Botschafter des Heils in Christo 1873
Hilfeleistungen
Dieses Wort finden wir in 1. Korinther 12,28, wo der Heilige Geist die verschiedenen Gaben zur Bedienung der Versammlung bezeichnet. Wir lesen dort: „Gott hat etliche in der Versammlung gesetzt: fürs Erste Apostel, fürs Zweite Propheten, fürs Dritte Lehrer, dann Wunderkräfte, dann Gaben der Heilungen, Hilfsleistungen, Regierungen, verschiedene Arten von Sprachen.“
Es liegt eine tiefe und wichtige Bedeutung in dem Wort „Hilfsleistungen.“ Nach einigem Nachdenken wird es uns nicht schwer werden zu fassen, was unter einem Apostel, einem Propheten, einem Lehrer, unter Wunderkräften, Gaben der Heilungen, Regierungen und unter verschiedenen Arten von Sprachen verstanden wird. Aber der Sinn des Wörtchens „Hilfsleistungen“ wird uns nicht so leicht fassbar sein. Es führt uns auf ein weit ausgedehntes Feld und zeigt uns hier einen viel umfassenden, bedeutungsvollen, christlichen Dienst, dem wir Vielleicht oft nicht den Platz anweisen, der ihm gebührt.
Es gibt in der Versammlung verschiedene Glieder, von denen nicht gesagt werden kann, dass sie besondere Gaben besitzen; sie sind weder Evangelisten, noch Lehrer; aber dennoch können sie denen, welche im Besitz dieser Gaben sind, von großem Nutzen sein und ihnen in ihrer Arbeit auf eine kräftige Weise Hilfe leisten. Wir wollen etwas näher darauf eingehen.
Vielleicht befindet sich jemand in der Versammlung, der vielleicht gänzlich unfähig ist, in einer öffentlichen Bedienung tätig zu sein; und dennoch kann ein solcher oft einen kräftigeren und einen mehr bleibenden Einfluss ausüben, als jemand, der einen mehr hervorragenden Platz in der Versammlung einnimmt. Er ist weder Prediger, noch Lehrer; aber in seinem Herzen findet sich das größte Interesse für das Werk des Herrn in und außer der Versammlung. Er denkt vielleicht nie daran, ein Wort zur Erbauung oder zur Belehrung zu reden; aber die Art und Weise, wie er die geringsten Dienste verrichtet – und wäre es auch nur, dass er jemandem die Tür öffnet, oder einen Platz anweist, oder eine Bibel oder ein Liederbuch reicht – tut dem Herzen wohl.
Man fühlt, sein Herz nimmt den innigsten Anteil an dem Werk. Er zeigt sich bereit, die geringste Arbeit zu verrichten, um zur Förderung des Werkes des Herrn beizutragen. Sein heiteres Gemüt und seine selbstverleugnende Liebe üben einen bedeutenden, wenn auch unscheinbaren, Einfluss auf die Versammlung und das Werk des Herrn aus. Er zeigt sich bereit, alles zu tun, um allen zu dienen, die seiner Hilfe, seines Dienstes bedürfen. Es ist einerlei, was du nötig hast, – er ist der Mann, an den du dich nicht vergeblich wendest. Geh zu ihm, so oft du willst, teile ihm dein Anliegen mit, – er steht allezeit zu deinem Dienst bereit. Nichts ist ihm lästig, nichts beschwerlich; er betrachtet jede Schwierigkeit als eine Gelegenheit, um seine Hilfe zu offenbaren. Er kennt keine Beschwerden; sein Herz ist frei, sein Geist frisch und fröhlich. – Er liebt Christus und die Seinen; er liebt die Diener Christi und ihr Werk. Er legt großen Wert auf die Predigt des Evangeliums, auf die Errettung der Sünder, auf das geistliche Wachstum der Kinder Gottes. Er ist nicht selbstsüchtig. Er freut sich, wenn das Werk des Herrn einen guten Fortgang nimmt, unbekümmert darum, wer dieses Werk verrichtet. Er unterstützt die Arbeiter des Herrn mit seiner ganzen Kraft, mit seinem ganzen Einfluss.
Wem würde es schwerfallen, einer solchen Person bei Aufzählung der Gaben einen Platz anzuweisen? Sind nicht seine „Hilfsleistungen“ ein gesegnetes und wichtiges Werk? O möchten doch solche Gaben mehr vorhanden sein! Es ist gut, dass wir den Herrn um Lehrer und Evangelisten bitten; denn wir bedürfen solche sehr; doch es sollte auch eine Sache unseres Gebets sein, dass Er uns „Hilfsleistungen“ erwecke; denn auch sie üben einen höchst gesegneten Einfluss aus.
Sicher, wir haben einen schwachen Begriff davon, wie der Segen der Kinder Gottes und der glückliche Fortgang des Werkes des Herrn oft sehr befördert werden durch solche, welche in dem kleinen, aber umfassenden Worte „Hilfsleistungen“ bezeichnet sind. Man Hort oft sagen: „Ich bin kein Evangelist, ich bin kein Lehrer; ich habe keine Gaben, um zu sprechen.“ Das mag wahr sein. Aber könnte dich der Herr nicht zu „Hilfsleistungen“ befähigt haben? Bist du auch kein Evangelist und kein Lehrer, so kannst du doch in verschiedener Weise kräftig an ihrer Seite mitwirken. Du kannst ihr Herz erquicken, ihren Geist erfrischen und ihr Werk durch unzählige kleine und unscheinbare Mittel befördern, welche für das Herz Jesu so überaus wertvoll sind, und welche Er reichlich belohnen wird am Tag seiner Ankunft.
Es ist sicher ein höchst verkehrter und verwerflicher Gedanke, dass in dem Werk des Herrn Ihm und den Seinen niemand dienen könne, als nur solche, welche im Besitz besonderer Gaben sind. Ein jeglicher hat den ihm angewiesenen Platz einzunehmen und sein eigenes Werk, seine eigene Aufgabe zu erfüllen. Ein jeder Vogel singt seine eigene Weise mit Ausnahme des Vogels, der die Melodien eines anderen nachpfeift. Dieser letzte Sänger liefert keine Melodie, die ihm eigentümlich ist, sondern brüstet sich mit den Weisen seiner Mitgeschöpfe. Ach, wie viele Christen gleichen in ihren Handlungen diesem nachäffenden Tier! Wie viel besser ist es doch, wahr und einfältig zu sein und mein eigenes Lied – und wäre es auch nur die Weise eines Rotkehlchens – zu singen, als die wohllautenden Klänge einer Nachtigall nachzujodeln. Nichts ist unausstehlicher, als wenn ein Diener Christi das Maß der ihm verliehenen Gabe zu überschreiten trachtet.
Was wir, um in irgendeiner Weise für den Herrn tätig zu sein, durchaus und vor allen Dingen nötig haben, ist ein ganzes Herz für das Werk des Herrn. Wo dieses fehlt, da fehlt alles; wo aber dieses vorhanden ist, da ist keine Rede mehr von meiner Gabe, sondern ich werde bereit sein zu jedem guten Werke. Was nützt mir die ausgezeichnetste und hervorragendste Gabe, wenn ich nicht allezeit bereit bin. Anderen zu helfen und auf jegliche Weise das gesegnete Werk des Herrn zu befördern? Wenn ich Christus liebhabe, so werde ich, mag ich Gaben haben oder nicht, stets trachten, Ihn in seinem Werk zu verherrlichen. Kann ich das Evangelium nicht verkündigen, so kann ich vielleicht doch, wenn ein anderer diesen Dienst verrichten will, die Leute einladen und mir Mühe geben, viele Zuhörer herbeizurufen. Ich kann sie freundlich empfangen und ihnen kleine Dienste leisten. Ich kann in kleinen, unscheinbaren Dingen zeigen, dass mein Herz Teil nimmt an dem Werk Gottes, und auf diesem Weg ein kräftiges Zeugnis für andere sein. Ich kann nützlich sein durch meine Gebete, durch meine Gegenwart, ja selbst durch meine Haltung. Wenn wir ein freudiges, glückliches Herz haben – einen Geist, frei von kleinlicher, verächtlicher Eifersucht; wenn wir treu und ernst sind, werden unsere „Hilfsleistungen“ für das Werk und die Arbeiter des Herrn höchst nützlich und gesegnet sein.
Geliebte Brüder! Möchte es unser ernstes Flehen sein, dass der Herr in unserer Mitte den höchst wichtigen und wertvollen Dienst, ausgedrückt in dem einfachen Wörtchen „Hilfsleistungen“, erwecken und offenbaren möge! Möchte es aber auch zu gleicher Zeit unser aller Trachten und Begehren sein, alles zu tun, was in unseren Kräften steht, um das gesegnete Werk Gottes und die Ehre und Verherrlichung des Namens dessen zu befördern, der sein Leben für uns hingegeben und uns von ewigem Verderben errettet hat! Er will nichts anderes, als dass seine Knechte treu erfunden werden. Welches Werk ich tue, welchen Dienst ich verrichte, darauf kommt nichts an; ob ich die mir aufgetragene Arbeit mit einem freudigen, treuen Herzen erfülle, davon hängt alles ab.