Botschafter des Heils in Christo 1877
Betrachtungen über Johannes 13
Wir finden in dem vorliegenden Schriftabschnitt zwei Gegenstände, die wir sowohl ihrer moralischen Gedankenreihe als auch ihrer historischen Ordnung nach zu betrachten wünschen, nämlich die praktische und wirkliche Reinigung, deren wir bedürfen, um mit Christus Teil zu haben, sowie die Ruhe, die daraus entspringt.
Wer den gegenwärtigen Zustand des Volkes Gottes genau betrachtet, wird sicher bald die Entdeckung machen, dass sich unter den Gläubigen die wirkliche Ruhe der Seele höchst mangelhaft vorfindet. Wir wollen dadurch keineswegs in Abrede stellen, dass Ernst, Wirksamkeit, Eifer, Erkenntnis und Verständnis heutzutage – vorhanden sind; allein man kann alle diese Dinge, oder wenigstens etliche davon offenbaren und dennoch des wirklichen Friedens und der wahren Ruhe ermangeln. Es gehört in unseren Tagen in der Tat zu den größten Seltenheiten, jemanden zu finden, der sich eines bleibenden, unerschütterlichen Friedens erfreut. Warum? Habt ihr euch, meine geliebten Leser, diese Frage wohl schon je mit Ernst vorgelegt? Woher kommt es denn, dass sich so viele der Vergebung der Sünden erfreuen, und dennoch dieses Friedens ermangeln? Aus diese Frage möchte ich die richtige Antwort geben.
Zwei Grundsätze sind in unseren Tagen unter einer zahlreichen Menge von Gläubigen wirksam – Grundsätze, durch welche sie ihrer Seele Ruhe und Frieden zu verschaffen trachten. Der Eine derselben ist der Eifer, in irgendeinem Dienst unablässig wirksam und tätig zu sein. Das Herz ist mit Dingen beschäftigt, die, an und für sich betrachtet, völlig gut und schätzenswert sind, aber die als solche der Seele die wahre Ruhe weder geben, noch zu geben vermögen, sondern die im Gegenteil nur zu oft den Mangel an wahrer Ruhe ins Licht stellen. Ach, wie oft begegnet man jemandem, dessen Herz der wahren Ruhe entbehrt, und der seine Wirksamkeit als ein Mittel betrachtet, um diese Ruhe zu erlangen! Der zweite Grundsatz, dem man ebenso oft begegnet, ist das unablässige Trachten nach der Besserung des Fleisches, um auf diesem Weg zur Ruhe zu kommen. Nie viele, sonst ernste, aufrichtige Christen haben schon die Behauptung aufgestellt, dass durch eine feste Willenskraft die Unterwerfung des eigenen Willens bewirkt werden könne, und dass durch die Übergabe des eigenen Willens derselbe sich gleichsam selbst tote, und man durch diese Handlung der Energie die wahre Ruhe erlange! Ach, wer sein eigenes Fleisch wahrhaft erkannt und gerichtet hat, wird das Anmaßende einer solchen Behauptung gar bald entdecken.
Nun ist es unsere Absicht, nach der Schrift das Hindernis einer wahren Seelenruhe, welche in Johannes 13 ihren Ausdruck findet, und von welcher uns der im Schoß Jesu ruhende Johannes ein Beispiel liefert, zu bezeichnen und Zugleich festzustellen, worin diese Ruhe besteht und welches ihre Resultate sind.
Nach unserer Meinung liegt ohne Zweifel die Ursache jenes Mangels an Ruhe und Frieden bei den Gläubigen in dem Umstand, dass ihre Füße nicht gewaschen sind. Daraus entspringt die Unfähigkeit, in praktischer Weise mit Christus, wo Er ist, Gemeinschaft zu haben. Dieses aber ist – man beachte es wohl – die Hauptwahrheit, die uns in Johannes 13 vor Augen gestellt wird. Es ist und bleibt vollkommen wahr, dass der Herr Jesus uns von den tagtäglichen Befleckungen während unseres Wandels reinigt: aber wir Zweifeln nicht daran, dass uns hier noch eine tiefere Wahrheit ans Herz gelegt wird, nämlich die Fähigkeit, bei Christus, wo Er ist, zu bleiben. Es handelt sich hier um eine Reinigung, welche uns in den Stand setzt, mit Christus – mit Ihm in Herrlichkeit – an gemeinschaftlichen Interessen Teil zu haben. Das sind unseres Erachtens die Hauptgedanken in Johannes 13.
Zunächst sehen wir hier den Herrn „während des Abendessens“ als den Mitgenossen der Seinen in dieser Welt: dann aber, „vom Abendessen ausstehend“, bricht Er diese Genossenschaft ab und zeigt seinen Jüngern, wie Er die Macht besitzt und bereit ist, sie zum Eintritt in ein besseres Verhältnis zu befähigen. Diese Handlung ist von höchster Bedeutung, und jedenfalls will der Herr damit sagen: „Bis jetzt war ich in eurer Stellung euer Mitgenosse; nun aber will ich euch befähigen, in meiner neuen Stellung meine Mitgenossen zu sein; ich will euch zu solchen machen, die mit mir in der neuen Sphäre und in der neuen Stätte, in welche ich jetzt eintrete, Gemeinschaft haben können.“ – Darauf nimmt Er das Waschbecken, das Wasser und das Leintuch; und in dem vollen Bewusstsein, „dass seine Stunde gekommen“, und „dass Er von Gott ausgegangen war und zu Gott hingehe“, steht Er von dem Abendessen auf, um das Werk seines neuen Dienstes an den Seinen zu erfüllen. Dass die Liebe die Quelle und die Triebfeder aller seiner Wirksamkeit für sie ist, sagen uns die Worte: „Da er die Seinen, die in der Welt waren, geliebt hatte, liebte er sie bis ans Ende.“ – Wie köstlich ist diese Liebe des Herrn! Wie wunderbar seine Gnade! Und vergessen wir es nicht, dass diese Zuneigung und diese Liebe trotz allem Wechsel der Zeiten und der Umstände in seinem Herzen ewig fortdauern.
Es ist daher durchaus nötig, auf die Quelle und Triebfeder der Handlungen des Herrn unverwandt unsere Blicke zu richten. Es ist dieses unser gesegnetes Vorrecht; und dennoch, ach, wie wenig verstehen unsere Herzen, dass alle Beweggründe seines Tuns in Ihm selbst zu suchen und zu finden sind! Nichtsdestoweniger aber ist es eine unumstößliche Tatsache, dass die Beweggründe, welche das Getriebe seiner Gnade in Tätigkeit setzen, in seinem eigenen Herzen ihren Platz haben. Nur weil es das Wohlgefallen seines Willens ist, befähigt Er die Seinen, in seiner Gegenwart zu erscheinen und mit Ihm in der neuen Stellung, in welche Er getreten ist, Gemeinschaft zu haben. Nur Er vermag das zu vollbringen, was seinem eigenen Herzen entspricht. Habt ihr, geliebte Leser, das Gefühl, dass dem Herzen dieses teuren Herrn nichts köstlicher, nichts angemessener ist, als euch für seine Gegenwart fähig zu machen? Seid ihr wirklich in euren Seelen überzeugt, dass es das Verlangen seines Herzens war, solche Elende, wie wir von Natur sind, zu befähigen, um mit Ihm in der neuen Stellung, in welche Er eingetreten ist, Gemeinschaft machen zu können? Ja wahrlich, nicht nur unser Elend und unsere Bedürfnisse, sondern die Zuneigungen seines Herzens sind die Triebfedern seiner Wirksamkeit gewesen, um uns für Ihn, wo Er ist, passend zu machen. Zu diesem Zweck „goss Er Wasser in das Waschbecken und fing an, die Füße der Jünger zu waschen und abzutrocknen mit dem Leintuch, womit Er umgürtet war.“
Der freundliche Leser möge mir erlauben, folgende Fragen an ihn zurichten: Kennst du die Bedeutung dieser Handlung, die der Herr Jesus an dir vollzieht? Erkennst du es als eine Tatsache der Gegenwart, dass Er deine Füße in seiner Hand hält? Weißt du es zu schätzen, der Gegenstand einer solchen, von Ihm geübten Handlung zu sein – einer Handlung, die nichts Geringeres bezweckt, als jede Spur von Befleckung zu entfernen, die dein Verbleiben in seiner Gemeinschaft verhindern könnte, an welcher sein Herz eine weit größere Freude genießt, als du selbst in deiner Gemeinschaft mit Ihm? Hast du das Bewusstsein, dass deine Füße gewaschen sind, und unterwirfst du dich, dass sie gewaschen werden? Hältst du dem Herrn bereitwillig die Füße hin, dass Er die Waschung vollziehe? Findest du es für notwendig, dass Er sich um deinetwillen umgürtet, um durch das Waschen deiner Füße alles zu entfernen, was dich für Ihn selbst und für seine Gemeinschaft unpassend macht? Alle diese Fragen umfassen einfache, vielleicht dir längst bekannte Dinge aber solch alte Dinge müssen öfters in die Erinnerung zurückgerufen werden; denn wie schnell, gerade weil sie längst bekannt sind, entschwinden sie unserem Bewusstsein, zumal das, was in und um uns vorgeht, ganz dazu angetan ist, unsere Blicke von denselben abzulenken!
Ich habe diese Fragen gestellt, um dadurch die Wichtigkeit und Notwendigkeit der Fußwaschung von Seiten unseres Herrn hervor zu heben. Ach, wie wenig fühlen die meisten Christen, in der gegenwärtigen Zeit die hohe Bedeutung dieser gesegneten Handlung! Ja, wir dürfen es uns nicht verhehlen, dass es im Allgemeinen mehr oder weniger bei uns allen an einer völligen Unterwerfung unter die Kraft des durchbohrenden, zerteilenden, die Seele durchdringenden Wortes mangelt, um alles, selbst das Geringste, was für die Gemeinschaft mit Christus ungeziemend und unpassend ist, zu richten und hinweg zu tun. Ich will bei dieser Gelegenheit an eine Schriftstelle erinnern, welche uns die hohe Bedeutung der Fußwaschung aufschließt, und welche stets in unserem Herzen einen Platz finden sollte. „Denn das Wort Gottes ist lebendig und wirksam und schärfer denn jegliches zweischneidige Schwert, und durchdringend bis zur Zerteilung der Seele und des Geistes, sowohl der Gelenke als des Markes, und ein Richter der Gedanken und Gesinnungen des Herzens; und kein Geschöpf ist vor Ihm unsichtbar, sondern alles bloß und aufgedeckt vor den Augen dessen, mit dem wir es zu tun haben“ (Heb 4,12–13).
Hier haben wir also die göttliche Erklärung von der Art und Weise, in welcher der Herr – und zwar durch das Wort Gottes – alles, was unsere Gemeinschaft mit Ihm stört und verhindert, aufdeckt und hinwegräumt. Dass unter dem Wasser das Wort Gottes zu verstehen ist, zeigt uns die Heilige Schrift an verschiedenen Stellen. Das Wasser ist die reinigende Kraft, die alles beseitigt, was mit der Gegenwart des Herrn nicht verträglich ist. Wenn das lebendige Wort das Gewissen und die Seele durchdringt, so bringt es uns in die Gegenwart Gottes: und das göttliche Urteil wirkt durch dasselbe auf alles, was sich in uns befindet. Auch ist es höchst beachtenswert, dass in dieser angeführten Stelle sowohl das geschriebene, als auch das fleischgewordene Wort einen Platz findet; denn zuerst lesen wir: „Das Wort Gottes ist lebendig und wirksam und schärfer denn jegliches zweischneidige Schwert, usw.“ und dann: „kein Geschöpf ist vor Ihm unsichtbar, sondern alles bloß und aufgedeckt vor den Augen dessen, mit dem wir es zu tun haben.“ Von wessen Augen ist hier die Rede? Ohne Zweifel von den Augen Gottes. Nun, was von Gott wahr ist, ist auch von seinem Wort wahr; und die Vollkommenheiten des hochgelobten Gottes – die durchdringende, wirkende Kraft dessen, der die Überlegungen und Gesinnungen des Herzens kennt – sind auch seinem Wort zugeschrieben. Ich hebe dieses mit ganz besonderem Nachdruck hervor, weil ich fürchte, dass unseren Seelen oft das Gefühl von der erhabenen Nichtigkeit des Wortes mangelt; denn wie ganz anders würde es oft auf unser Gewissen wirken, wenn wir es wirken ließen unter dem Eindruck, dass wir es mit Gott selbst zu tun haben! Wir sollten stets die Frage an uns richten; „Nimmt das Wort Gottes wirklich in unserem Herzen den Platz ein, den die Heiligen der vergangenen Zeiten demselben einräumten?“ Es ist zwar durchaus nicht zu leugnen, dass die Christen unserer Tage im allgemeinen eine weit klarere Erkenntnis besitzen und auch vielleicht einen größeren Eifer an den Tag legen, als die Gläubigen vor etwa fünfzig Jahren; aber ich frage, ob die Macht, die das Wort Gottes damals auf die Seelen ausübte, auch heutzutage in demselben Gerade ihren Einfluss auf die Gewissen derer besitzt, die da ernten, was andere gesät haben? Ach, ich fürchte, dass es nicht viele Christen gibt, die es als ein köstliches Vorrecht betrachten, jeden Gedanken, jeden Beweggrund, jede Handlung des Lebens der durchdringenden, zerteilenden Kraft des lebendigen Wortes zu unterwerfen.
Kann es unter solchen Umständen unsere Verwunderung erregen, wenn man in unseren Tagen so vielen Seelen begegnet, welche keine wirkliche Ruhe, keinen wahren Frieden genießen? Wenn es an der Anwendung des Wassers, d. h. an der Anwendung des Wortes Gottes auf unser Gewissen mangelt, so dass wir nicht von allem, was mit der Gegenwart Gottes unverträglich ist, gereinigt werden, so ist es selbstverständlich, dass keine wahre Ruhe vorhanden sein kann; ja, es ist in der Tat die Güte Gottes, die uns den Genuss dieser Ruhe nicht gestattet, solange wir uns in einem Zustand befinden, der für seine heilige Gegenwart unpassend ist.
Indes möchte ich im Blick auf die Fußwaschung noch die Bemerkung hinzufügen, dass wir die hohe Bedeutung dieser Handlung sehr unterschätzen, wenn wir darin nur die Reinigung von dem erblicken, was mit seiner heiligen Gegenwart durchaus unverträglich ist. Vielmehr sollten wir auch daran denken, dass unser teurer Heiland unzählige Dinge voraussieht und unzähligen Dingen zuvorkommt, die, wenn sie in uns Eingang und Duldung fänden, die Gemeinschaft sofort stören würden. Dieses ist mir so recht zu klarem Bewusstsein gekommen, als ich kürzlich von demselben Gesichtspunkt aus einen anderen Abschnitt des Wortes betrachtete. Wer wollte die Fußwaschung – die Tatsache der Wiederherstellung von Seiten des Herrn in Gnade – in ihrer vollen Tragweite leugnen? Aber wie viele Fälle in der Geschichte der Heiligen würden wir in einem ganz anderen Licht betrachten, wenn unsere Herzen begreifen lernten, wie oft der Herr der Wirksamkeit solcher Grundsätze zuvorkommt, die unbedingt eine moralische Entfernung zwischen Ihm und uns hervorbringen würden. Ja, wahrlich, Er zeigt in seiner gnadenreichen Fürsorge eben sowohl seine vorbeugende, als auch seine reinigende Kraft. Dieses ist eine Erfahrung, die der Apostel Paulus gemacht hat; denn wir lesen in 2. Korinther 12,7 die Worte: „Und auf dass ich mich nicht durch die Überschwänglichkeit der Offenbarungen überhebe, ward mir ein Dorn für das Fleisch gegeben, ein Engel des Satans, auf dass er mich mit Fäusten schlage, auf dass ich mich nicht überhebe.“ – Hier war für den Augenblick, wie wir sehen, keine Ursache zu einer moralischen Trennung zwischen dem Apostel und Christus vorhanden. Das Fleisch war in Paulus nicht wirksam gewesen: aber das Fleisch war vorhanden und konnte wirksam werden; es war der Grund da, aus welchem eine solche Trennung hätte entstehen können. Alles, was das Fleisch zur Wirksamkeit treiben kann, ist im Menschen vorhanden, selbst wenn er bis in den dritten Himmel entrückt worden ist. Darum sagt der Apostel: „Auf dass ich mich nicht überhebe, ward mir ein Dorn für das Fleisch gegeben.“
Dieser Gedanke findet leider oft nicht die ihm gebührende Beachtung und übt daher auch nicht seinen vollen Einfluss über unsere Herzen aus. Wir begnügen uns, zu wissen, dass der durch die Wirksamkeit des Fleisches hervorgebrachte Übelstand der gestörten Gemeinschaft in Folge der fortdauernden Tätigkeit des Herrn wieder gehoben wird, und wir geben zu wenig dem Wunsch Raum, dass Er sich vorbeugend der Mittel bedienen möge, um das Eintreten einer solchen Gemeinschaftsstörung zu verhindern. Sicher, ein ruhiges Nachdenken über diese Dinge würde ein helles Licht auf den Weg werfen, den wir geführt werden; und wir würden die Leiden und Trübsale, sowie andere unserer Natur widerlichen Umstände mit ganz anderen Augen betrachten und, mit einem göttlichen Bewusstsein im Herzen, es klar erkennen, dass Er, der hinaufgestiegen, uns mit ewiger Liebe liebt und immerfort an uns denkt und mit uns beschäftigt ist. Er weiß, dass sich in uns eine Natur befindet, auf welche die verschiedenartigsten Einflüsse wirken, um uns aus seiner Nähe zu entfernen: aber Er kennt auch genau den Augenblick, wo es nötig ist, um durch seine gnadenreiche Dazwischenkunft einer solchen Entfernung vorzubeugen. Ein solcher Gedanke stellt selbst in den dunkelsten Tagen die Dinge in das hellste Licht. Wie köstlich und anbetungswürdig ist diese Liebe, die sich nicht nur herablässt, um die Befleckungen der Seele abzuwaschen, sondern die auch der Wirksamkeit der bösen Natur in mir zuvorkommt, – einer Wirksamkeit, die mich moralisch von Ihm trennen und zwischen Ihm und meinem Herzen eine Schranke aufrichten würde!
Außerdem gibt mir diese gnadenreiche Dazwischenkunft des Herrn das Vorrecht, in Gemeinschaft mit Gott zu lernen, was das Fleisch ist, so dass ich nicht nötig habe, es erst dann kennen zu lernen, nachdem Satan an mir seine Macht ausgeübt und mich durch Betrug der Sünde überlistet hat: denn auf die eine, oder auf die andere Weise müssen wir das Fleisch kennen lernen. Wer es nicht mit Gott wie Paulus in 2. Korinther 12 kennen lernt, der muss es mit dem Teufel wie Petrus kennen lernen. Wie ernst ist dieser Gedanke! Für Paulus aber war es die erbarmende, zuvorkommende Liebe des Herrn, die ihn sagen ließ: „Es ward mir ein Dorn für das Fleisch gegeben!“ O welch ein Vorrecht, einen solchen Heiland, einen solch treuen Hirten, einen solchen Freund zu besitzen, für dessen Herz solch elende Geschöpfe, wie wir sind, einen Wert haben, weil wir die Gabe seines Vaters und die Frucht seiner unvergleichlichen Liebe sind!
Geliebter Leser! Weißt du jetzt, was es heißt, für die Gemeinschaft mit dem Herrn passend zu sein? Hat dein Herz in Bezug auf diese Gemeinschaft etwas empfangen? Ach, ich fürchte, dass nur wenige diese praktische Gemeinschaft wirklich genießen, und dass mancher sogar nicht einmal diesen Mangel fühlt und sich nach einem solchen Genüsse sehnt. Sind deine Gefühle, deine Gedanken in Übereinstimmung mit denen des Christus in der Herrlichkeit? Oder musst du bekennen, dass dein Herz wenig davon versteht? Vielleicht sagst du: „Ich bin glücklich!“ Dieses mag völlig wahr sein; ich zweifle nicht daran; allein durch die Fußwaschung für die Gegenwart Gottes befähigt zu sein, so dass alles, was nicht mit dieser Gegenwart harmoniert, hinweggetan ist, ist eine ganz andere Sache. Denn erst in diesem Fall gibt es für uns kein Hindernis mehr, in völliger Gemeinschaft mit Ihm, wo Er ist, zu sein und die aus dieser Gemeinschaft entspringende Ruhe zu genießen.
Die Ursache des Mangels an Ruhe unter den Gläubigen liegt also darin, dass, weil ihre Füße nicht gereinigt sind, sie kein Teil mit Christus haben. Ja, ihre Füße sind nicht gewaschen, und dadurch ist zwischen ihrem Herzen und Christus eine Kluft entstanden. Sollte das nicht auch in diesem Augenblick bei dir der Fall sein, mein Leser? Besteht nicht etwa auch in deinem Herzen eine Schranke zwischen dir und Christus? Ist die Gemeinschaft nicht in irgendeiner Weise gestört? Ach, du solltest stets das Gefühl haben, dass wenig dazu gehört, um diese Störung zu bewirken. Aber wie bedenklich ist es, wenn wir unsere Füße seinen Händen entziehen und Ihn eine Zeitlang verhindern, sie uns zu waschen, oder das Wort unsere Gewissen durchdringen zu lassen. Ich rede hier nicht von dem Selbstgericht, welches bei uns vorhanden sein sollte, und welches eine natürliche Folge seiner Tätigkeit sein wird, sondern nur von dem, was Er in der Fußwaschung zu unseren Gunsten tun will. Die Fußwaschung ist seine Sache, und nicht die unsrige. Aber wir können unsere Füße seinen teuren Händen entziehen und Ihn an der Tätigkeit seiner Liebe verhindern, so dass die moralische Entfernung zwischen Ihm und uns bestehen und seiner Liebe nichts anders übrigbleibt, als uns auf dem Weg schwerer Züchtigungen zu belehren und wiederherzustellen. Doch bedenken wir, welch ein wunderbares Werk ist die Fußwaschung für uns arme Geschöpfe! Welch eine Gnade, die sich erniedrigt, um uns die Füße zu waschen und uns von allem zu reinigen, was nicht mit Ihm im Einklang steht! Es ist nicht das Geringste, oder Er ist bemüht, es sorgfältig zu beseitigen; denn gerade darin zeigt sich die Vollkommenheit seiner Liebe, dass Er nichts durchgehen lässt. Unsere Selbstsucht, unsere Eigenliebe würde manches hindurchschlüpfen lassen; aber seine Liebe stellt alles ins Licht. Die Selbstsucht bewegt sich in ihrem eigenen Kreis; die Liebe aber beschäftigt sich mit einem Gegenstand und opfert sich für denselben auf; sie denkt nur an das Wohl dieses Gegenstandes und duldet an demselben nicht das Geringste, was nicht mit ihr im Einklänge steht. Und warum? Um die Freude zu genießen, ihren Gegenstand so zu sehen, wie sie selbst ist. Wer vermöchte die Freude des Herrn Jesus zu ergründen? Wer wäre im Stande, diese seine Freude, uns bei sich in seiner Gemeinschaft zu haben, auch nur in geringem Maß mit Ihm zu fühlen? O sicher wird seine Freude, mit uns Gemeinschaft zu haben, ungleich größer und tiefer sein, als unsere Freude, wie vollkommen wir sie auch droben in seiner Herrlichkeit genießen werden. Und diese Freude ist der Beweggrund und die Triebfeder jener herrlichen Handlung, die uns in Johannes 13 vor Augen gestellt wird.
In der gegenwärtigen Zeit, wo so viel Eifer und äußere Tätigkeit in die Erscheinung tritt, und wo man so leicht die gesegnete Person dessen, dem unsere ganze Arbeit gewidmet sein sollte, aus dem Auge verlieren kann, ist es vor allem nötig, gerade das mit allem Nachdruck hervorzuheben, was das Teil des Herrn Jesus ist. Ich bin völlig überzeugt, dass das Herz Jesu in unseren Tagen kein anderes Zeugnis von den Seinen begehrt, als sie zu finden, nicht als solche, welche sich durch große Dinge auszeichnen und Großtaten vollbringen, sondern als solche, welche sein Gott und Vater selbst mit dem Zeugnis bezeichnen kann, dass sich ihre Herzen ganz der Macht und dem Einfluss seines viel geliebten Sohnes unterwerfen und es laut bezeugen, wie in Ihm alle Fülle ist. In der Tat, Er sucht Zeugen der Gnade und der Macht Jesu, auf dass Er andere, schwache, niedergebeugte Herzen zu ihnen führen und sagen könne: „Mein geliebter Sohn kann für euch tun, was Er für sie getan hat.“ Hast auch du, mein geliebter Leser, in dir das göttliche Bewusstsein, dass Gott dich in dieser Welt zurückgelassen als ein Beispiel dessen, was Christus für solch armselige Geschöpfe, wie wir sind, zu tun vermag? Er kann unsere Herzen so erfüllen, dass sie überströmen und fähig sind, Ihn an jener herrlichen Stätte zu genießen, wo Er sich in ewiger Ruhe und Freude befindet. Der Herr möge uns daher Gnade geben, dass wir uns seinen Händen nicht entziehen, sondern uns beständig vor Ihm im Licht seines Wortes befinden mögen, um durch dasselbe alle Beweggründe unseres Herzens zu beurteilen und auf diesem Weg seine völlige Freude und Ruhe zu genießen. Er wird es in seiner Liebe nicht vermeiden, unsere Gewissen die Schärfe seines Wortes fühlen zu lassen. Aber fürchten wir uns nicht, jeden Gedanken unseres Herzens, jeden Trieb unserer Seele der durchdringenden Kraft seines Wortes zu unterwerfen; fürchten wir uns nicht, und durch dieses Wort durchbohren zu lassen? Wir sollten keine andere Befürchtung haben, als dieses teure Wort von uns zu entfernen und uns der das Herz erforschenden Wirkung desselben zu entziehen. Vor dem Wort Gottes aber sollten wir uns nimmer fürchten. Sollten wir die Liebe fürchten, die stets bemüht ist, das Beste für uns zu tun? Es ist die Liebe Jesu. Die Gedanken und Gefühle seines Herzens sind, uns zu segnen. Wir sind die Gefäße, die Er so gern dazu bereiten möchte, damit seine Freude in uns bleibe und unsere Freude völlig sei. Nur auf diesem Weg werden wir die Erfahrungen der wirklichen Ruhe, des wahren Friedens machen: denn dann wird jedes Hemmnis, jedes Hindernis beseitigt sein. Wie rührt es unsere Herzen, wenn wir die einfachen Worte lesen: „Johannes lag in dem Schoß Jesu.“ Hast auch du, mein teurer Leser, das Bewusstsein, dass Er deine Füße gewaschen hat, so dass du auch in seinem Schoß ruhen kannst? Das Eine muss notwendig dem Anderen vorausgehen. Welch ein gesegneter Platz für ein ermüdetes Herz! Ja noch mehr. Das Mitgefühl Jesu reicht völlig hin, um jeden Heiligen in seinem Schoß Platz finden zu lassen.
Ruhst du wirklich in seinem Schoß, an seiner Brust, mein teurer Leser? Es ist dieses das Bild einer herrlichen Sache. Bist du Ihm so nahe, bist du so vertraut mit Ihm, dass Er die vollkommene Ruhe deiner Seele ist? Es handelt sich hier nicht um das, was wir von Ihm empfangen, sondern Er selbst will unsere Ruhe sein. Tritt etwas zwischen uns und Christus, so können wir, solange dieses etwas vorhanden ist, keine wahre Ruhe genießen; denn in einem solchen Zustand scheut unser Herz seine Gegenwart, weil in derselben das, was zwischen uns und Ihm besteht, eine Beleuchtung und Beurteilung veranlassen würde. Das aber ist die Ursache, dass so wenige Seelen das Alleinsein mit Jesu und mit Gott zu ertragen vermögen. Um dieses zu können, muss zwischen Ihm und uns alles in Ordnung sein. Als Jakob allein gelassen ward, kam ein Mann, der mit Ihm rang, bis die Morgenröte aufging. Joseph – allein mit seinen Brüdern – gab sich ihnen zu erkennen. Kein anderer war zugegen. Ach, wie viele Christen suchen Zerstreuung in den Dingen, womit sie sich umgeben, und selbst in den christlichen Dienstleistungen, die sie vom Morgen bis zum Abend ausüben, um nur nicht mit Christus und mit Gott allein zu sein! Traurige Wahrheit! Wenn zwischen Ihm und uns nichts vorhanden ist, dann können wir und werden wir gern mit Ihm allein sein und werden unsere Ruhe in seiner Gegenwart finden: ja, seine Gegenwart ist dann die Ruhe unseres Herzens. Darum, noch einmal, mein Leser: Ruhst du im Schoß Jesu?
Mit einem Wort: Ich muss in der Nähe Jesu sein, da wo Er ist. Es ist nicht genug, Ihn als meinen Heiland, meinen Sündentilger zu haben; es ist auch nicht genug, bei Ihm in den Tagen der Trübsal Zuflucht und Hilfe zu suchen, sondern ich muss einen Christus haben, der meine Füße wäscht, der mich von allem reinigt, was nicht in die Gegenwart Gottes passt, damit kein Hindernis vorhanden sei, um in die Umstände Christi einzugehen. Wer sich im Genüsse des Segens der Gemeinschaft mit Christus befindet, der kann mit dem Apostel sagen: „Ich vergesse, was dahinten, und strecke mich nach dem, was da vorne ist.“ Der Genuss dessen, was droben ist, lenkt mein Herz ab von dem, was eine trügerische Nachbildung jener wahren Güter ist. Die Kinder dieser Welt trachten nach dem Irdischen, weil sie das wahre Gut nicht besitzen. Neun sie es besäßen, so wäre ein richtiger Maßstab in ihrer Hand, um die irdischen Dinge beurteilen zu können, nach denen sie sicher nicht begehren würden. Niemand kann erkennen, was nach dem Urteil Gottes falsch ist, es sei denn, dass er das Nähre kenne. Wer die Wahrheit nicht erkennt, wird nicht die Wahrheit und den Irrtum zu unterscheiden vermögen, während, wenn man das Bessere besitzt, man das Geringere erkennt und es nicht begehrt.
Wenn ich mit Christus ein gemeinschaftliches Interesse habe, so weile ich gern in seiner unmittelbaren Nähe. Seine Gegenwart ist die Ruhe meiner Seele. Wo diese Ruhe zu finden ist, zeigt uns der 23. Psalm. Derselbe leitet uns nicht zu irgendeiner irdischen Stätte; denn die Erde besitzt keine „grüne Auen;“ und ebenso wenig fließen hienieden die „Wasser der Ruhe.“ Wie könnten im Sand der Wüste „grüne Auen“, wie könnten in den Stürmen dieser Welt „die Wasser der Ruhe“ zu finden sein? Nein, hienieden gibt es weder „grüne Auen“, noch „Wasser der Ruhe;“ hienieden gibt es nur Eitelkeit und Unruhe. Aber von dem Augenblick an, wo mein Herz die Nähe Jesu kostet und mich an diesem Genuss nichts hindert, kehre ich den irdischen Dingen, ja, den besten Gütern dieser armen Erde den Rücken. Dann werden auch die Nachbildungen Satans und alle seine verführerischen Kunstgriffe auf einmal bloßgestellt und richtig von mir beurteilt. Ich finde durch den Glauben im Himmel die „grünen Auen“ und die „Wasser der Ruhe:“ und die Freude meines Herzens macht mich fest gegen alles, was nicht mit der Gegenwart Christi harmoniert; denn nur Er allein ist es, der meine Seele völlig befriedigt.
Noch möchte ich hervorheben, dass, wenn wir, liegend in dem Schoß Jesu, in seiner Nähe zur Ruhe gebracht sind, wir uns an der rechten Stelle befinden, um seine Mitteilungen zu empfangen. O wie gesegnet ist es, in seiner Gegenwart zu sein und auf die Mitteilungen seines Mundes lauschen zu können! Dort vergisst man sich selbst und alles, was um uns ist; dort versteht man es, die Welt und ihre Unruhe bei Seite zu setzen und einzugehen in seine göttlichen Gedanken. Betrachten wir diesen Gegenstand im Licht des vorliegenden Kapitels, wo wir die Worte lesen: „Als Jesus dieses gesagt hatte, ward Er erschüttert im Geist und bezeugte und sprach: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, dass einer von euch mich überliefern wird. Da blickten die Jünger sich einander an, zweifelnd, von wem Er rede. Einer aber von seinen Jüngern, den Jesus liebte, lag zu Tische im Schoß Jesu. Diesem nun winkt Simon Petrus, damit er forschen möchte, wer es wohl wäre, von welchem Er rede. Jener aber, sich an die Brust Jesu lehnend, spricht zu Ihm: Herr, wer ist es?“ (V 21–25) Welch eine Ruhe zeigt sich in dem Benehmen des im Schoß Jesu liegenden Jüngers! Wie zutraulich und vertrauensvoll wendet er sich an seinen geliebten Herrn und Lehrer! Was könnte gesegneter sein! Demjenigen, der sich in der unmittelbaren Nähe des Herrn befindet, räumen die Anderen das Vorrecht ein, sich wie ein Freund in dieser zutraulichen Weise an Ihn zu wenden. Der etwas entfernt stehende Petrus gebraucht die Nähe, worin sich Johannes befindet, um nicht nur die Zweifel seines eignen Herzens zu beschwichtigen, sondern auch um die Geheimnisse des Herzens Christi zu erfahren. Petrus fühlte, dass der im Schoß Jesu ruhende Gefährte diese Geheimnisse zu erforschen fähig sei und deren Offenbarung erfahren werde.
O mein geliebter Leser, wie wichtig ist dieses! Der Herr Jesus kann die Geheimnisse seines Herzens nicht dem fernstehenden Jünger mitteilen. Befindest du dich nicht in der Nähe, so kannst du weder seine Geheimnisse, noch seinen Willen, noch sein Verlangen und die Wünsche seines Herzens erfahren. Ich sage nicht, dass Er dich nicht liebt, aber wenn du einen entfernten Platz eingenommen hast, so kann keine Vertraulichkeit zwischen dir und Ihm stattfinden, und es bleibt der Tätigkeit seiner Liebe nichts anders übrig, als dich praktisch in seine Nähe zu bringen, damit Er die Freude habe mit dir verkehren zu können, denn dieses zu tun, ist das Verlangen seines Herzens. Die anderen Jünger waren nicht nahe genug, um die Geheimnisse des Herzens Christi erfahren zu können. Nur Johannes war dazu fähig; er vermochte mit aller Zuversicht die Frage an den Herrn zu richten: „Herr, wer ist es?“ Er befand sich in völliger Ruhe, um die Antwort seines geliebten Herrn und Lehrers empfangen zu konnten. Ich frage noch einmal: „Befindest du dich in dieser gesegneten Ruhe? Ist auch dein Herz von diesem Vertrauen erfüllt und durch diese Ruhe erquickt?“ Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass wir Ihm öfters Mitteilungen machen, aber dass wir uns fetten in völligem Frieden und in seiner unmittelbaren Nähe befinden, die für Ihn geeignet erscheint, um uns Mitteilungen machen zu können. Und eben weil diese süße, verborgene Gemeinschaft mit Ihm so mangelhaft ist, so tragen wir auch so wenig das Bewusstsein in uns, dass es das Verlangen seines Herzens ist, uns in seiner Nähe zu haben, ja, dass es seine höchste Freude ist, uns alles, was Er an Liebe in sich schließt, ohne Rückhalt offenbaren zu können. O möchte der Herr uns doch diese Ruhe der Seele, dieses geöffnete Ohr verleihen, um mit Begierde auf das horchen zu können, was Er uns nach dem Wohlgefallen seines Herzens so gerne sagen möchte!
Lasst uns mit denselben Gefühlen, die uns bei Betrachtung des uns vorliegenden Kapitels geleitet haben, auch einen Blick werfen auf die Szene, die uns in Kapitel 21 desselben Evangeliums vorgeführt wird. Hier lesen wir die Worte: „Da sagt der Jünger, den Jesus liebte, zu Petrus: Es ist der Herr!“ Auch das ist eine Wirkung der Nähe des Herrn. Man ist fähig, die Handlung des Herrn zu verstehen, wenn man die handelnde Person kennt; denn die Handlung steht mit der Person in Verbindung. Jedoch ist es nötig, hinzu zu fügen, dass wir nicht seine Nähe suchen und seine Gegenwart genießen sollen, um seine Mitteilungen und Offenbarungen zu erfahren, und um sagen zu können: „Es ist der Herr!“ sondern dass wir diesen gesegneten Platz um seiner selbst willen einnehmen müssen. Nur aus diesem Grund können wir uns in den Schoß dessen legen, der seine Nonne daran hat, uns dort zu sehen, und zwar deshalb, weil die Liebe zu seiner Person uns dahin geführt hat.
Hiermit schließe ich. Meine Worte sind schwach, vielleicht noch schwächer, als ich es selbst fühle. Der Herr aber möge jedes Hindernis aus unseren Herzen entfernen und uns bereitmachen, unsere beschmutzten Füße seinen Händen anzuvertrauen, damit Er sie waschen und uns durch sein Wort von allem reinigen könne, was uns zum Bleiben in seiner Gegenwart, in der Gemeinschaft mit Ihm, dort an jener herrlichen Stätte, wo Er ist, moralisch unfähig macht. Auf diesem Weg wird sich nichts zwischen Ihn und uns zu drängen vermögen, und wir werden, was das Verlangen und der Wunsch seines Herzens ist, wie Johannes in der zutraulichsten Weise unser Haupt an die Brust Jesu legen können. Wir können versichert sein, dass es kein vorgezogenes Kind in der Familie Gottes gibt, und dass niemand bevorzugt ist, einen Platz über den Anderen einzunehmen; nein, dieser Platz am Herzen Jesu ist allen geöffnet, und für alle ist dort Raum vorhanden. Der Schoß Jesu, sein Herz und seine Zuneigungen sind für alle die Seinen; alle sind eingeladen, ihr Haupt an seine Brust zu lehnen, dorthin wo Johannes das seinige lehnte.
Möge es uns der Herr schenken, in einer Zeit der Unruhe, der Verwirrung und der Wirksamkeit auf religiösem Gebiet, – in einer Zeit, wo der menschliche Geist mehr nach der Quantität (Menge), als nach der Qualität (Güte) seines Tuns trachtet – an das zu denken, was dem Herzen und den Zuneigungen Christi entsprechend ist! Möge Er uns fähig machen, uns zu der Hohe unserer Berufung zu erheben, das Glück, in unserem geringen Maße arbeiten zu können, zu genießen, und auf dem einsamen, vielleicht beschatteten Pfad mit dem Bewusstsein zu wandeln: „Es ist meine Freude, den Zuneigungen, den Erbarmungen des Herzens dessen zu dienen, der sich selbst für mich hingegeben hat.“