Botschafter des Heils in Christo 1866
Das ungleiche Joch - Teil 2/2
2. Wir betrachten jetzt das „ungleiche Joch“ im Fall einer Geschäftsverbindung. Obgleich ein solches Joch, weil es leichter aufzulösen ist, nicht so bedenklich erscheint, wie jenes, welches wir soeben betrachtet haben, so wird es sich nichtsdestoweniger, dem Zeugnis des Gläubigen gegenüber, als ein bestimmtes Hindernis erweisen. Wenn sich ein Christ aus Geschäftszwecken mit einem Ungläubigen – ob mit ihm verwandt oder nicht – zusammenjocht oder sich zu dem Glied einer weltlichen Firma macht, so gibt er der Kraft nach seine persönliche Verantwortlichkeit Preis; denn von diesem Augenblick an erblickt man in den Handlungen der Firma seine eigenen; und dann kann von Handlungen nach himmlischen Grundsätzen nicht mehr die Rede sein. Man würde über solche Begriffe lachen, sobald dieselben sich, den Handelsprojekten gegenüber, als wirkliche Schranken erwiesen. Wird doch stets die Welt, um Geschäft machen zu können, nach Mitteln greifen, die ganz entgegengesetzt sind dem Geist und den Grundsätzen des Königreichs, dem der Gläubige angehört, sowie der Kirche, deren Teil er bildet. Mag er auch seinen ganzen Einfluss geltend machen, um die Art der Geschäftsführung zu verchristlichen, so wird man ihn dennoch zwingen, seine Geschäfte gleich anderen zu treiben, so dass ihm nichts übrigbleibt, als im Geheimen seine unpassende und schwierige Stellung zu beklagen, oder auszutreten unter großen Nachteilen, die etwa für ihn und seine Familie daraus erwachsen mögen. Wenn das Auge einfältig ist, so wird sich beim Einschlagen einer dieser beiden Richtungen keine Unschlüssigkeit kundgeben; allein leider beweist schon der Eintritt in eine solche Stellung den Mangel eines einfältigen Auges; und der Umstand, dass ein Gläubiger sich darin befindet, zeigt augenscheinlich den Mangel geistlicher Fähigkeit zur Würdigung des Wertes und der Macht göttlicher Grundsätze, welche unfehlbar ihn herausbringen würden. Nimmer wird sich jemand, dessen Auge einfältig ist, in der Absicht, sich Geld zu verschaffen, mit einem Ungläubigen zusammenjochen können; denn ein solcher hält die unmittelbare Verherrlichung Christi im Auge und weiß, dass er durch Übertretung eines göttlichen Grundsatzes dieses Ziel nimmer erreichen kann. Wenn nun aber der Eintritt eines Christen, als Teilhaber, in eine weltliche Firma, nicht zur Verherrlichung Christi dient, so fördert er dadurch unbestreitbar die Zwecke des Teufels. Da gibt es keinen Mittelweg, sondern es ist offenbar, dass in solchem Fall Christus nicht verherrlicht wird; denn sein Wort sagt: „Seid nicht in einem ungleichen Joch mit den Ungläubigen.“ Nimmer kann dieser Grundsatz übertreten werden, ohne dem Zeugnis zu schaden und ohne die geistliche Segnung zu behindern. Allerdings kann sich das Gewissen eines Christen, der in dieser Beziehung verkehrt gehandelt hat, auf mancherlei Art zu beruhigen suchen; – er kann zu verschiedenen Ausflüchten seine Zuflucht nehmen und eine Menge Gründe anführen, um sich zu überreden, dass er im Rechts sei. Er kann sich sagen: „Mir steht, was mich persönlich betrifft, nichts im Weg, um geistlich zu handeln, wenn ich auch bezüglich meines Geschäfts mit einem Ungläubigen zusammengejocht bin.“ Allein dieses wird sich stets als eine Täuschung erweisen, sobald es zu praktischer Ausübung auf die Probe gestellt wird. Der Diener Christi wird sich auf Hundertfachs Weise durch eine weltliche Genossenschaft gehemmt sehen. Wenn er in Sachen des Dienstes Christi nicht mit offenbaren Feindseligkeiten zusammengestoßen ist, so wird er den geheimen und beständigen Anstrengungen des Feindes, seinen Eifer zu dämpfen und seine Pläne mit kaltem Wasser zu überschütten, stets preisgegeben sein. Er wird belacht und geschmäht und beständig getadelt werden wegen der Wirkung, die seine Schwärmerei hinsichtlich der Geschäftsbeziehungen der Firma hervorbringt. Wenn er einen Teil seiner Zeit, seiner Talente und seines Geldes für das verwendet, was er als den Dienst des Herrn betrachtet, so wird man ihn für einen Narren oder Toren halten und ihn daran erinnern, dass er, um als Kaufmann in einer wahren, geschickten und vernünftigen Weise dem Herrn zu dienen, „sein Geschäft und nur sein Geschäft“ im Auge behalten müsse; und dass es die ausschließliche Beschäftigung eines dazu eingesetzten und besoldeten Predigers oder so genannten Geistlichen sei, sich um religiöse Dinge zu kümmern. Obwohl nun die erneuerte Gesinnung eines Christen von dem Betrug eines solchen Urteils hinlänglich überzeugt ist und obwohl er erkennen mag, dass diese weltliche Weisheit nur ein über die gierigen Ränke des Herzens geworfenes, eitles und abgenutztes Kleid ist, so kann doch niemand beurteilen, wie weit das Herz durch solche Dinge beeinflusst werden kann. Wir werden abgestumpft durch beständigen Widerstand. Die Strömung wird zu stark für uns; wir übergeben uns nachgerade ihrer Wirkung und werden von ihrer Oberfläche getragen. Das Gewissen mag etliche Todeskämpfe bestehen; aber die geistliche Energie ist geschwächt und das Seine Gefühl der neuen Natur abgestumpft, so dass der Schrei des Gewissens keine Antwort findet und kein wirklicher Widerstand gegen den Feind erhoben wird. Der Weltsinn im Herzen des Christen verbündet sich mit den widerstrebenden Einflüssen von außen; die Außenwerke sind bestürmt und die Zitadelle der Neigungen der Seele ist einem nachdrücklichen Angriffe ausgesetzt; und schließlich gibt der weltlich gesinnte Mensch in seiner eigenen Person ein erläuterndes Beispiel von der rührenden Klage des Propheten, der da sagt: „Ihre Nasire waren reiner denn Schnee und weißer denn Milch; ihre Gestalt war rötlicher denn Korallen, ihr Ansehen war wie Sapphir. Nun aber ist ihr Antlitz dunkel vor Schwärze, dass man sie auf den Gassen nicht kennt; ihre Haut hängt an ihrem Gebein und sind so dürre als ein Scheit“ (Kld 4,7–8). Wenn jemand einmal als ein Diener Christi, als ein Mithelfer im Reich Gottesbekannt war, indem er die Interessen des Evangeliums von Christus zu fördern suchte, und dann zu einem sich abmühenden, trocknen Geschäftsmann herabsinkt, würde dann der Apostel nicht auch von ihm, wie einst von Demas, sagen: „Er hat mich verlassen, da er den jetzigen Zeitlauf liebgewonnen hat.“
Vielleicht aber wirkt beim Eintritt in ein ungleiches Handelsjoch mit Ungläubigen nichts mehr auf die Herzen der Christen, als die Gewohnheit, die beiden Charaktere eines Christen und eines Geschäftsmannes zur Schau zu tragen. Das ist ein gefährlicher Fallstrick. Ein Mensch muss entweder das eine oder das andere sein. Wenn ich ein Christ bin, so muss sich mein Christentum in der Stellung, in der ich mich befinde, als eine lebendige Wirklichkeit erweisen; wenn es sich aber auf diesem Platz nicht zeigen kann, so darf auch ich auf demselben nicht bleiben; denn wenn ich in einer Stellung verharre, in der das Leben Christi sich nicht offenbaren kann, so werde ich bald nichts vom Christentum besitzen, als höchstens den Namen ohne die Wirklichkeit – die äußere Form ohne die innere Kraft – die Schale ohne den Kern. Ich soll nicht bloß am Sonntag, sondern auch von Montagmorgen an bis zum Samstagabend, und nicht bloß in der Versammlung, sondern auch auf meinem Geschäftsplatz, ein Diener Christi sein. Aber unmöglich kann ich ein geschickter Diener sein, während mein Nacken in das Joch mit einem Ungläubigen gespannt ist; denn wie könnten die Diener zweier feindlich sich gegenüberstehenden Herren in demselben Joch wirken? Es ist dieses ebenso unmöglich, als wenn jemand versuchen wollte, die Strahlen der Mittagssonne mit der tiefen Finsternis der Mitternacht zu verbinden. Es kann nicht sein; und ich berufe mich, bezüglich dieser wichtigen Sache, in der feierlichsten Weise und in der Gegenwart des allmächtigen Gottes, der die Nachschlage des menschlichen Herzens durch Jesus Christus offenbaren wird, auf das Gewissen meines Lesers. Ich würde ihm, wenn er im Begriff steht, sich mit einem Ungläubigen geschäftlich zu verbinden, mit Ernst zurufen: Vermeide es! – ja vermeide es, wenn er dir auch den Gewinn von Tausenden verheißt. Du wirst dich nur in Trübsal und Sorgen stürzen. Du bist auf dem Weg, Dich mit jemandem vor den Pflug zu spannen, dessen Gefühle, Triebe und Neigungen den deinigen geradezu entgegengesetzt sind. Er wünscht sich Geld zu verschaffen, Vorteile zu gewinnen und in der Welt Fortschritte zu machen; du wünschest – oder solltest es wenigstens wünschen, dass die Interessen Christi und seines Evangeliums auf Erden gefördert und die Grenzen, wo sein Name bekannt, erweitert werden. Sein Ziel ist das Geld, das deine ist hoffentlich Christus; er lebt für diese Welt und du für die zukünftige; er reißt die zeitlichen Dinge an sich und du die ewigen. Wie kannst du denselben Platz mit ihm betreten? Deine Grundsätze, deine Beweggründe, deine Ziele, deine Hoffnungen sind ganz entgegengesetzter Natur. Wie ist es dir möglich, einen solchen Schritt zu tun? Wie kannst du eine solche Verbindung eingehen? Gewiss, du bedarfst nur eines einfältigen Auges, um dieses alles in seiner wahren Gestalt zu sehen. Unmöglich ist es, dass jemand, dessen Auge von Christus erfüllt und dessen Herz mit Ihm beschäftigt ist, sich mit einem weltlichen Genossen zusammenjochen kann, in welcher Sache es auch sei. Lass dich daher, mein christlicher Leser, bevor du einen solch folgeschweren Schritt tust, dringend bitten, die ganze Sache mit einem aufrichtigen Herzen zu betrachten und in der Gegenwart Gottes auf der Waage seiner Heiligkeit zu wiegen. Frage Ihn, was Er davon denkt und horche mit einem unterwürfigen Sinne und einem reinen Gewissen auf seine Antwort. Und diese Antwort ist voll und kräftig, als ob sie aus den geöffneten Himmeln fiele; sie heißt: „Seid nicht in einem ungleichen Joch mit den Ungläubigen.“
Wenn du dich aber, geliebter Leser, bereits in einem solchen Joch befindest, so rate ich dir, Dich– sobald als möglich davon los zu machen. Ohne Zweifel wirst du schon gefunden haben, dass es ein höchst lästiges Joch ist. Dir die traurigen Folgen, welche mit einer solchen Stellung verknüpft sind, schildern zu wollen, würde überflüssig sein; denn du wirst sie ohnehin schon kennen. Aber, geliebter Bruder in Christus, verliere keinen Augenblick, dieses Joch abzuwerfen. Es muss aber vor dem Herrn, nach seinen Grundsätzen und durch seine Gnade geschehen. Der Eintritt in eine schlechte Stellung ist leichter, als davon auszugehen. Eine seit zehn oder zwanzig Jahren bestehende Geschäftsverbindung kann nicht in einem Augenblick aufgelöst werden. Es muss in Ruhe, in Demut und unter Gebet geschehen, als in dem Angesicht des Herrn und in völliger Berücksichtigung seiner Herrlichkeit. Ich kann durch die Art meines Austritts aus einer schlechten Stellung den Herrn ebenso sehr entehren, als durch meinen Eintritt in dieselbe. Finde ich mich daher in einer Genossenschaft mit einem Ungläubigen und sagt mir mein Gewissen, dass dieses unrecht sei, so habe ich aufrichtig und freimütig meinem Compagnon zu erklären, dass ich nicht länger mit ihm vorangehen könne; und dann ist meine Aufgabe, die Geschäfte der Firma in einer so aufrichtigen, geradsinnigen und geschäftsmäßigen Weise abzuwickeln, dass der Widersacher keinen Anlass zum Tadel findet und den Übelrednern der Mund gestopft wird. Wir müssen, wenn wir öffentlich für den Herrn und zur Rechtfertigung seiner heiligen Grundsätze handeln, jeder Art von Aufregung, Unbesonnenheit und Überredung aus dem Weg gehen. Wenn jemand sich in einem Netz verwickelt hat, so nützt kein heftiges, ungestümes Zerren und Reißen, um wieder heraus zu kommen. Nein, man muss sich demütigen, man muss seine Sünden vor dem Herrn bekennen und sich dann in geduldigem Anklammern an die Gnade, die nicht nur vergeben, sondern auch in die rechte Stellung zu leiten vermag, seine Schritte zurückziehen. – Indes ist, wie auch bezüglich des Ehejoches, die Sachlage um vieles verändert, wenn die unnatürliche Geschäftsverbindung vor der Bekehrung ins Leben getreten ist. Zwar ist auch dadurch keineswegs ein Verharren darin gerechtfertigt; aber in, diesem Fall ist das Gewissen nicht so sehr dabei beteiligt, und dieses wird wesentlich auf die Art der Auflösung einwirken. Wenn ich mich selbst wegen meiner verkehrten Stellung verurteilte, und wenn also der moralische Zustand meines Gewissens und Herzens auf dem rechten Boden ruht, dann wird Gott sicher die Sache in seine Hand nehmen und mich auf den mir geziemenden Platz stellen. Aber wenn Er meine Sache ordnet, so wird Er mir nicht gestatten, einer Wahrheit Gewalt anzutun, während ich bezüglich einer anderen in Gehorsam zu handeln suche. Dasselbe Wort, welches sagt: „Seid nicht in einem ungleichen Joch mit den Ungläubigen“, – sagt auch: „Seid niemand Nichts schuldig“; – „Vorsorglich für alles, was ehrbar ist, nicht allein vor dem Herrn, sondern auch vor Menschen“; – „Wandelt weist gegen die, welche draußen sind.“ Wenn ich durch meinen Eintritt in jene Geschäftsverbindung gegen Gott ein Unrecht begangen habe, so darf ich gewiss nicht durch die Art meines Austritts gegen den Menschen ein Unrecht begehen. Eine tiefe Unterwerfung unter das Wort Gottes durch die Kraft des Heiligen Geistes wird alles in Ordnung bringen, wird unsere Schritte leiten auf gerade Pfade und uns fähig machen, alle gefährlichen Überstürzungen zu vermeiden.
3. Das Religionsjoch. Bei Betrachtung der heiligen Schriften finden wir fast unzählige Stellen, die uns den kräftigen Geist der Absonderung, die stets das Volk Gottes charakterisieren soll, vor Augen stellen. Mögen wir auf das Alte Testament, wo wir die Beziehungen und Handlungen Gottes gegenüber seinem irdischen Volk Israel, oder auf das Neue Testament, wo wir seine Beziehungen und Handlungen betreffs seines himmlischen Volkes, der Kirche, sehen, unsere Aufmerksamkeit richten, so finden wir stets dieselbe Wahrheit kräftig betont, nämlich die gänzliche Absonderung derer, welche Gott angehören. Die Stellung Israels wird uns in dem Spruch Bileams bezeichnet, wenn er sagt: „Siehe, das Volk wird besonders wohnen und nicht unter die Heiden gerechnet werden“ (4. Mo 23,9). Ihr Platz war außer dem Bereich aller Nationen der Erde und sie waren für die Verwirklichung dieser Absonderung verantwortlich. Durch die ganze Reihe der 5 Bücher Mose hindurch werden sie in Betreff dieser Sache belehrt, gewarnt und ermuntert, und in den Psalmen und Propheten finden wir die Mitteilung ihres Fehlgehens in der Aufrechthaltung dieser Absonderung – ein Umstand, der, wie wir wissen, die schwersten Gerichte von der Hand Gottes auf sie herabgezogen hat. Alle die hierauf bezüglichen Schriftsteller anführen zu wollen, würde zu weit führen. Die Worte: „Das Volk wird besonders wohnen“, bilden den Ausdruck der Gedanken Gottes in Betreff seines Volkes Israel.
Dasselbe aber gilt, und zwar in einer höheren Bedeutung, in Ansehung des himmlischen Volkes Gottes, der Kirche, des Leibes Christi, bestehend aus allen Gläubigen. Auch sie sind ein abgesondertes Volk. Schreiten wir jetzt zur Prüfung des Grundes dieser Absonderung. Eine Absonderung auf Grund dessen, was wir sind, ist höchst verschieden von einer Absonderung auf Grund dessen, was Gott ist. Ersteres macht den Menschen zu einem Pharisäer, Letzteres macht ihn zu einem Heiligen. Wenn ich zu jemandem sagen würde: „Mache mir Platz, denn ich bin heiliger, als du!“ – so wäre ich ein abscheulicher Heuchler und Pharisäer; aber wenn Gott in seiner unendlichen Herablassung und vollkommenen Gnade zu mir sagt: „Ich habe dich in der Person meines Sohnes Jesu Christi mit mir verbunden, darum sei heilig und trenne dich von den Bösen, gehe aus ihrer Mitte und sondere dich ab“, – so bin ich verpflichtet, zu gehorchen, und mein Gehorsam ist die praktische Darstellung meines Charakters, als eines Heiligen – eines Charakters, den ich nicht wegen irgendeiner Eigenschaft in mir, sondern einfach deshalb besitze, weil Gott mich durch das kostbare Blut Christi in seine Nähe gebracht hat. Das ist begreiflich. Pharisäismus und göttliche Heiligung sind zwei ganz verschiedene Dinge, und dennoch werden sie oft verwechselt. Die, welche diesen, dem Volk Gottes geziemenden Platz der Absonderung zu behaupten suchen, werden stets der Überhebung über ihre Mitmenschen beschuldigt. Diese Beschuldigung hat ihre Quelle in dem Nichtbeachten des soeben angedeuteten Unterschieds. Wenn Gott die Menschen zur Absonderung auffordert, so geschieht es auf Grund dessen, was Er am Kreuz für sie getan hat, wo Er sie in der Person Christi in eine ewige Verbindung mit sich selbst brachte. Aber wenn ich mich auf Grund dessen, was ich in mir bin, absondere, so wird sich dieses früher oder später als die sinn– und geistloseste Anmaßung herausstellen. Gott gebietet seinem Volk, heilig zu sein auf Grund dessen, was Er ist, indem Er sagt: „Seid heilig, denn ich bin heilig.“ Das ist augenscheinlich etwas ganz anderes, als wenn ich sage: „Gehe mir aus dem Weg, denn ich bin heiliger als du.“ Wenn Gott die Seinen mit sich selbst in Verbindung bringt, so hat Er ein Recht, ihnen ihren moralischen Charakter vorzuschreiben, und sie sind verantwortlich. Seinen Aufforderungen zu entsprechen. In der Absonderung eines Heiligen liegt daher, wie wir sehen, die tiefste Demut. Nichts ist geeigneter, jemanden in den Staub zu legen, als das Verständnis der wahren Natur göttlicher Heiligkeit. Es ist eine äußerst falsche Demut, die dadurch entspringt, dass wir auf uns selbst sehen, ja, sie ist in der Tat auf den Stolz eines Herzens gegründet, welches noch nie den Boden der eigenen, gänzlichen Wertlosigkeit erkannt hat. Solche bilden sich ein, die wahrste und tiefste Demut durch Selbstbeschauung erreichen zu können, während dieselbe nur auf dem Weg des Hinschauens auf Christus zu erlangen ist. „Je mehr deine Herrlichkeiten mein Auge treffen, desto demütiger werde ich sein.“ – Das ist ein richtiges Gefühl, und zwar gegründet auf göttliche Grundsätze. Nur die Seele, welche sich in dem Strahl der moralischen Herrlichkeit Christi verliert, ist wahrhaft demütig, und keine andere. Ich zweifle nicht, dass wir alle Ursache haben, demütig zu sein, wenn wir bedenken, welch arme Kreaturen wir sind; aber es bedarf nur eines Moments wahren Nachdenkens, um den Betrug des Trachtens, durch Selbstbeschauung irgendein praktisches Resultat hervor zu bringen, erkennen zu können. Es sollte daher jedes Kind Gottes jede Zusammenjochung mit einem Ungläubigen, sei es bezüglich der Familie, des Geschäfts, oder der Religion, mit Entschiedenheit ausschlagen, und zwar nicht wegen seiner eigenen persönlichen Heiligkeit, sondern weil Gott ihm gebietet, sich abzusondern. Die Ausführung dieses Grundsatzes in Sachen der Religion wird unbedingt manche Art von Trübsal in ihrem Gefolge haben; man wird ein solches Verhalten als Unduldsamkeit, Scheinheiligkeit, Engherzigkeit und dergleichen bezeichnen, aber alles dieses kann uns nicht stören. Wenn wir uns auf einem göttlichen Grundsatz und in der rechten Gesinnung absondern, so können wir Gott die Folgen anheimgeben. Ohne Zweifel hatte der Überrest in den Tagen Esras den Schein großer Unduldsamkeit, als derselbe die Mitwirkung des ihn umringendes Volkes beim Bauen des Hauses Gottes ausschlug; allein diese Weigerung geschah nach einem göttlichen Grundsatz. „Da aber die Widersacher von Juda und Benjamin hörten, dass die Kinder des Gefängnisses dem Herrn, dem Gott Israel, den Tempel bauten, kamen sie zu Serubabel und zu den obersten Vätern und sprachen zu ihnen: Wir wollen mit euch bauen, denn wir wollen suchen euren Gott gleich wie ihr, und Ihm haben auch wir geopfert seit der Zeit Assar – Huddons, des Königs zu Assur, der uns hat heraufgebracht hierher“ (Esra 4,1–2). das schien eine höchst anziehende Zumutung zu sein – eine Zumutung, welche ein bestimmtes Anlehnen an den Gott Israels in Aussicht stellte; dennoch aber verweigerte der Überrest die Annahme dieses Vorschlags, weil jenes Volk, ungeachtet seines schönen Bekenntnisses, von Herzen unbeschnitten und feindselig war. „Aber Serubabel und Josua und die übrigen obersten Väter in Israel antworteten ihnen: Es ziemt sich nicht, uns und euch, das Haus unseres Gottes zu bauen, sondern wir wollen allein bauen dem Herrn, dem Gott Israels, wie uns Kores, der König in Persien, geboten hat“ (V 3). Sie wollten sich nicht zusammenjochen mit den Unbeschnittenen – sie wollten nicht „pflügen mit einem Ochsen und einem Esel“ – sie wollten ihren „Acker nicht mit vermengtem Samen besäen“; sie hielten sich getrennt, obschon sie sich dadurch dem Vorwurf der Scheinheiligkeit, der Engherzigkeit und der Lieblosigkeit aussetzten.
Ebenso lesen wir in Nehemia 9,2: „Und es sonderte sich der Same Israels ab von allen Kindern der Fremde, und traten hin und bekannten ihre Sünden, und ihrer Väter Missetaten.“ Das war nicht Sektiererei; es war bestimmter Gehorsam. Ihre Absonderung war wesentlich nötig für ihre Existenz als Volk. Auf keinem anderen Grund hätten sie sich der Gegenwart Gottes erfreuen können. Also muss es stets sein mit dem Volk Gottes auf der Erde. Hat nicht eine Absonderung stattgefunden, so ist sein Weg nicht nur zwecklos, sondern auch gefährlich. Gott kann die Seinen weder anerkennen, noch mit ihnen wandeln, wenn sie sich – auf welchem Grund und zu welchem Zweck es auch sein mag – mit Ungläubigen zusammenjochen. Es ist indessen sehr schwer, eine Gesinnung strenger Absonderung mit einer Gesinnung der Gnade, der Sanftmut und der Nachsicht in Einklang zu bringen, oder – wie jemand sagte – einen engen Kreis mit einem weiten Herzen inne zu halten. Das ist in der Tat eine Schwierigkeit. Da die gemessene und unnachgiebige Verteidigung der Wahrheit den Kreis um uns her zu verengen trachtet, so bedürfen wir der ausgedehnten Gnade, um das Herz weit und die Zuneigungen warm zu erhalten. Wenn wir für die Wahrheit streiten außer in Gnade, so werden wir nur ein einseitiges und höchst abstoßendes Zeugnis ablegen; und wenn wir andererseits die Gnade darzustellen trachten auf Kosten der Wahrheit, so wird es sich bald herausstellen, dass dieses nur das Zurschautragen einer allgemein beliebten Hochherzigkeit auf Kosten Gottes ist – und mithin eine wertlose Sache.
Und nimmer wird, wenn wahre Christen sich mit denen verbinden, welche nach ihrem eigenen Bekenntnis es nicht sind, ein wirklich göttlicher und himmlischer Zweck durch Übertretung der Wahrheit erreicht werden können. Die Mittel sind nie geheiligt durch den Zweck, sondern sowohl die Mittel, als auch der Zweck müssen den Grundsätzen des heiligen Wortes Gottes angemessen sein, wenn nicht Verwirrung und Unehre der Ausgang werden soll. Es mochte dem Joschafat als ein guter Zweck erscheinen, Ramot in Gilead aus der Hand des Feindes zu reißen; es mochte den Schein von Edelmut, von Volksfreundlichkeit und Hochherzigkeit an sich tragen, als er auf den Vorschlag Ahabs erwiderte: „Ich will sein wie du und mein Volk wie dein Volk; wir wollen mit dir in den Streit“ (2. Chr 18,3). Es ist leicht, auf Kosten eines göttlichen Grundsatzes edelmütig und hochherzig zu sein; aber wie endete dieses alles? – Ahab wurde getötet und Joschafat rettete kaum durch die Flucht sein Leben, während sein Zeugnis total Schiffbruch litt. So erreichte also Joschafat, wie wir sehen, nicht den Zweck, um dessentwillen er sich mit einem Ungläubigen zusammengejocht hatte, und hätte er diesen Zweck auch erreicht, so wäre das dennoch nimmer eine Rechtfertigung seiner Laufbahn gewesen. 1 Nichts kann einen Gläubigen berechtigen, sich mit einem Ungläubigen zusammen zu jochen; und wie hübsch, wie anziehend und wie scheinbar richtig der Feldzug nach Ramot für das menschliche Auge auch sein mochte, so war derselbe nach dem Urteil Gottes doch nur eine „dem Gottlosen geleistete Hilfe und eine den Hassern Gottes erwiesene Liebe“ (2. Chr 19,2). Die Wahrheit Gottes streift den Menschen und den Dingen die falschen Farben ab, mit welchen der Geist der Schicklichkeit sie bedecken würde, und zeigt sie in ihrer wahren Gestalt; und es ist eine unaussprechliche Gnade, das deutliche Urteil Gottes bezüglich alles dessen, was uns umgibt, zu besitzen; denn dieses verleiht Ruhe unserem Geist und Festigkeit dem Wandel und Charakter, und bewahrt unsere Gedanken, Gefühle und Grundsätze vor jenem unglückseligen Schwanken, welches uns gänzlich unfähig macht für den Platz eines festen und standhaften Zeugnisses für Christus. Wir werden unvermeidlich irren, wenn wir unser Urteil nach den Gedanken und Meinungen der Menschen zu bilden suchen; denn sie werden stets nach dem äußeren Schein und nicht nach dem inneren Charakter und Wesen der Dinge urteilen. Und vorausgesetzt, die Menschen könnten erreichen, was sie für einen guten Zweck halten, so werden sie doch über die Art und Weise der Erreichung ihres Zweckes ganz unbekümmert sein, während der wahre Diener Christi weiß, dass er das Werk seines Herrn nach den Grundsätzen und nach der Gesinnung seines Herrn ausführen muss. Es wird einem solchen nicht genügen, das preiswürdigste Ziel zu erreichen, wenn dieses nicht geschehen kann auf einem göttlich bezeichneten Wege. Die Mittel und der Zweck müssen beide göttlich sein. Ich halte z. B. die Verbreitung guter Schriften, und vor allem die Verbreitung des reinen, ewigen Wortes Gottes für einen höchst lobenswerten Zweck; aber wenn ich sie nicht anders als dadurch, dass ich mich mit einem Ungläubigen zu diesem Zweck zusammenjochen müsste, verbreiten könnte, so würde ich es unterlassen, da ich nicht Übles tun soll, damit Gutes daraus entstehe. Aber – gepriesen sei Gott! – sein Diener kann dieses kostbare Buch verbreiten, ohne die darin enthaltenen Vorschriften zu verletzen. Er kann auf eigene persönliche Verantwortlichkeit hin oder in Verbindung mit solchen, welche wirklich von Seiten des Herrn stehen, den kostbaren Samen nach allen Richtungen hin ausstreuen, ohne sich mit denen verbinden zu müssen, die durch ihr ganzes Verhalten beweisen, dass sie von der Welt sind. Und dasselbe kann bezüglich jeden Gegenstandes religiöser Art gesagt werden. Das Ziel kann und soll stets auf göttlichem Weg erreicht werden. Allerdings wird man uns entgegnen, dass uns geboten sei, nicht zu richten – dass man nicht ins Herz sehen könne – dass man verpflichtet sei. Alle, welche sich mit solch guten Werken, als der Verbreitung der Bibel und guter Traktate, sowie der Unterstützung bei der Missionstätigkeit befassen, als Christen zu betrachten, und dass man daher kein Unrecht tue, sich mit ihnen zu verbinden. Auf all dieses erwidern wir, dass es im Neuen Testament kaum eine Stelle gibt, die so falsch verstanden und angewandt wird, als in Matthäus 7,1 die Worte: „Richtet nicht, auf dass ihr nicht gerichtet werdet.“ Denn wir lesen in demselben Kapitel: „Hütet euch vor den falschen Propheten – An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen.“ – Wie aber könnten wir uns „hüten“, wenn wir nicht richteten? Ebenso lesen wir in 1.Korinthern 5: „Denn was habe ich die zu richten, welche draußen sind? Ihr, richtet ihr nicht, die drinnen sind? Die aber draußen sind wird Gott richten; tut den Bösen aus eurer Mitte.“ Hier sind wir also bestimmt belehrt, dass die, welche „drinnen“ sind, in dem unmittelbaren Gerichtskreis der Kirche stehen, und dennoch sollen wir nach der gewöhnlichen Erklärung der Worte: „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet“, niemanden richten; folglich muss diese Erklärung unrichtig sein. Wenn jemand, selbst durch ein Bekenntnis, den Platz da „drinnen“ betritt, so ist uns geboten, ihn zu richten oder zu beurteilen. „Ihr, richtet ihr nicht, die drinnen sind?“ Mit denen, die „draußen“ sind, haben wir nichts anderes zu schaffen, als dass wir ihnen die reine und vollkommene, die reiche, grenzenlose und unermessliche Gnade vorstellen, welche mit wolkenlosem Glänze in dem Tod und der Auferstehung des Sohnes Gottes hervorstrahlt. Das ist klar genug. Dem Volk Gottes ist befohlen, Gericht zu üben gegenüber denen, welche „drinnen“ zu sein bekennen; es ist ihm geboten, sich zu „hüten vor den falschen Propheten“ und die „Geister zu prüfen“; und wie könnte dieses alles geschehen, ohne zu richten? Was nun mag der Herr meinen, wenn Er sagt: „Richtet nicht!“ Ich glaube, dass Er dasselbe meint, was der Apostel Paulus durch den Heiligen Geist sagt, wenn er uns gebietet: „So urteilt nun nicht etwas vor der Zeit, bis der Herr komme, welcher auch das Verborgene der Finsternis ans Licht stellen und die Nachschlage der Herzen offenbaren wird, und dann wird jedem das Lob von Gott werden“ (1. Kor 4,5). Wir haben nicht die Beweggründe, aber wir haben den Wandel und die Grundsätze zu richten, und zwar gegenüber all Denen, die „drinnen“ zu sein bekennen. Und gerade dieselben Personen, welche sagen: „Wir müssen nicht richten“, üben beständig Gericht. Es gibt keinen wahren Christen, dessen moralischen Triebe einer göttlichen Natur ihn nicht zu einem Urteil über den Charakter, den Wandel und die Lehre drängen, und dieses sind eben die Punkte, welche in den Gerichtskreis des Gläubigen gestellt sind.
Möge es daher der christliche Leser tief in sein Herz dringen lassen, dass er Gericht üben soll gegenüber denen, mit welchen er bezüglich der Religion zusammengejocht ist. Befindet er sich in diesem Augenblick in einem Joch oder Zuggeschirr mit einem Ungläubigen, so ist er bestimmt in der Lage, die Vorschriften des Heiligen Geistes zu verletzen. Er mag sich aus Unwissenheit in diese Schlinge begeben haben, und in diesem Fall ist die Gnade des Herrn bereit, zu vergeben und wiederherzustellen; aber wenn er, nachdem er gewarnt ist, aus Ungehorsam darin beharrt, so kann er unmöglich die Segnung und Gemeinschaft Gottes erwarten, unbekümmert wie wertvoll und wichtig der Gegenstand auch sein mag, den er zu erreichen strebt. „Gehorsam ist besser, denn Opfer, und Aufmerksamkeit besser, denn das Fett von Widdern“ (1. Sam 15,22).
4. Wir haben jetzt noch „das ungleiche Joch“ allgemeiner Menschenliebe zu betrachten. Viele werden sagen: „Wir sind ganz damit einverstanden, dass wir in Sachen der Anbetung oder des Dienstes Gottes uns nicht mit anerkannten Ungläubigen vermengen dürfen; aber wenn es sich handelt um die Förderung menschenfreundlicher Zwecke – wie z. B. das Speisen der Hungrigen, das Kleiden der Nackten, das Errichten nützlicher Anstalten für Blinde und Taubstumme, das Bauen von Hospitälern, van Waisen– und Rettungshäusern, – oder wenn es sich mit einem Wort handelt um da Förderung solcher Dinge, die eine Verbesserung des leiblichen und geistigen Zustandes unserer Mitmenschen bezwecken, so steht unserer Vereinigung mit Ungläubigen nichts im Weg.“ – das scheint allerdings auf den ersten Blick unbestreitbar richtig zu sein, denn man könnte die Frage an mich richten, ob ich denn nicht einem Mann, dessen Karren in die Gosse geraten sei, hilfreich beispringen würde? Und meine Antwort ist: „Ich werde ihm sicher Hilfe leisten.“ Würde man mich aber auffordern, mich einer gemischten Gesellschaft anzuschließen, die sich das Ziel gesteckt, Karren aus den Gossen zu ziehen, so würde ich mich entschieden weigern – nicht wegen meiner höheren Heiligkeit, sondern weil das Wort Gottes sagt: „Seid nicht in einem ungleichen Joch mit den Ungläubigen.“ Das würde in allen Fällen, was auch der Zweck der gemischten Gesellschaft sein möchte, meine Antwort sein. Dem Diener Christi ist geboten, zu „jedem guten Werk bereit zu sein“ – „Gutes zu tun an allen“ – „die Waisen und Witwen in ihrer Trübsal zu besuchen“; – aber er hat dieses als Diener Christi zu tun und nicht als Mitglied irgendeines Vereins, der aus Ungläubigen und Gottesleugnern, aus bösen und gottlosen Menschen zusammengesetzt ist. Überdies dürfen wir nicht vergessen, dass die Menschenliebe Gottes an das Kreuz des Herrn Jesus Christus geknüpft ist. Dieses ist der Kanal, durch den Gott segnen – das ist der Hebel, durch welchen Er den Menschen leiblich wie geistig aufrichten will. „Als aber die Güte und Menschenliebe unseres Heilands Gottes erschien, errettete Er uns, nicht aus Werken, die wir in Gerechtigkeit getan haben, sondern nach seiner Barmherzigkeit, durch das Waschen der Wiedergeburt und Erneuerung des Heiligen Geistes, welchen Er auf uns reichlich durch Jesus Christus, unseren Heiland, ausgegossen hat“ (Tit 3,4–6). Das ist die Menschenliebe Gottes. Das ist seine Art, den Zustand des Menschen zu verbessern. Mit allen, die dieses zu würdigen wissen, mag sich der Christ hurtig zusammenjochen, aber mit keinem anderen.
Die Menschen dieser Welt verstehen nichts von diesem und kümmern sich nicht darum. Sie mögen die Zustände zu verbessern trachten, aber es ist eine Besserung ohne Christus, ohne das Kreuz. Sie wünschen Gutes zu befördern, aber Jesus ist weder der Ausgangspunkt, noch das Endziel ihres Laufes. Wie kann nun der Christ sich mit ihnen zusammenjochen? Sie begehren ohne den einen, dem sie alles schulden, ohne Christus, zu wirken. Kann der Christ mit ihnen wirken? Kann er ein gemeinschaftliches Ziel mit ihnen haben? Ich setze den Fall, es kämen etliche Menschen zu mir und richteten etwa folgende Worte an mich: „Wir wünschen deine Mitwirkung beim Speisen der Hungrigen, beim Kleiden der Nackenden, beim Gründen von Kranken–, Waisen– und Irrenanstalten, bei der Besserung der physischen Lage unserer sterblichen Mitbürger, aber du musst wissen, dass es sich unser Verein, um Streit zu verhüten, zur Hauptregel gestellt hat, den Namen Christi durchaus nicht einzuführen. Unsere Zwecke sind ganz und gar keine religiösen, sondern nur auf allgemeine Menschenliebe ist unser Auge gerichtet, und darum muss der Gegenstand der Religion aus allen unseren öffentlichen Versammlungen gänzlich ausgeschlossen bleiben. Wir kommen als Menschen zu einem wohlwollenden Zwecke zusammen, und darum können sich Ungläubige, Gottesleugner, Arianer, Sozinianer, Römer und alle anderen Parteien zusammenjochen und die glorreiche Maschine der Menschenliebe in Bewegung setzen.“ Was würde ich auf eine solche Zumutung erwidern? In der Tat, es würden jemandem, der den Herrn Jesus wirklich liebt, die passenden Worte fehlen, um auf eine solch scheußliche Aufforderung zu antworten. Wie? man will sterblichen Menschen eine Wohltat erweisen durch den Ausschluss Christi? Das sei fern! Wenn ich die Zwecke reiner Menschenliebe nicht erreichen kann, ohne Beisetzung jener gesegneten Person, die für mich lebte und starb und für mich bis in Ewigkeit lebt, dann weg mit eurer Menschenliebe, denn sie ist sicher nicht von Gott, sondern vom Satan. Ihr schließt Christus aus, und darum sind eure Pläne direkte Eingebungen Satans, des Feindes Christi. Satan ist stets bemüht, den Sohn Gottes auszuschließen, und wenn er die Menschen bewegen kann, dasselbe zu tun, so wird er ihnen mit Freuden gestatten, wohltätig, liebreich und menschenfreundlich zu sein. Aber in der Tat, eine solche Güte und Menschenliebe sollte mit Recht Härte und Menschenhass genannt werden, denn wie könnt ihr nachdrücklicher euer Übelwollen und euren Hass gegen die Menschen an den Tag legen, als wenn ihr Ihn ausschließt, der allein wirklich segnen kann für Zeit und Ewigkeit? Aber wie entsetzlich mühte der moralische Zustand eines Herzens in Bezug auf Christus sein, welches an einem Verein unter der Bedingung Teil nehmen könnte, dass der Name Christi durchaus nicht eingeführt werde? Wie kalt müsste ein solches Herz sein! Es würde den Beweis liefern, dass die Pläne und Wirksamkeiten unbekehrter Menschen nach seinem Urteil von genügender Wichtigkeit seien, um zu ihrer Ausführung den Herrn über Bord werfen zu können. Täuschen wir uns nicht; es ist dieses der wahre Gesichtspunkt, aus welchem wir die Menschenliebe der Welt zu betrachten haben. Die Kinder dieser Welt können „für dreihundert Denare Salbe verkaufen und den Armen geben“, weil es in ihren Augen Verschwendung ist, wenn diese Salbe auf das Haupt Jesu geschüttet wird. Wird der Christ darin übereinstimmen? Wird er sich damit zusammenjochen lassen? Wird er ohne Christus die Welt zu veredeln trachten? Wird er sich mit den Menschen vereinigen, um einen Schauplatz zu zieren und zu schmücken, der mit dem Blut seines Herrn und Meisters befleckt ist? Petrus konnte sagen: „Silber und Gold habe ich nicht, was ich aber habe, das gebe ich dir: In dem Namen Jesu Christi, des Nazaräers, stehe auf und wandle.“ – Er heilte einen Krüppel durch die Macht des Namens Jesu; aber was würde er erwidert haben, wenn man ihm zugemutet hätte, einem Verein zur Linderung der Krüppel beizutreten, und zwar unter der Bedingung, dass jener Name gänzlich ausgeschlossen bliebe? Es erfordert kein reiches Maß von Einbildungskraft, um seine Antwort zu ersinnen. Seine ganze Seele würde vor solch einem Gedanken zurückgebebt sein. Er heilte den Krüppel, um den Namen Jesu zu erheben und dessen Wert, dessen Vortrefflichkeit und Herrlichkeit vor das Auge der Menschen zu bringen, während die Menschenliebe der Welt, da sie diesen gesegneten Namen ganz beiseitesetzt und Ihn aus ihren Vereinen, Gesellschaften und Plänen verbannt, gerade das Gegenteil tut. Sollten wir daher nicht ausrufen: „Es ist eine Schande für einen Christen, der auf einem Platz gefunden wird, wo man seinen Herrn und Meister ausgeschlossen hat.“ Man gehe voran in der Kraft der Liebe Jesu; man ermüde nicht, durch die Macht des Heiligen Geistes Gutes zu tun, aber man joche sich nicht zusammen mit Ungläubigen, um die Wirkungen der Sünde durch das Ausschließen des Kreuzes Christi verhindern zu wollen. Der große Zweck Gottes ist die Erhebung seines Sohnes, damit „alle den Sohn ehren, wie sie den Vater ehren“. Und dieses sollte auch ebenfalls der Zweck des Christen sein; in dieser Absicht sollte er „Gutes tun in allem“. Wenn er sich aber einem Verein oder einer Gesellschaft anschließt, um Gutes zu tun, so ist es nicht der „Name Jesu“, sondern der Name des Vereins, in welchem er, und zwar ohne den Namen Jesu, tätig ist. Das sollte genug sein für jedes treue und aufrichtige Herz. Außer Christus hat Gott keinen Weg, um die Menschen zu segnen, und Er hat keinen anderen Zweck der Segnung, als die Erhebung Christi. So wie einst Pharao den speisebedürftigen Ägyptern, wenn sie in seine Nähe kamen, zurief: „Geht zu Joseph!“ so sagt das Wort Gottes zu allen: „Kommt zu Jesu!“ – Ja, für Seele und Leib, für Zeit und Ewigkeit, müssen wir zu Jesu gehen; aber die Kinder dieser Welt kennen Ihn nicht und begehren Ihn nicht; – was hat nun der Christ mit solchen zu schaffen? Wie kann er, zusammengejocht mit ihnen, tätig sein? Er kann es nur tun auf Grund einer praktischen Verleugnung des Namens seines Heilands. Viele erkennen dieses nicht; aber dieses ändert nicht die Sache für die, welche es erkennen. Wir sollen aufrichtig handeln, als im Licht; und wenn auch die Gefühle und Neigungen der neuen Natur nicht stark genug wären, um uns zurückschaudern zu lassen vor einem Anschließen an die Feinde Christi, so sollte sich doch mindestens unser Gewissen beugen unter die gebietende Autorität des Wortes: „Seid nicht in einem ungleichen Joch mit den Ungläubigen.“
Möge der Heilige Geist sein Wort mit himmlischer Macht bekleiden und dessen Schwert schärfen, um das Gewissen zu durchdringen, damit die Heiligen Gottes befreit werden möchten von allem, was sie hindert, den „ihnen vorliegenden Wettlauf mit Ausharren zu laufen.“ Die Zeit ist kurz. Der Herr selbst wird bald hier sein. Dann wird manches ungleiche Joch in einem Moment zerbrochen werden, und Schaf und Ziege werden dann für ewig getrennt sein. Mögen wir befähigt sein, uns von jeder unreinen Verbindung und von jedem unheiligen Einfluss zu reinigen, so dass wir, wenn Jesus wiederkehrt. Ihm begegnen können mit einem freudigen Herzen und einem ruhigen Gewissen.
Fußnoten
- 1 Das ungleiche Joch erwies sich für das Herz Joschafats als ein schrecklicher Fallstrick. Er verbündete sich mit Ahab zu einem religiösen Zwecke, und ungeachtet des traurigen Ausgangs finden wir ihn nachher in einem Handelsjoch mit Ahasja, – eine Verbindung, die ebenfalls mit Verlust und Verwirrung endete; und endlich jocht er sich zusammen mit Joram zu einem militärischen Zwecke (vgl. 2. Chr 18; 20,35-37; 2. Kön 3).