Botschafter des Heils in Christo 1864

Betrachtungen über die Opfer im dritten Buch Mose - Teil 3/6

Wir kommen jetzt zu der Betrachtung des Speisopfers, welches auf eine sehr bestimmte Weise „den Menschen Christus Jesus“ darstellt. So wie das Brandopfer Christus im Tod vorbildet, so stellt das Speisopfer Ihn im Leben dar. Weder bei dem einen, noch bei dem anderen handelt es sich um das Sündentragen. Im Brandopfer sehen wir Versöhnung, aber kein Sündentragen – keine Zurechnung der Sünde – kein ausgeschütteter Zorn der Sünde wegen. Woher wissen wir dieses? Weil alles auf dem Altar verzehrt wurde. Wäre etwas vom Sündentragen dabei gewesen, so hätte es außerhalb des Lagers verbrannt werden müssen (vgl. 3. Mo 4,11–12 mit Heb 13,11). – Doch im Speisopfer war gar nicht vom Blutvergießen die Rede. Wir finden einfach in demselben ein schönes Vorbild von Christus, wie Er hier auf Erden lebte, wandelte und diente. Diese eine Tatsache ist an und für sich hinreichend, um das geistliche Gemüt zur ernsten und betenden Betrachtung dieses Opfers zu leiten. Die reine und vollkommene Menschheit unseres teuren Herrn ist ein Gegenstand, der die Aufmerksamkeit jedes wahren Christen fesseln muss. Es ist zu befürchten, dass die Gedanken über dieses heilige Geheimnis sehr locker sind. Die Ausdrücke, welche man zuweilen hört und liest, sind hinreichende Beweise, dass die Fundamental–Lehre der Menschwerdung nicht erfasst wird, wie das Wort sie uns darstellt. Solche Ausdrücke entstehen höchst wahrscheinlich aus einem Missverständnis in Betreff der wahren Natur seiner Beziehungen und in Betreff des wahren Charakters seiner Leiden; aber aus welcher Ursache sie auch entspringen mögen, sie sollten im Licht der heiligen Schrift verurteilt und verworfen werden. Ohne Zweifel würden viele, die von solchen Ausdrücken Gebrauch machen, mit gerechtem Unwillen und Entsetzen vor der wirklichen Lehre, die darin enthalten ist, zurückbeben, wenn ihnen dieselbe in ihrem großen und wahren Charakter vor Augen gestellt würde; und aus diesem Grund sollte man besorgt sein, irgendwelche Unrichtigkeit der Fundamental–Wahrheit hinzuzufügen, wenn es auch nur Mangel an Genauigkeit der Darstellung wäre.

Es gibt besonders eine Sache, die für jeden Christen von der höchsten Wichtigkeit sein sollte, nämlich die wahre Natur der Lehre von der Menschheit Christi. Sie ruht auf dem Grund des Christentums, und gerade deshalb hat Satan von jeher mit allem Eifer danach getrachtet, die Menschen in Betreff derselben irre zu führen. Fast alle die leitenden Irrtümer, welche ihren Weg in die bekennende Kirche gefunden haben, offenbaren das Vorhaben Satans, die Wahrheit in Bezug auf die Person Christi zu untergraben. Und selbst wenn ernste, christliche Männer jene Irrtümer zu bekämpfen gesucht haben, so sind sie sehr oft in entgegengesetzte Irrtümer verfallen. Daher ist es so nötig, an den wahrhaftigen Worten, wovon der Heilige Geist bei der Entfaltung dieses tiefen und heiligen Geheimnisses Gebrauch gemacht hat, unbeweglich festzuhalten. Auch glaube ich, dass in jedem Fall die Unterwürfigkeit unter die Autorität der heiligen Schrift, sowie die Energie des göttlichen Lebens in der Seele sich als wirksame Schutzmittel gegen alle Verwickelung in Irrtum beweisen werden. Es bedarf keiner hohen theologischen Kenntnisse, um eine Seele in Bezug auf die Lehre Christi vor Irrtümern zu bewahren. Wenn nur das Wort Christi reichlich in uns wohnt, und der Geist Christi in unserer Seele mächtig ist, dann bleibt für den Satan kein Raum, um seine finsteren und schrecklichen Verführungen einzuführen. Wenn das Herz sich in Christus erfreut, den die heilige Schrift offenbart, so wird es gewiss vor dem falschen Christus zurückschrecken, den Satan einführen möchte. Wenn wir von der Wirklichkeit Gottes leben, so werden wir die Verfälschung Satans ohne alles Bedenken zurückweisen. Dies ist die sicherste Weise, um den Verstrickungen des Irrtums in jeglicher Farbe und jeglichem Charakter zu entrinnen. „Die Schafe hören seine Stimme, … und folgen Ihm; denn sie kennen seine Stimme. Einem Fremden aber werden sie nicht folgen, sondern sie werden vor ihm fliehen; denn sie kennen die Stimme der Fremden nicht“ (Joh 10,4 –5). Es ist gar nicht nötig, mit der Stimme eines Fremden bekannt zu sein, um sich davon abzuwenden. Alles, was wir bedürfen ist die Stimme des „guten Hirten“ zu kennen. Dies wird uns gegen den verstrickenden Einfluss des falschen Klanges bewahren. Während ich mich deshalb berufen fühle, den Leser gegen die fremden Klänge, in Bezug auf das göttliche Geheimnis der Menschheit Christi, zu warnen, so halte ich es nicht für nötig, diese Klänge weiter zu erörtern, sondern möchte vielmehr durch die Gnade suchen, ihn durch die Entfaltung der Lehre der Schrift über diesen Gegenstand wider dieselben zu wappnen.

Es gibt wenige Dinge, worin wir so oft mangeln, als in der Aufrechthaltung einer lebhaften Gemeinschaft mit der vollkommenen Menschheit des Herrn Jesus Christus. Daher kommt es auch, dass wir so viel an Leere, Dürre, Unruhe und Verirrungen zu leiden haben. Würden wir nur mit einem kindlichen Glauben in die Wahrheit eintreten, dass zur Rechten der Majestät im Himmel ein wirklicher Mensch ist – Einer, dessen Mitgefühl vollkommen, dessen Liebe unergründlich, dessen Macht allgewaltig, dessen Weisheit unendlich, dessen Mittel unerschöpflich, dessen Reichtümer unerforschlich, dessen Ohr für jeden unserer Atemzüge geöffnet, dessen Hand für jedes unserer Bedürfnisse aufgetan, dessen Herz voll der unaussprechlichsten Liebe und Zärtlichkeit gegen uns ist – wie viel glücklicher und erhabener würden wir sein, und wie viel unabhängiger von den erschaffenen Strömen, durch welchen Kanal sie auch stießen mögen! Da ist Nichts, wonach das Herz verlangen kann, was wir nicht in Jesu haben. Sehnt es sich nach wahrem Mitgefühl? Wo kann es dasselbe anders finden, als bei dem, der seine Tränen mit denen der trauernden Schwestern von Bethanien vereinigte? Sehnt es sich nach dem Genuss aufrichtiger Zuneigung? Es kann dieselbe nur in jenem Herzen finden, welches seine Liebe in Tropfen Bluts hervorströmen ließ. Sucht es den Schutz wahrer Macht? Es hat nur zu dem aufzublicken, der die Welten gemacht hat. Fühlt es Bedürfnis nach der Leitung unfehlbarer Weisheit? Es wende sich zu dem, der die persönliche Weisheit ist und der uns „von Gott zur Weisheit geworden ist.“ Mit einem Wort, wir haben alles in Christus. Das göttliche Gemüt und die göttlichen Zuneigungen haben in dem „Menschen Christus Jesus“ einen vollkommenen Gegenstand gefunden; und wahrlich, wenn in der Person Christi das ist, was Gott vollkommen befriedigen kann, so sollte es auch uns befriedigen; und es wird uns in dem Maß befriedigen, als wir durch die Gnade des Heiligen Geistes in der Gemeinschaft mit Gott wandeln.

Der Herr Jesus Christus war der einzig vollkommene Mensch, der je diese Erde betrat. Er war ganz vollkommen – vollkommen in Gedanken, vollkommen in Worten und vollkommen in Werken. In Ihm war jede moralische Eigenschaft in göttlichem, und daher vollkommenem Verhältnis. Kein einziger Zug war überwiegend. In Ihm war eine überwältigende Majestät mit einer Güte vermengt, die in seiner Gegenwart vollkommene Ruhe gab. Die Schriftgelehrten und Pharisäer traf sein vernichtender Tadel, während der arme Samariter und das Weib, die „eine Sünderin“ war, sich auf eine unerklärliche, doch unwiderstehliche Weise zu Ihm hingezogen fühlten. Kein einziger Zug verdrängte den anderen; denn alles war in schönem und angemessenem Verhältnis. Dies kann in jeder Handlung seines vollkommenen Lebens wahrgenommen werden. Er konnte in Bezug auf die fünftausend Hungrigen sagen: „Gebt ihr ihnen zu essen!“ und als sie satt waren, konnte Er sagen: „Sammelt die übrigen Brocken, dass nichts umkomme!“ Die Freigebigkeit und die Sparsamkeit sind beide vollkommen in Ihm, und keines tut dem anderen Eintrag. Jedes glänzt in seiner eigenen Sphäre. Er konnte die Hungrigen nicht ungesättigt fortschicken; noch konnte Er leiden, dass ein einziger Überrest der Schöpfung Gottes verschwendet wurde. Er konnte mit voller und freigebiger Hand dem Bedürfnis der menschlichen Familie begegnen; und wenn das geschehen, so konnte Er jedes Krümchen sorgfältig aufbewahren. Dieselbe Hand, die für jede Form des menschlichen Bedürfnisses weit geöffnet war, war gegen alle Verschwendung fest geschlossen. Da war kein Zug des Geizes, noch der Verschwendung im Charakter des vollkommenen, des himmlischen Menschen.

Welch eine Lehre für uns! Wie oft geht bei uns unsere Freigebigkeit in unverantwortliche Verschwendung über! Und auf der anderen Seite, wie oft wird unsere Sparsamkeit durch die Erweisung eines habsüchtigen Geistes befleckt! Oft weigern sich unsere kargen Herzen, sich der ganzen Ausdehnung des vor uns sich darstellenden Bedürfnisses zu öffnen, während wir zu anderen Zeiten auf eine unbesonnene und leichtfertige Weise das verschwenden, was manchen unserer notleidenden Mitmenschen würde haben sättigen können. O mein Leser, lass uns mit Sorgfalt das göttliche Bild betrachten, welches uns in dem Leben des „Menschen Christus Jesus“ vorgeführt wird! Wie erfrischend und stärkend ist es für „den inneren Menschen“, sich mit dem zu beschäftigen, der in allen seinen Wegen vollkommen war und „unter allen Dingen den Vorgang haben“ muss!

Betrachten wir Ihn im Garten Gethsemane. Dort kniete Er in der tiefsten Tiefe einer Erniedrigung, in welche niemand außer Ihm eintreten konnte; und doch zeigte Er vor des Verräters Bande eine Geistesgegenwart und eine Majestät, vor der sie zurückwichen und zur Erde fielen. Sein Verhalten gegen Gott ist Unterwürfigkeit, gegen seine Richter und Verkläger aber unbiegsame Würde. Alles ist vollkommen. Die Selbstvernichtung und der Selbstbesitz, die Erniedrigung und die Erhabenheit – alles ist göttlich.

Und wenn wir die schöne Vereinigung seiner göttlichen und menschlichen Beziehungen betrachten, so finden wir dieselbe Vollkommenheit, Er konnte sagen: „Was ist es, dass ihr mich gesucht habt? Wusstet ihr nicht, dass ich sein muss in dem, was meines Vaters ist?“ Und zu derselben Zeit konnte Er nach Nazareth hinabgehen und dort ein Beispiel der vollkommenen Unterwürfigkeit unter die elterliche Autorität darstellen (Siehe Lk 3,49–51). Er konnte zu seiner Mutter sagen: „Weib, was haben wir miteinander?“ Und doch konnte Er inmitten der unaussprechlichen Qualen des Kreuzes diese Mutter aufs zärtlichste der Sorge des geliebten Jüngers anbefehlen. In ersterem Fall trennte Er sich im Geist des vollkommenen Nasiräertums, um den Willen seines Vaters zu erfüllen; in letzterem gab Er den zärtlichen Gefühlen des vollkommenen menschlichen Herzens Ausdruck. Die Hingebung des Nasiräers und die Zuneigung des Menschen waren beide vollkommen. Keines widerstritt dem anderen. Jedes leuchtete mit ungetrübtem Glänze in seiner eigenen Sphäre.

In dem „Semmelmehl“ (V 1), welches die Grundlage des Speisopfers bildet, wird uns das Vorbild oder der Schatten dieses vollkommenen Menschen gezeigt. Da war kein einziges grobes Korn. Da war nichts uneben, nichts ungleich, nichts rau. Welcher Druck auch von außen kommen mochte, es blieb immer dieselbe glatte Außenseite. Keine Umstände konnten Ihn je aus der Fassung bringen. Er brauchte nie einen Schritt zurückzugehen, oder ein Wort zu widerrufen. Was auch kommen mochte. Er begegnete demselben immer mit jener vollkommenen Gleichheit, welche so schlagend durch das „sein Mehl“ vorgebildet wird.

Es ist unnötig zu bemerken, dass Er in allem diesen in einem entschiedenen Kontrast gegen seine geehrtesten und ergebendsten Diener war. Moses, zum Beispiel, obgleich „der sanftmütigste Mann auf der ganzen Erde“, redete dennoch „unbedachtsam mit seinen Lippen.“ – Bei Petrus finden wir einen Eifer und eine Energie, zuweilen größer als die Gelegenheit es erforderte, und doch wieder eine Feigheit, die sobald vor dem Zeugnis und der Schmach zurückbebte. Er behauptete eine Ergebenheit, welche, wenn die Zeit des Handels da war, nicht hervortrat. – Johannes, der so reichlich die Atmosphäre der unmittelbaren Gegenwart Christi einatmete, zeigte zuweilen einen sektiererischen und unduldsamen Geist. – In Paulus, dem ergebensten der Diener, bemerken wir manche Ungleichheit. Er äußerte gegen den Hohepriester Worte, die er widerrufen musste. Er sandte den Korinthern einen Brief, der ihn zuerst reute, und nachher nicht reute. In allen finden wir irgendein Gebrechen, ausgenommen in dem, der der „Auserkorene unter vielen Tausenden und ganz Lieblichkeit“ ist.

Bei der Betrachtung des Speisopfers werden unsere Gedanken zur Klarheit und Einfachheit geleitet werden, wenn wir erstens die Bestandteile betrachten, aus denen es zusammengesetzt war; zweitens, die verschiedenen Formen, unter welchen es dargestellt war; und drittens, die Personen, welche daran Teil nahmen.

1. Was die Bestandteile betrifft, so kann das „Semmelmehl“ als die Grundlage des Opfers betrachtet werden; und in demselben haben wir ein Vorbild der Menschheit Christi, in welcher alle Vollkommenheit zu finden ist. Jede Tugend war vorhanden und zur wirksamen Handlung im rechten Augenblicke bereit. Es ist die Freude des Heiligen Geistes, die Herrlichkeiten der Person Christi zu entfalten – Ihn in seiner ganzen, unvergleichlichen Vortrefflichkeit und im Kontrast zu allem anderen vor uns hinzustellen. Er zeigt Ihn im Gegensatz zu Adam, selbst in dem besten und höchsten Zustand desselben, wie wir lesen: „Der erste Mensch ist von der Erde, von Staub; der zweite Mensch – der Herr vom Himmel“ (1. Kor 15,47). Der erste Adam, selbst vor dem Fall, war „von der Erde;“ doch der zweite Mensch war „der Herr vom Himmel.“

Das Öl im Speisopfer ist ein Vorbild des Heiligen Geistes. Und wie das Öl auf zweifache Weise angewandt ist, so wird uns auch der Heilige Geist in Verbindung mit der Menschwerdung des Sohnes in einem doppelten Gesichtspunkt dargestellt. Das Semmelmehl wurde mit Öl „gemengt“, und Öl wurde darauf „gegossen.“ So war das Vorbild; und im Gegenbild sehen wir den teuren Herrn Jesus Christus zuerst von dem Heiligen Geist „empfangen“, und dann durch denselben „gesalbt“ (vgl. Mt 1,18.20 mit Kap 3,16). Dies ist göttlich! Die hier so augenscheinliche Genauigkeit ruft die Bewunderung der Seele hervor. Es ist ein und derselbe Geist, welcher die Bestandteile des Vorbildes aufzeichnet, und uns die Tatsachen im Gegenbild darreicht. Derjenige, welcher uns mit einer so erstaunlichen Genauigkeit die Vorbilder und Schatten des 3. Buches Moses mitgeteilt hat, hat uns auch in den Erzählungen der Evangelien den herrlichen Gegenstand derselben gegeben. Derselbe Geist weht sowohl in den Seiten des Alten, wie in jenen des Neuen Testaments, und befähigt uns, zu sehen, wie genau das eine mit dem anderen übereinstimmt.

Die Empfängnis der Menschheit Christi durch den Heiligen Geist im Mutterleib der Jungfrau, entfaltet eins der tiefsten Geheimnisse, welches möglicher Weise die Aufmerksamkeit des erneuerten Geistes fesseln kann. Sie ist am vollständigsten im Evangelium des Lukas dargestellt; und dies ist ganz und gar charakteristisch, indem es durch jenes ganze Evangelium hindurch der besondere Zweck des Heiligen Geistes zu sein scheint, auf seine eigene, göttlich rührende Weise „den Menschen Christus Jesus“ zu entfalten. In Matthäus haben wir, „den Sohn Abrahams – den Sohn Davids.“ In Markus haben wir den göttlichen Diener – den himmlischen Arbeiter. In Johannes haben wir den „Sohn Gottes“ – das ewige Wort – das Leben – das Licht, durch welches alle Dinge gemacht sind. Aber der große Gegenstand des Heiligen Geistes im Evangelium des Lukas ist „der Sohn des Menschen.“

Als der Engel Gabriel der Maria die Würde ankündigte, die ihr in Verbindung mit dem großen Werte der Menschwerdung zu Teil werden sollte, da fragte sie, nicht im Geist der Zweifelsucht, sondern aus ehrlicher Unwissenheit: „Wie wird dieses sein, da ich keinen Mann kenne?“ Sie dachte offenbar, dass die Geburt dieser herrlichen Person, die nun bald erscheinen sollte, nach den gewöhnlichen Grundsätzen der Zeugung sein würde; und dieser ihr Gedanke wurde durch die große Güte Gottes die Gelegenheit, über die Kardinalwahrheit der Menschwerdung viel schätzbares Licht zu verbreiten. Die Erwiderung des Engels auf die Frage der Jungfrau ist höchst interessant, und kann nicht zu genau betrachtet werden. „Der Engel antwortete und sprach zu ihr: Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten; darum wird auch das Heilige, was geboren wird, Gottes Sohn genannt werden“ (Lk 1,35).

Aus diesem herrlichen Abschnitt lernen wir, dass der menschliche Leib, in welchen die zweite Person der ewigen Dreieinigkeit eintrat, durch „die Kraft des Höchsten“ gebildet war. „Den Leib hast du mir zubereitet“ (vgl. Ps 40,6 mit Heb 10,5). Es war ein wahrer menschlicher Leib – wahres „Fleisch und Blut.“ Hier gibt es keine einzig mögliche Grundlage, auf welche der Gnostizismus oder der Mystizismus seine geist – und wertlosen Theorien bauen kann keine Berechtigung zu den kalten Begriffen des Ersteren, noch zu den dunklen Fantasien des Letzteren. Alles ist tiefe, feste und göttliche Wirklichkeit – gerade das, was unsere Herzen bedürfen – gerade das, was Gott gegeben hat. Die erste Verheißung hat erklärt, dass „der Samen des Weibes der Schlange den Kopf zertreten sollte;“ und nur ein wirklicher Mensch konnte diese Weissagung erfüllen – Einer, dessen Natur ebenso wirklich, als rein und unverderblich war. „Du wirst im Leib empfangen“, sage der Engel, „und einen Sohn gebären.“ 1 Und dann, damit in Bezug auf die Art und Weise dieser Empfängnis nicht irgendwelcher Raum für einen Irrtum bleibe, fügt er solche Worte hinzu, welche auf das unwiderleglichste beweisen, dass „das Fleisch und Blut“, dessen der ewige Sohn „teilhaftig wurde“, nicht nur wirklich, sondern auch ganz und gar unfähig war, einen einzigen Flecken zu empfangen, zu haben oder mitzuteilen. Die Menschheit des Herrn Jesus war entschieden „das Heilige.“ Und weil dieselbe gänzlich ohne Flecken war, so war sie auch gänzlich ohne einen Samen der Sterblichkeit. Wir können nur in Verbindung mit der Sünde an Sterblichkeit denken; und die Menschheit Christi hatte nichts mit der Sünde zu tun, weder persönlich, noch beziehungsweise. Die Sünde wurde Ihm auf dem Kreuz zugerechnet, wo Er „für uns zur Sünde gemacht“ war. Das Speisopfer aber ist nicht das Vorbild von Christus als dem Sündenträger, sondern es stellt uns Ihn in seinem vollkommenen Leben hienieden vor – ein Leben, in welchem Er ohne Zweifel litt, doch nicht als Sündenträger – nicht als Stellvertreter – nicht unter der Hand Gottes. Lasst uns dieses wohl beachten! Weder im Brandopfer noch im Speisopfer haben wir Christus als Sündenträger. In letzterem sehen wir Ihn lebend; und in ersterem sehen wir Ihn sterbend; doch in keinem handelt es sich um Zurechnung der Sünde, noch um ertragen des Zornes Gottes wegen der Sünde. Kurz, Christus als Stellvertreter des Sünders irgendwo anders als allein auf dem Kreuz darzustellen, heißt sein Leben aller seiner göttlichen Schönheit und Vortrefflichkeit zu berauben und das Kreuz gänzlich zu verrücken. Zugleich aber würde es die Vorbilder des 3. Buchs Moses in hoffnungslose Verwirrung einhüllen.

Ich möchte meinem Leser hier feierlich ans Herz legen, dass er in Betreff der wirklichen Wahrheit der Person und der Beziehungen des Herrn Jesus Christus nicht zu entschieden und zu besorgt sein kann. Wenn hierin ein Irrtum ist, so gibt es keine Sicherheit für irgendetwas. Gott kann zu nichts die Bestätigung seiner Gegenwart geben, was nicht diese Wahrheit zur Grundlage hat. Die Person Christi ist der lebendige, der göttliche Mittelpunkt der Wirkungen des Heiligen Geistes. Lass die Wahrheit in Bezug ans Ihn fahren, und du wirst sein wie ein Schiff, das losgerissen von seinen Ankern, und ohne Ruder oder Kompass auf der wilden Wasserwüste umhertreibt, und wirst in drohender Gefahr sein, mit dem Überrest an den Klippen des Arianismus, des Unglaubens oder des Atheismus zu scheitern. Bezweifle die ewige Sohnschaft Christi – bezweifle seine Gottheit, – bezweifle seine fleckenlose Menschheit, so hast du eine Schleuse geöffnet, durch welche die verheerende Flut des schrecklichen Irrtums hereinbricht. Bilde dir keinen Augenblick ein, dass dies nur eine Sache sei, um von gelehrten Theologen untersucht und besprochen zu werden – eine schwierige Frage – ein verborgenes Geheimnis – ein Punkt, über den man verschiedener Meinung sein könne. O nein; es ist eine wesentliche, fundamentale Wahrheit, die man in der Kraft des Heiligen Geistes erfassen, um jeden Preis behaupten, ja, unter allen Umständen bekennen muss, was auch die Folgen sein mögen.

Was uns nötig ist, ist einfach die Offenbarung des Vaters über den Sohn durch die Gnade des Heiligen Geistes in unsere Herzen aufzunehmen, und dann werden unsere Seelen vor den Schlingen des Feindes wirklich bewahrt bleiben, welche Gestalt sie auch annehmen mögen. Er mag scheinbar den Fall des Arianismus oder Sozinianismus mit dem Gras und den Blättern eines höchst scheinbaren und anziehenden Systems der Auslegung bedecken; aber sobald das gottergebene Herz gewahrt, was dieses System aus jenem Gesegneten, dem es alles zu verdanken hat, zu machen versucht, und wohin es Ihn zu stellen trachtet, so findet es wenig Schwierigkeit, dasselbe dahin zurückzuweisen, von woher es offenbar kam. Wir können wohl ohne menschliche Theorien fertig werden; aber nimmer ohne Christus – den Christus Gottes – den Christus der Wonne Gottes – den Christus der Ratschlüsse Gottes – den Christus des Wortes Gottes.

Der Herr Jesus Christus, der ewige Sohn Gottes, die zweite Person der heiligen Dreieinigkeit, „Gott offenbart im Fleisch, Gott über alles, gesegnet für immerdar“, nahm einen Leib an, welcher durchaus göttlich rein, heilig und ohne die Möglichkeit einer Befleckung war – gänzlich frei von jedem Samen oder Grundsatz der Sünde oder der Sterblichkeit. Die Menschheit Christi war eine solche, dass Er in jedem Augenblick, insofern es Ihn persönlich betraf, in den Himmel, von woher Er gekommen war und welchem Er angehörte zurückkehren konnte. Ich spreche hier nicht von den ewigen Ratschlüssen der erlösenden Liebe, noch von der unwandelbaren Liebe des Herzens Jesu – seiner Liebe zu Gott – seiner Liebe zu den Auserwählten Gottes, noch von dem Werk, welches nötig war, den ewigen Bund Gottes mit dem Samen Abrahams und mit der ganzen Schöpfung zu bestätigen. Die eigenen Worte Christi belehren uns, dass Er „also leiden musste, und am dritten Tage aus den Toten auferstehen“ (Lk 24,46). Es war notwendig, dass Er für die völlige Offenbarung und vollkommene Erfüllung des großen Geheimnisses der Erlösung leiden musste. Es war sein gnädiger Vorsatz, „viele Söhne zur Herrlichkeit zu bringen.“ Er wollte nicht „allein bleiben“, und darum musste Er, als „das Weizenkorn, in die Erde fallen und sterben.“ Je völliger wir in die Wahrheit seiner Person eintreten, desto völliger verstehen wir auch die Gnade seines Werkes.

Wenn der Apostel von Christus spricht, als „durch Leiden zur Vollkommenheit gebracht“, so betrachtet er Ihn als „Anführer unserer Errettung“, und nicht als den ewigen Sohn, welcher, was seine eigene Person und Natur betrifft, göttlich vollkommen war, und welchem unmöglich etwas hinzugefügt werden konnte. So auch, wenn Er selbst sagt: „Siehe ich treibe Teufel aus, und vollbringe Heilungen heute und morgen; und am dritten Tage bin ich vollkommen gemacht“ (Lk 13,22), so bezieht Er sich auf sein Vollendetsein in der Macht der Auferstehung, als Erfüller des ganzen Werkes der Erlösung. Soweit es Ihn persönlich betraf, konnte Er sogar auf dem Weg aus dem Garten Gethsemane sagen: „Meinst du, dass ich nicht jetzt meinen Vater bitten kann, und Er mir mehr als zwölf Legionen Engel stellen wird? Wie sollten denn die Schriften erfüllt werden, welche (sagen) dass es also geschehen muss?“ (Mt 26,53–54)

Es ist gut, dass die Seele hierüber klar sei, dass sie einen göttlichen Begriff von der Harmonie habe, welche zwischen jenen Teilen der Schrift besteht, die Christus darstellen in der wesentlichen Würde seiner Person und der göttlichen Reinheit der Natur, und jenen, die Ihn in seinen Beziehungen zu seinem Volk und als das große Erlösungswerk erfüllend darstellen. Zuweilen wird dies beides in demselben Abschnitt vereinigt, wie in Hebräer 5,8–9: „Und obwohl Er Sohn war, lernte Er an dem, was Er litt, den Gehorsam, und vollendet, ward Er allen, die Ihm gehorchen, der Urheber ewigen Heils.“ Doch müssen wir uns erinnern, dass nicht eine einzige jener Beziehungen, in welche Christus freiwillig eintrat – sei es als der Ausdruck der göttlichen Liebe gegen eine verlorene Welt, oder sei es als der Diener der göttlichen Ratschlüsse – dass nicht eine einzige derselben möglicherweise der wesentlichen Reinheit, Vortrefflichkeit und Herrlichkeit seiner Person Eintrag tun konnte. „Der Heilige Geist kam über“ die Jungfrau, und „die Kraft des Höchsten überschattete sie“, und darum wurde „das Heilige, das von ihr geboren ward, Gottes Sohn genannt.“ Wie herrlich entfaltet dieses das tiefe Geheimnis der reinen und vollkommenen Menschheit Christi, des großen Gegenbildes des „Semmelmehls mit Öl gemengt.“

Und hier möchte ich bemerken, dass zwischen der Menschheit, wie wir sie in dem Herrn Jesus Christus sehen, und der Menschheit, wie wir sie in uns sehen, keine Vereinigung sein konnte. Das was rein ist, konnte sich nie mit dem vereinigen, was unrein ist. Das, was unverderblich ist, konnte sich nie mit dem verbinden, was verderblich ist. Nie könnte sich das Geistliche mit dem Fleischlichen, das Himmlische mit dem Irdischen vereinigen. Daraus folgt, dass jene Menschwerdung nicht, wie etliche zu lehren versucht haben, darin bestand, dass Christus unsere gefallene Natur in Vereinigung mit sich selbst annahm. Würde Er dieses haben tun können, so wäre der Tod am Kreuz keine Notwendigkeit gewesen. In diesem Fall war es unnötig, sich beengt zu fühlen, bis die Taufe vollendet war; und das Weizenkorn hatte nicht nötig, „in die Erde zu fallen, und zu sterben.“ Dies ist ein Punkt von höchster Wichtigkeit. Das geistliche Gemüt möge mit Ernst darüber nachsinnen. Christus konnte unmöglich die sündhafte Menschheit in Vereinigung mit sich selbst annehmen. Hören wir, was der Engel im ersten Kapitel des Evangeliums Matthäus zu Joseph sagt: „Joseph, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Mariam, dein Weib, zu dir zu nehmen; denn was in ihr gezeugt ist, ist von dem Heiligen Geist.“ Beachten wir, wie sowohl die natürlichen Gefühle Josephs, als die fromme Unwissenheit der Maria eine Gelegenheit geworden sind, das heilige Geheimnis der Menschheit Christi völliger zu entfalten, sowie auch jene Menschheit gegen alle die gotteslästerlichen Angriffe des Feindes zu schützen.

Wie aber ist es, dass die Gläubigen mit Christus vereinigt sind? Ist es in der Menschwerdung, oder in der Auferstehung? Sicherlich in der Auferstehung. Wie ist das bewiesen? Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fallt und stirbt, „so bleibt es allein“ (Joh 12,24). Diesseits des Todes konnte keine Vereinigung zwischen Christus und seinem Volk sein. Es ist in der Kraft eines neuen Lebens, dass die Gläubigen mit Christus vereinigt sind. Sie waren tot in der Sünde und Er kam in vollkommener Gnade hernieder, und wurde, obgleich selbst rein und ohne Sünde, „zur Sünde gemacht, und starb der Sünde“ – tat sie hinweg – stand triumphierend über dieselbe und alles, was damit verbunden war, wieder auf, und wurde in der Auferstehung das Haupt eines neuen Geschlechts. Adam war das Haupt der alten Schöpfung, welche mit ihm fiel. Christus stellte sich durch sein Sterben unter das volle Gewicht des Zustandes seines Volkes, und, nachdem Er allem, was wider sie war, vollkommen begegnet war, stand Er, über alles triumphierend, wieder auf und führte sie mit sich in die neue Schöpfung, von welcher Er selbst das herrliche Haupt und der Mittelpunkt ist. Deshalb lesen wir: „Wer aber dem Herrn anhängt, ist ein Geist (mit Ihm)“ (1. Kor 6,17). „Gott aber, weil Er reich an Barmherzigkeit ist, hat wegen seiner vielen Liebe, womit Er uns geliebt hat, als auch wir in den Vergehungen tot waren, uns mit dem Christus lebendig gemacht – durch die Gnade seid ihr errettet; – und hat uns mitauferweckt und mitsitzen lassen in den himmlischen (Örtern) in Christus Jesus“ (Eph 2,4–6). „Denn wir sind seines Leibes Glieder, von seinem Fleisch und von seinem Bein“ (Eph 5,30). „Und hat auch euch, als ihr in den Vergehungen und in der Vorhaut eures Fleisches tot wärt, mit lebendig gemacht; und hat uns alle die Vergehungen vergeben“ (Kol 2,13).

Die Stellen könnten vervielfältigt werden, aber die angeführten genügen hinlänglich, um zu beweisen, dass es nicht in der Menschwerdung, sondern im Tod war, dass Christus eine Stelle einnahm, in welcher sein Volk „mit Ihm lebendig“ gemacht werden konnte. Scheint dies dem Leser unwichtig zu sein, so betrachte er es im Licht der Schrift. Erwäge er alle die Folgen. Betrachte er es in Bezug auf die Person Christi, auf sein Leben, auf seinen Tod, auf unseren natürlichen Zustand in der alten Schöpfung und auf unsere Stellung in der neuen durch die Gnade. Er erwäge es also, und, ich bin überzeugt, er wird aufhören, es als eine unwichtige Sache zu betrachten. Eins wenigstens kann er versichert sein, dass der Schreiber dieser Blätter keine einzige Zeile zum Beweis dieses Punktes niederschreiben würde, wenn er ihn nicht als reich an den gewichtigsten Folgen betrachtete. Die ganze göttliche Offenbarung hängt so zusammen – ist durch die Hand des Heiligen Geistes so geordnet – ist so übereinstimmend in allen ihren Teilen, dass, wenn eine Wahrheit zerstört würde, das ganze Gewölbe beschädigt wäre. Diese Erwägung sollte hinreichend sein, um im Geist eines jeden Christen eine heilige Vorsicht hervorzurufen, um nicht durch irgendeine raue Berührung dem herrlichen Bau Schaden zuzufügen. Jeder Stein muss in seinem von Gott bestimmten Platze gelassen werden, und ohne Frage ist die Wahrheit in Bezug auf die Person Christi der Schlussstein des Gewölbes.

Indem wir also versucht haben, die, in dem „Semmelmehl mit Öl gemengt“, vorgebildete Wahrheit zu entfalten, können wir einen anderen Punkt von großem Interesse in dem Ausdruck finden: „Er soll Öl darauf gießen.“ Hierin haben wir ein Vorbild von der Salbung des Herrn Jesus Christus durch den Heiligen Geist. Der Leib des Herrn Jesus Christus wird nicht nur geheimnisvoll durch den Heiligen Geist gebildet, sondern jenes reine und heilige Gefäß wurde auch durch dieselbe Macht zum Dienst gesalbt. „Es geschah aber, da das ganze Volk getauft wurde, und auch Jesus getauft ward und betete, dass der Himmel aufgetan wurde und der Heilige Geist in leiblicher Gestalt, gleich wie eine Taube, auf Ihn herniederstieg; und eine Stimme aus dem Himmel geschah, welche sagte: Du bist mein geliebter Sohn; an dir habe ich Wohlgefallen“ (Lk 3,21–22).

Die Salbung des Herrn Jesus durch den Heiligen Geist, vor seinem Eintritt in seinen öffentlichen Dienst, ist für jedermann, der wirklich wünscht, ein wahrer und wirksamer Diener Gottes zu sein, von unermesslich praktischer Wichtigkeit. Wohl war Er in Betreff seiner Menschheit durch den Heiligen Geist empfangen; wohl war Er in seiner eigenen Person „Gott offenbart im Fleisch“, wohl wohnte in Ihm die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig; aber – man beachte dieses recht – wenn Er als Mensch hervortrat, um den Willen Gottes auf Erden zu erfüllen, was dieser Wille auch sein mochte, ob die Verkündigung des Evangeliums, ob das Lehren in den Synagogen, das Heilen der Kranken, das Reinigen der Aussätzigen, das Austreiben der Teufel, das Speisen der Hungrigen oder das Auferwecken der Toten – Er tat alles durch den Heiligen Geist. Das heilige und himmlische Gefäß, in welchem es Gott, dem Sohn, wohlgefiel, in dieser Welt zu erscheinen, war gebildet, erfüllt, gesalbt und geleitet durch den Heiligen Geist.

Welch eine tiefe und heilige Belehrung für uns! Ja, eine höchst notwendige und heilsame Belehrung! Wie geneigt sind wir zu laufen, ohne gesandt zu sein! Wie geneigt, in der bloßen Kraft des Fleisches zu handeln! Wie vieles von dem, was wie Gottesdienst aussieht, ist nur die unruhige, ungeheiligte Tätigkeit einer Natur, welche nimmer in der göttlichen Gegenwart gemessen und gerichtet Worden ist! Wahrlich, wir haben es nötig, unser göttliches „Speisopfer“ näher zu betrachten – die Bedeutung des „Semmelmehls mit Öl gesalbt“ völliger zu verstehen. Wir haben es nötig, über Christus selbst tiefer nachzusinnen, welcher, obgleich Er in seiner eigenen Person göttliche Macht besaß, dessen ungeachtet durch den Heiligen Geist sein ganzes Werk vollbrachte, alle seine Wunder wirkte, und endlich „Sich selbst, durch den ewigen Geist ohne Flecken Gott opferte.“ Er konnte sagen: „Ich treibe die Teufel aus durch den Geist Gottes.“

Es ist nichts von irgendwelchem Wert, als das, was durch die Kraft des Heiligen Geistes gewirkt ist. Es mag jemand schreiben, wenn aber seine Feder nicht durch den Heiligen Geist geleitet und gebraucht wird, so werden seine Zeilen keinen bleibenden Erfolg hervorbringen. Es mag jemand sprechen, wenn aber seine Lippen nicht durch den Heiligen Geist gesalbt sind, so wird sein Wort keine bleibende Wurzel fassen. Dies ist ein ernster Gedanke, der uns, wenn reiflich erwogen, zu großer Wachsamkeit über uns selbst und zu inniger Abhängigkeit von dem Heiligen Geist leiten würde. Was wir nötig haben, ist ein gänzliches Aufgeben unserer selbst, damit dem Geist mehr Raum gelassen werde, durch uns zu handeln. Es ist unmöglich, dass ein Mensch, erfüllt von sich selbst, ein Gefäß des Heiligen Geistes sein kann. Ein solcher muss zuerst von sich selbst entleert werden, und dann kann ihn der Heilige Geist benutzen. Wenn wir die Person und den Dienst des Herrn Jesus betrachten, so sehen wir, dass Er in jeder Szene und in jedem Umstand durch die direkte Macht des Heiligen Geistes handelte. Nachdem Er seinen Platz als Mensch hienieden genommen hatte, zeigte Er, dass der Mensch nicht nur durch das Wort leben, sondern auch durch die Kraft des Geistes Gottes handeln sollte. Obgleich als Mensch sein Wille vollkommen war – seine Gedanken, seine Worte, seine Handlungen, ja alles vollkommen war – so wollte Er dennoch nicht handeln, außer durch die direkte Autorität des Wortes und durch die direkte Macht des Heiligen Geistes. O, dass wir in diesem, wie in allem anderen, inniger und treuer seinen Fußstapfen nachfolgen möchten! Ja, dann würde wahrlich unser Dienst wirksamer, unser Zeugnis fruchtbringender und unser ganzer Lauf weit mehr zur Verherrlichung Gottes sein.

Der nächste Bestandteil im Speisopfer, der unsere Beachtung erfordert, ist der „Weihrauch.“ Wie bemerkt worden ist, war das „Semmelmehl“ die Grundlage des Opfers. Das „Öl“ und der „Weihrauch“ waren die beiden vornehmsten Zusätze; und die Verbindung zwischen diesen beiden Letzteren ist höchst lehrreich. Das „Öl“ ist ein Vorbild der Macht des Dienstes Christi, und der „Weihrauch“ stellt den Zweck desselben dar. Das Erste lehrt uns, dass Er alles durch den Geist Gottes tat, das letzte, dass Er alles zur Verherrlichung Gottes tat. Der „Weihrauch“ stellt das dar, was im Leben Christi ausschließlich für Gott war. Dies ist deutlich im zweiten Verse zu erkennen: „Und er soll es (das Speisopfer) also bringen zu den Priestern, Aarons Söhnen. Da soll der Priester seine Hand voll nehmen von dem Semmelmehl und Öl, samt dem ganzen Weihrauch, und anzünden solches Gedächtnis auf dem Altar. Das ist ein Feuer zum süßen Geruch dem Herrn.“ Also war es in dem wahren Speisopfer – dem Menschen Christus Jesus. In seinem gesegneten Leben war das, was ausschließlich für Gott war. Jeder Gedanke, jedes Wort, jeder Blick, jede Handlung von Ihm strömte einen Wohlgeruch aus, der augenblicklich zu Gott emporstieg. Und wie es in dem Vorbild das Feuer des Altars war, welches den süßen Geruch des Weihrauchs hervorbrachte, so war es in dem Gegenbild. Je mehr Er in all den Szenen und Umständen seines gesegneten Lebens versucht wurde, desto völliger wurde es offenbart, dass in seiner Menschheit nichts war, was nicht als ein süßer Wohlgeruch zum Thron Gottes aufsteigen konnte. Wenn wir im Brandopfer Christus sehen als den, der „Sich selbst ohne Flecken Gott opferte“, so sehen wir Ihn im Speisopfer als den, der die ganze innerliche Vortrefflichkeit und die vollkommenen Handlungen seiner menschlichen Natur Gott darbrachte. Ein vollkommener, ein sich selbst verleugnender, ein gehorsamer Mensch auf Erden, den Willen Gottes tuend, durch die Autorität des Wortes und durch die Macht des Geistes handelnd, hatte einen süßen Wohlgeruch, der nur für die göttliche Annahme sein konnte. Die Tatsache, dass der ganze Weihrauch auf dem Altar verzehrt wurde, bestimmt dessen Wichtigkeit auf die einfachste Weise.

Es bleibt uns jetzt nur noch übrig, einen Bestandteil, der eine unzertrennliche Beigabe des Speisopfers war, zu betrachten, nämlich das „Salz.“ „Alle deine Speisopfer sollst du mit Salz salzen; und sollst nimmer fehlen lassen das Salz des Bundes deines Gottes an deinem Speisopfer; in alle deinem Opfer sollst du Salz opfern“ (V 13). Der Ausdruck „Salz des Bundes“, stellt den bleibenden Charakter jenes Bundes dar. Gott selbst hat es in allen Dingen also verordnet, damit nichts es je ändern, kein Einfluss es je verderben kann. Von einem geistlichen und praktischen Anschauungspunkt aus ist es unmöglich, den Wert eines solchen Bestandteils zu überschätzen. „Euer Wort sei allezeit in Gnade, mit Salz gewürzt.“ Die ganze Unterhaltung des vollkommenen Menschen drückte die Kraft dieses Grundsatzes aus. Seine Worte waren nicht nur Worte der Gnade, sondern Worte schneidender Kraft – Worte, göttlich angewandt, um von jeder Fäulnis und jedem verderblichen Einfluss zu bewahren. Er äußerte nie ein Wort, welches nicht von „Weihrauch“ duftete, und „mit Salz gesalzen“ war. Ersterer war höchst annehmlich vor Gott, Letzteres höchst nützlich den Menschen.

Leider konnte oft das verdorbene Herz und der verdorbene Geschmack des Menschen das Schneidende des göttlich gesalzenen Speisopfers nicht ertragen. Dies bezeugt z. B. die Szene in der Synagoge zu Nazareth (Lk 4,16–29). – das Volk konnte „Ihm Zeugnis geben, und sich über die Worte der Gnade, die von seinem Mund ausgingen, verwundern;“ aber als Er fortfuhr, jene Worte mit Salz zu würzen, was so nötig war, um sie vor dem verderblichen Einfluss ihres Nationalstolzes zu bewahren, da hätten sie Ihn gern von dem Rand des Berges, an welchem ihre Stadt erbaut war, hinabgestürzt.

So auch in Lukas 14, als seine Worte der „Gnade“ eine „große Menge“ zu Ihm gezogen hatten, wirft Er sogleich das „Salz“ hinein, indem Er in Worten heiliger Treue die gewissen Folgen seiner Nachfolge darstellt. „Kommt! denn schon ist alles bereit.“ Hier war die „Gnade.“ Doch dann: „Ein jeder unter euch, wer nicht allem entsagt, das er hat, kann nicht mein Jünger sein.“ Hier war das „Salz.“ Die Gnade ist anziehend, „das Salz gut.“ Eine gnadenvolle Rede mag die Menge anziehen, eine gesalzene Rede aber nimmer. Dem reinen Evangelium der Gnade Gottes mag zu gewissen Zeiten und unter gewissen Umständen eine große Menge Volks eine Zeitlang nachlaufen; sobald aber das „Salz“ einer schneidenden und treuen Anwendung hinzugefügt wird, leeren sich die Bänke von allen, außer von solchen, die unter die Macht des Wortes gebracht sind.

Nachdem wir nun diejenigen Bestandteile betrachtet haben, aus welchen das Speisopfer bestand, so wollen wir jetzt auch auf jene hinweisen, die davon ausgeschlossen waren.

Das Erste derselben war der „Sauerteig.“ „Kein Speisopfer, welches ihr vor den Herrn bringt, soll mit Sauerteig gemacht werden.“ Dieser Bestandteil wird in der ganzen heiligen Schrift, ohne eine einzige Ausnahme, als ein Symbol des Bösen gebraucht. Im 23. Kapitel dieses Buches finden wir, dass der Sauerteig bei den zwei Broten, die man am Tag der Pfingsten opferte, erlaubt war; vom Speisopfer aber wurde er mit der größten Sorgfalt ausgeschlossen. Nichts Saures, nichts Aufblähendes, nichts, das Böses ausdrückte, sollte in dem sein, welches den „Menschen Jesus Christus“ vorbildete. In Ihm konnte nichts sein, das nach der Säure der Natur schmeckte nichts Ungesundes, nichts Aufblähendes. Alles war rein, gediegen und unvermischt. Sein Wort konnte zu Zeiten tief ins Leben schneiden, aber es war nie herbe. Seine Redeweise erhob sich nie über die Gelegenheit. Sein ganzes Verhalten bekundete stets die tiefe Wirklichkeit eines Wandels in der unmittelbaren Gegenwart Gottes.

Wir wissen nur zu gut, dass sich leider! der Sauerteig, in allen seinen Eigenschaften und Wirkungen, in denen zeigt, die den Namen Jesu tragen. Da ist nur eine unverdorbene Garbe menschlicher Frucht gewesen – nur ein völlig ungesäuertes Speisopfer; aber gelobt sei Gott! dieses eine ist das unsrige, um uns im Heiligtum der göttlichen Gegenwart und in Gemeinschaft mit Gott davon zu ernähren. Keine Übung kann für das erneuerte Gemüt in Wahrheit erbauender und erfrischender sein, als bei der ungesäuerten Vollkommenheit der Menschheit Christi zu verweilen – das Leben und den Dienst des einen zu betrachten, der unumschränkt und wahrhaft ungesäuert war. In der ganzen Quelle seiner Gedanken, Gefühle Wünsche und Ideen war nicht ein Stückchen Sauerteig. Er war der sündlose, fleckenlose, vollkommene Mensch. Und je mehr wir durch die Kraft des Geistes befähigt sind, in dies alles einzudringen, desto tiefer wird unsere Erfahrung von der Gnade sein, die diesen einen Vollkommenen leitete, sich unter alle die Folgen der Sünden seines Volkes zu stellen, wie Er es tat, als Er an dem Kreuz hing. Dieser Gedanke aber steht mit dem Sündopfer unseres geliebten Herrn in Verbindung. Im Speisopfer ist von der Sünde gar keine Rede. Es ist nicht das Vorbild eines Sündenträgers, sondern eines wirklichen, vollkommenen, makellosen Menschen, empfangen und gesalbt durch den Heiligen Geist, im Besitz einer ungesäuerten Natur, und lebend ein ungesäuertes Leben hienieden, indem Er gegen Gott stets den Wohlgeruch seiner persönlichen Vortrefflichkeit ausströmte, und unter den Menschen ein Verhalten offenbarte, das durch „Gnade mit Salz gewürzt“ charakterisiert war.

Da war aber noch ein anderer Bestandteil, der „Honig“, der ebenso entschieden vom Speisopfer ausgeschlossen war, als der „Sauerteig.“ „Alle Speisopfer, die ihr dem Herrn opfern wollt, sollt ihr nicht machen von Gesäuertem, denn kein Sauerteig noch Honig soll dem Herrn zum Feuer angezündet werden“ (V 11). Wie nun der „Sauerteig“ der Ausdruck von dem ist, was in der Natur bestimmt und offenbar böse ist, so mögen wir den „Honig“ betrachten als das bezeichnende Symbol von dem, was darin augenscheinlich süß und anziehend ist. Beides ist von Gott nicht erlaubt – Beides war sorgfältig vom Speisopfer ausgeschlossen – Beides passte nicht für den Altar. Die Menschen mögen es, gleich Saul, unternehmen, zwischen dem, „was schlecht und verworfen“, und dem, was es nicht ist, einen Unterschied machen; aber das Urteil Gottes stellt den vortrefflichen Agag auf dieselbe Waagschale mit dem Schlechtesten der Söhne Amaleks (1. Sam 15) Es gibt ohne Zweifel einige gute moralische Eigenschaften im Menschen, die man für das halten muss, was sie wert sind. „Hast du Honig gefunden, so iss so viel als schicklich ist;“ aber man möge nicht vergessen, dass er weder im Speisopfer, noch in dessen Gegenbild einen Platz fand. Da war die Fülle des Heiligen Geistes; da war der liebliche Wohlgeruch des „Weihrauchs;“ da war die erhaltende Kraft des „Bundessalzes.“ Alle diese Dinge begleiteten das „Semmelmehl“ in der Person des wahren Speisopfers; aber da war „kein Honig.“

Welch eine Aufgabe ist hier für das Herz! ja, welch ein Band heilsamer Belehrung! Der Herr Jesus wusste der Natur und ihren Beziehungen den wahren Platz anzuweisen. Er wusste, wie viel Honig passend war. Er konnte zu seiner Mutter sagen: „Wusstet ihr nicht, dass ich sein muss in dem, was meines Vaters ist?“ Und wiederum konnte Er zu seinem geliebten Jünger sagen: „Siehe deine Mutter!“ Mit anderen Worten, es wurde den Anforderungen der Natur nimmer erlaubt, zu verhindern, Gott die ganze Energie der vollkommenen Menschheit Christi darzustellen. Maria und auch andere dachten vielleicht, dass ihre menschliche Beziehung zu dem Gesegneten ihnen einen besonderen Anspruch oder Einfluss auf bloß natürlichem Grund einräume. Wir lesen: „Es kommen nun seine Mutter und seine Brüder; und draußen stehend, schickten sie zu Ihm und riefen Ihn. Und die Volksmenge saß um Ihn herum; – sie sagten aber zu Ihm: Siehe! Deine Mutter und deine Brüder draußen suchen dich“ (Mk 3,31–32). Was war nun die Antwort des wahren Speisopfers? Verließ Er sein Werk, um den Anforderungen der Natur zu entsprechen? Durchaus nicht. Hätte Er es getan, so wäre Honig mit dem Speisopfer vermengt gewesen, und dies konnte nicht sein. Der Honig wurde sorgfältig ausgeschlossen, sowohl bei dieser als bei jeder anderen Gelegenheit, wenn Gottes Anforderungen Folge geleistet werden musste, und stattdessen wurde die Kraft des Geistes, der Wohlgeruch des „Weihrauchs“, und die Kraft des „Salzes“ offenbart. 2 „Und Er antwortete ihnen und sagte: Wer ist meine Mutter oder meine Brüder? – Und im Kreis umherblickend auf die, welche um Ihn herumsaßen, spricht Er: Siehe, meine Mutter und meine Brüder! Denn Jedweder, der den Willen Gottes tut, dieser ist mein Bruder, meine Schwester und meine Mutter.“

Es gibt wenige Dinge, die dem Diener Christi schwerer fallen, als stets mit geistlicher Genauigkeit den Anforderungen der natürlichen Beziehungen so nachzukommen, dass ihnen nicht gestattet wird, die Anforderungen des Meisters zu beeinträchtigen. Bei unserem teuren Herrn war, wie wir wissen, dies alles in göttlichem Einklang. Bei uns kommt es oft vor, dass von Gott uns auferlegte Pflichten offenbar vernachlässigt werden, um das zu tun, wovon wir uns einbilden, dass es der Dienst Christi sei. Die Lehre Gottes wird so oft dem scheinbaren Werk des Evangeliums geopfert. Es ist aber gut, sich zu erinnern, dass die wahre Hingebung immer von einem Punkt ausgeht, worin alle göttlichen Anforderungen völlig gesichert sind. Wenn ich eine Stellung innehabe, die täglich meinen Dienst von acht Uhr morgens bis sieben Uhr abends in Anspruch nimmt, so habe ich kein Recht während dieser Stunden zu predigen oder Besuche zu machen. Wenn ich in einem Geschäft bin, so bin ich verpflichtet, auf eine rechtschaffene und Gott wohlgefällige Weise des Geschäfts zu warten. Ich habe kein Recht, hierhin und dorthin zu laufen und zu predigen, während mein Geschäft, meine häuslichen Pflichten vernachlässigt werden, und also auf die heilige Lehre Gottes Schande bringen.

Es könnte jemand sagen: „Ich fühle mich berufen das Evangelium zu predigen, und meine Stellung, meine Geschäfte sind mir dabei ein Hindernis.“ – Nun, wenn du auf göttliche Weise für das Werk des Evangeliums berufen und befähigt bist, und wenn du die beiden Dinge nicht vereinigen kannst, so gib deine Stellung auf, oder wickele dein Geschäft auf eine göttliche Weise ab, und gehe dann im Namen des Herrn voran. Aber, es ist klar, solange ich eine Stellung innehabe und ein Geschäft betreibe, darf meine Arbeit in dem Evangelium nur dann beginnen, wenn die göttlichen Anforderungen einer solchen Stellung oder eines solchen Geschäfts völlig befriedigt sind. Das ist wahre Unterwürfigkeit, alles andere ist Verwirrung, so wohlgemeint es auch sein mag. Gepriesen sei Gott! wir haben ein vollkommenes Vorbild in dem Leben des Herrn Jesus vor uns, und in dem Wort Gottes eine völlige Leitung für den neuen Menschen, so dass wir nicht nötig haben, irgendeinen Fehler zu begehen in den mannigfachen Beziehungen, in welche wir durch die Vorsehung Gottes berufen sind, oder in Bezug auf die mannigfachen Anforderungen, welche die moralische Regierung Gottes, in Verbindung mit solchen Beziehungen, an uns stellt.

2. Der zweite Punkt in unserer Betrachtung ist die Art und Weise, in welcher das Speisopfer zubereitet wurde. Dies geschah, wie wir lesen, durch die Wirkung des Feuers. Es wurde „gebacken im Ofen“ – „gebacken in der Pfanne“ – „oder geröstet auf dem Rost.“ Das Verfahren des Backens oder Röstens gibt die Idee des Leidens. Aber insofern das Speisopfer ein „süßer Geruch“ genannt wird – ein Ausdruck, der nie bei dem Sündopfer oder dem Schuldopfer angewandt wurde – ist es augenscheinlich, dass da kein Gedanke an Leiden für die Sünde – kein Gedanke an das Ertragen des Zornes Gottes wegen der Sünde – kein Gedanke an Leiden von der Hand der unendlichen Gerechtigkeit, als Stellvertreter des Sünders ist. Die beiden Ideen: der „süße Geruch“ und „leiden für die Sünde“, sind nach der levitischen Haushaltung ganz unvereinbar. Es würde das Vorbild des Speisopfers durchaus zerstören, wenn wir ihm die Idee des Leidens für die Sünde hinzufügen wollten.

Beim Betrachten des Lebens des Herrn Jesus, welches, wie wir schon bemerkt haben, der spezielle Gegenstand ist, der im Speisopfer vorgebildet wird, bemerken wir drei verschiedene Arten von Leiden nämlich Leiden für die Gerechtigkeit, Leiden durch die Macht des Mitgefühls und Leiden durch Vorempfindung.

Als der gerechte Diener Gottes, litt Er inmitten einer Szene in welcher alles gegen Ihn war aber dieses war dem Leiden für die Sünde ganz entgegengesetzt. Es ist von der höchsten Wichtigkeit, zwischen diesen beiden Arten von Leiden zu unterscheiden. Die Verwechselung derselben muss notwendig zu großem Irrtum leiten. Um Gottes willen als ein Gerechter unter den Menschen zu leiden ist eine Sache, und anstatt der Menschen unter der Hand Gottes zu leiden, ist eine ganz andere Sache. Der Herr Jesus litt während seines Lebens für die Gerechtigkeit; in seinem Tod litt Er für die Sünde. Während seines Lebens taten der Mensch und Satan ihr Äußerstes, und sogar auf dem Kreuz entfalteten sie ihre ganze Kraft; aber als alles, was sie tun konnten, vollendet war, als sie in ihrem tödlichen Hasse die äußerste Grenze menschlichen und teuflischen Widerstandes erreicht hatten, da lag noch weit darüber hinaus eine Region von undurchdringlichem Dunkel und Schrecken, durch welche der Sündenträger zur Vollendung seines Werkes zu gehen hatte. Während seines Lebens wandelte Er stets in dem ungetrübten Licht des göttlichen Angesichts; aber auf dem verfluchten Holz kam der finstere Schatten der Sünde dazwischen und verbarg jenes Licht, und entrang Ihm den geheimnisvollen Schrei: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen!“ Dies war ein Moment, welcher in den Annalen der Ewigkeit einzig dasteht. Während des Lebens Christi hienieden hatte sich der Himmel von Zeit zu Zeit geöffnet, um dem göttlichen Wohlgefallen an Ihm Ausdruck zu geben; aber auf dem Kreuz verließ Gott Ihn, weil Er seine Seele zum Sündopfer machte. Wäre Christus sein ganzes Leben ein Sündenträger gewesen, wo wäre dann der Unterschied zwischen dem Kreuz und irgendeiner anderen Periode? Warum war Er nicht während seiner ganzen Laufbahn von Gott verlassen? Was war der Unterschied zwischen Christus auf dem Kreuz und Christus auf dem heiligen Berge der Verherrlichung? War Er auf diesem Berg von Gott verlassen? War Er dort ein Sündenträger? Dies sind sehr einfache Fragen, welche durch jene beantwortet werden sollten, welche die Idee festhalten, dass Er während seines ganzen Lebens ein Sündenträger gewesen sei?

Die einfache Tatsache ist diese: da war nichts, weder in der Menschheit Christi, noch in der Natur seiner Beziehungen, welches Ihn möglicher Weise mit der Sünde, oder dem Zorn, oder dem Tod hätte verbinden können. Auf dem Kreuz „wurde Er zur Sünde gemacht;“ dort ertrug Er den Zorn Gottes, und dort gab Er sein Leben dahin, als eine allgenügsame Versöhnung für die Sünde; aber nichts davon findet einen Platz im Speisopfer. Wahr ist es, dass wir dort den Prozess des Backens und die Handlung des Feuers haben; aber dies ist nicht der Zorn Gottes. Das Speisopfer war sein Sündopfer, sondern das Opfer eines „süßen Geruchs.“ Hiermit ist seine Bedeutung klar bezeichnet; und überdies muss die richtige Auslegung desselben die köstliche Wahrheit der unbefleckten Menschheit Christi und die wahre Natur seiner Beziehungen stets mit heiliger Eifersucht aufrecht halten. Durch die Notwendigkeit seiner Geburt Ihn zu einem Sündenträger zu machen, oder Ihn dadurch unter den Fluch des Gesetzes und den Zorn Gottes zu stellen, heißt der ganzen Wahrheit Gottes, was die Menschwerdung betrifft, widersprechen – eine Wahrheit, die durch den Engel angekündigt und mehrmals durch den Heiligen Geist in den apostolischen Briefen wiederholt ist. Es zerstört Zugleich den ganzen Charakter und Zweck des Lebens Christi, und raubt dem Kreuz seine besondere Herrlichkeit. Es erniedrigt das Gefühl über die Sünde und die Versöhnung. Mit einem Wort, es verrückt den Grundstein des Gebäudes der Offenbarung und stellt alles um uns her in einen hoffnungslosen Ruin und große Verwirrung.

Aber weiter litt der Herr Jesus durch die Macht des Mitgefühls, und dieser Charakter seines Leidens entfaltet uns die tiefen Geheimnisse seines zärtlichen Herzens. Menschliche Traurigkeit und menschliches Elend berührten stets eine Saite in jenem Busen der Liebe. Es war unmöglich, dass ein vollkommenes, menschliches Herz vermeiden konnte, das durch die Sünde auf die menschliche Familie vererbte Elend seinem eigenen göttlichen Zartgefühl gemäß zu fühlen. Wiewohl persönlich von Leiden, von Ursache und Wirkung, frei – wiewohl Er dem Himmel angehörte und auf der Erde ein vollkommenes, himmlisches Leben führte, so stieg Er doch durch die Macht eines innigen Mitgefühls in die tiefsten Tiefen des menschlichen Elends hinab; ja, Er fühlte das Elend weit stärker als jene, welche die direkten Gegenstände desselben waren, weil seine Menschheit eine vollkommene war. Und ferner war Er fähig, Beides, das Elend und dessen Ursache, nach ihrem richtigen Maße und Charakter in der Gegenwart Gottes zu betrachten. Er fühlte, wie niemand außer Ihm fühlen konnte. Seine Gefühle, seine Neigungen, seine Empfindungen, seine ganze moralische und geistige Beschaffenheit waren vollkommen, und darum kann niemand sagen, was ein solcher gelitten haben muss, während Er durch eine solche Welt ging, wie diese. Er sah die menschliche Familie sich winden unter dem schweren Gewicht ihrer Schuld und ihres Elends: Er sah die ganze Schöpfung seufzen unter ihrem Joch; die Wehklagen des Gefangenen drang in sein Ohr; die Tränen der Witwe begegneten seinem Auge; die Beraubung und Armut erreichten sein gefühlvolles Herz; Krankheit und Tod machten Ihn „tief seufzen im Geist;“ (Joh 11) – ja, seine Leiden durch Mitgefühl übersteigen weit alle menschlichen Begriffe.

Ich will hier eine Stelle anführen, die jenen Charakter der Leiden, womit wir eben jetzt beschäftigt sind, beleuchtet. „Als es aber Abend geworden, brachten sie viele Besessene zu Ihm; und Er trieb die Geister aus durch sein Wort, und Er heilte alle die Siechen, dass erfüllt würde, was durch Jesaja, den Propheten geredet ist, welcher sagte: Er selbst hat unsere Schwachheiten genommen und unsere Krankheiten getragen“ (Mt 8,16–17). Dies war völlige Sympathie – die Macht des Mitgefühls, die in Ihm vollkommen war. Er hatte keine eigenen Krankheiten und Schwachheiten. Jene Dinge, die man zuweilen als „sündlose Schwachheiten“ bezeichnet, waren bei Ihm nur die Beweise einer wahrhaftigen wirklichen, vollkommenen Menschheit; allein durch das vollkommene Mitgefühl „nahm Er unsere Schwachheiten und trug unsere Krankheiten.“ Nur ein vollkommener Mensch konnte dies tun. Wir können für und miteinander fühlen; aber nur Jesus konnte menschliche Schwachheit und Krankheit zu seiner eigenen machen.

Wenn Er nun alle diese Dinge durch die Notwendigkeit seiner Geburt oder seiner Beziehungen mit Israel und der menschlichen Familie zu tragen gehabt hätte, so würden wir die ganze Schönheit und Köstlichkeit seines freiwilligen Mitgefühls verloren haben. Da könnte für eine freiwillige Handlung kein Raum gewesen sein, wenn Ihm eine absolute Notwendigkeit auferlegt worden wäre. Wenn wir aber andererseits sehen, dass Er, sowohl persönlich als beziehungsweise, von dem menschlichen Elende und dessen Ursache völlig frei war, so können wir in jene vollkommene Gnade und Erbarmung eintreten, welche Ihn leiteten, in der Macht des wahren Mitgefühls „unsere Schwachheiten zu nehmen und unsere Krankheiten zu tragen“, Es ist deshalb ein offenbarer Unterschied zwischen den Leiden Christi, als freiwillig mitleidend in dem menschlichen Elende, und seinen Leiden, als Stellvertreter des Sünders. Die Ersteren sind durch sein ganzes Leben hindurch sichtbar; die Letzteren beschränken sich auf seinen Tod.

Endlich haben wir die Leiden Christi durch Vorempfindung zu betrachten. Wir finden den finsteren Schatten des Kreuzes sich quer über seinen Pfad werfen und eine höchst schmerzliche Art von Leiden für Ihn hervorbringen, welche aber sowohl von seinem versöhnenden Leiden, als auch von seinem Leiden für die Gerechtigkeit und seinem Leiden durch Mitgefühl deutlich unterschieden werden müssen. Lasst uns folgende Stelle zum Beweis nehmen. „Und Er ging hinaus, und begab sich der Gewohnheit nach an den Ölberg; Ihm folgten aber auch seine Jünger. Und als Er an den Ort gekommen war, sprach Er zu ihnen: Betet, dass ihr nicht in Versuchung hineingeht! – Und Er hatte sich ungefähr einen Steinwurf weit von ihnen zurückgezogen, und niederkniend betete Er und sagte: Vater! Wenn du diesen Kelch von mir vorüber führen willst, – doch nicht mein Wille, sondern der deine geschehe! – Es erschien Ihm aber ein Engel vom Himmel, der Ihn stärkte; und als Er in ringendem Kampf war, betete Er heftiger. Es ward aber sein Schweiß wie große Blutstropfen, welche auf die Erde herabfielen“ (Lk 22,39–44). Wiederum lesen wir: „Und Er nahm mit sich den Petrus und die zwei Söhne Zebedäus und fing an, betrübt und beängstigt zu sein. Dann spricht er zu ihnen: Meine Seele ist sehr betrübt bis zum Tod; bleibt hier und wacht mit mir! Und er ging ein wenig weiter und fiel auf sein Angesicht, betete und sagte: ‚Mein Vater, wenn es möglich ist, so gehe dieser Kelch von mir vorüber; doch nicht, wie ich will, sondern wie du.‘“ (Mt 26,37–39)

Aus diesen Versen ist es augenscheinlich, dass da ein etwas in Aussicht stand, dem der Herr nie vorher begegnet war. Da war ein Kelch für Ihn ausgeschüttet, von dem Er noch nicht getrunken hatte. Wäre Er sein ganzes Leben ein Sündenträger gewesen, warum diese „Seelenangst“ bei dem Gedanken an die Berührung mit der Sünde und an das Ertragen des Zornes Gottes der Sünde wegen? Was war der Unterschied zwischen Christus in Gethsemane und Christus auf Golgatha, wenn Er sein ganzes Leben ein Sündenträger war? Es war aber ein wesentlicher Unterschied; und gerade deshalb, weil Er nicht sein ganzes Leben ein Sündenträger war. Und worin bestand der Unterschied? In Gethsemane hatte Er den Vorgeschmack des Kreuzes, auf Golgatha ertrug Er es in Wirklichkeit. In Gethsemane „erschien Ihm ein Engel vom Himmel und stärkte Ihn;“ auf Golgatha aber war Er von allen verlassen; dort war kein Dienst der Engel. In Gethsemane wendet Er sich zu Gott, als „Vater“, so dass Er dort die volle Gemeinschaft jener unaussprechlichen Beziehung genoss; auf Golgatha aber ruft Er aus: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen!“ Hier schaut der Sündenträger auf und sieht den Thron der ewigen Gerechtigkeit mit finsteren Wolken umhüllt, und das Antlitz der unwandelbaren Heiligkeit von Ihm abgewandt, weil Er für uns „zur Sünde gemacht“ war.

Der Leser wird, wie ich hoffe, keine Schwierigkeit finden, diesen Gegenstand für sich selbst zu untersuchen. Er wird fähig sein, die drei Charaktere der Lebensleiden unseres gesegneten Herrn einzeln zu verfolgen, und sie von seinen Todesleiden, von seinen Leiden für die Sünde zu unterscheiden, Er wird sehen, dass, als der Mensch und Satan ihr Äußerstes getan hatten, noch ein Charakter von seiden übrigblieb, der einzig dastand, nämlich zu leiden unter der Hand Gottes der Sünde wegen – zu leiden als Stellvertreter des Sünders. Bis Er zu dem Kreuz kam, konnte Er immer aufschauen und sich in dem hellen Licht des Angesichts seines Vaters erfreuen. In der dunkelsten Stunde fand Er droben eine sichere Zuflucht. – sein Pfad hienieden war ein rauer. Und wie konnte es anders sein in einer Welt, wo alles seiner reinen, heiligen Natur direkt entgegen war? „Er hatte den Widerspruch von den Sündern gegen sich zu erdulden.“ Er hatte „die Schmähungen derer zu ertragen, die Gott schmähten“, Ja, was hatte Er nicht zu erdulden? Er wurde missverstanden, seine ganze Gesinnung und Handlungsweise wurde falsch gedeutet, Er wurde geschmäht, angefeindet, angeklagt von Sinnen zu sein und einen Teufel zu haben. Er wurde überliefert, verleugnet, verlassen, verspottet, geschlagen, bespeit, mit Dornen gekrönt, ausgestoßen, verurteilt und zwischen zwei Mördern ans Kreuz geheftet. Alle diese Dinge ertrug Er von der Hand des Menschen, verbunden mit den unaussprechlichen Schrecken, die Satan auf seinen Geist anwandte; aber nochmals möge es hier mit Nachdruck wiederholt werden, dass, als der Mensch und Satan alle ihre Kraft und Feindschaft erschöpft hatten, unser teurer Herr und Heiland noch ein etwas zu erdulden hatte, welches im Vergleich zu allem anderen nichts war; und dies war das Verbergen des Angesichts Gottes – es waren die drei Stunden der Finsternis und des furchtbaren Dunkels, während welcher Zeit Er litt, was niemand, außer Gott, zu ermessen vermag.

Wenn nun die Schrift sagt, dass wir mit den Leiden des Christus Gemeinschaft haben, so sind nur einfach seine Leiden von der Hand des Menschen gemeint. Christus litt für die Sünde, damit wir nicht dafür zu leiden hätten. Er ertrug den Zorn Gottes, damit wir ihn nicht zu ertragen hätten. Dies ist der Grund unseres Friedens. Aber in Betreff der Leiden von der Hand des Menschen werden wir immer finden, dass wir in dieser Beziehung umso mehr zu leiden haben, je treuer wir den Fußstapfen Christi nachfolgen; aber dies ist eine Gabe, ein Vorrecht, eine Gunst, eine Ehre (Phil 1,29–30). – In den Fußstapfen Christi wandeln – die Gemeinschaft mit Ihm zu genießen – in eine Stellung des Mitleidens mit Ihm gesetzt zu sein, sind Vorrechte des höchsten Ranges. Möchten wir nur alle tiefer und völliger in dieselben eintreten. Aber ach! wir entbehren sie nur zu gern; wir sind nur zu wohlzufrieden, gleich Petrus, Ihm „von ferne nachzufolgen“ – uns von einem verachteten und leidenden Christus fern zu halten. Dies ist ohne Zweifel ein großer Verlust für uns. Hätten wir nur mehr Gemeinschaft mit seinen Leiden, so würde auch sicher die Krone glänzender in das Auge unserer Seele strahlen. Wenn wir uns aber von der Gemeinschaft der Leiden Christi zurückziehen, so rauben wir uns die große Freude seines gegenwärtigen Umgangs und auch die moralische Kraft der Hoffnung seiner zukünftigen Herrlichkeit.

3. Nachdem wir nun die Bestandteile, woraus das Speisopfer zusammengesetzt war, und die verschiedenen Formen, in denen es dargestellt wurde, betrachtet haben, bleibt uns nur noch übrig, auf die Personen hinzuweisen, die daran Teil nahmen. Diese waren das Haupt und die Glieder des priesterlichen Hauses. „Das Übrige aber soll Aarons und seiner Söhne sein, und ist hochheilig, von den Feuern des Herrn“ (Kap 2,10). Bei dem Brandopfer bemerkten wir, dass die Söhne Aarons als Vorbilder aller wahren Gläubigen dargestellt wurden, nicht als überführte Sünder, sondern als anbetende Priester; ebenso finden wir beim Speisopfer, dass sie den Überrest von dem aßen, was, so zu sagen, auf den Tisch des Gottes Israels gelegt worden war. Das war ein hohes und heiliges Vorrecht. Nur die Priester konnten es genießen. Dies finden wir mit großer Bestimmtheit im Gesetz des Speisopfers, welches ich hier wörtlich anführen will, dargestellt: „Und das ist das Gesetz des Speisopfers: Aarons Söhne sollen es vor den Herrn bringen, vor den Altar. Und es soll einer davon heben seine Hand voll Semmelmehl des Speiseopfers, und von seinem Öl, und dem ganzen Weihrauch, der auf dem Speisopfer liegt; und soll es anzünden auf dem Altar zum süßen Geruch, ein Gedächtnis dem Herrn. Das Übrige aber sollen Aaron und seine Söhne essen, und soll ungesäuert gegessen werden, an heiliger Stätte, im Vorhof der Hütte des Stifts. Sie sollen es nicht mit Sauerteig backen; denn es ist ihr Teil, das ich ihnen gegeben habe von meinen Feuern. Es soll hochheilig sein, gleich wie das Sündopfer und Schuldopfer. Was männlich ist unter den Kindern Aarons, sollen es essen; das sei ein ewiges Recht euren Nachkommen, an den Feuern des Herrn. Es soll sie niemand anrühren, er sei denn geweiht“ (Kap 6,14–18).

Hier nun haben wir ein schönes Vorbild von der Versammlung, die „an heiliger Stätte“, in der Macht einer praktischen Heiligkeit, sich von den Vollkommenheiten des „Menschen Christus Jesus“ ernährt. Dies ist durch die Gnade Gottes unser Teil; aber wir müssen daran denken, dass es mit „ungesäuertem Brot“ gegessen werden mich. Mir können uns nicht von Christus ernähren, wenn wir in irgendwelchem Bösen beharren. „Es soll sie niemand anrühren, er sei denn geweiht.“ Überdies muss es „an heiliger Stätte“ sein. Unsere Stellung, unser Tun, unsere Leiber, unsere Verbindungen müssen heilig sein, ehe wir vom Speisopfer essen dürfen. Endlich heißt es: „Was männlich ist unter den Kindern Aarons, sollen es essen.“ Das will sagen, dass wahre priesterliche Energie, nach den göttlichen Gedanken über dasselbe, erfordert wird, um dieses heilige Teil zu genießen. Aarons „Söhne“ stellen die Idee der Energie in der priesterlichen Handlung – seine „Töchter“ die Schwachheit darin dar (vgl. 4. Mose 18,8–13). Es gaben einige Dinge, welche die Söhne essen konnten, aber nicht die Töchter. Unsere Herzen aber sollten nach dem höchsten Maß priesterlicher Energie ernstlich verlangen, damit wir auch fähig wären, die höchsten priesterlichen Dienste zu verrichten und an der höchsten Art der priesterlichen Nahrung Teil zu nehmen.

Lasst mich schließlich noch hinzufügen, dass wir, da wir durch die Gnade zu „Teilhabern der göttlichen Natur“ gemacht worden sind, in den Fußstapfen dessen, der im Speisopfer vorgebildet ist, zu wandeln vermögen, wenn wir anders in der Energie jener Natur leben. Wenn wir nur von uns selbst entleert sind, so wird eine jede unserer Handlungen einen süßen Geruch zu Gott hinausströmen. Der kleinste Dienst sowohl als der größte kann durch die Macht des Heiligen Geistes den Wohlgeruch Christi darstellen. Das Besuchen einer Familie, das Schreiben eines Briefes, der öffentliche Dienst am Wort, das Darreichen eines Glases Wassers einem Jünger, das Mitteilen eines Groschens einem Armen, ja, die gewöhnlichen Handlungen des Essens und Trinkens – alle diese Dinge können den süßen Wohlgeruch des Namens und der Gnade Jesu ausströmen. Wenn für die Natur nur der Platz des Todes behauptet wird, so kann in uns die Darstellung dessen sein, was nicht verweslich ist, sogar ein Verkehr, der mit dem „Salz“ der bleibenden Gemeinschaft mit Gott gewürzt ist. Aber in all diesen Dingen fehlen wir und straucheln mannigfaltig. Wir betrüben den Heiligen Geist in unseren Wegen. Wir sind in unseren besten Dienstleistungen zur Selbstsucht und Menschengefälligkeit geneigt, und unterlassen es, unseren Verkehr zu würzen. Daher kommt auch unser beständiger Mangel an „Öl“, an „Weihrauch“ und an „Salz;“ während wir es Zugleich oft zulassen, dass der „Sauerteig“ und der „Honig“ der Natur zum Vorschein kommen.

Es ist mir ein vollkommenes Speisopfer dagewesen – und, gelobt sei Gott! wir sind angenommen in Ihm. Wir sind die „Söhne“ des wahren Aarons; unser Platz ist im Heiligtum, wo wir uns von dem Heiligen ernähren. Glücklicher Platz! Glückliches Teil! Möchten wir beides mehr genießen, als wir bisher getan haben! Möchte unseres Herzens Abgeschiedenheit von allem, was außer Christus ist, tiefer sein! Möchte unser Ausblick zu Ihm so mächtig sein, dass wir für die Reize der Welt um uns her kein Herz hätten, noch für die tausendfachen kleinlichen Umstände auf unserem Pfad, die das Herz niederdrücken und den Geist verwirren! Möchten wir uns in Christus erfreuen, sowohl im Sonnenschein als in der Dunkelheit – sowohl wenn die sanften Lüftchen des Sommers uns kühl umwehen, als auch wenn draußen die Stürme des Winters heftig toben – sowohl wenn wir über die Oberfläche eines ruhigen Sees dahingleiten, als wenn wir auf den Wogen eines stürmischen Ozeans hin und her geschleudert werden! Gelobt sei Gott! wir haben den gefunden, der auf ewig unser befriedigendes Teil ist. Wir werden die Ewigkeit zubringen, um die göttlichen Vollkommenheiten Jesu zu betrachten. Unsere Augen werden sich nimmer von Ihm abwenden, wenn wir Ihn einmal gesehen haben, wie Er ist.

Möge der Geist Gottes mächtig in uns wirken, um uns an dem „inwendigen Menschen“ zu stärken! Möge Er uns befähigen, uns von jenem vollkommenen Speisopfer zu ernähren, dem Denkmal von dem, was durch Gott selbst genossen worden ist! Dies ist unser heiliges und glückliches Vorrecht. O möchten wir es doch völliger verwirklichen! (Fortsetzung folgt)

Fußnoten

  • 1 „Da aber die Fülle der Zeit gekommen war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von (einem) Weibe, geboren unter Gesetz.“ Das ist eine höchst wichtige Stelle, die unseren teuren Herrn als Sohn Gottes und als Sohn des Menschen vor uns stellt. „Gott sandte seinen Sohn, geboren von einem Weib.“ Köstliches Zeugnis!
  • 2 Wie wichtig ist es, in dem obigen schönen Abschnitt zu sehen, dass, indem man den Willen Gottes tut, man mit Christus in eine Verwandtschaft tritt, von der seine Brüder nach dem Fleisch, auf bloß natürlichem Grund nichts kannten. Es war in Bezug auf jene Brüder ebenso wahr, wie für jeden anderen: „Es sei denn, dass jemand von neuem geboren werde, so kann er das Reich Gottes nicht sehen.“ Maria hätte nicht durch die bloße Tatsache, die Mutter Jesu zu sein, errettet werben konnten. Sie bedurfte ebenso sehr des versöhnlichen Glaubens an Christus, als jedes andere Glied der gefallenen Familie Adams. Sie musste ebenso durch die Wiedergeburt aus der alten Schöpfung in die neue hinübergehen. Und es war durch das Aufbewahren der Worte Christi in ihrem Herzen, dass dieses gesegnete Weib errettet wurde. Sie war ohne Zweifel hoch begnadigt, indem sie als ein Gefäß zu solch einem heiligen Dienste ausersehen wurde; aber dann bedurfte sie, als eine verlorene Sünderin, sich „Gottes, ihres Heilands, zu erfreuen“, wie irgendein anderer. Sie steht auf demselben Grund, ist in demselben Blut gewaschen, in dieselbe Gerechtigkeit gekleidet, und wird dasselbe Lied singen, wie alle die Übrigen der Erlösten Gottes. Diese einfache Tatsache wird einem schon erwähnten Punkte noch mehr Kraft und Klarheit geben, dass nämlich Christus durch die Menschwerdung nicht unsere Natur in Verbindung mit sich selbst brachte. Diese Wahrheit sollte sorgfältig betrachtet werden. Wir sehen sie in 2. Korinther 5,14-17 klar dargestellt: „Denn die Liebe des Christus drängt uns, also urteilend: dass, wein. Einer für alle gestorben ist, so denn alle gestorben sind. Und Er ist für alle gestorben, auf dass die Lebenden nicht mehr sich selbst leben, sondern dem, der für sie gestorben und auferweckt ist. So denn kennen wir von nun an niemand nach dem Fleisch; wenn wir aber auch Christus nach dem Fleisch gekannt haben, so kennen wir Ihn doch jetzt nicht mehr. Also wenn jemand in Christus ist – eine neue Schöpfung. Das Alte ist vergangen; siehe. Alles ist neu geworden.“
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