Botschafter des Heils in Christo 1878
Der Tod ist unser - Teil 1/2
„Alles ist euer. Es sei Paulus oder Apollos, oder Kephas, oder die Welt, oder Leben, oder Tod, oder Gegenwärtiges, oder zukünftiges: alles ist euer, ihr aber Christi, Christus aber Gottes“ (1. Kor 3,22–23).
Ein Freund bediente sich vor kurzem mir gegenüber des folgenden Ausdrucks: „Der Tod ist ein schreckliches Ungeheuer; ich hasse ihn.“ Ich antwortete ihm: „Was und wo wäre ich ohne dieses schreckliche Ungeheuer, das Sie so hassen?“ Der Tod ist mein; nicht nur in dem gewöhnlichen Sinne, dass, gleich wie es dem Menschen gesetzt ist, einmal zu sterben, auch ich möglicherweise sterben werde, sondern in dem erhabensten Sinn ist der Tod mein; denn der Tod selbst, in der göttlichen Anwendung desselben – so wie Gott ihn angewendet hat – ist auf eine wunderbare Weise mein geworden; er ist mein eigen – mein Ruhm und mein Gesang.
1. Wohin kann ich mich zunächst besser wenden, wenn ich über diesen Gegenstand spreche, als zu dem Tod meines gesegneten Herrn? „Der Tod des Herrn“ (1. Kor 11,36), „der Tod des Sohnes Gottes“ (Röm 5,10), „der Tod des Fürsten des Lebens“ (Apg 3,15), – das sind Worte, die wohl geeignet sind, in diese wunderbare Schatzkammer einzuführen. „Ich bin die Auferstehung und das Leben“, sprach der Herr. Doch Er konnte in seiner Person nicht die Auferstehung sein, ohne dass der Tod vorausging; noch konnte Er, ohne vorher zu sterben, dem göttlichen Ratschluss gemäß öffentlich die Stellung als derjenige einnehmen, der „das Leben“, „der letzte Adam“, der „lebendigmachende Geist“ ist (1. Kor 15,45). „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, so bleibt es allein; wenn es aber stirbt, so bringt es viele Frucht“ (Joh 12,24). „Darum liebt mich der Vater, weil ich mein Leben lasse, aus dass ich es wieder nehme. Niemand nimmt es von mir, sondern ich lasse es von mir selbst. Ich habe Gewalt, es zu lassen, und habe Gewalt, es wieder zu nehmen. Dieses Gebot habe ich von meinem Vater empfangen“ (Joh 10,17–18). Und während seiner ganzen Laufbahn konnte Er sagen: „Ich habe eine Taufe, womit ich getauft werden muss, und wie bin ich beengt, bis sie vollbracht ist“ (Lk 12,50). Denn als Er von der göttlichen Herrlichkeit, die Er im Himmel als Sohn Gottes hatte, herniederkam, um hier auf der Erde Sohn des Menschen zu werden, war das Ziel seiner Laufbahn der „Tod“, ja der „Tod des Kreuzes“ (Phil 2,8). Wunder über Wunder! Unerklärlich für die menschliche Vernunft! Der Sohn Gottes, Er, der alle Dinge schuf und alle Dinge erhält, der zuvor bestimmte Richter der Lebendigen und der Toten, wurde als Sohn des Menschen in Schwachheit gekreuzigt (2. Kor 13,4). Und nie hat seine göttliche Herrlichkeit so hell gestrahlt wie damals. Ein Geschöpf hat kein Recht, so hoch es auch stehen mag, seine eigene ihm angewiesene Sphäre zu verlassen; doch der Sohn Gottes war keiner solchen Einschränkung unterworfen. Er hatte das Recht, in den Himmeln angebetet zu werden, und auch das Recht, wenn Er es wollte, sich als Menschensohn ans Kreuz schlagen zu lassen. Die Herrlichkeit eines Geschöpfs besteht in der Ehre, die ihm beigelegt wird. Die göttliche Herrlichkeit offenbarte sich bei Christus darin, dass Er sich aller äußeren Herrlichkeit, die mit der Sphäre oder Stellung verbunden war, entkleidete, dass Er sich selbst zu nichts machte, um seins vollkommene Übereinstimmung mit den Gedanken des Vaters zu offenbaren. Er war eines Sinnes mit Ihm, und durch den Tod, durch den Tod des Kreuzes wollte Er dieses beweisen. Und so war der Tod, der für den ersten Adam der Sünde Lohn ist, in Bezug auf den letzten Adam der aus freier Liebe den göttlichen Ratschlüssen dargebrachte Tribut; er war der Ausdruck der vollkommenen Übereinstimmung des Sohnes Gottes, als Menschensohn, mit der vom Vater behaupteten Rechtfertigung seines eigenen Charakters gegenüber der Welt, dem Satan und der ganzen gefallenen Menschheit. Jenes Kreuz auf Golgatha, das in der alles übertreffenden Herrlichkeit des Lammes, das geschlachtet war und lebt und zur Rechten Gottes ist, seinen Ausgang findet – jenes Kreuz zeigt, dass der Tod, der Tod in seiner schrecklichsten, erhabensten Gestalt, ja dein Tod, (mein Herr und mein Gott!) mein ist, mein eigen – mein Ruhm, meine Herrlichkeit. Wenn auch kein anderer Anspruch auf ihn macht, so tue ich es, so schrecklich er auch ist; für mich hat er keine Schrecken, für mich ist er nicht hassenswert, denn es war dein Tod.
2. Doch ich muss ferner bemerken, dass auf diese Weise die Herrlichkeit Gottes, als des Gottes der Auferstehung, ans Licht gebracht wurde. Der Garten Eden mit dem unschuldigen Menschen verkündigte die ewige Kraft und Gottheit; und nach der Sintflut trat in dem durch den Regenbogen bestätigten Bunde der Beweis der langmütigen Geduld Gottes gegen eine in Ungerechtigkeit liegende Welt ans Licht. Doch ich habe sowohl Eden als die Unschuld verloren, und die Barmherzigkeiten, die ich als Sünder hier auf Erden erfahre, werden weder die Sündenfrage lösen, noch mich von dem zukünftigen Zorn erretten. Der Tod des Herrn Jesus aber war die niedrige Pforte, durch welche das Licht der Herrlichkeit Gottes, als des Gottes der Auferstehung, und zwar einer Auferstehung aus den Toten, hervorströmte. Zuerst wurde Er, welcher starb, Herr über alles in dem weiten Weltall, und einst wird Er auf dem Thron sitzen und zu der von Gott bestimmten Zeit alle Menschen, die bei der allgemeinen Auferstehung auferweckt werden, richten. Diese Herrlichkeit gehört Ihm sicher als Sohn des Menschen. „Denn es kommt die Stunde, in welcher alle, die in den Gräbern sind, seine Stimme hören werden, und es werden hervorkommen, die das Guts getan, zur Auferstehung des Lebens, die aber das Böse getan haben, zur Auferstehung des Gerichts“ (Joh 5,28–29). Welch ein ernster Gedanke, durch die unwiderstehliche Gewalt des Herrn hervorgebracht zu werden, um Rechenschaft zu geben von allen in diesem Leben, im Leib vollbrachten Werken und Gedanken! Doch zweitens wissen wir, Gott sei Dank! wenn das Licht des großen weißen Thrones gesehen wird, dass es in Ihm, der auf demselben sitzt und richtet, auch eine erste Auferstehung gibt. „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern er ist aus dem Tod in das Leben hinübergegangen. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, dass die Stunde kommt und ist jetzt, da die Toten moralisch (tot in Übertretungen und Sünden) die Stimme des Sohnes Gottes hören werden, und die sie gehört haben, werden leben. Denn gleich wie der Vater das Leben hat in sich selbst, also hat Er auch dem Sohn gegeben, das Leben zu haben in sich selbst“ (Joh 5,24–26). Es konnte niemals geschrieben werden, es sei denn als das Resultat seines Todes: „Und ebenso wie es den Menschen gesetzt ist, einmal zu sterben, danach aber das Gericht, also wird auch der Christus, einmal geopfert, um vieler Sünden zu tragen, zum zweiten Mal ohne Sünde erscheinen denen, die Ihn erwarten zur Seligkeit“ (Heb 9,27–28). Nach außen hin aber sind die glorreichen Folgen dieses schmachvollen Todes „neue Himmel und eine neue Erde, in denen Gerechtigkeit wohnt, welche wir nach seiner Verheißung erwarten“ (2. Pet 3,13).
„Gott hat Jesus, unseren Herrn, aus den Toten auferweckt“ (Röm 4,24). „Durch Ihn glauben wir an Gott, der Ihn aus den Toten auferweckt und Ihm Herrlichkeit gegeben hat, auf dass unser Glaube und unsere Hoffnung auf Gott sei“ (1. Pet 1,21). Was würde ich oder wo würde ich sein, sowohl hinsichtlich der Errettung und des Vertrauens auf gegenwärtige Befreiung als auch hinsichtlich der Hoffnung, wenn die Herrlichkeit Gottes, als des Gottes der Auferstehung, nicht ans Licht gebracht worden wäre? Und in welcher Weise ist sie ans Licht gebracht worden? Nur durch die Auferstehung des Herrn Jesus Christus aus den Toten. Wie kostbar sind doch die Früchte seines Todes!
3. Doch in seinem Tod finde ich nicht nur Licht, das Licht des Lebens, sondern dieses so gefundene Licht ist ein Licht, in welchem alle finsteren Dinge bloßgestellt, ihr wahrer Charakter enthüllt und ihre Macht unschädlich gemacht wird. Satan, die Welt, der Mensch – alles wird durch den Tod des Herrn Jesus ins rechte Licht gestellt, und ihre Macht ist für den Glauben auch gebrochen. In dieser Weise wurde dem Satan entgegengetreten, in dieser Weise wurde er zu nichts gemacht und seine Macht beseitigt. „Weil nun die Kinder Blutes und Fleisches teilhaftig sind, so hat Er gleicherweise an denselben teilgenommen, auf dass Er durch den Tod zu nichts machte den, der die Macht des Todes hat, das ist den Teufel, und alle diese befreite, die durch Furcht des Todes während des ganzen Lebens der Knechtschaft unterworfen waren“ (Heb 2,14–15).
Auf seinen Tod wies der Herr hin, als Er sagte: „Jetzt wird der Fürst dieser Welt ausgeworfen werden“ (Joh 12,31). Und diese Welt hat in demselben Tod ihr Gericht gefunden: „Jetzt ist das Gericht dieser Welt“, ein Gericht, das für den Gläubigen zur Segnung ausschlägt, wie Paulus sagt: „Von mir aber sei es ferne, mich zu rühmen, als nur des Kreuzes unseres Herrn Jesus Christus, durch welchen mir die Welt gekreuzigt ist, und ich der Welt“ (Gal 6,14). Hier wird auch dem Fleisch samt dem Leben, das im Blut ist, der rechte Maßstab angelegt, der wahre Stempel aufgedrückt. Als Er sein Leben zum Lösegeld für uns hingab, zeigte Er in einem und demselben Akt die Vollkommenheit und Verderbtheit des Fleisches. In sich selbst war Christus heilig, schuldlos, unbefleckt, von der Sünde abgesondert. Die Gerechtigkeit konnte an Ihm nichts Strafwürdiges finden; Er war der Einzige, der um dessentwillen, was Er selbst war, gerechter Weise nicht verlassen werden konnte. In Ihm war alles vollkommen. Er konnte unsere Sünden in seinem eigenen Leib auf dem Holz tragen. Doch in dem, was Er auf dem Kreuz erlitt, in dem Tod nämlich, lag seitens der Menschen, die denselben verübten, der Ausdruck ihrer Feindschaft wider Gott und ihrer Gefangenschaft unter der Macht Satans, und Zugleich war in seinem Verlassensein von Gott die genaue Schätzung unserer Sünde von Seiten Gottes. Der Gerechte nahm als Stellvertreter vieler Ungerechten den Kelch des Zornes aus des Vaters Hand, und in dem Ausruf: „Mein Gott, mein Gott! warum hast du mich verlassen?“ haben wir das wahre, göttlich vollkommene Maß dessen, was der gefallene Mensch nach Gottes Schätzung ist. Wenn mein Auge auf den Herrn Jesus gerichtet ist, so kann ich nicht sagen: „Der Tod ist ein schreckliches Ungeheuer, ich hasse ihn.“ Sein Tod, der Tod im vollsten Sinne des Wortes, der Tod, wie Er allein ihn darstellen konnte, ist höchst kostbar und wunderbar. Gott ist ein Gott der Wunder. Und in seiner Gegenwart Ihn zu bewundern, geziemt einem Geschöpf. Ich staune Ihn an, ja ich bin in Bewunderung versunken, wenn ich an den Tod gedenke, den Tod des Herrn, an jene offene Spalte, durch welche alle Herrlichkeit des Gottes der Auferstehung hindurchgedrungen und herniedergeströmt ist auf den Menschen, auf die Welt und auf Satan, so dass ich – selbst ich – sagen kann: „Aus dem Fresser kam Fraß und aus dem Starken kam Süßigkeit“ (Ri 14,14).
4. Wenn nun der Tod in seiner erschütterndsten Erscheinung, da wo er seine Macht am furchtbarsten gezeigt, indem er zwischen Gott und den Sohn des Menschen, als Stellvertreter, trat, sich dennoch dem Gläubigen nur als Segen erweist, ohne das Bewusstsein zu schwächen, dass in dem Gegenstand eine ewige, eine göttliche Höhe und Tiefs liegt, die alle Erkenntnis übersteigt – was sollen wir denn von den Wellen des Todes sagen, welche im Vergleich mit jener Springflut nur den sanften am Ufer sich brechenden Wogen zu vergleichen sind? Gewiss spricht der Glaube: „In diesem allem sind wir mehr als Überwinder durch den, der uns geliebt hat“ (Röm 6,37). Ich bin Christi, und Christus ist Gottes. In dem Felsen, der geschlagen ward, sicher geborgen, darf der finstere Schatten des Todes nicht mehr auf mir, auf meinem Gewissen, auf meinen Gedanken ruhen: Christus starb! drum bin ich rein;
Nicht ein Flecken blieb zurück;
Gott ist Gnad' und Lieb' allein;
Keine Wolke trübt den Blick. Der Geist triumphiert durch den Glauben über Sünde und Tod. Der Sohn, der nun auf dem Thron des Vaters sitzt in der Herrlichkeit, die Er bei Ihm hatte, ehe die Welt war – Er, der ewig, ohne Anfang ist, machte mich durch seinen Tod so frei von aller auf mir lastenden Schuld, wie Er selbst persönlich stets frei von Schuld war. Gott hatte nie etwas wider Ihn; und jetzt hat Er um dieses Todes willen auch nichts wider mich. Er fand stets sein Wohlgefallen an dem Sohn seiner Liebe. Es ist wunderbar und doch wahr, dass Er in diesem Christus auch an mir sein Wohlgefallen jetzt schon findet. Ich betrachte mich als sein erkauftes Eigentum, das Er zu seiner Verherrlichung abgesondert hat. Die Folgen des Sündenfalles haben Ihm Anlass gegeben, die Barmherzigkeit, Güte und Gnade Gottes zu offenbaren: ja, Er erwies sich inmitten des Verfalls der ersten Schöpfung fähig, sich in Bezug auf die Frage der Sünde und des Satans, der gefallenen Welt und des Menschen mit Gott zu beschäftigen. Sein Werk der Erniedrigung ist beendet; doch wie hat sich gerade darin seine persönliche Befähigung, die Lösung jeglicher Frage zu übernehmen, bekundet!
Jetzt, da Er hinaufgefahren ist, benutzt Er unsere Stellung in der Wüste, die zwischen einer ägyptischen Welt der Knechtschaft und der Herrlichkeit liegt, um uns sowohl über Ihn, als auch über uns zu belehren. Bald aber, wenn die Herrlichkeit anbricht, wird Er selbst die letzte Hand an das Werk legen und die Treue seiner Liebe zu dem Volk seiner Wahl an den Tag legen; und dies wird wenigstens tausend Jahre vorher geschehen, ehe die neue Schöpfung, welche der Beweis sein wird, dass Er alles, was Er in die Hand genommen, auch zu beendigen vermag, in die Erscheinung tritt. Wozu aber bin ich, wozu ist jeder Einzelne von uns abgesondert, wenn nicht dazu, dass der göttlichen Weisheit gemäß die persönliche Herrlichkeit des Sohnes, der die Auferstehung und das Leben ist, in uns ihren Ausdruck finde? Er hat mir Leben, ewiges Leben gegeben, ein Leben, welches Er selbst ist, so wie Er in der Herrlichkeit seiner Auferstehung und Himmelfahrt ist. Wenn Er mich Heim ruft, ehe Er sich von seinem Platz zur Rechten des Vaters erhebt, so sterbe ich; doch ich sterbe nur dem, was sterblich, was verweslich ist: ich höre, Gott gemäß, für immer auf, irgendwelche Verbindung mit Sterblichkeit oder Verweslichkeit zu haben; ich bin ausheimisch von dem Leib und einheimisch bei dem Herrn, um dort mit Ihm die Zeit zu erwarten, wo Er seine Herrlichkeit als die Auferstehung offenbaren und mein Leib Ihm dann als verherrlichter Leib entgegenkommen wird in der Luft. Wenn Er mich nicht ruft, bis Er sich vom Thron seines Vaters erhoben hat, dann werde ich die Trennung des Leibes von der Seele nimmer erfahren, sondern seine lebenspendende Macht, welche meiner Seele jetzt schon das Leben gegeben hat, wird alsdann alles mit Leben erfüllen und Sterblichkeit und Verweslichkeit aus meinem Leib entfernen, ohne dass derselbe von der Seele, die jetzt schon das Leben besitzt, getrennt wird. Kann aber die Trennung von einem Leib der Sünde, das Verlassen dieses Schauplatzes der Pilgerschaft, um in der Gegenwart des Herrn und daheim zu sein, der Tod genannt werden? Der Unglaube betrachtet es oft also; er spricht in einer Weise davon, als ob die neue Stätte, welche Christus für uns bereitet hat, und wo es weit besser ist, etwas Geringes für uns sei, als trüge der Zwischenzustand der Seele auch jetzt, wo Licht und Unsterblichkeit durch das Evangelium offenbart worden sind, noch immer den verhüllten Charakter, von dem Hiskia spricht (Jes 38). Für ein durch den Glauben an einen auferstandenen und aufgefahrenen Heiland befreites Gewissen, für ein Kind Gottes, für einen himmlisch gesinnten Menschen, der den Strom der Freude, den der nicht betrübte Heilige Geist mitteilt, genießt – ja für einen solchen hat weder der Tod noch seine Vorboten irgendwelche Schrecken. Was kümmert ihn das Fieber oder der kalte Schweiß des Leibes, dessen Leben dem Erlöschen nahe ist, wenn Zugleich das ewige Leben in ihm Herz und Sinn ungeteilt auf die Person des Herrn Jesus droben richtet?
Wir haben hier einen Sarg vor uns, und darin ruht der Leib eines bejahrten und dem Herrn gewidmeten Christen. Er lebte unter uns glücklich in dem Herrn, voll von Liebe zu seinen Heiligen, und nun ist er hinweggegangen. Doch wohin? Zu dem Herrn Jesus. Ist Er es nicht wert, seine Heiligen bei sich zu haben? Denkt ihr, Er habe etwa dem Ratschluss Gottes vorgegriffen, indem Er diesen heimrief – „heim“ zu sich, der ja selbst die Heimat ist? Mit Nichten. Das Wort: „Wenn ihr mich liebtet, so hättet ihr euch gefreut, dass ich zum Vater gehe, denn mein Vater ist größer, als ich“, kann auch auf diesen Fall mit Wahrheit angewendet werden. Oder haben wir keine Liebe zu denen, die heimgehen? Keine Liebe, als zu uns selbst? Keine Bereitwilligkeit, sie gesegnet zu wissen, wenn ihre Segnung uns irgendwelche Entbehrung auflegt? Elende, jämmerliche Selbstsucht, welche Gottes und Christi Freude vergisst bei der Bewillkommnung einer Seele, die uns verlässt, in seiner Gegenwart! Diese Selbstsucht ist es auch, die uns verhindert, an ihren großen Gewinn zu denken, indem wir uns in die Gedanken an den eigenen Verlust versenken und verlieren. Vielmehr sollten wir entrüstet sein über unsere Selbstsucht und engherzige Selbstliebe, die wir, von uns selbst erfüllt, keine Gedanken haben für Gott, Christus und die Freunde, die wir zu lieben bekennen. Doch in Gott ist eine eifersüchtige Liebe. Er will, dass unsere Herzen es erfahren, wie vollkommen Christus uns inmitten der Leiden dieser Wüste befriedigen und genügen kann. In diesem Eifer der Liebe will Er auch, dass wir an Christus denken, dem Er uns angetraut hat, und an seine Freude über diejenigen, welche in Ihm entschlafen sind; ja, dass wir jener Sphäre gemäß denken und fühlen lernen, in welcher Christus jetzt der wahre Mittelpunkt ist (Schluss folgt).