Botschafter des Heils in Christo 1872
Der Heilige Geist - der himmlische Gast - Teil 2/2
Es wird dem Gläubigen nirgends gesagt, dass er den Heiligen Geist um Leitung bitten soll, auch gibt es kein einziges Beispiel von einem solchen Gebet im Neuen Testament; ebenso wenig wird uns gesagt, Gott zu bitten, dass er die Welt lieben möchte, oder Christus zu bitten, die Gemeinde zu lieben. Vergessen wir nicht, dass der Heilige Geist gekommen ist mit dem bestimmten Zweck, den Gläubigen zu trösten und zu leiten; außerdem beweisen die vielen Ermahnungen, welche uns gegeben sind, deutlich, dass Unterwerfung unter seine Leitung unsererseits nötig ist. Der Heilige Geist ist Gott, aber es gibt im Neuen Testament kein Beispiel von einem Gebet zu dem Heiligen Geist, als einer besonderen Person. Durch Ihn beten wir zu Gott (und in diesem Sinn beten wir auch zu dem Heiligen Geist) zum Vater und zum Sohn. Daher sind die Gebete, welche wir in den Briefen finden, entweder zu Gott, zu dem Vater, oder zu dem Herrn Jesus gerichtet, damit diese durch den Heiligen Geist etwas tun möchten (Siehe Röm 15,13; Eph 1,17; 3,16). Ebenso wenig ist es richtig um die Ausgießung des Heiligen Geistes zu beten, weil Er am Pfingsttag herniedergekommen ist und bei uns bleibt (Siehe Joh 14,16).
Dennoch soll das Gebet unsere fortwährende Beschäftigung sein. „Haltet an im Gebet“ ist die Ermahnung; und keine Fortschritte im christlichen Leben können uns je außerhalb dieser unbedingten Abhängigkeit von Gott bringen. Der Herr Jesus selbst brachte ganze Nächte im Gebet zu (Lk 6,12). Wie selten verharren wir eine Stunde im Gebet! Wenn es nun dem Herrn ein Bedürfnis war, anhaltend zu beten, sollten wir dieses Bedürfnis für uns nicht viel tiefer fühlen? Möchte daher das erste, was wir lernen, die Abhängigkeit sein, welche sich im Gebet offenbart!
Danach folgt Selbstverleugnung. Der Herr sagt: „Ich bin vom Himmel herniedergekommen, nicht auf dass ich meinen Willen tue, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat“ (Joh 6,38). Ebenso müssen auch wir unseren eigenen Willen verleugnen, wenn wir wirklich wünschen, uns unter die Leitung des Heiligen Geistes zu stellen. Der erste Schritt, welchen mir tun müssen, mag vielleicht die Trennung von etwas sein, was wir vorzüglich lieben, oder die Ausführung einer Sache, vor welcher wir zurückschrecken. Lasst uns daran denken, dass wir nicht durch das Fleisch und Zugleich durch den Geist geleitet werden können; wir müssen uns unbedingt zu einer Wahl entschließen. „Irrt euch nicht, Gott lässt sich nicht spotten! denn was irgendein Mensch sät, das wird er auch ernten. Denn wer für sein eigenes Fleisch sät, wird von dem Fleisch Verderben ernten; wer aber für den Geist sät, wird von dem Geist ewiges Leben ernten“ (Gal 6,7–8). Wenn wir das Fleisch zu befriedigen wünschen, so verzichten wir auf die Leitung des Heiligen Geistes; wenn wir aber durch den Heiligen Geist geleitet zu werden wünschen, so dürfen wir auf die Stimme des Fleisches nicht hören. Dieses sehen wir bei der Bekehrung des Apostels Paulus, als er ausgesandt wurde, den Heiden das Evangelium zu verkündigen; er sagt: „Ich ging sogleich nicht mit Fleisch und Blut zu Rache;“ (Gal 1,16) denn dieses würde ihn sicher veranlasst haben, seinen Brüdern, den Juden, das Evangelium zu bringen. Ebenso sollte es auch bei uns sein; denn welchen Nutzen würde es haben, wenn ich um die Leitung des Heiligen Geistes bäte, und keineswegs die Absicht hätte, ihr Folge zu leisten? Möchten wir daher keinen anderen Willen und kein anderes Verlangen haben, als Gott in Bezug auf uns hat, und immer mehr lernen, uns selbst zu verleugnen! Unser geliebter Herr kam, um den Willen seines Vaters zu tun. In der Tat, auch wir sollten seinen Willen zu tun suchen und keinen eignen Willen haben. Mächten mir in Wahrheit sagen können: „Ich habe Lust, o mein Gott! Deinen Willen zu tun.“
Gehorsam ist in allen Dingen das „erste Erfordernis“. Unser Herr hat einmal gesagt: „Wenn jemand will seinen Willen tun, der wird von der Lehre wissen, ob sie aus Gott ist“ (Joh 7,17). Die meisten Christen wünschen ohne Zweifel die Lehre des Wortes Gottes zu kennen; aber der einzige Weg dazu ist, den Willen Gottes zu tun. Wir müssen die Wahrheit nicht nur kennen, sondern sie auch tun (Siehe Joh 13,17 und 1. Joh 1,6). Gott gibt mir ein wenig Licht und sagt: „Tue dieses, oder lasse jenes; die Schrift wird dir die Beweise liefern.“ Ich aber zögere. Das Opfer welches Er von mir fordert, däucht mir vielleicht zu groß, oder ich will wissen, was später von mir verlangt werden wird, oder auch wünsche ich alle Folgen meines Schrittes vorhersehen zu können. Doch ohne den ersten Schritt ist alles für mich undurchdringliche Finsternis. Und weshalb? Weil ich seinen Willen tun muss. Ein Schritt folgt dem anderen, wenn ich durch Ihn will geleitet werden. Die Weise Gottes ist, eine Regel nach der anderen und eine Vorschrift nach der anderen folgen zu lassen; und wir können daher nicht erwarten, dass Er uns die zweite Regel oder Vorschrift offenbaren wird, bevor wir die erste gelernt und getan haben. Erst dann und nicht früher werden wir für die folgende Regel und Richtschnur fähig sein. Obwohl wir nun ohne Zweifel dabei zu kurz kommen werden, so wird Gott uns dennoch, wenn wir wirklich das Verlangen haben, seinen Willen zu tun, helfen und leiten. Dieses verursacht auch keine Ungewissheit oder Unruhe in dem Herzen, sondern gerade das Gegenteil; auf Ihn gestützt, gehen wir einfach voran. Ungewissheit findet sich nur bei denen, welche zwar etwas Licht haben, aber nicht folgen wollen. Die Heilige Schrift sagt ausdrücklich, dass „wer seinen Willen tut, von dieser Lehre wissen wird, ob sie aus Gott ist“. Und in Matthäus 6,22 steht geschrieben: „Wenn dein Auge einfältig ist, so wird dein ganzer Leib Licht sein.“ Hier haben wir das Geheimnis unserer Fehler, unserer Trägheit, unserer wenigen Fortschritte. Oft ist unser Auge nicht einfältig, oft wollen wir nicht seinen Willen statt des unsrigen tun. Lasst uns, was den Ausgang betrifft, uns selbst nicht täuschen. Die Schrift ist in dieser Hinsicht sehr deutlich. Tun wir den Willen Gottes, so bleiben wir, wenn auch die Welt und ihre Lust vergeht; denn „wer den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit“ (1. Joh 2,17). Wenn wir aber seinen Willen nicht tun, so kann man die Worte auf uns anwenden: „wer da weiß, Gutes zu tun, und tut es nicht, dem ist es Sünde“ (Jak 4,17).
Aber der gehorsame Christ wird ermahnt, „zu wachsen in der Gnade und Erkenntnis unseres Herrn und Heilands Jesu Christi“ (2. Pet 3,18). Auch dieses geschieht durch den Heiligen Geist; denn Christus hat gesagt: „Er wird mich Verherrlichen, denn von dem meinen wird Er empfangen und euch verkündigen;“ und „er wird euch in die ganze Wahrheit leiten“. Diese Offenbarung findet man in Gottes Wort; und wir sehen dadurch, wie wichtig es ist, die heiligen Schriften sorgfältig und unter Gebet und Flehen zu untersuchen. Das Wort Gottes ist jetzt vollständig; so dass wir nicht erwarten müssen, dass der Heilige Geist uns etwas lehren wird, was in demselben nicht offenbart ist. Der Herr sagt: „Das Kommende wird Er euch verkündigen;“ (Joh 16,13) aber dieses wurde gesagt, bevor das Neue Testament vollständig war, bevor die Briefe und die Offenbarung des Johannes geschrieben waren. 1 Alles ist jetzt ein Ganzes; wenn wir sogar einen Engel aus dem Himmel herniederkommen sähen, der uns ein anderes Evangelium verkündigen wollte, so müssten wir nicht auf Ihn hören, sondern ausrufen: „Er sei verflucht“ (Gal 1,8). Wir werden ermahnt „die Geister zu prüfen“ (1. Joh 4,1); denn viele falsche Propheten sind ausgegangen in die Welt, welche sich durch Unglauben, Zweifelsucht, Rationalismus, usw. offenbaren. Unser einziger Prüfstein für all dieses ist das Wort Gottes durch die Unterweisung des Heiligen Geistes.
Die Wichtigkeit dieser Dinge wird desto größer, je mehr die letzten Tage herannahen; denn „der Geist sagt ausdrücklich, dass in den letzten Zeiten etliche von dem Glauben abfallen werden, achtend auf Geister des Irrtums und Lehren der Teufel“ (1. Tim 4,1). Nichts kann die Seele gegen diese Dinge schützen, als nur das Wort Gottes durch die Unterweisung des Heiligen Geistes. Ich sage „durch die Unterweisung des Heiligen Geistes“ nicht, weil Gott keine menschlichen Lehrer als Werkzeuge gebrauchen könnte, um uns die Wahrheit zu verkündigen, denn solche gibt es in Epheser 4,11; sondern weil es immer durch die Kraft des Heiligen Geistes geschehen muss. „Sie werden alle von Gott gelehrt sein“ (Joh 6,45).
Die Wahrheit wankt nicht, sie steht unerschütterlich fest. „Keine Weissagung der Schrift ist von eigener Auslegung“ (2. Pet 1,20). Der Heilige Geist wird nie dem einen eine andere Auslegung einer Schriftstelle geben, als dem anderen. Natürlich können wir die Schrift durch den Unterricht des Heiligen Geistes auf verschiedene Weise anwenden, wie z. B. bei der Verkündigung des Evangeliums; aber es gibt nur eine Auslegung der Schrift. Wenn ich einen Brief schreibe, knüpfe ich eine bestimmte Bedeutung an die geschriebenen Worte; ebenso schickte Gott den Menschen eine bestimmte Botschaft in seinem Wort, und es ist jetzt an uns zu untersuchen, wie diese Botschaft lautet. Dieses vermögen wir nur mittelst der Unterweisung des Heiligen Geistes – durch denselben Geist, der den Menschen eingab zu schreiben, was Er wünschte. Aber es ist auch von großer Wichtigkeit zu verstehen, dass Er sowohl dem einen, als auch dem anderen dieselbe Auslegung dieser Botschaft gibt; deshalb werden wir ermahnt, dieselben Gedanken zu haben und dieselben Worte zu sprechen (1. Kor 1,10; Phil 1,27). Wenn ich also sehe, dass andere Christen, von denen ich weiß, dass sie im Wort Gottes viel Erkenntnis haben, irgendeiner Bibelstelle eine andere Erklärung geben als ich, so ist es meine Pflicht, mein eigenes Unheil vor Gott genau in Erwägung zu bringen. Derselbe Geist wohnt in ihnen und in mir, so dass entweder in meiner, oder in ihrer Auslegung etwas von der alten Natur sein muss; wäre dies nicht der Fall, so würde auch kein Unterschied da sein. Wie vorsichtig muss ich deshalb zu Werke gehen, damit ich mich nicht täusche! Wie genau muss ich das Wort Gottes untersuchen und seine verschiedenen Teile mit einander vergleichen! Wie groß sollte mein Streben sein, keinen eigenen Willen, Wunsch oder Gedanken zu haben; und wie sehr sollte ich wünschen, die Gedanken Gottes zu verstehen, wenn sie auch mein ganzes System umstoßen würden! Es sollte mein stetes Gebet sein, dass ich mehr Licht empfangen möchte, auf dass ich und meine Mitgläubigen dieselben Gedanken haben. Wenn ich aber lange gebetet und untersucht habe, muss ich das, was ich glaube, dass Gott mich gelehrt hat, festhalten; jedoch immer in Demut, wenn andere, die viel Erkenntnis haben, anderer Meinung sind. Gebe Gott, dass wir uns alle in seinem heiligen Worte mehr unterweisen lassen möchten! „Der Geist ist die Wahrheit“ (1. Joh 5,6).
Es gibt noch etwas, was den Wert des Wortes Gottes erhöht. Wir besiegen nämlich durch das Wort den Feind, und zwar ebenfalls durch die Kraft des Heiligen Geistes. Der Apostel Paulus ermahnt uns, „den Helm des Heils zu nehmen, und das Schwert des Geistes, welches Gottes Wort ist“ (Eph 6,17). Mit dieser Waffe besiegte der Herr den Teufel. „Es steht geschrieben“, ertönt es zu wiederholten Malen von seinen Lippen. Ebenso müssen auch wir in unserem Kampf „das Schwert des Geistes, welches Gottes Wort ist“, als unsere Waffe gebrauchen. Möge die Heilige Schrift stets köstlicher in unseren Augen werden, und mögen wir alle dahin streben, „ein Brief Christi“ zu sein, „geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes“ (2. Kor 3,3).
Auch die Leitung des Heiligen Geistes in Beziehung zu unserem täglichen Leben ist von sehr großer Wichtigkeit. Viele Christen beachten die Leitung Gottes nur sehr wenig. Sie erwarten zwar, dass Er sie leiten wird, aber in einem allgemeinen Sinne, nicht in den kleinsten Angelegenheiten des täglichen Lebens. Einige Stellen aus der Heiligen Schrift anzuführen, wird hier am Platz sein. „Ich will dich unterweisen und dich lehren den Weg, in dem du wandeln sollst; mit meinem Auge werde ich dir raten. Seid nicht wie ein Ross, wie ein Maultier, das keinen Verstand hat, dessen Zierde Zaum und Zügel ist zur Bändigung, wenn sie nicht wollen zu dir kommen“ (Ps 32,8–9). „Von Jehova werden befestigt des Mannes Schritte, und an seinem Weg hat Er Wohlgefallen“ (Ps 37,23). „Die Entwürfe des Herzens sind des Menschen, aber die Antwort der Zunge ist Jehovas“ (Spr 16,1). „Die Schritte des Mannes sind von Jehova, und wie sollte ein Mensch seinen Weg verstehen?“ (Spr 20,24) „Erkenne ihn in allen deinen Wegen, und er wird gerade machen deine Pfade“ (Spr 3,6). Diese Stellen sind alle, wie der Leser gesehen, aus dem Alten Testament. Wenn es nun in jenen Tagen, als der Heilige Geist noch nicht als eine Person in den Heiligen wohnte, für den Menschen nötig war, sich in allen seinen Wegen von Gott leiten zu lassen, so ist es jetzt, wo der Heilige Geist in uns wohnt, gewiss umso mehr der Fall.
Dass der Heilige Geist uns in den Verhältnissen des tagtäglichen Lebens leiten muss, will ich durch einige Schriftstellen zu beweisen suchen. „Wohlan denn, die ihr sagt: Heute oder morgen wollen wir in die und die Stadt gehen und daselbst ein Jahr zubringen und Handel treiben und Gewinn machen; (die ihr nicht wisst, was der morgige Tag bringt. Denn was ist euer Leben? Es ist ja ein Dampf, der für eine kleine Weile sichtbar ist, dann aber verschwindet;) anstatt zu sagen: Wenn der Herr will und wir leben, so wollen wir dieses oder jenes tun“ (Jak 4,13–15). Hier sehen wir deutlich, dass wir in unseren gewöhnlichen Beschäftigungen der Führung Gottes bedürfen. Auch können wir uns der Ermahnungen erinnern, welche an Herren und Knechte, an Eltern und Kinder, an Reiche und Arme gerichtet sind, ebenso der Einzelheiten, welche dabei angeführt werden; und wir lernen erkennen, dass vor Gott nichts zu gering ist. Auch wird uns die Ermahnung gegeben: „Sei es nun, dass ihr esst, oder trinkt, oder irgendetwas tut, so tut alles zur Ehre Gottes“ (1. Kor 10,31). zu diesem Zweck haben wir das Wort Gottes und die Leitung des Heiligen Geistes. „Wandelt in dem Geist, und ihr werdet die Lust des Fleisches durchaus nicht vollbringen.“
Aber inwiefern sind wir dieser Leitung bewusst? Erwarten wir sie wirklich als Antwort auf unser Gebet? Beachten wir wohl ernstlich alles, was bloß Zufall zu sein scheint? Nehmen wir ein Beispiel zur Erklärung. Ich wünsche einen christlichen Freund zu besuchen, und leiste diesem Wunsch ohne Zögerung Folge. Unglücklicherweise treffe ich ihn nicht zu Haus und trete getäuscht meinen Rückweg wieder an. Muss ich dieses nun als einen Zufall ansehen und nicht weiter mehr darüber nachdenken? Vielleicht tun dieses die meisten Christen; dennoch können wir dreist behaupten, dass eine solche Handlung nicht gut ist. Ein Christ muss sich nie getäuscht fühlen. Dieses ist, was wir in Psalm 32 lesen: „Es ist der Zaum und Zügel zur Bändigung.“ Und obwohl es ein Segen ist, von dem Bösen zurückgehalten zu werden, so ist dieses doch noch ganz etwas anderes, als sich von Gott leiten zu lassen – es ist gerade das Gegenteil. Gott wird mich nicht dazu bewegen, jemanden zu besuchen, wenn dieser nicht zu Haus ist, oder Er will mich vielleicht in einer Sache unterweisen, die ich auf eine andere Weise nicht lernen konnte. Es ist möglich, dass ich meine Zeit zu etwas anderem hätte benutzen müssen, z. B. zum Gebet oder zu dem Lesen des Wortes Gottes. Das Wichtige hierbei ist aber, dass wir erkennen, dass Gott eine Stimme hat in solchen Täuschungen. Wir müssen dieses nicht unbeachtet lassen, sondern untersuchen, weshalb dies so geschah und in welcher Hinsicht ich gefehlt habe. Gott irrt sich nie.
Ein Blick auf den Wandel unseres Herrn auf Erden wird uns zeigen, was es heißt, von Gott geleitet zu werden. Jesus setzte sich an einen Brunnen mit der Absicht, zu einer Frau zu sprechen, welche dorthin kommen musste, um Wasser zu schöpfen, und für welche Er eine frohe Botschaft der Gnade hatte. Er wurde nicht getäuscht, die Frau kam. Bei einer anderen Gelegenheit schickte Er einen seiner Jünger nach dem Meer, um dort einen Fisch zu fangen, in dessen Mund er ein Geldstück finden würde. Der Jünger ging, der Fisch ward gefangen, und das Geldstück lag in seinem Mund. Wir sehen also, dass der Herr nie von Gott getäuscht wurde. „Aber“, wird man sagen, „das versteht sich von selbst, denn er war sowohl Gott als auch Mensch“. Allerdings, dieses ist wahr; aber wir sprechen gerade von der Leitung Gottes in Beziehung zu uns. Gott kann auch uns so leiten, dass wir nicht enttäuscht werden. Wenn wir fehlen, werden unsere Pläne zu unserem eigenen Nutzen verhindert – zu unserem eigenen Nutzen, sage ich, denn es ist gewiss, dass Er uns dann immer etwas zu sagen hat, und wir etwas daraus lernen können. Welch ein Vorrecht, von Gott geleitet zu werden! Welch eine Gnade, zu wissen, dass Gott bei jedem Schritt, den ich tue, Teilnahme zeigt, und dass einer in mir wohnt, der mir jedes Mal den richtigen Weg zeigt! – Lasst uns jetzt zum Schluss noch kurz zusammenzählen, zu welchem Zweck der Heilige Geist uns gegeben ist.
1. Hinsichtlich meines Standpunktes vor und während meiner Verbindung mit Gott lesen wir in Römer 8,9 sehr bestimmt: „Ihr aber seid nicht im Fleisch, sondern im Geist, wenn anders der Geist Gottes in euch wohnt.“ Beachten wir die Worte „nicht im Fleisch“. Dieses heißt nicht, dass das Fleisch nicht in uns ist; denn, wie wir schon gesehen, wird unsere alte Natur bei der Bekehrung keineswegs in die neue verwandelt. Das Fleisch ist noch da; aber unser Standpunkt und unsere Beziehung zu Gott ist ganz und gar verändert. Anstatt dass Gott auf uns herabsieht als Kinder des ersten Adam, sieht Er uns jetzt an als seine Kinder in Christus. Er erblickt uns in unserem neuen Zustand, und der Geist Gottes wohnt in uns. „Ihr seid nicht im Fleisch.“ „Wer aber dem Herrn anhängt, ist ein Geist mit Ihm“ (1. Kor 6,17). „Ihr seid versiegelt worden mit dem Heiligen Geist der Verheißung“ (Eph 1,13; siehe auch Eph 4,30; 2. Kor 1,22). Gott hat uns versiegelt und wird dieses Siegel nie brechen.
2. Was den Genuss dieser Beziehung zu Gott betrifft, so lesen wir: „Die Gesinnung des Fleisches ist der Tod, die Gesinnung des Geistes aber ist Leben und Frieden“ (Röm 8,6). „Wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit“ (2. Kor 3,17). „Weil ihr aber Söhne seid, so hat Gott den Geist seines Sohnes gesandt in unsere Herzen, der da ruft: Abba, Vater!“ (Gal 4,6) Diese Stellen beweisen sehr deutlich, dass wir uns hinsichtlich unseres Gewissens eines vollkommenen Friedens und der herrlichen Freiheit von Kindern erfreuen sollen. „Wir haben Frieden mit Gott“ (Röm 5,1). „Wir rühmen uns Gottes“ (V 11). „Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater, und zu meinem Gott und zu eurem Gott“ (Joh 20,17).
3. Hinsichtlich meines Wachsens in der Gnade ist der Herr Jesus der Gegenstand, welcher dem Christen vor Augen gestellt wird. Unser Wachstum wird in der Erkenntnis von Ihm und in der Gleichförmigkeit mit Ihm stattfinden; aber auch dieses ist das Werk des Heiligen Geistes, „Er wird mich verherrlichen, denn von dem meinen wird Er empfangen und euch verkündigen“ (Joh 16,14). Christus ist also der Gegenstand für die Seele, und der Heilige Geist ist die Kraft, durch welche wir in Ihm wachsen. Kein einziges Wort in dieser Betrachtung hat aber zum Zweck, das Auge van Christus abzuwenden. O nein! Die Verherrlichung Christi ist gerade das Werk des Heiligen Geistes, und je mehr ich mich durch den Heiligen Geist leiten lasse, desto mehr werde ich mit Christus beschäftigt sein. Christus ist der Gegenstand, der Heilige Geist die Kraft.
4. Was mein Erbteil betrifft, so hat Gott uns „das Pfand des Geistes in unsere Herzen gegeben“ (2. Kor 1,22). Und dieser Geist ist „das Pfand unseres Erbes, zur Erlösung des erworbenen Besitzes, zum Preis seiner Herrlichkeit“. „Der Geist der Herrlichkeit und der Geist Gottes ruht auf euch“ (1. Pet 4,14). das Leben möge voll Mühe und Schmerz sein, wir können vorwärtsschauen, das Pfand ist in unseren Herzen, und der Geist Gottes ruht auf uns. Unser Verlangen kann nicht mehr sein, hier unten uns noch länger aufzuhalten.
5. In Betreff unseres Wandels lesen wir: „Wenn wir durch den Geist leben, so lasst uns auch durch den Geist wandeln“ (Gal 5,25). „Wir werden durch den Heiligen Geist geheiligt“ (Röm 15,16; 2. Thes 2,13; 1. Pet 1,2). Die Früchte des Geistes werden in Galater 5 weitläufig aufgezählt, und wir werden ermahnt, „als Kinder des Lichtes zu wandeln (denn die Frucht des Lichtes besteht in aller Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit), prüfend, was dem Herrn wohlgefällig sei“ (Eph 5,8–10). Welch ein köstliches Motto für unseren Wandel: „in aller Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit!“, Möchten wir doch mehr Frucht hervorbringen nach dem Wohlgefallen des Herrn!
6. Bezüglich unseres Dienstes hören wir: „Es sind Verschiedenheiten von Gnadengaben, aber derselbe Geist.“ „Einem jeglichen wird die Offenbarung des Geistes zum Nutzen gegeben.“ Der Heilige Geist „Heilt jeglichem insbesondere aus, wie Er will“ (1. Kor 12). Die Gaben sind nicht nur zu unserem eigenen Nutzen, sondern zum Nutzen des ganzen Leibes Christi gegeben; und daran knüpft sich die Ermahnung, die Gabe Gottes, welche in uns ist, anzufachen; „denn Gott hat uns nicht gegeben einen Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit“ (2. Tim 1,6–7). In solcher Weise gerüstet, müssen wir jeden kleinen Dienst, welchen der Herr uns auferlegt, mit Dankbarkeit dafür erfüllen, dass Er uns einer solchen Arbeit würdig achtet. Lasst uns daran denken, dass ein Becher kalten Wassers von Ihm nicht vergessen wird.
7. In Betreff unseres Verhältnisses zu anderen Christen schließlich lesen wir: „Wir sind alle in einem Geist zu einem Leib getauft, ... und sind alle zu einem Geist getränkt“ (1. Kor 12,13). „Befleißigend die Einheit des Geistes zu bewahren in dem Band des Friedens“ (Eph 4,3). Wir bilden einen Leib – von einem Geist bewohnt. Deshalb befleißigt euch, die von Gott gewirkte Einheit zu bewahren und zu offenbaren. Keine Einheit kann Gott befriedigen, als nur die Einheit des Geistes; und die Einheit des Geistes ist die Einheit des ganzen Leibes, denn es ist gerade der Heilige Geist, der uns zu diesem einen Leib bildet. Unsere Liebe zu den Heiligen muss auch sein eine „Liebe im Geist“ (Kol 1,8; Röm 15,30).
Kehren wir jetzt zum Schluss noch einmal zurück zu dem Evangelium des Johannes. „Das Wasser, das ich ihm geben werde, wird in ihm zu einer Quelle Wassers werden, das in das ewige Leben quillt“ (Joh 4,14). „Ströme lebendigen Wassers werden aus seinem Leib fließen. Dieses aber sagte Er von dem Geist, welchen die an Ihn Glaubenden empfangen sollten“ (Joh 7,38–39). Der Heilige Geist ist also eine Quelle des Wassers für mich selbst und lässt Ströme hervorsprudeln, welche zu anderen fließen. O, wie wenig werden mir dieses gewahr! Wie dürftig quillt das Wasser! Wie träge fließt die Quelle! Der Apostel Paulus sagt: „Seid erfüllt mit dem Heiligen Geist“ (Eph 5,18). Gebe der Herr, dass dieses bei uns mehr der Fall werde, als es bis jetzt gewesen ist; es wird zu seiner Verherrlichung und zu unserem Segen dienen. Möchten wir stets unseres großen und heiligen Vorrechts eingedenk sein und die Verantwortlichkeit davon fühlen, dass dieser göttliche und himmlische Gast, der Heilige Geist, in uns wohnt!
Fußnoten
- 1 Der Heilige Geist verkündigt uns jetzt das Kommende dadurch, dass Er uns jetzt die zukünftigen Ereignisse, welche in der Heiligen Schrift offenbart werden, erklärt.