Botschafter des Heils in Christo 1877
Der erprobte Glaube
Ein Handwerksmann war Glied einer Versicherungsgesellschaft, und längere Zeit hindurch fand er dieses gut und nützlich. Er sah darin eine gute Fürsorge für seine Frau und seine Kinder in solchen Zeiten, wenn er krank werden oder gar sterben sollte. Später jedoch konnte er in diesem Gedanken keine Freude mehr finden; vielmehr füllte, so oft er daran dachte, eine zunehmende Unruhe sein Herz. Die Worte des Apostels Paulus in 2. Korinther 6: „Seid nicht in einem verschiedenen Joch mit Ungläubigen“, wirkten auf sein Gewissen. Und je mehr diese Worte vor seinen Geist traten, desto mehr fühlte er, wie viel besser es sei, sein Vertrauen auf den lebendigen Gott, als auf einen von Menschen errichteten Verein zu setzen. Wohl machte der Unglaube seine Einwendungen; aber endlich nach vielem Gebet entschloss er sich, seine Mitgliedschaft zu kündigen.
Es war vorauszusehen, dass viele seiner Freunde sich bemühten, ihm die Torheit seines Schrittes vor Augen zu stellen. Selbst viele Gläubige behaupteten, dass es die Pflicht eines jeden Familienhauptes sei, sich aus Fürsorge für die Seinen einer solchen Vereinigung anzuschließen. Doch unser Freund wankte nicht, sondern wurde immer mehr überzeugt, dass er um jeden Preis dem Wort Gottes gehorchen müsse. Mochten andere nach ihrem Gutdünken handeln, er verurteilte sie nicht; aber was ihn selbst betraf, so fühlte er, dass es für ihn ein Gebot sei, mit Gott zu wandeln und Ihm allein zu vertrauen. Und er hatte Recht.
Seine Freunde verliehen ihn und zuckten die Achseln. „Das ist alles gut und wohl“, sagten sie, „solange Johann fähig ist, mit seinen Händen zu arbeiten; aber wenn er einmal krank wird, dann wollen wir sehen, wie weit sein Glaube ausreicht.“
Und in der Tat, es gefiel dem Herrn, unseren Freund aufs Krankenlager zu werfen. Er war gezwungen, wochenlang das Bett zu hüten und verdiente in all dieser Zeit natürlich keinen Groschen. Seine kleinen Ersparnisse gingen allmählich zur Neige, so dass an einem Samstagabend kein Geld mehr im Beutel und kein Brot mehr im Schrank war. Das war eine gar schwere Prüfung. Die Kinder Hunger leiden zu sehen, das war für das Herz der Mutter unerträglich; und ohne ihrem kranken Mann ein Wort zu sagen, ging sie im Lauf des Abends in einen benachbarten Laden, um das Eine und das Andere auf Kredit zu holen. Doch als sie zurückkehrte, richtete der Kranke die Frage an sie, wie sie an diese Vorräte gekommen sei; und ohne Umschweife teilte sie es ihm mit.
„Ach, liebe Frau“, sagte er traurig aber mit einem bestimmten Ton, „es schmerzt mich tief. Dir entgegentreten und deine Handlungsweise missbilligen zu müssen. Aber wir dürfen keine Schulden machen. Denn das Wort Gottes sagt: ‚Seid niemandem irgendetwas schuldig.‘ Drum musst du diese Dinge unbedingt sofort wieder zurückbringen und dich bei dem Krämer für das Vertrauen bedanken, welches er uns geschenkt hat, aber ihm Zugleich auch sagen, dass ich durchaus keine Schulden machen möchte. Der Herr kennt unsere Not; und sicher wird Er uns bald in den Stand setzen, diese geborgten Sachen für bares Geld holen zu können.“
Das arme Weib gehorchte seufzend; und Johann wandte Ach wieder an den Herrn. Ungefähr eine Stunde später klopfte jemand an die Tür, und ein Mann trat ein, der nichts von den Umständen unseres Freundes wusste, sondern ihn nur besuchte, weil er von der Treue desselben gegen das Wort Gottes gehört hatte. Nach einer längeren Unterhaltung drückte der Fremde beim Abschied dem Kranken einen Fünftalerschein in die Hand; und Johann war, wie er gesagt hatte, im Stande, die geborgten Sachen für bares Geld aus dem Laden holen lassen zu können.
Wie schon und herrlich ist Gehorsam in allen Dingen gegen das Wort Gottes! Dasselbe Wort, welches sagt: „Seid nicht in einem verschiedenen Joch mit den Ungläubigen“, sagt auch: „Seid niemandem irgendetwas schuldig.“ Unser Freund gehorchte diesen beiden göttlichen Vorschriften. Er widerstrebte nicht; er suchte das Wort keineswegs mit seinen eigenen Gedanken in Übereinstimmung zu bringen. Er gehorchte einfach, und Gott segnete ihn, wie Er dieses zu allen Zeiten tun wird. Die Prüfung machte unseren Freund in seinem Glauben nicht schwach, sondern im Gegenteil, sie stärkte seinen Glauben und ließ ihn umso klarer ins Licht treten.
Ja, lieber Leser, es tut Not, dass wir unserem Gott ein größeres Vertrauen schenken und seinem Wort eine völligere Unterwerfung widmen. Unsere Herzen sind oft so voll Vertrauen gegen die Menschen und ihre Einrichtungen und werden darum auch so oft getäuscht. Wir sehen uns in so mancher Not nach menschlicher Hilfe um, ohne an die Tür Gottes zu klopfen, der uns allein helfen kann. Wir setzen unser Vertrauen so oft auf durchlöcherte Wasserbrunnen und auf zerbrochene Stäbe, während ein unversiegbarer Born unser Teil ist, und wir den Felsen der Zeitalter zu unserer Stütze haben. Und wie oft sind wir in unserem Vertrauen, das wir auf Menschen setzten, zu Schanden geworden! Wie oft sind, wir schon durch die Besten unter den Menschen getäuscht worden! Nur wo auf den Herrn vertraut, wird nimmer zu Schanden und wird nimmer getäuscht werden. Wohl können Proben und Prüfungen kommen; wohl kann es dem Herrn gefallen, das Wasser bis an die Kehle dringen zu lassen; aber nimmer werden wir beschämt werden. Unser ausharrender Glaube wird stets gekrönt werden.
Nichten wir unsere Blicke nur auf Abraham. Gott befahl ihm, seinen eingeboren Sohn Isaak zu opfernden Sohn, mit welchem die Verheißungen Gottes verknüpft waren. Welch ein schwerwiegendes Gebot! Wie wird sich das Vaterherz gesträubt haben! Aber Abraham gehorchte dem Wort Gottes ohne Murren; er unterwarf sich in festem Vertrauen auf die Weisheit und Liebe des Herrn. Und wie herrlich war der Ausgang! So wird es allezeit sein. Wenn wir den Willen Gottes erfüllen und uns Ihm und seinem Wort ganz unterwerfen, dann mag es zwar oft scheinen, als ob alles gegen uns wäre, und als ob der Herr uns vergessen habe. Aber verzagen wir nicht; das Ende wird stets herrlich sein. Gott wird uns seine Gnade zeigen und uns seine Hilfe und Rettung nicht vorenthalten. Glückselig, wer Ihm vertraut!
Bedenken wir wohl, wie sehr Gott durch den Mangel unseres Vertrauens und dadurch, dass wir uns auf Menschen stützen, verunehrt wird. „Verflucht der Mann, der auf einen Menschen vertraut und Fleisch macht zu seinem Arm!“ lesen wir im Alten Testament; und obwohl wir durch die Gnade Gottes jedem Fluch entronnen sind, so ersehen wir doch aus diesen Worten, wie verwerflich es vor Gott ist, wenn wir, anstatt auf Ihn, unser Vertrauen auf Menschen setzen. Es genügt nicht, zu sagen, dass wir auf Gott vertrauen; wir müssen es in Wirklichkeit tun. Es dürfen dieses nicht nur leere Worte sein, die oft so leicht über unsere Lippen gleiten, sondern wir müssen unser Vertrauen in Wahrheit und durch die Tat kund werden lassen. Der Herr will unser ganzes Herz haben. Er will uns ganz und gar besitzen. Dadurch wird sein Name verherrlicht: und darin besteht Zugleich die Freude unserer Seele. Es gibt keine größere Glückseligkeit, als völlig von Gott abhängig zu sein, und auf Ihn das ganze Vertrauen zu setzen. Das macht das Herz ruhig inmitten aller Umstände und Stürme des Lebens und lasst uns die Segnungen des Umgangs mit Gott, sowohl die Freude seiner Treue als auch seiner väterlichen Liebe genießen.
„Glückselig der Mensch, der auf Ihn vertraut!“