Botschafter des Heils in Christo 1866

Der Friede mit Gott

Es gibt eine nicht geringe Zahl von Personen, die, obwohl sie in Betreff ihrer Seelen gänzlich in Ruhe zu sein scheinen, dennoch nicht zu sagen wagen, dass sie Frieden mit Gott gefunden haben, nämlich den Frieden, der der Erkenntnis jener Wahrheit entspricht, dass „der Herr ihnen ihre Ungerechtigkeit nicht zurechnet“ (Ps 33,2). Und doch ist es eine sehr ernste Sache, daran zu denken, dass der Friede, welcher eine andere Quelle hat, ein durchaus falscher Friede ist und keineswegs der Friede mit Gott. Nun gibt es zwei Arten eines falschen Friedens. Zuerst gibt es einen Frieden, welcher das traurige Resultat der gänzlichen Sorglosigkeit und Gleichgültigkeit hinsichtlich unserer Seelen ist. Wir sehen eine große Menge wandeln den „breiten Weg, der zur Verdammnis führt“; (Mt 7,13) und dennoch die große Frage zwischen Gott und ihren Seelen ruft nimmer ein Nachdenken in ihnen wach, wiewohl wir wissen, dass Gott früher oder später mit einem jeglichen persönlich in Betreff dieser Frage abrechnen wird, und zwar entweder jetzt in der vollsten Gnade kraft des für Sünder vergossenen Blutes Jesu, oder, wenn wir diese Gnade geringachten, später in dem ernsten, das Herz prüfenden Gerichte, „in der Offenbarung des Herrn Jesus vom Himmel, mit den Engeln seiner Macht, in einer Feuerflamme, um denen Vergeltung zu geben, die Gott nicht kennen, und denen, die nicht dem Evangelium unseres Herrn Jesus Christus gehorchen“ (2. Thes 1,7 8).

Dann gibt es aber auch solche, die, während ihr Gewissen sie verklagt (Röm 1), dasselbe auf einem Weg zu beruhigen suchen, den Gott nicht gezeigt hat. Sie sind bemüht, sich durch den Gedanken zufrieden zu stellen, dass sie nicht so schlecht seien, wie viele ihrer Mitmenschen; sie sind keine Mörder, keine Ehebrecher, keine Lästerer und dergleichen; und ferner sind sie vielleicht sogar religiöse Leute; sie kommen den Vorschriften des öffentlichen Gottesdienstes nach, so viel es in ihren Kräften steht; sie lesen das Wort Gottes und halten täglich ihre Gebete; und mithin meinen sie, auf einem solch friedfertigen Wege vorangehen zu können, ohne großes Aufsehen zu machen.

Aber ach! weder Diese noch jene besitzen Frieden mit Gott; und alle, welche sich mit diesem Scheinfrieden begnügen, gleichen jenen, welche rufen: „Friede! und ist doch kein Friede“ (Hes 13,10).

Weder der Friede, der einer sorglosen Gleichgültigkeit, noch derjenige, welcher der Eigengerechtigkeit entspringt, können als Frieden mit Gott bezeichnet werden. Sie haben beide der heiligen Wirklichkeit gleichsam gänzlich den Rücken gewandt. Der erstgenannte Friede kann als der Friede des Ungläubigen, und der andere als der Friede der falschen Religion bezeichnet werden; beide sind falsch – beide leiten unvermeidlich ins gewisse Verderben – beide stehen in schroffem Gegensatz mit dem Frieden, welcher aus der Erkenntnis der reinigenden Wirksamkeit des Blutes des Herrn Jesus Christus hervorfließt. Denn wie könnte es der wahre Friede sein, der in der Unwissenheit oder in der Gleichgültigkeit, gegenüber einer nicht zu leugnenden Gefahr, seinen Grund hat? Und gewiss, ein jeglicher, welcher sich mit einem solchen Frieden begnügt, gleicht einem Menschen, der in einem brennenden Haus oder am Rand eines schrecklichen Abgrundes ruhig fortschläft. –

Ebenso wenig kann jener Friede als der wahre bezeichnet werden, der unsere Werke, unsere Buße, unsere Trauer, unsere Tränen, unsere Gebete, unser Fasten, unsere Tugenden, unsere Gefühle und Erfahrungen, unsere Erkenntnis, unseren Dienst, oder sonst etwas zu seinem Fundament hat. Der Friede kann in keinerlei Weise mit uns selbst in Verbindung stehen; er muss einzig und allein in dem vollbrachten Opfer Christi seine Quelle haben – in Ihm, welcher durch sein eigenes Opfer das Werk der Versöhnung vollendet und für immer Frieden gemacht hat.

Auch möge der Leser es sich merken, dass das Werk Jesu nicht erst, nachdem es von Seiten des Menschen gewürdigt und anerkannt ist, den Frieden mit Gott geben kann, sondern dass alles in der Würdigung und der Anerkennung von Seiten Gottes seinen Ruhepunkt findet. Das Blut Jesu ist und bleibt immer dasselbe in den Augen Gottes; und auf dieses Blut und auf nichts anderes ist der wahre Friede gegründet.

Es ist daher eine höchst wertvolle und trostreiche Sache, dass man jedem mit Sünden beladenen Gewissen zurufen darf: „Nicht das Werk des Heiligen Geistes in uns, sondern das Werk Christi für uns gibt uns Frieden.“

Und nun, mein Leser, mache einen Augenblick Halt, weil ich über diesen wichtigen Punkt gern ein wenig mit dir reden möchte. Wende dich nicht ab, indem du sagst, dass du dieses alles längst vorher gehört hast und nicht wünschest, es noch einmal zu hören. Sei versichert, es rückt ein Tag heran, an welchem du für tausend Welten nicht wünschen wirst, der dir im Namen Jesu Christi angekündigten Gnade und Barmherzigkeit ein taubes Ohr geboten zu haben. Damm, wenn du deine Seele lieb Haft, so höre mir zu.

Zunächst möchte ich die Frage an dich richten, ob du einer von denen bist, welche gemächlich in der Welt sitzen und sagen: „Es soll morgen sein wie heute; es ist noch sehr großer Vorrat“ (Jes 56,12). Vielleicht denkst du, dass, „weil alles so bleibt von Anfang der Schöpfung an, der Herr seine Verheißung verzieht“ (2. Pet 3,4–9). Aber täusche dich nicht; denn „Gott hat einen Tag festgesetzt, an welchem Er den Erdkreis in Gerechtigkeit richten wird durch den Mann, den Er bestimmt hat, welches zu glauben Er allen Menschen Grund gegeben, da Er Ihn auferweckt hat aus den Toten“ (Apg 17,31). „Denn es wird offenbart Gottes Zorn vom Himmel über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen, welche die Wahrheit in Ungerechtigkeit besitzen“ (Röm 1,18). – „Welche Seele sündigt, die soll sterben“ (Hes 18,4). – „Verflucht jeder, der nicht in allem bleibt, was geschrieben ist im Buch des Gesetzes, es zu tun“ (5. Mo 27,26; Gal 3,10). – das sind die wahren Worte Gottes; wie kannst du noch ruhig bleiben? Der Bluträcher geht seinen Weg; (4. Mo 35) und findet er dich außerhalb der Mauern der „Freistätte, so wird Blut für Blut fließen.“

In der Tat, solch ernste Worte sollten dich aus deinem traurigen Schlummer aufwecken. Hüte dich, vor ihnen dein Ohr zu verschließen, bis vielleicht – ach, wie entsetzlich! – dein Schlummer erst dann endet, wenn jede Hoffnung für dich abgeschnitten ist. Aber, mein teurer Leser, denke nicht, dass ich dich zu beunruhigen wünsche – nein; ich werde keine Art von Furcht in deinem Herzen zu wecken vermögen, die „das Evangelium der Herrlichkeit des seligen Gottes“ nicht mit einem Mal beseitigen könnte. Mein einziger Wunsch ist nur. Dich von einem falschen Frieden hinweg zu schrecken, in welchem du die Tage deines Lebens in törichter Weise zubringst, und welcher unausbleiblich deine arme Seele einmal ins ewige Verderben hineinstürzen wird.

Aber vielleicht hast du begonnen, ernstlich über deine Seele und über die Ewigkeit nachzudenken. Vielleicht verurteilt dich dein Gewissen und sagt dir, dass du ein verdammungswürdiger Sünder bist und dass es schrecklich ist, in die Hände eines heiligen und gerechten Gottes zu fallen. Wenn dieses der Fall ist, so trachte nur nach jenem Frieden, welchen Christus gemacht hat durch „das Blut seines Kreuzes“ (Kol 1,20). viele sind, sobald sie ihre Gefahr zu entdecken beginnen, gleich bemüht, „ihre eigene Gerechtigkeit aufzurichten“, anstatt sich der „Gerechtigkeit Gottes zu unterwerfen“ (Röm 10,3). Ist dieses auch deine Weise? Vielleicht bist du sowohl ein religiöser, als auch ein ehrbarer, sittlicher Mann – vielleicht bist du stets den Vorschriften der bekennenden Kirche mit allem Fleiß nachgekommen – vielleicht liest du die Bibel, betest täglich und bist gern in Gesellschaft derer, die sich oft über religiöse Dinge unterhalten. Alles dieses ist an seinem Platz recht gut; aber wie? baust du den Frieden deines Gewissens auf die bloße Verrichtung dieser Dinge? Kannst du wirklich sagen, dass du einen festen, wohlbegründeten Frieden besitzest, der unabhängig von solchen Übungen ist; und dass du diese nur verrichtest; weil sie deinem Herzen Freude bereiten? 1 Hattest du Frieden mit Gott, bevor du diese und jene Dinge zu verrichten begannst? Oder verrichtest du sie, um den Schrei des Gewissens zu unterdrücken und dir auf solche Weise einen falschen Frieden zu verschaffen? Ist Letzteres der Fall, so kannst du versichert sein, dass du den wahren Frieden mit Gott noch nicht gefunden hast. Solche Dinge mögen sehr geeignet sein, um dir bei den Menschen, die nur nach dem äußeren Scheine zu urteilen vermögen, einen guten Namen zu verschaffen; aber sie werden nimmer bestehen können vor dem durchdringenden Auge dessen, welcher „ins Herzschaut“ (1. Sam 16,7). Wahrlich, ich bezweifle es sehr, dass du ganz zufrieden mit dir selbst bist. Ja, ich bin sogar gewiss, dass, wenn jemand deine inneren Gedanken belauschen könnte, man gewähren würde, dass dein eigenes Gewissen dir oft sagen wird, dass alles nicht in Ordnung sei. Und sicher wirst du nicht glauben, dass es leichter sei, dem gerechten Richterstuhl dessen, der „ein verzehrendes Feuer“ ist (Heb 12), zu begegnen, als dem Richterstuhl unseres unerleuchteten Gewissens; denn in der Tat, wir, die wir mit offenen Augen die Wahrheit Gottes verwerfen und die Lüge Satans annehmen (siehe 1. Mo 3), sind jetzt sehr unzurechnungsfähige Richter in der Beurteilung dessen, was zum Eingang in die Gegenwart des Gottes, der Licht und Wahrheit ist, fähig ist. Wenn nun „unser Herz uns verurteilt“, welches nur die auffallendsten Dinge kennt, wie wollen wir in der Gegenwart dessen bestehen, welcher „größer ist, als unsere Herzen und alle Dinge kennt?“ (1. Joh 3,20) „Alles ist bloß und aufgedeckt vor den Augen dessen, mit dem wir (persönlich) zu tun haben“ (Heb 4,13). Und wenn wir mit unserem eigenen Gewissen keinen Frieden zu erlangen vermögen, wie können wir erwarten, „mit Gott Frieden“ zu haben? (Röm 5,1) Jedes Ding, welches hinter diesem Frieden zurückbleibt, ist nur eine „Lügenzuflucht“ (Jes 28,17), die, wenn jener schreckliche Tag kommt, welcher „brennen wird wie ein Ofen“ (Mal 4), hinweggefegt werden wird. Mag große Moralität oder außergewöhnliche Religiosität das Fundament bilden – alles muss zusammenstürzen, wenn „der Platzregen herniederfällt und die Ströme kommen, und die Winde wehen“, weil „auf Sand gebaut ist“ (Mt 7,26–27). Es mag jetzt alles glatt und schön mit uns ablaufen; man mag uns als ehrbare, rechtschaffene und religiöse Leute bezeichnen; aber ach! wenn jener schreckliche Tag anbricht, so werden wir finden, dass uns all solche Eigenschaften nur Frieden mit den Menschen, aber keineswegs Frieden mit Gott zu verschaffen vermochten. O schrick doch nicht, mein teurer Leser, vor der Prüfung deines Herzens zurück und sieh genau zu, welches der Grund deiner Ruhe ist! Ist es der Fels der Zeitalter? Ist dein Anker geworfen in das „Inwendige des Vorhangs?“ (Heb 6) Wenn du wirklich Frieden hast durch die Erkenntnis des gekreuzigten und auferstandenen Christus, dann hast du das Ergebnis dieser Prüfung nicht zu fürchten, sondern dich Vielmehr dessen zu erfreuen; denn dieses und nur dieses nennt die heilige Schrift Frieden mit Gott. Aber wenn du diesen Frieden nicht entdeckt hast, ist es dann nicht eine gesegnete Sache, wenn du dadurch veranlasst wirst, jede „Lügenzuflucht“, jeden sandigen Boden, jeden falschen Frieden – Dinge, welche unausbleiblich deine Seele ins ewige Verderben stürzen – augenblicklich zu verlassen? Täusche dich nicht! „Einen anderen Grund kann niemand legen, außer dem, der gelegt ist, Jesus Christus (1. Kor 3,11); eine andere Zuflucht vor den schrecklichen Gerichten, welche bald die Erde erreichen werden, kann niemand finden, als Christus im „Inwendigen des Vorhangs“ (Heb 6,18–19); einen anderen Frieden kann niemand machen, als welcher gemacht worden ist „durch das Blut des Kreuzes“, welcher bereitet ist für alle, welche glauben wollen (Kol 1,20; Röm 5,1). Es wird nicht genügen, das Glied irgendeiner der bekennenden Kirchen zu sein; denn dort gibt es keine Kirche außer der „Kirche des lebendigen Gottes“ (1. Tim 3,15), wovon Christus das lebendige „Haupt“ ist (Eph 1,22) und wahre Gläubige die lebendigen Glieder sind (Eph 5,30), und zu welcher wir Eingang haben durch lebendigen Glauben.

Du kannst ein Glied irgendeiner Sekte sein – du kannst der Predigt des Wortes beständig beiwohnen und zu regelmäßigen Zeiten am Abendmahl des Herrn Teil nehmen – du kannst ein eifriger Beschützer des Missionswerkes, der Traktat – und Bibel – Gesellschaften, ein fröhlicher Geber zu milden Stiftungen und sogar ein beredter Prediger und Verteidiger des Christentums sein und dir wegen dieser Dinge selbst bei Christen einen Namen erworben haben; und dennoch kann dich im Geheimen dein Herz verurteilen und dir zuflüstern, dass alles nicht in Ordnung sei. Dein Herz und dein Gewissen können nimmer in Ruhe sein, als bis der Friede von Gott dein Friede ist; und du weißt sehr wohl, dass dieser Friede weder auf etwas in dir, noch auf etwas, was du getan hast, gegründet ist. Ach nein; der Friede mit Gott kann auf keinem anderen Boden ruhen, als auf dem kostbaren Blut Christi. Ruht hier dein Friede, dann bist du in Sicherheit, während im anderen Fall du durch dich oder durch andere getäuscht wirst.

Du kannst nicht zu einfach bezüglich deines Glaubens sein; du darfst nichts hinzufügen – durchaus nichts, selbst nicht das Werk des Heiligen Geistes; denn nur das vollbrachte Werk des Sohnes Gottes ist das Mittel, um Frieden zu erlangen. Nicht der Heilige Geist hat Frieden gemacht, sondern Christus hat es getan; und der Heilige Geist wird uns in dieser Weise darüber belehren; denn Er gibt Zeugnis von Christus und nicht von sich selbst. Es braucht nicht gesagt zu werden, dass der Heilige Geist und all seine kostbaren Wirkungen und Früchte für das christliche Leben durchaus nötig sind; aber hinsichtlich des Friedens des Sünders kann nur das vollbrachte Werk des Lammes Gottes als dessen Fundament bezeichnet werden.

Auf die Frage: „Wie ist denn nun der Friede Gottes zu erlangen?“ – antwortet das heilige Wort Gottes: „Nicht durch Werke der Gerechtigkeit, welche wir getan haben“ (Tit 3,5), sondern durch den Glauben an den Sohn Gottes, welcher „kam und Frieden verkündigte“ (vgl. Apg 10,36; Eph 2,17), „da Er durch das Blut seines Kreuzes Frieden gemacht hat“ (Kol 1,20). „Da wir nun sind gerechtfertigt worden aus Glauben, so haben wir (im) Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus“ (Röm 5,1). „Denn es ist kein anderer Name unter dem Himmel, der unter den Menschen gegeben ist, in welchem wir müssen errettet werden“ (Apg 4,12).

Aber, mein teurer Leser, vielleicht sagst du: „Ich glaube an den Sohn Gottes; ich glaube, dass Er in die Welt kam; dass Er unsere Sünde auf sich nahm, dass Er am Kreuz starb und am dritten Tage wieder auferstand und dass jetzt kein anderer Name existiert, durch welchen ein Sünder errettet werden kann, als sein Name.“ – Gut; dieses ist, soweit es reicht, ein rechtgläubiges Bekenntnis; aber bist du auch im Genüsse der Resultate dessen, was dein Mund bekennt? Wenn du in Wirklichkeit dieses alles glaubst, dann besitzest du ewiges Leben und göttliche Gerechtigkeit; denn „welcher glaubt an den Sohn Gottes, hat das ewige Leben“; und wiederum: „In diesem (Jesus) ist jeder Glaubende von allem gerechtfertigt“ (Apg 13,39). zu behaupten, dass man alles dieses glaube, und dabei seine vollkommene Rechtfertigung vor Gott nicht zu kennen, ist ein völliger Widerspruch. Wenn ich mich unter jenen „Allen, welche glauben“, befinde, so bin ich auch sicher „gerechtfertigt von allem“. Gott spricht also; und daher bin ich verpflichtet, es zu glauben und mich dessen zu erfreuen. Die Vollkommenheit der Rechtfertigung ist gegründet auf die Vollkommenheit des Werkes Christi. Der Glaube ergreift dieses und füllt die Seele mit Freude und Frieden. Es ist sehr wichtig, zu sehen, dass wir das Vorrecht haben, die Vergebung unserer Sünden zu wissen. Es gibt viele, welche jeden Tag der Woche ihren Glauben „an die Vergebung der Sünden“ versichern, und die es dennoch als Anmaßung bezeichnen würden, wenn jemand sagte, er glaube an die Vergebung seiner Sünden. Wir wissen, dass wir „aus dem Tod zum Leben hinübergegangen sind.“

Ist es eine Anmaßung, dem Wort Gottes zu glauben? Er hat gesagt: „Wer glaubt, hat (und nicht kann oder wird haben) das ewige Leben.“ „Weil ihr Söhne seid, so sandte Gott den Geist seines Sohnes aus in unsere Herzen, der da ruft: Abba, Vater!“ (Gal 4,6) Ist es nicht eine größere Anmaßung, „Gott zum Lügner zu machen?“ – und dieses tust du, wenn du dich nicht in der Erkenntnis der völligen Vergebung deiner Sünden erfreust. Jesus kam und machte Frieden und schenkte uns ihn als eine freie Gabe. O möchten doch viele Sünder diese gesegnete Botschaft hören und leben!

Doch vergessen wir nicht, dass diese Gnade Gottes, obgleich sie zur Rettung allen Menschen erschienen ist, uns – die wir sie empfangen haben – „unterweist, dass wir, die Gottlosigkeit und die weltlichen Lüste verleugnend, nüchtern und gerecht und gottselig leben in dem jetzigen Zeitlauf“ (Tit 2,11–12). Wer Letzteres nicht offenbart, hat sicher das Erstere nicht völlig verstanden. Der lebendige Glaube an den gekreuzigten und auferstandenen, lebendigen Sohn Gottes ist die Quelle und Wurzel, woraus alle guten Werke hervorgehen müssen. Alles, welches nicht diesen Ursprung hat, ist Gott ein Gräuel, was du selbst oder ein anderer auch davon denken mag, denn „was nicht aus dem Glauben kommt, ist Sünde“ (Röm 14,23).

Hast du diesen Glauben, mein teurer Leser, dann wird sicher auch der Frieden, welcher alle Vernunft übersteigt, nicht fehlen.

Fußnoten

  • 1 Der große Unterschied zwischen der menschlichen Religiosität und dem wahren Christentum besteht darin, dass Erstere einen Bergungsplatz vor Gott bietet und Letzteres einen Bergungsplatz in Gott findet (vgl. 1. Mo 3,10 mit Ps 32,7). Adam suchte sich durch seine Feigenblätter und durch seinen Rückzug hinter die Bäume des Gartens vor Gott zu verbergen; aber David fand seinen Bergungsplatz in Gott. Der Gedanke, dass ein armer Sünder in Gott verborgen sei, stießt aus göttlichem Herzen. Der Mensch hätte nie daran denken können. Sein höchster Gedanke ist, sich durch seine eigenen Werke, seine Gebete, sein Fasten, seine Zeremonien und milde Gaben, kurz durch all sein Tun vor der Heiligkeit zu decken, während er, sobald er mit dem Glaubensauge das Kreuz erblickt, in derselben Heiligkeit seine Wohnung und seinen Ruheplatz erblickt. Das ist die in Römer 3 und 4 vorgestellte Gerechtigkeit Gottes. Die Seele, welche an Jesus glaubt, hat das Vorrecht, zu erkennen, dass die Heiligkeit Gottes die Basis ihres Friedens ist. Das Kreuz, welches diese Heiligkeit offenbart, sichert den Frieden des Gläubigen.
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