Die Offenbarung Jesu Christi
Vorwort
Offenbarung 1,1–3
„Offenbarung Jesu Christi, die Gott ihm gab, um seinen Knechten zu zeigen, was bald geschehen muss; und durch seinen Engel sendend, hat er es seinem Knecht Johannes gezeigt, der bezeugt hat das Wort Gottes und das Zeugnis Jesu Christi, alles, was er sah. Glückselig, der da liest und die da hören die Worte der Weissagung und bewahren, was in ihr geschrieben ist; denn die Zeit ist nahe“ (Off 1,1–3).
Dies sind die Anfangsverse des Buchs, das als „Offenbarung Jesu Christi“ bezeichnet wird. Dieser Ausdruck meint jedoch nicht seine vorhergesagte Offenbarung oder Erscheinung gegenüber der Welt, sondern eine Offenbarung oder prophetische Botschaft, die Er von Gott empfangen hat und seinen Dienern übermittelt. Das zeigt den Charakter, in dem die verschiedenen Personen, göttliche und menschliche, hier vorgestellt werden. Gott wird nicht als der Vater der Gläubigen und nicht einmal als der Vater Jesu Christi gesehen, sondern als souveräner Schöpfer und Richter, der Christus seine Ratschlüsse mitteilt. Jesus Christus wiederum wird hier nicht als der „eingeborene Sohn, der im Schoß des Vaters ist“ gesehen und alles, was darin verborgen ist, offenbart, sondern als der Diener, der aus sich selbst nichts weiß und nichts tut. Er ist der von Gott Abhängige, dem Gottes Absichten in Bezug auf das Gericht über die Erde und sein kommendes Königreich anvertraut werden. Er wird so auch im Markusevangelium gesehen, wo Er sagt: „Von jenem Tag aber oder der Stunde weiß niemand, weder die Engel im Himmel noch der Sohn, sondern nur der Vater“ (Mk 13,32).
Auch seinen Jüngern gegenüber zeigt Er sich nicht als Haupt des Leibes, noch als der Freund, der ihnen sein Herz offenbart, sondern als der Herr, der seinen Knechten zeigt, „was bald geschehen muss“. „Durch seinen Engel sendend, hat er es seinem Knecht Johannes gezeigt“. Nun waren Engel Gottes Kommunikationsmittel mit Israel. Stephanus sagt: „Die ihr das Gesetz durch Anordnung von Engeln empfangen ... habt“ (Apg 7,53) und in Hebräer wird „das durch Engel geredete Wort“ dem Wort Gottes, das durch den Sohn geredet wird, gegenübergestellt (Heb 1,2; 2,2). Wir finden hier also eine Rückkehr zu jüdischen Kommunikationsmethoden, die vollkommen passend sind für den Charakter eines Buches, das Gottes Handeln mit der Welt beschreibt, die Wiederherstellung seines irdischen Volkes zu seiner Zeit, ein Buch, das die Kirche nicht in ihren Vorrechten, sondern in ihrer Verantwortung als Zeuge Christi sieht; ein Zweig, der in einen edlen Ölbaum eingepfropft wird, der entweder Frucht trägt oder entfernt werden muss.
Es heißt „was bald geschehen muss“, denn die Periode der Kirche ist ein unbestimmter Zeitraum und da der Herr „nicht will, dass irgendwelche verloren gehen“ hat Er bis jetzt sein Kommen hinausgezögert. Dennoch sind seine Worte: „Siehe, ich komme bald!“ und seine Jünger weist Er an: „Eure Lenden seien umgürtet und die Lampen brennend“ und: „Seid Menschen gleich, die auf ihren Herrn warten“ (Lk 12; 35; 36).
Der Engel übermittelt die Botschaft an Johannes „der bezeugt hat das Wort Gottes und das Zeugnis Jesu Christi, alles, was er sah“. Vor dem letzten Satz steht kein „und“. Das heißt, er bezeugt nicht etwas, das er über das Wort Gottes und das Zeugnis Jesu Christi hinaus gesehen hat, sondern alles, was er von diesem gesehen hat. Auch hier sehen wir Christus nicht als den Sohn, der den Vater offenbart, sondern als den treuen Zeugen des Wortes Gottes. Und die Beschäftigung mit diesem Wort wird uns eindringlich ans Herz gelegt. „Glückselig, der da liest und die da hören die Worte der Weissagung und bewahren, was in ihr geschrieben ist; denn die Zeit ist nahe“. Solch einen Wert hat dieses Buch in Gottes Augen. Es gibt einen Segen sowohl für das Lesen als auch für das Hören, denn die Wahrheit hat einen praktischen Bezug. Sie muss festgehalten werden, da die Zeit ihrer Erfüllung nahe ist.