Botschafter des Heils in Christo 1870
Die Berufung der Braut
In Abraham, dem Inhaber der den Erzvätern gegebenen Verheißungen Gottes, finden wir die Grundprinzipien des Gläubigen. Abraham, seinen Sohn opfernd und wieder empfangend, gibt uns in dieser Tatsache das Vorbild der Auferstehung Jesu, welcher, wie Isaak, der Erbe aller Güter seines Vaters ist, während Rebekka, als Vorbild der Kirche, berufen ist, die Braut des auferstandenen Isaaks zu sein. Später haben wir in Jakob die vorbildliche Geschichte des jüdischen Volkes.
In Sara stellt uns Gott den Grundsatz der Verbindung des Menschen mit der unvermischten Gnade ohne Gesetz vor Augen, während Hagar als ein Bild des dazwischentretenden Gesetzes eingeführt wird. Isaak, in einem Gleichnis von den Toten auferstanden, zeigt uns Christus, als das Haupt, welcher sein Werk vollbracht hat und sich in der Stellung befindet, wo Er alle Ergebnisse der göttlichen Ratschlüsse aufrechterhalten kann. In dem uns vorliegenden Kapitel sehen wir, wie Abraham seinen Diener Elieser aussendet, um für Isaak ein Weib zu suchen ein klares Vorbild des Heiligen Geistes, der vom Vater ausgesandt ist, um für Jesus die Kirche, „die Braut, das Weib des Lammes“ zu suchen. Nicht Isaak holt sich ein Weib, sowie auch Christus nicht noch einmal auf die Erde kommen wird, um sich eine Kirche zu erwählen. Rebecca muss ihre Heimat verlassen und in das Land der Verheißung kommen. Dieses Kapitel zeigt uns also die Wirksamkeit des Werkes des Heiligen Geistes, sowie die Weise, in welcher eine Seele unter seine Leitung kommt und unter derselben geführt wird. Beides werden wir in Elieser und Rebecca finden.
„Abraham war alt und wohl betagt, und Jehova hatte ihn gesegnet in allem. Da sprach Abraham zu seinem Knecht, dem Nettesten seines Hauses, der allem, was er hatte, vorstand: Lege deine Hand unter meine Hüfte, dass ich dich schwören lasse bei Jehova, dem Gott des Himmels und der Erde, dass du meinem Sohn kein Weib nimmst von den Töchtern der Kanaaniter, unter welchen ich wohne, sondern dass du ziehst in mein Vaterland, und in meine Heimat, und nimmst meinem Sohn Isaak ein Weib“ (V 14). Wir sehen hier in Elieser den Verwalter aller Güter seines Herrn; nicht er, sondern der Sohn ist der Erbe. In gleicher Weise verfügt der Heilige Geist über alles; er nimmt die Dinge Christi und teilt sie uns, d. h. der Versammlung mit.
„Und der Knecht sprach zu ihm: Wie, wenn das Weib mir nicht wollte folgen in dies Land, soll ich dann deinen Sohn wiederbringen in jenes Land, daraus du gezogen bist? – Und Abraham sprach zu ihm: Davor hüte dich, dass du meinen Sohn nicht wieder dahin bringst“ (V 5–6). Es ist unmöglich, dass irgendeine Verbindung existiere zwischen Christus und der, Welt. Isaak holt Rebecca nicht; sie muss kommen; und zu diesem Zweck gibt Abraham dem Diener seine Befehle. Und anstatt weitere Fragen zu stellen, macht sich der Diener bereit und begibt sich auf den Weg nach Mesopotamien, nach der Stadt Nahors, ohne weitere Befehle empfangen zu haben (V 10 ff). In gleicher Weise müssen auch wir uns vor allem durch das Wort Gottes leiten lassen. Der natürliche Verstand kann sich bis auf einen gewissen Punkt ein Urteil bilden; aber auf diese Weise entfernt sich die Seele aus der Gegenwart Gottes, selbst wenn wir Dinge tun, die nach seinem Willen sind. Wenn wir zu überlegen anfangen, so ist Unschlüssigkeit vorhanden; wir beraten uns mit Fleisch und Blut. Das Erste, was wir zu tun haben, ist, uns in die Gegenwart Gottes zu stellen. Anderswo ist weder Weisheit noch Macht. Wandeln wir aber diesen Segenspfad, so empfangen wir von Gott die uns nötige Einsicht. Die Reife des Dieners Abrahams liefert uns hierzu einen Beweis.
Und Elieser betet: „O Jehova, du Gott meines Herrn Abraham!“ (V 12) das ist bemerkenswert. Er sagt nicht: „Mein Gott!“ Die Verheißungen waren dem Abraham gegeben; und Gott hatte sich als der Gott Abrahams offenbart. Der Diener zeigt sich hier in gänzlicher Abhängigkeit; wir finden ihn auf dem Weg der Verheißungen als jemanden, der sich nicht erhebt, sondern der, den Ratschlüssen Gottes gemäß in völliger Abhängigkeit handelnd, nur da seinen Wanderstab ruhen lässt, wo Gott die Segnungen hingestellt hatte; denn die Verheißungen waren dem Abraham gegeben worden. Für uns ist jede Segnung in Christus; dort finden wir die Antwort auf unsere Bitten. Daher wünschen wir nicht anderswo etwas zu erlangen, als da, wo Gott seine Segnungen hingestellt hat, nämlich nur auf dem Weg des Gehorsams des Glaubens.
Elieser wendet sich an den Gott Abrahams, seines Herrn, und bittet Ihn, an seinem Herrn Barmherzigkeit zu üben. Er sagt: „Jehova, du Gott meines Herrn Abraham, begegne mir heute und tue Barmherzigkeit an meinem Herrn Abraham! Siehe ich stehe hier bei dem Wasserbrunnen, und der Leute Töchter in dieser Stadt werden herauskommen, Wasser zu schöpfen. Wenn nun eine Jungfrau kommt, zu der ich spreche: Neige deinen Krug und lass mich trinken, und sie sprechen wird: Trinke, ich will deine Kamele auch tränken, dass sie die sei, so du deinem Diener Isaak beschert hast, und ich daran erkenne, dass du Barmherzigkeit an meinem Herrn getan hast“ (V 12–14). – Elieser lässt Gott handeln, und er will sehen, was Er tut. Ein herrliches Beispiel für uns! Gott will handeln, und wir können zusehen.
„Und ehe er ausgeredet, siehe, da kam heraus Rebecca, die Tochter Betuëls, der ein Sohn der Milka war, des Weibes Nahors, des Bruders Abrahams, und trug ihren Krug auf ihrer Achsel. Und sie war von Angesicht eine sehr schöne Tochter, eine Jungfrau, und kein Mann hatte sie erkannt; die stieg zum Brunnen hinab, und füllte ihren Krug, und stieg herauf. Da lief ihr Elieser entgegen und sprach: Lass mich doch ein wenig Wasser trinken aus deinem Krug! Und sie sprach: Trinke, mein Herr! Und sie ließ den Krug eilend auf ihre Hand hernieder und tränkte ihn. Und da sie ihn getränkt hatte, sprach sie: Ich will deinen Kamelen auch schöpfen, bis sie genug getrunken haben! Und sie eilte und leerte den Krug in die Tränke und lief abermals zum Brunnen, zu schöpfen, und schöpfte allen seinen Kamelen. Der Mann aber verwunderte sich über sie und schwieg stille“ (V 15–21). Woher kam es, dass Elieser, nachdem sein Gebet eine solche Antwort empfangen hatte, stille schwieg und nicht sogleich sein Vorhaben ausführte? Die Ursache ist für uns alle höchst bemerkenswert. Welches auch die augenscheinliche Offenbarung der Hand Gottes sein mag, so gibt es doch im Wort Gottes eine ausdrückliche Regel, auf welche der Christ stets aufmerksam sein soll und welche er nicht vernachlässigen darf wegen der Schwachheit, womit er das, was Gott ist, zu unterscheiden vermag. Der Glaube sieht auf die Macht Gottes; aber er beurteilt alle Dinge nach dem Wort Gottes; denn Gott kann nicht anders, als seinem Wort gemäß handeln, und der mit Ihm in Gemeinschaft stehende Diener muss dieselben Pfade einschlagen. Und ob selbst Zeichen vorhanden sein mögen, so darf er doch in Nichts entscheiden, bevor der Wille Gottes nach seinem Wort ins Licht getreten ist; er muss sagen können: Dieses ist wirklich Gott gemäß.
„Als nun die Kamele alle getrunken hatten, nahm er einen goldenen Ring, eines halben Schekels schwer, und zwei Armbänder an ihre Hände, zehn Schekel Goldes schwer, und sprach: Meine Tochter, wem gehörst du an? Das sage mir doch. Haben wir auch Raum, in deines Vaters Haus zu Herbergen? Sie sprach: Ich bin Betuëls Tochter, des Sohnes Milkas, den sie dem Nahor geboren. Und sprach weiter zu ihm: Vs ist auch viel Stroh und Futter bei uns, und Raum genug zu Herbergen. Da neigte sich der Mann und betete an“ (V 22–25). Gott hatte dem Wunsch Abrahams völlig entsprochen; und Elieser ist überzeugt, dass er erhört worden ist. Ehe Letzterer aber weitergeht, ja, ehe er die Schwelle des Hauses überschreitet, beugt er sich zur Erde nieder und betet an; denn, erkennend die Dazwischenkunft Gottes in dieser Sache, sagt er: „Gelobt sei Jehova, der Gott meines Herrn Abraham, der seine Barmherzigkeit und Wahrheit nicht verlassen an meinem Herrn; denn Jehova hat mich den Weg geführt zu meines Herrn Bruders Haus“ (V 27).
Dasselbe sehen wir bei Daniel. Er betet mit seinen Gefährten, und nachdem er die Offenbarung des Traumes empfangen hat, geht er nicht sogleich zum König, wie dieser es befohlen oder angeordnet hatte, sondern preist zuerst Gott für die Offenbarung des Traumes, welchen der König wissen wollte. So ist es immer, wenn wir dem Herrn den Ihm gebührenden Platz in unseren Herzen eingeräumt haben. Wir fühlen es dann, dass Er es ist, welcher wirkt, und wir danken Ihm.
„Und die Tochter lief und sagte solches alles an in ihrer Mutter Haus. Und Rebecca hatte einen Bruder, der hieß Laban, und Laban lief zu dem Mann draußen bei dem Brunnen. Und als er die Spangen und Armbänder an seiner Schwester Hand sah, und die Worte seiner Schwester Rebecca hörte, dass sie sprach: Also hat der Mann zu mir geredet! kam er zu dem Mann, und siehe, da stand er bei den Kamelen am Brunnen. Und er sprach: Komm herein, du Gesegneter Jehovas! Warum stehst du draußen? Ich habe das Haus geräumt, und für die Kamele Platz gemacht“ (V 25–31).
Laban und Betuël, nachdem ihnen der Diener Abrahams alle Umstände seiner Reise bis zu dem Augenblick seiner Ankunft mitgeteilt hatte, erkennen beide, dass die Sache von Jehova ausgegangen ist, und sind gezwungen zu sagen: „Wir können nichts, weder Gutes noch Böses wider dich reden“ (V 50). So wird es immer sein. Wenn wir in den Umständen unseres christlichen Lebens in gänzlicher Abhängigkeit von Gott handeln, so wird er unseren Weg ebnen, und sogar wegen dieser Abhängigkeit von Ihm, in welcher wir leben, unsere Feinde beschwichtigen. „Welt wir Jehova stets vor uns gestellt, so ist Er zu unserer Rechten; wir werden nicht wanken“ (Ps 16,8). Wenn ich etwas von Gott erbeten und seine Antwort empfangen habe, so handle ich mit Zuversicht in der Überzeugung, dass ich im Weg seines Willens bin. Ich bin glücklich und befriedigt. Begegne ich einer Schwierigkeit, so hält sie – mich nicht auf; sie ist nur ein Hindernis, über welches der Glaube siegen muss. Mangelt mir aber diese Gewissheit, so bin ich unentschieden, und weiß nicht, was ich tun soll. Es kann dies eine Prüfung für meinen Glauben sein, oder auch eine Mahnung, das nicht zu tun, was ich zu tun im Begriff bin. Ich bin unschlüssig; selbst beim Vollbringen des Willens Gottes bin ich ungewiss, ob es der Wille Gottes ist; und wie könnte ich dabei glücklich sein? Darum, bevor ich zu handeln beginne, muss ich Sorge tragen, versichert zu sein, dass ich den Willen Gottes tue.
Bemerken wir noch im Vorbeigehen, dass Gott alles anordnete nach den Wünschen Eliesers. Und dieses wird selbstredend bei allen der Fall sein, welche ihre Freude im Herrn finden. Alle Räder der Vorsehung Gottes bewegen sich im Weg seines Willens, den ich zu vollbringen trachte. Durch das Wort gibt mir der Heilige Geist den Willen Gottes zu erkennen; und dieses ist alles, dessen ich bedarf. Gott macht, dass alle Dinge zur Erfüllung seines Willens mitwirken. Wenn wir, geleitet durch göttliches Verständnis, dem Willen Gottes gemäß wandeln, so hilft Er uns in der Erfüllung seines Willens und seiner Absichten. Wir bedürfen dieser geistlichen Unterscheidungskraft, und eines beständigen Zunehmens in aller Weisheit und geistlichem Verständnis. „Wenn nun dein Auge einfältig ist, so wird dein ganzer Leib licht sein.“ Wenn ich auch nicht weiß, wohin mich mein Weg führen wird; aber ich betrete diesen Weg, auf welchem ich zu wandeln berufen bin und überlasse Gott das Übrige. Ebenso machte es der Diener Abrahams. Den Willen Gottes erkennend, überschritt er die Schwelle des Hauses.
„Also führte er den Mann ins Haus. ... Und man setzte ihm zu essen vor. Er aber sprach: Ich will nicht essen, bis ich zuvor meine Sache vorgetragen habe. Er antwortete: Sage her“ (V 32–33). – Welche Charakterfestigkeit finden wir bei diesem Diener! Wie ganz anders steht es um einen unentschlossenen Menschen! Er berät sich bald mit dem einen, bald mit dem anderen, um zu wissen, wie er handeln soll. Und wenn er den Wunsch hat, seinen eigenen Willen zu tun, so wird er die, welche ebenso wenig Glauben haben, wie er, um Rat fragen. Paulus beriet sich nicht mit Fleisch und Blut (Gal 1). Er wusste, dass Christus ihn berufen hatte, und ging vorwärts. – Elieser, von seinem Auftrag erfüllt, nimmt die ihm vorgesetzte Speise nicht an. Er tut, was ihm obliegt. Eins der Geheimnisse des Lebens des Christen, sobald derselbe den Willen Gottes erkennt, ist, den erhaltenen Auftrag auszuführen und seiner Beschäftigung keinen Aufschub zu gestatten, selbst wenn es sich um die Befriedigung seiner leiblichen Bedürfnisse handelt. Dieses ist die Wirkung und der Beweis des Werkes des Heiligen Geistes. Elieser wünscht, sich seines Auftrags entledigen zu können.
Und um was handelte es sich? Um das Interesse und um die Ehre Abrahams, seines Herrn. Abraham hatte ihm die Angelegenheiten seines Sohnes Isaak anvertraut. Ebenso hat Gott uns hienieden die Verherrlichung Jesu, seines Sohnes, anvertraut, und durch den Heiligen Geist, welcher uns gegeben ist, beschäftigen wir uns mit dieser Verherrlichung, d. h. wenn unserer Stellung gemäß, in welche uns Gott gesetzt hat, das Auge einfältig und ein geistliches Verständnis vorhanden ist. In diesem Fall wird sich bei uns keine Unschlüssigkeit, kein Schwanken zeigen; wenn wir auf unserem Platz sind, so handeln wir frei und mit freudigem Herzen. Beschäftige ich mich mit meinen Annehmlichkeiten, mit meinen Interessen, mit meiner Familie, kurz mit dem, was mich betrifft, dann berate ich mich mit Fleisch und Blut, und ich werde tausenderlei Dinge entdecken, die einem schnellen Gehorsam im Weg stehen. Wenn ich hingegen nach den Interessen Christi frage, so ist die Sache sogleich entschieden. Denke ich an irgendetwas anderes, was es auch sein möge, so ist sicher mein Herz nicht mit der Verherrlichung Christi beschäftigt, und ich habe kein Vertrauen zu dem, der mich in diese Stellung gesetzt hat.
Elieser denkt immer an Abraham, der alles seinen Händen übergeben hatte. Dieselbe Richtung nehmen seine Gedanken, wenn er mit der Rebecca von den Vorrechten und den Reichtümern des Hauses seines Herrn spricht. Sind unsere Herzen mit dem Heiligen Geist erfüllt, dann wird es auch mit uns also sein. Es ist sehr wichtig und notwendig, uns immer daran zu erinnern, dass Gott uns die Verherrlichung Jesu anvertraut hat. Wie und in welcher Weise können wir dieses tun? Er wirkt in uns, und wir sollen Ihn ungehindert wirken lassen. Es ist sein Wille, sich in uns durch die Gegenwart des Heiligen Geistes zu verherrlichen. Wir sehen dieses bei den Knechten, denen fünf und zehn Talente anvertraut worden waren. Elieser sagt mit Bestimmtheit: „Ich werde nicht essen, bis ich zuvor meine Sache vorgetragen habe.“ Er ist so sehr mit der Ehre seines Herrn beschäftigt, dass er jede Speise ausschlägt, bis er sich seines Auftrags entledigt hat. In solcher Weise erfüllt man den Willen Gottes. Elieser teilt dem Laban alles mit und erzählt ihm, wie der Herr ihn geleitet habe. Alles geschieht ohne vernünftelnde Überlegung; er folgt der Weisung Gottes und überlässt Gott den Ausgang der Sache. „Und Laban und Betuël antworteten und sprachen: Diese Sache ist von dem Herrn gekommen“ (V 50).
Wenn wir, anstatt unsere Zeit mit vernünftelnden Überlegungen zu verlieren, einfacher und gehorsamer wären und die Dinge so darstellten, wie der Heilige Geist sie uns mitteilt, so würde das Resultat gewiss ein besseres sein; aber leider stellen wir oft unsere menschliche Weisheit an den Platz der Gebote Gottes. Die ganz einfach ausgesprochenen Worte haben meistens die größte Wirkung. Petrus sagte im Auftrag Gottes zu den Juden: „Den Fürsten des Lebens habt ihr getötet!“ (Apg 3) Welche Wirkung hatten diese einfachen Worte!
Wenn wir die Dinge auffassen, wie sie in den Augen Gottes sind, und sie den Menschen in ungeschminkten Worten darstellen, so begleitet der Heilige Geist dieses Zeugnis; und die Gewissen werden ergriffen. Wenn wir uns in solcher Einfachheit mit den Dingen Gottes beschäftigen, so werden wir sicher zu einem jeglichen sprechen nach dem Zustand, in welchem sich derselbe vor Gott befindet. Erkenne ich in dem, mit welchem ich verkehre, einen Verlorenen, so wird es von Nutzen sein, wenn ich ihm dieses in der einfachsten Weise sage; und sicher werden meine im Geist der Sanftmut ausgesprochenen Worte von dem Segen des Herrn begleitet sein.
„Da aßen und tranken sie samt den Männern, die bei ihm waren, und blieben über Nacht daselbst. Des Morgens aber standen sie auf, und er sprach: Lasst mich ziehen zu meinem Herrn. Aber ihr Bruder und ihre Mutter sprachen: Latz doch die Dirne einen Tag oder zehn bei uns bleiben, danach sollst du ziehen. Da sprach er zu ihnen: Haltet mich nicht auf; denn der Herr hat meinem Weg Glück gegeben; lasst mich, dass ich zu meinem Herrn ziehe“ (V 54–56).
Wir sehen, dass Elieser zur Abreise eilt; er muss diese Angelegenheit schnell zum Abschluss bringen, um Rebecca dem Sohn seines Herrn zuzuführen. Darum, sobald sein Auftrag vollendet ist, sagt er: „Haltet mich nicht auf!“ Er kümmert sich nicht um das Haus Labans; er schenkt der Bitte des Bruders keine Aufmerksamkeit; die Interessen des Hauses seines Herrn gehen ihm über alles. Die Liebe zu seinem Herrn macht, dass er vor allem Rücksicht auf seinen Befehl nimmt. Wie häufig fehlen wir in diesem Punkt! Wir schonen das Fleisch, und vernachlässigen das, was wir Gott schuldig sind. Im Grund wollen wir uns selbst schonen, indem wir fürchten, anderen nicht angenehm zu sein. Und doch haben wir so oft gesehen, wie Gott solche segnet, die mit Einfachheit und ohne Furcht die Wahrheit verkündigen.
„Da sprachen sie: Lasst uns die Dirne rufen und fragen, was sie dazu sagt. Und sie riefen Rebecca und sprachen zu ihr: Willst du mit diesem Mann ziehen? Sie antwortete: Ja, ich will mit ihm ziehen“ (V 57–58).
Hier ist kein Zaudern. Welch ein herrliches Bild von der Braut des Lammes! Auch sie sagt durch die Wirkung des Heiligen Geistes: „Ich werde gehen.“ Sie entschließt sich augenblicklich und in der entschiedensten Weise und verlässt alles. „Ich werde gehen!“ sagte sie. Prüfen wir hier die Lage Rebekkas. Sie besaß weder das Haus Labans, noch dasjenige Isaaks. So ist es auch mit uns Christen. Wir besitzen weder die Erde, auf der wir uns befinden, noch den Himmel, wohin wir auf dem Weg sind. Rebecca hat alles verlassen und gesagt: „Ich werde gehen.“
Unterwegs beschäftigt Elieser, ein Vorbild des Heiligen Geistes, Rebecca mit dem, was im Haus des Vaters ihres Bräutigams ist. Welch eine köstliche Unterhaltung für die Seele, welche nötig hat, durch den Anblick dieser Dinge ermuntert zu werden, um die Mühen und Schwierigkeiten des Weges ertragen zu können, und ihre Gedanken nicht zu befassen mit dem väterlichen Haus oder dem eben Verlassenen Land! Denn Rebecca reist, wie wir, durch die Wüste; und Elieser, der treue Diener und ihr Begleiter, befleißigt sich, sie zu trösten, mit ihr von den kostbaren Dingen im Vaterhaus Isaaks zu reden, und es ihrem Gedächtnis tief einzuprägen, wie groß und mächtig der Vater sei, und wie er alles seinem Sohn zum Besitztum gegeben habe (V 36).
Wie bereits erwähnt, ist dieser Diener für uns ein Vorbild des Heiligen Geistes, des Trösters, welcher uns auf der Reise durch diese Wüste mit Kleinodien beschenkt und uns Mitteilungen macht über alles das, was sich für die, welche die Braut Christi sind, im Haus des Vaters befindet. Er gibt uns Zeugnis von Jesu; Er nimmt das, was Christi ist, und verkündigt es uns. Er ist es, der uns „in die ganze Wahrheit leitet“, und der uns alles lehrt, während wir die Wüste dieser Welt durchreisen.
Hätte Rebecca gezögert, wäre ihr Herz mit Erinnerungen an das soeben verlassene Land erfüllt gewesen, so würde sie unglücklich gewesen sein bei dem Gedanken, dass sie jetzt weder das Haus Betuëls, ihres Vaters, noch dasjenige Isaaks, ihres Bräutigams, besitze. Da sie alles verlassen hatte, und weder das eine, noch das andere besaß, so würde, falls sie sich damit beschäftigt, ihr in der Wüste so vereinsamtes Herz in einer höchst unerträglichen Lage gewesen sein. Aber sie hat alles hinter sich zurückgelassen; und indem sie sich mit Weser unterhält, beschäftigt sie sich mit dem, was für ihr Herz ein wahres Interesse hat, und erhebt sich höher, als die Dinge, welche sie für immer verlassen hat. Friedlich und getrost zieht sie vorwärts der Wohnstätte ihres Bräutigams entgegen.
Der Christ, welcher nicht geistlich, sondern eher weltförmig ist, hat ein trauriges Los; er kann nicht glücklich sein, wenn er die Welt sucht. Der Weltmensch hat wenigstens etwas; er macht die Probe der schnell dahineilenden Vergnügungen, und findet, wie verabscheuungswürdig sie auch sein und wie viele neue Begierden, ohne Befriedigung zu gewähren, sie auch wecken mögen, einen flüchtigen Genuss darin, während hingegen der Christ, weil er ein durch den Heiligen Geist beschwertes Gewissen in sich trägt, sich unbehaglich und unglücklich darin fühlt. Wie könnte er glücklich sein, wenn er sein Vergnügen in den Dingen der Erde sucht, sein Herz vom Herrn abwendet und aufhört. Ihm zu folgen! Er kann das ihn verklagende Gewissen nicht beruhigen; und weil er den Mahnungen des Heiligen Geistes nicht Gehör gegeben hat und Wege des Fleisches gegangen ist, so gibt es für ihn keine Freude. Die geistlichen Dinge, welche sein Glück hätten ausmachen sollen, treten gleichsam wie Kläger wider ihn auf, sobald er mit ihnen in Berührung kommt. Doch – Gott sei gepriesen! – wir sind unter der Gnade dessen, der uns berufen hat, und der uns, wenn wir geirrt haben, um seines Namens willen wieder auf die ebene Bahn zurückführt. Wenn wir gesündigt haben, so haben wir einen Sachwalter bei dem Vater, der für uns bittet; und Gott, welcher treu ist, hilft uns wieder zurecht, wenn wir uns an Ihn wenden. „Was willst du deinem großen Namen tun?“ (Jos 7,9) zudem ist die Herrlichkeit Gottes bei unserer Wiederherstellung interessiert; und das ist Gnade. Ja, wir haben einen Heiland, der für uns beim Vater Fürbitte tut, und der sich bemüht, uns zurück zu führen zu dem Gott aller Gnade, welcher das in uns angefangene Werk vollführen wird bis auf den Tag Jesu Christi, indem Er alles vollbringt, was zu unserem Heil nötig ist.
Elieser führt Rebecca zu ihrem Bräutigam; und ebenso führt uns der Heilige Geist bis ans Ende, bis ans Ziel! Das Erste, welches Rebecca erblickt, ist Isaak; und Isaak führt sein Weib in das Zelt seiner Mutter. Rebecca, im Besitz ihres Bräutigams, kümmert sich um nichts anders; sie denkt jetzt nicht mehr an die ihr gehörenden Kleinodien und Schätze, sondern an den Bräutigam selbst. Die Hauptsache war, die Braut nicht den Reichtümern, sondern sie dem Bräutigam zuzuführen. – Wenden wir nun das uns vorliegende Bild auf uns an, so sehen wir, wie Gott uns durch den Heiligen Geist in dieser Welt gesucht hat. Er hat uns gefunden; Er will, dass wir nicht zögern, Ihm zu folgen, nachdem wir gesagt haben: „Ich werde gehen;“ – und Er bringt uns in die Gegenwart Jesu. Der Heilige Geist begleitet uns auf dem Weg, um unsere Stütze und unser Tröster zu sein, um zu unserer Aufmunterung mit uns zu reden von den Segnungen und der Herrlichkeit, die unser Teil sein werden, und um uns einzuführen in die Gegenwart Jesu, unseres himmlischen Bräutigams. Bald werden wir bei Ihm sein und von Ihm ins Vaterhaus geführt werden.
Was nun die Art und Weise der Wirkungen des Heiligen Geistes betrifft, so kann sie aus mancherlei Gründen ganz und gar verschieden sein; aber die Wirkung seiner Macht ist in der Tat vorhanden. Der wesentliche Grundsatz unserer Berufung muss sich stets darin erweisen, dass wir uns mit Entschiedenheit entschließen, uns durch den Heiligen Geist führen zu lassen, und dass wir ohne Zögern vorwärts eilen, weil wir wissen, dass wir unter dieser Leitung das ersehnte Ziel erreichen, und also „allezeit bei dem Herrn sein werden.“
Möge der Herr in seiner Gnade uns allen diese Entschiedenheit schenken, der Leitung des Heiligen Geistes mit willigem Herzen zu folgen! Amen.