Botschafter des Heils in Christo 1868
Was ist der Glaube?
Diese Frage finden wir aufs einfachste und klarste beantwortet in Hebräer 11,1, wo wir lesen: „Der Glaube ist die Verwirklichung dessen, was man hofft, und die Überzeugung dessen, was man nicht sieht.“ Er hat nur eine Richtschnur, nur ein Fundament: das Wort Gottes, weil es das Wort dessen ist, der nicht lügen kann und alle Dinge kennt. In diesem untrüglichen Licht beurteilt der Glaube alle gegenwärtigen und alle zukünftigen Dinge und täuscht sich nimmer. Der Unglaube hat eine ganz andere Richtschnur und Basis; er stützt sich nicht auf Gott und sein Wort, sondern auf die Kreatur und die sichtbaren Dinge und wird immer betrogen, so sicher er sich auch wähnen mag. Der Glaube aber hält sich fest an dem, das man noch nicht hat und noch nicht sieht, so ungereimt dies dem Unglauben auch zu sein scheint; er macht die zukünftigen Dinge gegenwärtig und wirklich und erfreut sich darin, und die gegenwärtigen Dinge betrachtet er im Licht der Ewigkeit, und schlägt sie aus als eitel und nichtig. Wir finden dies so augenscheinlich bei den in Hebräer 11 erwähnten Gläubigen. Henoch wandelte mit Gott, als wäre er schon droben und sähe den Unsichtbaren. Sein Glaube versetzte ihn in die Nähe Gottes, erquickte sein Herz durch dessen Gegenwart und durch den Genuss der himmlischen Dinge. Das, was er hoffte, machte sein Glaube schon im Voraus, während er noch hienieden war, für ihn zur Wirklichkeit; und Gott hatte Wohlgefallen an ihm, weil der Glaube allezeit Gott die Ehre gibt. – Noah baute, sobald er einen göttlichen Ausspruch von dem das noch nicht zu sehen war, empfangen hattet eine Arche zur Rettung seines Hauses. Sein Glaube stützte sich auf den göttlichen Ausspruch, dass „das Ende alles Fleisches vor Ihn gekommen sei“, und zögerte keinen Augenblick nach diesem Ausspruch zu handeln, wenn auch noch kein Wölkchen den Himmel trübte, und alles um ihn her luftig und guter Dinge war. – Moses „wählte lieber, mit dem Volk Gottes Ungemach zu leiden als die zeitliche Ergötzung der Sünde zu haben, indem er die Schmach Christi für größeren Reichtum hielt, als die Schätze Ägyptens; denn er schaute auf die Belohnung hin“ (Heb 11,25–26). So beurteilt der Glaube die gegenwärtigen wie die zukünftigen Dinge stets im Licht des Wortes Gottes, und dies mit einer solchen Gewissheit, dass er das Hoffende zur Wirklichkeit und das Unsichtbare als sichtbar macht.