Die Offenbarung Jesu Christi

Laodizäa

„Und dem Engel der Versammlung in Laodizea schreibe: Dieses sagt der Amen, der treue und wahrhaftige Zeuge, der Anfang der Schöpfung Gottes“ (V. 14).

Hier stellt sich der Herr wieder nicht in seinen richterlichen, sondern in seinen moralischen Eigenschaften vor. Er ist „der Amen“, „denn so viele der Verheißungen Gottes sind, in ihm ist das Ja, darum auch durch ihn das Amen“ (2. Kor 1,20). Er ist auch der „treue und wahrhaftige Zeuge“, denn obwohl die Versammlung als Gottes Zeuge auf der Erde versagt hat, bleibt Christus unveränderlich wahr und treu. Er ist außerdem „der Anfang der Schöpfung Gottes“, das Haupt der neuen Schöpfung, von der die Kirche eine Darstellung hier auf Erden sein sollte. Die Versammlung hatte sich sowohl in diesem als auch in anderen Punkten in höchstem Maß von Gottes Gedanken entfernt, Christus aber bleibt stets derselbe.

„Ich kenne deine Werke, dass du weder kalt noch warm bist. Ach, dass du kalt oder warm wärest! So, weil du lau bist und weder warm noch kalt, werde ich dich ausspeien aus meinem Mund. Weil du sagst: Ich bin reich und bin reich geworden und bedarf nichts – und du weißt nicht, dass du der Elende und Jämmerliche und arm und blind und nackt bist –, rate ich dir, Gold von mir zu kaufen, geläutert im Feuer, damit du reich wirst; und weiße Kleider, damit du bekleidet wirst und die Schande deiner Blöße nicht offenbar wird; und Augensalbe, um deine Augen zu salben, damit du sehen kannst“ (V. 15–18).

Das war der traurige Zustand der Versammlung in Laodizea, das traurige Bild der bekennenden Kirche in ihren letzten Tagen. Es gibt hier keinen drastischen Verfall wie in Thyatira und auch nicht die hoffnungslose Leblosigkeit wie in Sardes, sondern sie beleidigen Christus noch mehr, indem sie seinen Namen als Mittel der Selbsterhöhung benutzen und nicht als Gegenstand der Liebe. Es gibt Aktivitäten im Namen Christi, viele Werke, große Selbstgefälligkeit, aber lieblose Gleichgültigkeit gegenüber seiner Person.

Das schmerzt Ihn mehr als alles andere und dagegen richten sich seine überaus ernsten Anklagen. Nur an dieser Stelle spricht Er davon die Versammlung auszuspeien, da sie zu ekelerregend ist, um sie zu ertragen: „Weil du lau bist und weder warm noch kalt, werde ich dich ausspeien aus meinem Mund“. Ernste Worte, an eine Kirche gerichtet, die sich weder in schändlichem Verfall noch in lähmender Betäubung befand, sondern die offenbar viele Werke in Christi Namen tat, mit erheblicher Wirkung nach außen. Sie waren so zufrieden mit diesen Ergebnissen, dass sie blind für die Wahrheit wurden. Sie rühmten sich ihrer unerhörten Erfolge genau in dem Moment als sie für Christus jeglichen wahren Wert verloren hatten.

Ihr wird daher geraten, sich an Christus selbst zu wenden und von Ihm „Gold ... zu kaufen, geläutert im Feuer, damit du reich wirst“. Gold ist ein Bild von Gottes Gerechtigkeit und der Ausdruck „geläutert im Feuer“ betont mehr die vollkommene Reinheit als ein Gericht durch das diese Reinigung erreicht wird. Der Psalmist sagt von den Worten des Herrn, dass sie sind wie „Silber, das geläutert im Schmelztiegel zur Erde fließt, siebenmal gereinigt“ (Ps 12,7). Weiße Kleider sind die Kleidung, mit denen der Gläubige bekleidet wird, um vor Gott zu stehen, anstatt in den abgenutzten Lumpen der eigenen Gerechtigkeit zu erscheinen. Der Mensch möchte sich selbst gerne passend für die Gegenwart Gottes kleiden. Adam und Eva nähten Feigenblätter zusammen, damit die Schande ihrer Nacktheit nicht offenbar wurde und wie unbrauchbar war diese Bedeckung als sie gerufen wurden, um vor Gott zu stehen. Er gab ihnen Kleidung, die ihre Blöße wirklich bedeckte. Die Versammlung in Laodizäa hatte sich selbst also mit Werken bekleidet und prahlte mit ihrem Erfolg, während der Herr sie als nackt ansah und ihr Gewissen mit dieser Tatsache zu erreichen suchte, damit sie von Ihm die Kleider erhielten, die sie wirklich nötig hatten. Ihre Augen waren jedoch blind vor lauter Selbstherrlichkeit und so konnte sie den Bedarf für eine solche Kleidung gar nicht erkennen. Er rät ihr deshalb „deine Augen zu salben, damit du sehen kannst“. Diesen selbstzufriedenen Bekennern fehlte jeglicher Keim geistlichen Lebens. Ihre Augen waren nie geöffnet worden, um ihren wahren Zustand als verlorene Sünder zu erkennen. Demzufolge wussten sie nicht, was sie bedurften, um Gottes Gerechtigkeit entsprechen zu können und in welcher Kleidung sie nur in seiner Gegenwart bestehen konnten – „aus ihm aber seid ihr in Christus Jesus, der uns geworden ist Weisheit von Gott und Gerechtigkeit und Heiligkeit und Erlösung“ (1. Kor 1,30).

Mitten in dieser Lauheit hat der Herr jedoch noch einige wenige, die Ihm gehören. Zu deren eigenem Nutzen handelt Er in ernster Zucht und fordert sie eindringlich zur Buße auf.

Ich überführe und züchtige, so viele ich liebe. Sei nun eifrig und tu Buße!“ (V. 19).

Die Versammlung als Ganze wird nicht zur Buße aufgerufen. Der an sie gerichtete Satz ist nicht im Konditional, sondern die Aussage ist absolut: „Ich (werde) dich ausspeien aus meinem Mund“. Gnade für den Einzelnen ist aber immer zu finden und der Herr wird nie aufhören, den Seinen treu zu sein, egal wie tief sie in der Kälte und Nachlässigkeit des religiösen Bekenntnisses um sie herum versunken sind. Hier waren die Gläubigen, obwohl wahrhaft errettet, von der Lauheit, die für Christus so ekelerregend ist, infiziert, und es bedurfte disziplinarischer Maßnahmen, um ihre Gewissen hinsichtlich des schlechten Zustands, in den sie gekommen waren, aufzurütteln.

Nun kommt eine traurige Tatsache, begleitet von einer wunderbaren Verheißung. Von der Versammlung als Ganze wurde Christus sozusagen ausgeschlossen.

Siehe, ich stehe an der Tür und klopfe an; wenn jemand meine Stimme hört und die Tür öffnet, zu dem werde ich hineingehen und das Abendbrot mit ihm essen, und er mit mir“ (V. 20).

Christus ist und bleibt derselbe. Obwohl Er, im übertragenen Sinn, von der Versammlung ausgeschlossen wurde, sucht Er dennoch einen Platz in den Herzen Einzelner. Nun wird das Thema zu einer persönlichen Angelegenheit und bezieht sich nicht mehr auf die Versammlung. „Wenn jemand meine Stimme hört und die Tür öffnet“ wird er reichlich gesegnet – mit dem Segen innerer Verbundenheit mit Christus, Ihn im Herzen zu haben in engster Gemeinschaft des täglichen Miteinanders. „Zu dem werde ich hineingehen und das Abendbrot mit ihm essen, und er mit mir“. Das ist eine wunderbare Verheißung, die der Situation der wahren Gläubigen entspricht. Die Kirche ist geprägt durch herzlose Gleichgültigkeit gegenüber Christus. Den Überwinder kennzeichnet genau das Gegenteil, denn in ihm wird Liebe gefunden, die sich in Gehorsam ausdrückt und auf Grund dieser Tatsache kann Christus in seinem Herzen Wohnung finden.

„Wer überwindet, dem werde ich geben, mit mir auf meinem Thron zu sitzen, wie auch ich überwunden und mich mit meinem Vater gesetzt habe auf seinen Thron. Wer ein Ohr hat, höre, was der Geist den Versammlungen sagt!“ (V. 21–22)

Das ist die Verheißung für den Überwinder in Laodizea. Einige meinen, dass es ein besonders reicher Segen ist. Diese Annahme ist jedoch falsch. Es liegt keine besondere Belohnung in dieser Verheißung, denn es ist das gemeinsame Teil aller Gläubigen. Dennoch ist hier, wie auch in anderen Fällen, eine bemerkenswerte Angemessenheit zu finden. Was die Treuen in dieser Kirche kennzeichnet, ist ihre persönliche Verbindung mit Christus und dieses Merkmal wird in der Verheißung für den Überwinder aufgegriffen. Er hatte Christus in sein Herz gelassen und war hier auf der Erde in verborgener Gemeinschaft mit Ihm verbunden. Als Belohnung erhält er ein Teil mit Christus im himmlischen Königreich und himmlischer Herrlichkeit. Als Zeichen der Liebe und Anerkennung des Vaters wurde es Christus, als Überwinder, gegeben auf dem Thron des Vaters zu sitzen. An sie, die Überwinder in dieser allgemeinen Lauheit, geht einmal mehr der gnädige Aufruf: „Wer ein Ohr hat, höre, was der Geist den Versammlungen sagt!“

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