Botschafter des Heils in Christo 1874
Gefahr und Rettung
Vor etlichen Jahren ereignete sich in einer jener weit ausgedehnten, pfadlosen Prärien Nordamerikas folgender merkwürdige Vorfall. Eine Reisegesellschaft bemerkte nämlich beim Durchschreiten derselben, dass ihr kundiger und erfahrener Führer plötzlich stehen blieb und mit banqer Besorgnis lauschend zurückschaute, sich dann niederwarf und, sein geübtes Ohr an den Boden lehnend, laut ausrief, dass er das drohende Geknister eines entfernten Feuers vernehme, und dass die Prärie hinter ihnen ohne Zweifel in Flammen stehen müsse. Und nur zu bald gewahrten die Reisenden zu ihrem Schrecken die am Horizont aufsteigenden Rauchwolken, während ein scharfer Wind die verderbensprühenden Flammen mit rasender Schnelligkeit auf sie zutrieb, so dass dieselben sie schon in wenigen Minuten erreichen und verzehren mussten. Allein in diesem verhängnisvollen Augenblicke hatte der mit dergleichen Gefahren vertraute Führer ebenfalls ein Feuer angezündet, welches im Nu eine große Fläche vor den Augen der Reisenden lichtete, so dass sie kurz nachher auf derselben Platz nehmen konnten und folglich mit einem Mal vor dem herannahenden Feuer gesichert waren, und zwar aus dem einfachen Grund, weil hier das Feuer schon alles verzehrt hatte, und mithin die kommende Flamme keine Nahrung mehr fand. Sie waren also von einer Stätte drohender Gefahr auf einen Platz völliger Sicherheit, von einer Stätte der Angst und des Schreckens auf einen Platz sorgloser Ruhe versetzt worden. Es war unmöglich, dass das Feuer sie noch erreichen konnte, weil sie auf einem Boden standen, wo dasselbe schon das Werk der Verwüstung vollendet hatte. Dieselben Flammen, die sie vorher noch bedrohten, hatten ihnen einen Zufluchtsort bereitet; der einst so schreckliche Feind war ihr bester Freund geworden; die Gefahr war vorüber.
In diesem allen erblicken wir ein treffendes Bild von dem einzig sicheren Zufluchtsort des geretteten Sünders, der sich gleich jenen Reisenden außer Gefahr befindet. „Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben, danach aber das Gericht“ (Heb 9,27). Und wiederum: „Ein jeglicher wird mit Feuer gesalzen werden“ (Mk 9,49). Das Gericht kommt, und unaufhaltsam rollen die Feuerwagen des göttlichen Zornes in schrecklicher Ausdehnung heran und werden bald alle, die in ihren Sünden verharren, gewiss und sicher ereilen. Die Menschen mögen dieses nicht glauben; aber dennoch ist es also. Sie mögen es versuchen, sich in ihren Gedanken darüber hinweg zu setzen, oder sie mögen gar darüber spotten; dennoch aber wird dadurch die Sache selbst in keiner Weise verändert. Jeder Pulsschlag bringt sie jener Stunde näher und naher, in welcher die Toten, Geringe und Große, vor Gott stehen werden. Der Tag der Rache, der große Tag der Vergeltung ist vor der Tür. Sein Kommen ist nur noch eine Frage der Zeit. Die Zeit der Annahme, der Tag des Heils wird bald vorüber, die Pforte der Barmherzigkeit für immer verschlossen, und jeder, welcher in seinen Sünden beharrt, dem verzehrenden Feuer des gerechten Grimmes Gottes unvermeidlich preisgegeben sein.
Lieber Leser, wo befindest du dich? Auf welchem Platz stehst du? Auf dem Boden des Gerichts, oder auf dem Boden der Sicherheit? Bist du in deinen Sünden, oder bist du in Christus? Wende dich nicht von diesen Fragen ab, sondern erwäge sie gerade jetzt in ihrer ganzen Nichtigkeit. Einmal müssen sie gelöst werden. Säume daher nicht länger damit, auch nicht eine einzige Stunde; denn du weißt nicht, wie nahe der Augenblick ist, der dich in die Ewigkeit abruft. Und wenn du in deinen Sünden stirbst, werden die Flammen der Hölle dein ewiges Teil sein. Darum eile und errette deine Seele!
Fragst du etwa: „Wie kann ich gerettet werden?“ Bist du dahin gekommen, aus der Tiefe eines gebrochenen und gedemütigten Herzens auszurufen: „Was muss ich tun, damit ich gerettet werde?“ Dann möge die gute Botschaft des Heils, das Evangelium der Gnade Gottes gleich linderndem Balsam in dein Herz dringen, dass Jesus für einen jeglichen, der an Ihn glaubt, einen Platz der Sicherheit bereitet hat, indem Er dem Feuer des göttlichen Zornes begegnet ist und die Flammen des göttlichen Gerichts für uns gelöscht hat. Er nahm den Platz des Sünders ein, Er litt den Tod des Sünders, Er ertrug das Gericht des Sünders, Er bezahlte die große Schuld des Sünders. Er ward für uns zur Sünde gemacht, damit wir in Ihm Gerechtigkeit Gottes würden. Jetzt ist jeder verlorene Sünder, welcher einfach und von Herzen an Ihn glaubt, so sicher, als Jesus selbst es ist. Der Gläubige hat kein Gericht mehr zu fürchten; denn an seiner Statt hat es Christus getroffen. „So ist denn nun keine Verdammnis für die, welche in Christus Jesus sind“ (Röm 8,11). Und wie könnte es auch noch eine Verdammnis geben für die, an deren statt Christus das Gericht bestanden hat? Er nahm das ganze Gewicht all unserer Sünden auf sich und versetzte uns von dem Boden des Gerichts auf den Boden ewiger und göttlicher Sicherheit. Er hat jede Frage hinsichtlich unserer Sünden und unseres Zustandes zwischen Gott und uns in Ordnung gebracht; und Er ist jetzt vor Gott unsere Gerechtigkeit geworden. Ebenso unmöglich, als noch irgendeine Anklage gegen Christus, den Auferstandenen, erhoben werden könnte, kann es auch eine solche geben gegen den, der an Ihn glaubt. Er war einst mit unserer Sünde beladen, aber Er hat sie für immer hinweggetragen; und jetzt sind alle, welche an Ihn glauben, auf einen Platz vollkommener Sicherheit gestellt, wo die Flamme des Gerichts sie nimmer erreichen kann; denn dieses ist und zwar für immer vorüber.
Gleichwie in den Tagen Noahs die Arche der einzige Bergungsort auf der ganzen Erde war, so gibt es auch jetzt nur eine Zufluchtsstätte der Errettung; und nur in Christus ist diese Stätte, Keinen von denen, die sich in der Arche befanden, konnte das Gericht erreichen, denn „der Herr selbst schloss hinter ihnen zu.“ Und keiner von denen, die in Christus Jesus sind, wird verloren gehen, denn sie sind „aus dem Tod in das Leben hinübergegangen.“ Noah glaubte, dass die Sintflut heranbrechen würde, nicht etwa weil er ein Zeichen davon sah, sondern weil Gott es gesagt hatte. „Durch den Glauben bereitete Noah, da er einen göttlichen Ausspruch von dem, was noch nicht zu sehen war, empfangen hatte, von Furcht bewegt, eine Arche zur Rettung seines Hauses.“ – Und als das drohende Gericht kam, waren alle, welche Gott geglaubt hatten, vor demselben in der Arche geborgen, während die Verächter des Wortes Gottes inmitten ihrer Sorglosigkeit durch dasselbe ereilt und vertilgt wurden.
Darum, mein teurer Leser, wenn du noch nicht gerettet bist, so bedenke es wohl, solange es noch heute heißt, dass die Flammenwogen des Gerichts Gottes sich unaufhaltsam heranwalzen und auch dich bald erreichen werden, so du nicht in Eile jene sichere Zufluchtsstätte betrittst, wo diese Flammen bereits ihr Werk vollendet haben und darum keine Nahrung finden können. Jene Reisenden fanden eine Zeitliche Rettung, indem sie dem immer näher herankommenden Feuer entflohen und jene Stätte betraten, wo dasselbe bereits vorher gewütet und ihnen eine Stätte der Sicherheit bereitet hatte. So hat das Feuer des Zornes Gottes Jesus anstatt des Sünders getroffen, damit dieser in Ihm eine ewige Rettung finden kann. Darum eile und errette deine Seele.