Botschafter des Heils in Christo 1871
Die erste und zweite Ankunft Christi
Der herrliche Zweck der ersten Ankunft Christi auf Erden wird uns in Hebräer 9,26 deutlich vor Augen gestellt, und zwar in den Worten: „Nun aber ist Er einmal in der Vollendung der Zeitalter offenbart zum Wegtun der Sünde durch das Schlachtopfer seiner selbst.“ Er, der bereits lange zuvor in den jüdischen Opfern sein Vorbild gefunden hatte, erschien selbst zur bestimmten Zeit, um alles zu erfüllen, was die Opfer des Alten Testaments nicht zu erfüllen vermocht hatten – nämlich die Sünde hinweg zu tun. Wohl konnten die Opfer dienen zur Reinigung des Fleisches; aber unmöglich vermochten sie das Gewissen von bösen Werken zu reinigen. Das Blut der Stiere und Böcke konnte nicht die Sünden wegnehmen. Aber das Blut des Sohnes Gottes hat sie weggenommen. Jesus hat an seinem eigenen Leib unsere Sünden an dem Holz getragen. Alle unsere Sünden lagen auf Ihm; und darum traf auch Ihn die Strafe, die wir verdient hatten. Durch das Opfer seiner selbst hat Er die Sünde zu nichts gemacht. Auf Grund dieses Opfers kann Gott nun zu allen, die an Jesus glauben, sagen: „Eurer Sünden und eurer Ungerechtigkeiten werde ich nimmer gedenken“ (Heb 10,17). „In Christus haben wir die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Vergehungen, nach dem Reichtum seiner Gnade“ (Eph 1,7).
Doch nicht nur dieses, Christus hat mehr getan. Er hat nicht nur unsere Sünden vergeben und unsere Missetaten durch sein. Blut ausgelöscht, sondern hat auch die Sünde zu nichts gemacht. Wir hatten nicht nur gesündigt, sondern waren auch unter der Macht der Sünde. Die Sünden, die wir getan haben, sind die Frucht des Zustandes, in welchem wir uns von Natur befinden. Und diesem Zustand hat Christus ein Ende gemacht. Er hat nicht nur an seinem Leib unsere Sünden an dem Holz getragen, sondern ward durch Gott für uns auch zur Sünde gemacht. Auf dem Kreuz trug Er unsere Sünden, und auf dem Kreuz war Er in dem Zustand, in welchem wir von Natur waren. In sich selbst war Er rein und heilig; aber Er wurde unser Stellvertreter, und als solchen machte Gott Jesus zur Sünde und belud Ihn mit unseren Sünden. Darum befand sich Jesus drei Stunden lang in der Finsternis und war von Gott verlassen. Darum starb Er, der Gerechte für die Ungerechten. In seiner unendlichen Liebe starb Er den Tod des Sünders und machte dadurch die Sünde vollkommen zu nichts. Er wurde an unserer statt gestraft, von Gott, verlassen und getötet; und darum sind wir, die an Christus glauben, vollkommen frei. „Denn durch ein Opfer hat Er auf immerdar vollkommen gemacht, die geheiligt werden.“ Es kann keine Rede mehr von dem zurechnen unserer Sünden sein, denn Christus hat sie alle durch seinen Tod am Kreuz vernichtet; und ebenso wenig kann bei uns vom Gericht die Rede sein, denn Christus wurde an unserer statt gestraft und gerichtet. Die Sünde, die in uns wohnt, das Fleisch, unsere alte Natur hat Er weggetan. Gott sieht uns in Christus, nicht allein als von der Sünde befreit, sondern auch als der Macht der Sünde ganz entrückt. Es ist allerdings wahr, die Sünde wohnt in unserem Fleisch, solange wir hienieden wandeln, aber die Sünde in dem Fleisch ist nicht mehr zwischen uns und Gott; sie ist mit Christus auf dem Kreuz gerichtet und durch das Opfer seiner selbst weggetan. Gott sieht uns von dem Fleisch und von der Sünde soweit geschieden, wie Christus davon geschieden ist. Und nie, weit ist Christus davon geschieden? Soweit, wie der Himmel von der Erde ist. Er ist offenbart in der Fülle der Zeiten, um die Sünden wegzutun durch das Opfer seiner selbst; und „nachdem Er durch sich selbst die Reinigung unserer Sünden gemacht, hat Er sich gesetzt zur Rechten der Majestät in der Höhe“ (Heb 1,3).
Christus, auferstanden aus den Toten und aufgefahren gen Himmel, ist das ewige Zeugnis, dass die Sünde und die Sünden, die Wurzel und die Zweige, für immer hinweggetan sind nach den Forderungen der Heiligkeit Gottes und nach den Bedürfnissen des Sünders. Er, der unsere Sünden an dem Holz trug, der für uns zur Sünde gemacht und darum von Gott verlassen wurde, ist durch Gott aus den Toten auferweckt und zu seiner Rechten gesetzt. Er, der unser Stellvertreter am Kreuz war, und der an unserer statt gestraft und gerichtet wurde, ist jetzt im Himmel mit Ehre und Herrlichkeit gekrönt. Wo sind nun die Sünden, die Er trug? Sie sind für immer hinweggetan. Wo ist die Sünde, unter deren Macht wir waren? Sie ist völlig zunichtegemacht. Und wo befindet sich jetzt der Gläubige? Er sitzt in Christus zur Rechten Gottes. Darum können wir sagen: „Soweit der Himmel von der Erde ist“, soweit bin ich entfernt von der Sünde; denn ich bin in Christus, und Christus ist zur Rechten der Majestät Gottes in den höchsten Himmeln mit Ehre und Herrlichkeit gekrönt.
Was fehlt uns nun noch? Nichts mehr als „Jesus zu sehen, wie Er ist, und Ihm gleich zu sein“ (1. Joh 3). Wir sind mit Ihm vereinigt, der für uns den Weg des Todes und des Gerichts gegangen ist. Wir stehen mit Ihm auf dem Felsen der Auferstehung; Tod und Gericht sind hinter uns. In Christus sind wir „aus dem Tod zum Leben hinübergegangen.“ Und nun erwarten wir nichts anders als Christus, und zwar als kommend in Herrlichkeit. – Nachdem der Apostel uns den Zweck der ersten Ankunft Jesu vor Augen gestellt hat, sagt er uns, dass Er „zum zweiten Mal ohne Sünden erscheinen wird denen, die Ihn erwarten, zur Seligkeit“ (Heb 9,28). Ohne Sünde; ja, denn Er hat bei seiner ersten Ankunft die Sünde zu nichts gemacht. Richten wir daher unseren Blick auf das Kreuz; dort scheu wir Christus, beladen mit unseren Sünden, für uns zur Sünde gemacht und niedergebeugt unter dem Gewicht des Zornes Gottes. Nichten wir dann unseren Blick auf Jesus, sitzend zur Rechten Gottes; dort ist Er mit Ehre und Herrlichkeit gekrönt. Und bald kommt Er wieder. Wir werden Ihn sehen ohne Sünde; und dann wird Er uns aufnehmen in seine Herrlichkeit. Alles, was nötig war, um uns für die Herrlichkeit und für die Gegenwart Gottes geschickt zu machen, hat Er vollbracht, als Er zum ersten Mal hienieden war; und nun mangelt uns nichts, als die Herrlichkeit zu schauen und mit Ihm zu teilen. O, wie glücklich sind unsere Herzen, wenn wir diese herrlichen Wahrheiten verstehen! Unruhe und Angst sind dann verschwunden; Friede und Seligkeit erfüllen unsere Herzen; und mit Freuden erwarten wir die Wiederkunft Jesu.
Die Wiederkunft Jesu ist daher die Erwartung der Gläubigen. Jesus wird denen, die Ihn erwarten, erscheinen zur Seligkeit. Ist das nicht Grund genug, den Herrn zu erwarten? Der Gläubige Hai weder den Tod, noch sonst ein Ereignis zu erwarten. Zwar kann er sterben, ehe der Herr zurückkommt; aber für ihn ist der Tod keineswegs ein Gegenstand der Erwartung. Christus selbst ist seine „glückselige Hoffnung.“ Und welche eine herrliche Sicherheit liegt in den Worten: „Er wird erschienen denen, die Ihn erwarten.“ Sie sollen in ihrer Erwartung nicht gelauscht werden. „Ich komme wieder und werde euch zu mir nehmen, auf dass, wo ich bin, auch ihr seid“ (Joh 14). Und wiederum: „Wenn Christus, unser Leben, offenbart werden wird, so werdet auch ihr mit Ihm offenbart werden in Herrlichkeit“ (Kol 3,4). Ja, der Herr wird bald zum zweiten Mal erscheinen. Das erste Mal kam Er, uns zu erlösen und die Sünde zunichte zu machen. Das zweite Mal kommt Er, um uns in seine Herrlichkeit, in das Haus des Vaters, zu bringen. Die erste Ankunft war ein Werk vollkommener Gnade; Er kam als der gehorsame Diener, um den Willen des Vaters zu tun und das große Erlösungswerk zu vollbringen. Seine zweite Ankunft wird in göttlicher Majestät und Prachtvoller Herrlichkeit stattfinden.
Lieber Leser! Gehörst auch du zu denen, die Ihn erwarten zur Seligkeit? Verlangt dein Herz nach seiner Ankunft? Nichts steht seinem Kommen im Weg. Sobald all die Seinen aus der Welt erlöst sind, kommt Er, um uns in seines Vaters Haus einzuführen. Wenn Er heute kommt, so werden wir in einem Augenblick, in einem Nu verwandelt werden; unser sterblicher Leib wird Unsterblichkeit anziehen; und plötzlich werden wir von dieser sündigen Erde hinweggenommen und in die unmittelbare Gegenwart Gottes gebracht worden kein, wo wir ewig bei Jesu sein und seiner Herrlichkeit teilhaftig sein werden. Welch eine glückselige Erwartung! Durch Jesus von den Sünden befreit und auf ewig erlöst und vollendet, wartet unserer eine ewige Herrlichkeit, wo wir ungestört und in vollem Maß genießen werden, was schon jetzt durch den Glauben unsere Herzen glücklich macht. – O Herr, erfülle unsere Herzen mit Lob und Anbetung gegenüber deiner unendlichen Liebe, und richte unsere Blicke unverrückt auf deine baldige Ankunft! O Braut des Lammes, schaue auf!
Erfreue dich im Leid!
Der Herr der Herrlichkeit ist dein,
Und dein die Herrlichkeit. Dein Geist durch lange, trübe Nacht In Kummer und in Schmerz,
Sehnt sich nach Ihm, der, obgleich fern,
Erfüllt dein sehnend Herz. Und sieh, die Nacht ist bald vorbei Der Morgen dämmert schon;
Und bald in Herrlichkeit wirst du
Empfangen deine Kron'. In lichten Wolken kommt Er her –
Lang hält Er's nicht mehr aus –
Zu holen seine teure Braut
In seines Vaters Haus. Die Erd' ein Leidensplatz für Ihn,
Für dich so wüst und leer.
Schaut Ihn als König auf dem Thron,
Voll Majestät und Ehr'. Und dich bei Ihm, denn nicht allein.
Will tragen Er die Kron'.
Die königliche Braut wird sein
Mit Ihm auf seinem Thron. Drum weine nicht – du teilst mit Ihm
Die Krone, göttlich rein.
Und ach! was könnte süßer sein.
Er selbst, ja. Er ist dein.