Botschafter des Heils in Christo 1875
Gedanken, gesammelt aus Vorträgen von George Vicesimus Wigram - Teil 7/18
Als Gott gehört Ihm alle Herrlichkeit: aber als Gott–Mensch wird nur eine Sache den vollkommenen Zuneigungen seines vollkommen menschlichen Herzens entsprechen, und das ist: „Ich werde deinen Namen kundtun meinen Brüdern.“
Es ist eine sehr gesegnete Sache für die Seinen, sich in eine lebendige Gemeinschaft mit Ihm gebracht zu sehen. Wenn sie schlafen, Er schläft nie; wenn sie straucheln, Er strauchelt nie. Sie werden seine zärtliche Liebe und Güte aufs völligste erfahren; aber Zugleich wird Er ihr Ohr für alles öffnen, was die göttliche Herrlichkeit erfordert.
Es geziemt sich nicht für uns, darüber zu entscheiden, was Christus von uns fordern muss; aber wenn wir in allen Dingen mit Ihm gehen, so werden unsere Wege beständig seinen Wegen gleich sein. Wenn wir aber unserem eigenen „Ich“ Gehör geben, so werden wir Hemmnisse aller Art antreffen.
Nichts befähigt so sehr die Seele, Zwischen dem, was von dem Fleisch und dem, was von dem Geist ist, zu unterscheiden, als ein einfältiges Auge – ein Auge, das allein auf Christus gerichtet ist.
Wenn alles unsere Herzen anlächelt, so denken wir vielleicht wenig an den kostbaren Preis, an die Gewissheit der Gnade, vermöge welcher nichts von der Liebe Christi uns zu scheiden vermag; aber wenn einmal eine Verfolgung käme und der Scheiterhaufen vor unseren Augen errichtet würde, welch ein Trost würde es dann für uns sein, zu wissen, dass „uns nichts zu scheiden vermag von der Liebe des Christus!“
„Siehe das Lamm Gottes“ (Joh 1). Wer ist dieses Lamm, das die Sünden der Welt wegnimmt? Wer ist Er, dieser Mann der Schmerzen, der in die Welt kommt und sich für fähig erklärt, die Frage der Sünde aufzunehmen und sie in Ordnung zu bringen? Kein Mensch war dazu im Stande. Wer ist denn nun dieser eine? Wenden wir uns zu dem Anfang des 1. Kapitels Johannes und wir werden als Antwort eine ganze Reihe von Herrlichkeiten finden, die in Verbindung stehen mit diesem Lamm – dem Herrn Jesus Christus. Der Herr erniedrigte sich völlig, als Er hinging, um die Frage der Sünde in Ordnung zu bringen; Er allein war auch nur im Stande, dies zu tun. „Siehe das Lamm!“ Diese Worte waren gleichsam eine lebendige Berührung für die Herzen derer, die sich zu Ihm wandten und Ihm folgten. Ihre Herzen waren ergriffen durch diesen Christus, durch dieses Lamm Gottes, welches sie zu sich selbst hinführte. Er ist jetzt noch ganz in derselben Weise tätig; man kann nicht sagen, wie es ist, aber man wird gezogen und gedrängt, hinzugehen und diesen Herrn zu suchen. Man findet Ihn bemüht, das harte Herz zu schmelzen und wird angetrieben, Ihm zu folgen. Er ist noch immer ein Mensch, jedoch ist Er in Herrlichkeit und nicht mehr hienieden. Er hat die Tür des Himmels offengelassen, so dass die Herrlichkeit gesehen werden kann, und wir können hineintreten durch den zerrissenen Vorhang. Wir können auf einem neuen und lebendigen Wege uns auf den Platz begeben, wo Er ist – können Ihm selbst in den Himmel folgen.
Wenn nicht das Herz durch das Anschauen Jesu entbrannt ist, so ist oft die geringfügigste Sache geeignet, dasselbe weit von der Herrlichkeit dieses Herrn zu entfernen! Selbst das kleine Wort „Nazareth“ drängt sich zwischen Nathanael und den Sohn Gottes! Aber als er Jesus sieht, findet er, dass Philippus ihm nicht die Hälfte gesagt hat, und sofort erhebt er die Stimme der Anbetung. Wie vermochte doch ein einfaches Wort von den Lippen dieses Christus die tiefere Herrlichkeit zu enthüllen, die Nathanael sah und anerkannte!
„Wenn jemanden dürstet, der komme zu mir und trinke.“ Wie süß ist der Gedanke, dass solch arme Geschöpfe, wie du und ich, sich vor Christus, als an einer stets sprudelnden Quelle, niederlassen und sagen dürfen: „Mich dürstet!“ und dass andere müde Herzen sich nähern und erfrischt werden, um auch ihre Freunde und Bekannte hierher führen zu können. Ja, hier sprudeln Ströme lebendigen Wassers, und Christus im Himmel ist es, der den dürstenden Seelen dieses Wasser darreicht. Ist es nicht genug, um das Herz vor Freude hüpfend zu machen, wenn Christus sagt: „Komme zu mir und trinke; ich bin für ein dürstendes Volk gekommen?“ Lass es dein erster Gedanke sein, aus dieser Quelle zu trinken, bevor du anderen gibst; du kannst anderen nichts mitteilen, bevor du selbst etwas empfangen hast.
In Christus ruht auf dir, als einem Glied seines Leibes, irgendeine Gnade, und du bist berufen mit dieser Gnade einem jeden der Heiligen zu dienen. Es gibt in dieser Hinsicht eine bestimmte Verantwortlichkeit. Der geringste Teil der Wahrheit, den du von Christus empfangen hast, ist nicht für dich allein bestimmt, sondern soll auch anderen mitgeteilt werden. Wenn ein kranker und bejahrter Christ zu dir sagen würde: „Beklage mich nicht; ich gehöre Christus an, und Er ist die wahre Tür des Himmels für meine Seele!“ – würdest du nicht gerne bei diesem Mann verweilen, um mit Ihm dich zu unterhalten, und würdest du dich nicht über seine Worte freuen?
Wenn du in Christus bist, hast du Teil an den lebendigen Wassern seiner Gnade, und du empfängst sie in Überfluss; aber ecke Gefäße halten kein Wasser. Ein Gefäß ohne Boden kann nur dann gefüllt sein, wenn es in eine Quelle versenkt ist. Und so sind wir außerhalb Christus zerbrochene und leere Gefäße.
Wie wunderbar ist es, Ihn, den wir zur Rechten Gottes anzubeten berufen sind, als Mensch tiefer und tiefer bis zum Tod am Kreuz herabgestiegen und Ihn dann mit Ehre und Herrlichkeit gekrönt zu sehen, und zwar hocherhoben durch Gott, weil er so tief herabgestiegen war.
Paulus hatte diesen Christus in Herrlichkeit gesehen. Durch den Glauben an Ihn ward er in die Gegenwart Gottes gebracht und konnte dort sein in der Gerechtigkeit Gottes. Gott sagte ihm: „Ich will dir die Gnade zeigen, mit welcher ich das Volk meiner Liebe segne. Blicke auf diesen Herrn Jesus: Er kam hernieder auf die Erde, um meiner Gerechtigkeit zu begegnen, und jetzt ist Er zu meiner Rechten mit Ehre und Herrlichkeit gekrönt: und nun siehe! die Seinen sind gesegnet in dem Geliebten.“
Welch eine Verschiedenheit zwischen einem Menschen, welcher in der Finsternis wandelt, und einem Menschen, welcher, im Besitz Christi als seiner Gerechtigkeit und als ein Teil der himmlischen Braut, in dem vollen Licht der Gegenwart Gottes sich bewegt! Die, welche Christus kennen, erblicken in seiner Liebe eine solche Fülle und eine solche Frische, dass der bloße Gedanke an Ihn ihre ganze Zuneigung in Tätigkeit setzt. Und wenn ich entdecke, was in Ihm ist, so erkenne ich, dass man mir nicht den zehnten Teil davon gesagt hat.
Heftest du dein Auge einfach auf Christus im Himmel, so werden deine Wege gleich denen eines Menschen sein, welcher ein himmlisches Teil besitzt. Füllt dieses Teil einen Platz in deinem Herzen aus, so wird man bald dessen Schönheit entdecken, weil Christus da ist. Bist du mit Ihm beschäftigt, so wirst du erfahren, dass eine Segnung von Ihm in deine Seele strömt, welche den Himmel – nicht den fernen, sondern den nahen Himmel – zu deiner Heimat macht. Christus ist dort, dein Bürgerrecht ist dort. – Ist Christus vor deinen Augen als eine geöffnete Quelle zugänglich? Hast du das Vorrecht zu sagen: „Alles was Er ist und was Er besitzt, ist mein“ – ohne dass du eine unaussprechliche und herrliche Freude genießest? – Unmöglich. Wenn dein Herz die Dings dieser Erde fahren lässt, und du dich mit Christus absonderst, so wirst du nicht nur in Betreff seiner, sondern in Ihm selbst reiche Schätze finden. Bist du glücklich bei dem Gedanken, dass Christus dich ergriffen hat, und dass Er es getan hat, weil du persönlich für sein Herz einen Wert hast? Die ersten Christen kannten diese unaussprechliche und herrliche Freude; warum sollte sie uns fremd sein? O möchte doch mein Herz mit Christus, dem einzigen Gegenstand meines Lebens erfüllt sein! Möchte ich sagen können: „Das Leben für mich ist Christus.“
Welch ein süßer Gedanke für mich, ein gebrechliches, aber den unverderblichen Samen enthaltendes Gefäß, zu wissen, dass Christus über mich wacht, um mich durch jede Schwierigkeit hindurchgehen zu lassen und mich fähig zu machen, überwinden zu können. Der einzige Weg, um ein Überwinder zu sein, ist der Glaube an den Christus Gottes. Gott kann es Christus überlassen, uns aus allen Schwierigkeiten und Trübsalen hinauszuführen. Gott bedient sich der Wüste als einer Stätte, wo jeder Schritt Spuren seiner Erbarmungen zurücklässt; sie ist die Stätte, durch welche Gott jeden Gläubigen bis ins Paradies geleitet, indem die Schwierigkeiten zu einer näheren Verbindung mit seinem Christus eine Veranlassung bieten.
Alle Schönheit und Lieblichkeit, welche im Menschen, nachdem Gott ihn geschaffen, gefunden werden konnte, wird in Christus gesehen. Wir erfahren, warum eine solche Lieblichkeit in Ihm war, wenn wir daran denken, dass, bevor Er als ein kleines Kind hienieden, als Emmanuel, Gott mit uns, erschien, Er in der Herrlichkeit Gottes, bei Gott und Gott selbst war. Ein Heiliger kann kein Ding besitzen außer in Verbindung mit diesem Christus Jesus. Wo ist jetzt mein Leben? Es ist in Ihm. Nachdem Christus aus den Toten auferstanden war, nahm Er den Platz dessen ein, der das Leben gibt; ein Quell lebendigen Wassers war geöffnet, und die Wasser strömten. Das Leben kam hernieder zu Menschen, die den Sündern zu Jerusalem glichen, welche ihre Hände in das Blut des Lebensspenders getaucht hatten. Was wird es sein, wenn Er, der uns das Leben gegeben, wiederkommen und auch unsere sterblichen Leiber lebendig machen wird! Er wird in dem Staub der Erde die Leiber seiner entschlafenen Heiligen wiederfinden, sie herrlich und vollkommen aus ihren Gräbern hervorrufen und sie einführen in das Haus des Vaters. Wie verändert dieses unsere Gedanken und Eindrücke im Blick auf die Leiden und Trübsale der Gegenwart, wenn wir denken an die Macht und Herrlichkeit Christi, die bald offenbart werden, um alles neu und glänzend zu machen. Welch ein wunderbarer Gedanke! Jesus wird wiederkommen, um alle Spuren, die Satan auf der Erde zurückgelassen hat, auszuwischen und Glück und Segen auszubreiten.
Ist Christus der kostbarste Gegenstand für unsere Herzen? Ist Er die Quelle, aus welcher sich die Ströme lebendigen Wassers ergießen? Ist Er der Anziehungspunkt unserer Herzen? Im Himmel vereinigt sich alles um Ihn. Freuen wir uns nicht, dass Er dort ist, dass Er sich nicht mehr in der Wüste befindet? Teilen wir als die Glieder seines Leibes seine Glückseligkeit droben nicht? Macht uns keine Freude, dass Er im Haus seines Vaters ist?
Ich bin gegenwärtig in einer Welt, wo kein anderes Licht ist, als nur das, welches vom Angesicht Jesu Christi herniederstrahlt. Mein Bürgerrecht ist in dem Himmel; ich bin schon jetzt mitauferweckt in Ihm, welcher bald diesen meinen Leib der Niedrigkeit umgestalten und dem Leib seiner Herrlichkeit gleichförmig machen wird. Ich freue mich in Ihm; denn Er ist der Bürge der mich erwartenden Glückseligkeit. Welch eine Sonne, welch eine Machtentfaltung wird es sein, wenn Christus unsere Leiber umgestalten wird! Nimmer ist etwas Ähnliches gesehen worden.
Wir werden nicht warten, bis Christus auf die Erde herabsteigt, sondern, wir werden Ihm begegnen in der Luft, um später mit Ihm zurückzukehren, wenn Er diese Welt zum Schauplatz seiner Macht machen wird. Lasst uns doch der Ankunft unseres Herrn entgegen harren? unsere Freude wird sehr dadurch vermehrt werden. Wenn ich Ihn nicht zu dem einzigen Gegenstand meines Herzens mache, wie Er der einzige Gegenstand der Gedanken Gottes ist, so ist mein Auge nicht einfältig. Nur wenn meine Blicke auf Christus, meinen Herrn, gerichtet sind, dann wird mein Auge einfältig sein.
Sobald der Heilige Geist auf die Erde gesandt war, belebte nur ein Wunsch alle Herzen, nämlich: Den Herrn Jesus zu sehen; den Sohn Gottes vom Himmel zu erwarten, war der einzige Gedanke. Aber ach! wie sehr ist dieses brennende Verlangen erkaltet! Die in dem Herzen lebende Hoffnung hat von Jahrhundert zu Jahrhundert einer zunehmenden Erstarrung Platz gemacht. Aber ist nicht Gott beschäftigt, die Herzen wieder zu diesem Punkt zurückzuführen? Gott kennt nur einen verherrlichten Christus; Er sieht uns in Ihm, dem Haupt seines Leibes, der Kirche, in Ihm, welcher zu seiner Rechten sitzt; und Er handelt jetzt gegen uns im Blick auf diesen Christus. Im Himmel als unzertrennlich mit Christus vereint betrachtet zu sein, – welch eine Gnade! Alle Herrlichkeit gebührt Ihm; aber welch ein Glück, zu wissen, dass Gott uns in Ihm und durch Ihn segnet!
Gott will, dass wir als ein himmlisches Volk wandeln; denn obwohl wir uns hienieden befinden, so sieht Er uns dennoch, als auferweckt mit Christus und unzertrennlich mit Ihm vereinigt, in Ihm zu seiner Rechten. Verwirklichen wir diese Stellung? Bewegen wir uns über den Dingen hienieden? Wir dürfen die Taten Gottes nicht schwächen. Sollten wir nicht vielmehr stets, indem wir unsere Mängel und Gebrechen beklagen, um die Kraft und die Gnade bitten, als seine Zeugen, als ein himmlisches Volk zu wandeln? Es mögen traurige Erfahrungen durchzumachen sein; aber auch diese benutzt Gott, um seine Kinder wiederherzustellen und sie immer wieder zu dem Ausgangspunkt: „gestorben, begraben und auferstanden mit Christus“, Zurückzuführen. Er will uns befähigen, treue Zeugen auf der Erde zu sein. Ach! je größer die Gemeinschaft unserer Seelen mit Christus ist, desto mehr haben wir uns vor Gott in dem Gefühl dessen zu demütigen, was wir hier im Leib und was wir als Glieder des Leibes Christi sind. Ich rede hier nicht von unserer Annahme; denn in dieser Beziehung gibt es für uns nichts als Freude und Sicherheit; nein, ich rede von unserem Zeugnis, welches wir als Kinder Gottes, als Glieder des Leibes Christi abzulegen berufen sind.
Der Gläubige durchschreitet die Wüste, um in die Herrlichkeit einzugehen. Seine Seele ist in Gemeinschaft mit Christus in dem Licht, und er besitzt in Ihm alle Segnung; aber wenn es sich um Satan oder um die Welt handelt, dann gilt das Wort: „Fürchte dich nicht!“ Möge Gott uns befähigen zu verstehen, warum Er eines Schmelzofens bedarf, um uns zu zeigen, was wir sind! Das ist demütigend. Aber wenn Gott, weil wir fleischlich gewandelt haben, sich des Fleisches bedient, um uns zu demütigen und um uns unseren Zustand aufzudecken, werden wir dann nicht mit Hiob sagen müssen: „Siehe, nichtig bin ich, was soll ich dir erwidern?“ – O mein Gott, fahre fort, mich dieses verstehen zu lassen; lass mich sehen, was ich bin, aber lass es geschehen mit dir, in deiner Gegenwart!
Werden wir, wenn wir im Himmel sind, das Bedürfnis haben, von uns selbst zu reden? O nein; ich bin gewiss, dass wenn die Herrlichkeit ihren Strahl in unsere Herzen wirft, wir nur von Christus reden können. Wird das Herz in Stunden der Trauer aufgerichtet und getröstet sein, wenn jemand mit uns über die Dinge der Welt redet? Keineswegs; aber das Herz findet sofort Trost, wenn man zu uns von Christus in all seiner Herrlichkeit redet. Warum reden wir jetzt so viel über uns selbst? Warum sind wir so ängstlich mit uns selbst, und warum so wenig mit Christus beschäftigt? O möchte doch der Gedanke an einen lebenden Christus stets unsere Seelen erfüllen und die Speise unserer brüderlichen Zusammenkünfte und unserer gemeinsamen Freude sein! Kann dann die Freude fehlen? O nein; Christus starb für uns. Kann die Herrlichkeit fehlen? O nein; wir sind mit Ihm vereinigt zur Rechten Gottes.
Selbst wenn wir Christus einen großen Platz einräumen, so vergessen wir dennoch nur zu oft, dass wir nur mit Christus und nicht mit uns selbst beschäftigt sein sollen. Wenn ich an Christus denke, wohin richten sich dann meine Gedanken, meine Pläne? Wir mögen Christus einen großen Platz einräumen und vielleicht dennoch nicht unterscheiden, dass unser Tun mit Ihm im Widerspruch ist. Wenn wir lebendig gemacht sind, so müssen wir erwarten, unsere Neigungen, unsere Pläne und unseren eigenen Willen täglich in den Tod gehen zu sehen. Und was hat mein Wille mit Christus zu schaffen? Das menschliche Tun, hervorgegangen aus diesem Willen, verbindet mich mit den Dingen hienieden; aber es führt mich nie zu Christus.
Sobald wir Christus kennen, haben wir Ihm nachzufolgen. Er zeigt uns einen Weg, welcher keinen Rückzug zulässt; Er lässt uns durch den Glauben in eine gegenwärtige Verbindung mit Ihm eintreten. Wenn wir – du und ich – voll Glaubens in der Kraft des Heiligen Geistes und beschäftigt mit Christus, als sähen wir Ihn wirklich, diesen Pfad wandeln, welches kleine Ding von unserem Ich könnte dann noch bestehen? Wir folgen Christus wie ein kleines Schiff, welches durch ein großes gezogen wird; unsere Gemeinschaft, unsere Freude, unsere Herrlichkeit – alles ist in Ihm, weil wir sein gesegnetes Volk sind. O welch eine Gnade, Ihm zu dienen und nachzufolgen! Welch eine Gnade, Ihn öffentlich zu bekennen, welcher uns zu sagen befähigt hat, dass wir in Ihm angenommen sind, und dass seine ganze Herrlichkeit die unsere ist! Welch eine Gnade, hienieden gemäß der glückseligen Stellung wandeln zu können, in welche Er uns versetzt hat!
Solange der Wert des Todes und der Auferstehung eine unbekannte Sache bleibt, weiß man wenig von dem Gesalbten. Der Tod führt uns zu Ihm, die Auferstehung sammelt uns und verbindet uns mit Ihm.
Christus hatte das vollkommene Gefühl seines Alleinstehens in Verbindung mit göttlicher Herrlichkeit. „Niemand kennt den Sohn, denn nur der Vater“ (Mt 11,27). – „Ich bin, der ich bin.“ In gewissem Sinn war seine Stellung eine völlig abgesonderte. Es gibt nur einen Messias, nur einen Sohn, und Christus wusste es. Nie verliert Er aus dem Auge, wer Er ist, nie handelt Er außerhalb des Kreises dessen, was Er ist als eingeborener Sohn des Vaters. Wiederum sagt Er: „Niemand kennt den Vater, denn nur der Sohn, und wem irgend der Sohn Ihn offenbaren will.“ Wer, außer dem Sohn, könnte den Vater offenbaren? Die Herrlichkeit Christi und die Glückseligkeit der Erkenntnis des Vaters treten dadurch ins Licht, dass Er ausschließlich die Macht und das Recht hat, den Vater zu offenbaren. Er offenbart Ihn, wem Er will; das ist sein Vorrecht.
„Alles ist mir übergeben von meinem Vater.“ – Mit welch einer Macht war der Herr Jesus ausgerüstet! Wozu verwandte Er sie? Er schaute sich um nach jemandem, um ihm den Vater zu offenbaren. Dieser Gedanke erfüllte sein Herz. Stellt dieses nicht seinen Charakter in das glänzendste Licht? In welchem Kontrast steht Er hier uns gegenüber! Wenn alle Dinge in unserer Macht wären, wozu würden wir sie verwenden? Würden wir nicht wenigstens etwas davon für uns selbst begehren? Bei Christus heißt es immer: „Mein Vater“, alles verknüpft sich bei Ihm mit dem Vater.
Es existierte jemand auf Erden, den die Menschen nicht wollten. Dieser Mensch offenbarte sich als der Sohn des Vaters mit dem Bewusstsein, dass die Liebe des Vaters auf Ihn herniederstrahlte. Er sagte: „Kommt her zu mir, alle Mühselige und Beladene, und ich werde euch Ruhe geben.“ Er allein besaß das Geheimnis der Ruhe und konnte sie geben; und in der Tat, wenn diese unerschöpfliche, göttliche Fülle in Ihm war, welchem könnte und welchem würde Er sie nicht geben? Es handelt sich hier nicht darum, wie viel wir zu tragen haben, sondern vielmehr darum, dass das sorgsame Auge auf jeden einzelnen gerichtet ist. Wenn Er aber auf jemanden – und wäre es auch nur ein kleines Kind, welches sich seiner Leiden noch nicht recht bewusst ist – herniederblickt, so sieht und kennt Er selbst dessen kleinste Last, dessen geringste Widerwärtigkeit. Er kennt jede Bürde, die unser Herz zu Boden drücken will; Er sieht alles, was wider uns ist. Gleiche ich einem vom Sturm überfallenen Schiffe, so ruft Er mir zu: „Komm her zu mir, ich will dir Ruhe geben.“ Wer könnte wider dieses Wort Zweifel erheben! Gibt es irgendetwas außer dem Bereich der Macht Christi? O nein; und dieses ist das wahre Wesen des Evangeliums. Er sagt: „Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir, und ihr werdet Ruhe finden für eure Seelen.“ Woher kam es, dass Christus inmitten alles dessen, was wider Ihn war, vollkommene Ruhe fand? War es nicht, weil sein Wille mit dem Willen seines Vaters in Übereinstimmung war? Alles war wider Ihn; aber dennoch sehen wir Ihn „sanftmütig und von Herzen demütig“ unter dem Joch des Vaters. Und Er sagt: „Lernt von mir“ (Fortsetzung folgt).