vgl. 1. Thessalonicher 3,13, wo wir gesagt haben würden: „tadellos in Heiligkeit zu befestigen in eurem ganzen Wandel“; allein wir lesen: „vor unserem Gott und Vater, bei der Ankunft unseres Herrn Jesus.“ Wir können in der Tat nicht vorwärtsschreiten, ohne auf Christus in der Herrlichkeit zu blicken. Es heißt in dem 27. Vers unseres Kapitels: „Auf dass Er sich selbst die Versammlung verherrlicht darstellte, die nicht Flecken oder Runzel oder etwas dergleichen habe, sondern dass sie heilig und tadellos sei.“ Das ist die Reinigung. Praktische Reinigung geschieht durch die Macht der Offenbarung der Herrlichkeit Christi. Doch lassen wir uns immer daran erinnern, dass diese Reinigung nicht geschieht, damit wir Ihm angehören, sondern dass es heißt: „Gleichwie auch der Christus die Versammlung geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat, auf dass Er sie heiligte.“
Wir finden im Blick auf die Versammlung noch eine andere Sache, und diese sollte unsere Herzen trösten in diesen finsteren Tagen und in den noch finstereren, die wir kommen sehen. Der Apostel sagt im 29. Vers: „Niemand hat jemals sein eigenes Fleisch gehasst, sondern er nährt und pflegt es, gleich wie auch der Christus die Versammlung.“ Nicht mir bereitet Er sie für sich und macht sie seinem eigenen Herzen entsprechend, sondern dieselbe Liebe, welche sie bereitet, wacht auch über sie in den Umständen der Schwachheit, in welchen sie bei ihrem Wandel durch diese Welt gefunden wird. Das Fleisch eines Menschen ist der Mensch selbst; Christus sorgt für sich selbst, indem Er für die Versammlung Sorge trägt. So sagte Er zu Saulus: „Warum verfolgst du mich?“ Du greifst mich an, indem du sie verfolgst. Christus trennt die Heiligen hienieden nicht von sich selbst. Er ist an ihnen interessiert, Er sorgt für sie, Er nährt und pflegt sie, wie ein Mensch das Fleisch seines eigenen Leibes. Und hierin kann Er nie fehlen. Die Finsternis mag groß und die Macht des Bösen stark sein, ja immer stärker werden – nicht (dass Gott nicht wirke; denn Er tut es, und wenn der Feind wie eine Flut hereinbricht, so wird der Geist des Herrn eine Standarte gegen ihn aufrichten, und Er ist damit beschäftigt und beratet die Ankunft des Herrn vor) – aber so wenig wie ein Mensch sich selbst hassen kann, ebenso wenig kann Christus darin fehlen, dass Er die Versammlung nährt und pflegt.
Der Herr hat lange Geduld mit dein täglich sich steigernden Bösen – (wir mögen beten, dass die Dinge sich rascher entwickeln, dass Er das Ende schneller herbeiführen möge, indem Er die Seinen herzuruft; aber wenn dies geschieht, so wird es das Böse und die über diese Welt hereinbrechenden Gerichte ebenfalls rascher zum Vorschein bringen (aber dennoch können wir es wünschen)) – aber durch alles hindurch kann der Heilige auf die Sorgfalt und Liebe Christi rechnen. Ich kann in keine Umstände versetzt werden, wo die Liebe Christi mich nicht zu versorgen vermöchte.
Selbst die Wirksamkeit des Unglaubens hindert daran nichts. Denn wenn solche, die Gläubige sind, von der gegen das Böse eingeführten Macht nicht Gebrauch machen können, was ist dann zu tun? Wir lesen, dass der Herr sagt, als man einen von einem Teufel besessenen Knaben zu seinen Jüngern gebracht hatte und sie ihn nicht austreiben konnten: „Bis wann soll ich bei euch sein? Bis wann soll ich euch ertragen?“ Wenn ihr von der Macht, die ich eingeführt habe, keinen Gebrauch machen könnt, was kann es nützen, dass ich noch bei euch bleibe? Doch Er fügt hinzu: „Bringt ihn mir her.“ Selbst wenn der Glaube der Versammlung fehlen und man allein in der Prüfung sein sollte, so wird doch der persönliche Glaube allezeit in dem Herrn Jesus Christus Gnade finden, so viel er bedarf. Gerade wie der Vater des Kindes unter Tränen ausrief: „Ich glaube Herr; hilf meinem Unglauben!“ Christus kann nicht fehlen; und wir sollten unserseits nie dem Was gleichen und sagen: „Herr, deine Altäre haben sie niedergerissen und deine Propheten mit dem Schwert erschlagen, und ich bin allein übriggeblieben, und sie trachten nach meiner Seele, sie wegzunehmen“ – beachten (wir, dass er gerade zu jener Zeit ihre Altäre niedergeworfen und ihre Propheten erschlagen hatte) – und dann weglaufen. Wir sollten vielmehr sagen: „Christus kann nie fehlen, und ebenso wenig kann es jemals ein Bedürfnis in der Versammlung geben, für welches in dem Herzen Christi keine Antwort sein sollte.“
Alles, was wir bedürfen, ist, unsere Augen auf Christus gerichtet zu halten, von welchem alle Gnade und Liebe stießt, und dadurch in Herz und Geist geheiligt zu sein, während wir auf Ihn warten, der sich selbst für uns hingegeben hat, damit wir in dieser Weise schon jetzt, während unseres Wandels durch diese Wüste, Ihm gleich seien.