Botschafter des Heils in Christo 1873
Der Herr in der Mitte seiner Jünger
Es war am Tag der Auferstehung unseres Herrn. Die Jünger waren versammelt und hatten aus Furcht vor den Juden die Türen geschlossen. Plötzlich nun stand Jesus in ihrer Mitte. Der auferstandene Herr erschien im Kreis der seinigen. Ja wahrlich, derselbe Jesus war es, den ihr Auge gesehen. Er hatte Fleisch und Bein; man konnte die Zeichen der Kreuzigung an Ihm sehen. Und dennoch, wie sehr war alles an Ihm verändert! Er war der Überwinder des Todes und des Grabes. Der Vater hatte Ihn aus den Toten auferweckt. Sein Leib war nicht mehr den Mühsalen und Schwachheiten des menschlichen Lebens unterworfen: Er hatte einen verherrlichten Leib. Ohne durch die geschlossenen Türen verhindert zu sein, stand Er plötzlich in der Mitte seiner Jünger. Und acht Tage später, wiederholte sich dasselbe wunderbare Ereignis. Wiederum waren die Jünger am ersten Tage der Woche versammelt; und auch Thomas war bei ihnen. Wiederum, ohne durch die geschlossenen Türen gehindert zu sein, erschien Jesus in ihrer Mitte.
Wie treffend und herrlich ist dieses für uns, besonders wenn wir daran denken, dass, wie der Herr damals persönlich in der Mitte seiner Jünger erschien, Er jetzt im Geist in unsere Mitte tritt, wenn wir uns in seinem Namen versammeln. Zweimal, und zwar am ersten Tage der Woche, trat Er in den Kreis der Seinen. Es war der Tag der Auferstehung, der Tag des neuen Lebens. Das Alte war vergangen – siehe, alles war neu geworden. Hierdurch hat der Herr diesen Tag geweiht als den Tag der Zusammenkunft für die Seinen. Die erste Versammlung oder Gemeinde hat dieses gut begriffen; denn, wie wir lesen, versammelten sich die Jünger am ersten Tag der Woche, um das Brot zu brechen; und in der Offenbarung wird dieser Tag der „Tag des Herrn“ genannt. Wie herrlich für uns! Wenn wir uns am ersten Tage der Woche im Namen Jesu versammeln, so folgen wir dem Beispiel unseres Herrn und der ersten Jünger. Dann kommt Jesus in unsere Mitte, um uns zu segnen. Freilich sehen wir den Herrn nicht, wie die Jünger Ihn an den zwei ersten Sonntagen sahen. Er ist jetzt verherrlicht und sitzt zur Rechten Gottes; aber dennoch ist Er ebenso gewiss in unserer Mitte. Das Auge des Glaubens schaut Ihn. Und damit wir nicht denken möchten, dass wir uns eines geringeren Vorrechts zu erfreuen hätten, als die Jünger, sagt Er: „Glückselig sind, die nicht gesehen, und geglaubt haben!“ Welch ein Glück! Sowie Thomas den Herrn sah und betastete, können nicht wir Ihn mit unseren Sinnen wahrnehmen; allein dieses vermindert unsere Freude nicht. O nein; im Gegenteil werden die, welche nicht sehen und dennoch glauben, durch den Herrn selbst glückselig gepriesen. Von welcher Wichtigkeit ist es daher, am ersten Tage der Woche in der Mitte der Jünger zu sein! Dort begegnet man dem Herrn; und wie vieles entbehrt man, wenn man eine solch feierliche Gelegenheit versäumt! Thomas blieb acht Tage langer in Furcht und Zweifel, weil er am ersten Sonntage abwesend war. Wie gern möchte der Herr uns segnen, wie gern unser Herz erquicken! O möchte es doch stets unsere Freude sein, uns vom Herrn segnen zu lassen!
Welch herrliche Segnungen empfingen die Jünger am ersten Tage der Woche! Jesus trat in ihre Mitte und sprach: „Friede euch!“ In einer solchen Weise hatte Er noch nie zu ihnen gesprochen. Zwar lesen wir in Johannes 14,27 etwas dergleichen; allein wir dürfen nicht vergessen, dass sich damals der Herr im Geist an das Ende des vollbrachten Werkes der Erlösung versetzte. Hier erscheint Er als der Versöhner der Sünden, als der Erlöser vom Gericht und vom ewigen Verderben und als der Sieger über Tod, Grab und Hölle in der Mitte der seinigen und ruft ihnen zu: „Friede euch!“ Der Friede war gemacht; und Er, der Friedefürst selbst, erscheint, um ihnen den Frieden zu verkündigen. Jetzt war nichts mehr zwischen Gott und ihnen. Alles war hinweggetan; alle Dinge waren in Ordnung. Welch eine Freude für die Jünger! Als sie dieses verstanden; als ihre Herzen durch den Herrn für die herrlichen Dinge geöffnet worden waren, da wurden sie voll von Freude. Selbst als der Herr bei der Himmelfahrt ihren Blicken entschwand, kehrten sie, Gott lobend und preisend, mit großer Freude nach Jerusalem zurück. Waren sie noch kurz zuvor bestürzt und beunruhigt gewesen, als der Herr nur von seinem Hingang gesprochen hatte, so freuten sie sich jetzt mit großer Freude, weil sie den Zweck seines Werkes und seines Hingangs zum Vater begriffen hatten.
Und nachdem ihnen der Herr das Wort: „Friede euch!“ zugerufen hatte, zeigte Er ihnen seine Hände und seine Seite. Wie treffend! Er will sie verstehen lassen, dass Er ihnen darum jenes Wort zurufen konnte, weil Er für sie am Kreuz gestorben war. Der Friede war gemacht; aber dieses hatte Ihn das Leben gekostet. Das mussten sie verstehen und in ihren Herzen erwägen.
Und, geliebte Brüder, tut er nicht dasselbe, wenn Er am ersten Wochentage in unserer Mitte erscheint? Sicher. Er hat uns seinen Tisch zubereitet; und hier sehen wir die Sinnbilder seines Leidens und Sterbens vor uns. „Das Brot, das wir brechen, ist es nicht die Gemeinschaft des Leibes des Christus? Der Kelch der Segnung, den wir segnen, ist er nicht die Gemeinschaft des Blutes des Christus?“ Ja, so wie der Herr persönlich in dem Kreis seiner Jünger erschien und ihnen die Zeichen in seinen Händen und seiner Seite zeigte, so tritt Er jetzt in unsere Mitte und zeigt uns in dem Brot und dem Kelch, dass Er für uns sein teures Leben hingegeben und sein kostbares Blut vergossen hat. Und dabei ruft Er uns zu: „Seht, alles habe ich für euch vollbracht; ich habe eure Sünden hinweggenommen; ich habe euch mit Gott versöhnt; – Friede euch!“ Also hat Er uns geliebt, dass Er sich für uns in den Tod des Kreuzes gab. Um uns den Frieden schenken zu können, war Er im Gericht. Um uns für ewig in die Gemeinschaft Gottes zu bringen, ward Er von Gott verlassen. Welch eine Sicherheit für unsere Herzen! Er, der das Werk vollbracht und Frieden gemacht hat, kommt selbst in unsere Mitte, um uns zu versichern, dass alles in Ordnung ist. Ja, nun brauchen wir nicht mehr zu zweifeln. Auch wir können voll Freude sein. Auch wir können Gott loben und preisen. Der auferstandene und verherrlichte Jesus erscheint in unserer Mitte, um uns die köstliche Versicherung zu geben, dass wir für ewig erlöst sind. Sein Name sei gelobt bis in alle Zeitalter.