Botschafter des Heils in Christo 1863
Betrachtung über den zweiten Brief von Paulus an die Korinther - Teil 2/7
Die beiden letzten Verse des vorigen Kapitels konnten zu der Meinung Anlass geben, als wollte der Apostel sich und seinen Dienst aufs Neue bei den Korinthern empfehlen. Deshalb bezeugt er hier, dass er, namentlich bei ihnen, keiner solchen Empfehlung bedürfe, und nimmt Zugleich Veranlassung, den Gegensatz zwischen dem Evangelium und dem Gesetz ans Licht zu stellen. Dies war umso nötiger, weil die falschen Lehrer das Gesetz mit dem Evangelium zu vermengen suchten, und Letzteres dadurch seiner Kraft beraubten.
Mochten nun andere der Empfehlungsbriefe an die Korinther oder von ihnen nötig haben, mochten sie wegen ihrer Abhängigkeit von Menschen des Lobes der Menschen bedürfen – Paulus bedurfte es nicht (V 1). Er konnte sagen: „Unser Brief seid ihr, in unsere Herzen eingeschrieben, gekannt und gelesen von allen Menschen“ (V 2). Die Korinther selbst waren sein Empfehlungsbrief. Sie waren in ihrem Glauben der lebendige Ausdruck seiner Lehre, der deutlichste Beweis von der Macht und der Göttlichkeit des ihm anvertrauten Dienstes. Unauslöschlich in sein Herz eingeschrieben, trug er sie stets mit sich umher. Dies hebt er bei jeder Gelegenheit hervor, und ist glücklich, es zu tun, weil ihr Gehorsam offenbar geworden ist. Sie waren ein Brief, der von allen Menschen gekannt und gelesen wurde. Ihr Glaube und ihr Leben stellten zu Gunsten des Apostels, durch dessen Mittel sie bekehrt worden waren, eine Empfehlung aus, wogegen alle Empfehlungsbriefe ganz nichtig und wertlos waren. „Die ihr offenbart seid“ – fährt der Apostel fort – „dass ihr ein Brief Christi seid.“ Sie gehörten Ihm an und waren Zugleich sein Zeugnis in der Welt. Durch den Dienst des Paulus und des Timotheus war dieser Brief angefertigt oder geschrieben worden – „nicht mit Tinte“, wie die Empfehlungsbriefe jener falschen Lehrer, „sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes“ – „nicht in steinerne Tafeln“, wie das Gesetz, „sondern in fleischerne Tafeln des Herzens“ durch die Macht des Heiligen Geistes (V 3). Es war also nicht Menschen, sondern Gottes Werk, und deshalb hatte auch der Apostel in Betreff seines Dienstes völliges Vertrauen. Der in die Herzen gelegte Grund war unerschütterlich fest, weil er durch den Geist des lebendigen Gottes bewerkstelligt war, und ebenso war die Macht des Dienstes des Apostels erwiesen, weil er zu diesem Werk das Mittel gewesen war. Zugleich kann dieser Vers in jedem gläubigen Herzen zu einer ernsten Betrachtung Gelegenheit geben. Ein Brief Christi zu sein – Ihm anzugehören und, wandelnd in seinen Fußstapfen, sein Zeugnis in dieser Welt fortzusetzen – schließt ein großes Vorrecht und eine ernste Verantwortlichkeit in sich. Der Herr selbst möge dies unseren Herzen tief einprägen!
Was nun machte den Apostel in Bezug auf seinen Dienst und dessen Wirkung so sicher und gewiss? Er kannte die Quelle und die Kraft seines Dienstes. „Solches Vertrauen aber haben wir durch Christus zu Gott“ (V 4). Auch wusste er, dass seine Fähigkeit zu demselben nicht aus ihm selbst kam, dass sie nicht auf menschliche Weisheit oder Kraft, sondern auf Gott gegründet war. „Nicht dass wir von uns selbst fähig sind, etwas zu denken, als aus uns selbst, sondern unsere Fähigkeit ist aus Gott“ (V 5). Und Gott hatte ihn zu einem Diener des „neuen Bundes“ fähig gemacht – „nicht des Buchstabens“ – nicht einer äußeren Vorschrift – „sondern des Geistes“ – der wahren Kraft der Gedanken Gottes, wie der Geist sie mitteilt (V 6). „Denn der Buchstabe“ – als Richtschnur den Menschen gegeben – „tötet; der Geist aber macht lebendig“, indem er die Kraft Gottes in Gnade mitteilt. Dies gilt offenbar von allen göttlichen und menschlichen Vorschriften, obgleich es sich hier nur um das Gesetz handelt; – nicht der Buchstabe, sondern der Geist hat Leben gebende Kraft.
Der Dienst des Apostels bestand also darin, die Gedanken und Ratschlüsse Gottes durch die Kraft des Heiligen Geistes den Menschen mitzuteilen, um sich darin zu erfreuen. Er offenbarte die Segnungen des neuen Bundes, der auf eine unumschränkte Gnade, auf das Blut Christi, dem Mittler dieses Bundes, gegründet ist, und mit Israel errichtet werden wird (vgl. Heb 10,15–17). Gott wird ihnen dann alle ihre Ungerechtigkeiten vergeben, und unter Mitteilung des Heiligen Geistes sein Gesetz in ihre Herzen schreiben, und sie auf diese Weise befähigen, in seinen Wegen zu wandeln. Mit uns hat Gott keinen Bund gemacht, weil wir seine Kinder sind, und also in einem Verhältnis zu ihm stehen, wo von keinem Bund die Rede sein kann; aber wir genießen alle die Segnungen dieses neuen Bundes, welche durch den Dienst des Apostels offenbart und angekündigt sind, und durch die Kraft des Heiligen Geistes mitgeteilt werden.
Jetzt kommt der Apostel auf den Gegenstand des Dienstes wodurch der Unterschied zwischen dem Dienst des neuen Bundes und dem des Gesetzes noch schärfer hervortritt. Dieser war ein Dienst des Todes. Er verhieß zwar das Leben, indem er sagte: „Tue das, und du wirst leben;“ aber er brachte den Tod. Er konnte das Leben nur denen geben, die das Gesetz erfüllten; denn auf diesem Grundsatz war es angeordnet; aber niemand erfüllte das Gesetz. Es wandte sich an solche, die moralisch schon unter dem Tod lagen, an Sünder von Natur, an solche, die das begehrten, was das Gesetz verbot. Es konnte deshalb niemandem das verheißene Leben mitteilen, sondern brachte auf alle, die unter dem Gesetz waren, den Tod; es war ein Dienst des Todes. Dennoch war dieser Dienst nicht ohne Herrlichkeit; aber im Vergleich mit der Herrlichkeit, die mit dem Dienst des Geistes verbunden war, war sie schwach und vergänglich. Sie verschwand nach und nach ganz – ein Beweis, dass das Gesetz als Mittel der Beziehung zwischen Gott und den Menschen aufhören sollte. „Wenn aber der Dienst des Todes in Buchstaben, eingegraben in Steine, in Herrlichkeit ward, so dass die Sohn Israels das Angesicht Moses wegen der Herrlichkeit seines Angesichts, die weggetan werden sollte, nicht unverrückt ansehen konnten; wie vielmehr wird nicht der Dienst des Geistes in Herrlichkeit sein“ (V 7–8).
Wir lesen im 2. Mose 34,39–35, dass das Antlitz des Moses, als er mit den beiden Tafeln des Zeugnisses zum zweiten Mal vom Berg herabkam, glänzte. Dies war nicht der Fall bei seinem ersten Herniedersteigen, wo er die Tafeln zerbrach, ehe er ins Lager kam (Kap 32,19). das zweite Mal aber, als der Herr vor seinem Angesicht vorübergegangen und gerufen hatte: „Der Herr ist ein Gott, barmherzig und gnädig, geduldig und von großer Gnade und Treue“ (V 6), da zeigte sich auf seinem Angesicht der Widerschein jener Herrlichkeit, die er gesehen hatte. Die Kinder Israel aber konnten diesen Widerschein nicht ertragen, weil jene Herrlichkeit die Gedanken und Neigungen ihrer Herzen richtete, und Angst und Schrecken hervorbrachte, indem sie den Sünder und Ungehorsamen mit Tod und Verdammnis bedrohte. Denn obwohl sie Gott zum ersten Mal in Gnade verschont und ihnen aufs Neue sein Gesetz hatte geben lassen, so wurde dennoch die Forderung des Gesetzes in nichts gemindert, sondern völlig aufrechterhalten, und ein jeder hatte die Folgen seines eigenen Ungehorsams zu tragen. Wenn also auch die Gnade mit dem Gesetz vermengt wird, so verliert dieses dadurch nichts an seiner Wirkung; im Gegenteil, es vermehrt die Strafe dessen, der es trotz der Gnade und Güte übertritt.
Da nun der Mensch ein Sünder war, so war das Gesetz nicht allein ein Dienst des Todes, sondern auch der Verdammnis, durch welche Gott in seiner Autorität das Urteil des Gesetzes gegen jede Seele, die es übertrat, bestätigte. Und wenn dennoch „der Dienst der Verdammnis Herrlichkeit ist, vielmehr ist der Dienst der Gerechtigkeit überschwänglich in Herrlichkeit“ (V 9). Diese Herrlichkeit übertraf jene weit; sie war im Vergleich mit derselben nur sehr gering und trat völlig in den Hintergrund. „Denn auch das was verherrlicht worden ist, ist sogar nicht in diesem Teil verherrlicht worden, wegen der übertreffenden Herrlichkeit“ (V 10). Und dazu kam noch ihr allmaliges Verschwinden und zuletzt ihre gänzliche Beseitigung. „Denn wenn das, was weggetan werden sollte, mit Herrlichkeit (geschehen ist), vielmehr soll das Bleibende in Herrlichkeit (bestehen)“ (V 11).
Das Evangelium offenbart jene Dinge, welche bleiben; sein Gegenstand ist die Herrlichkeit der Person Jesu Christi – eine Herrlichkeit, welche die jüdischen Verordnungen nur schwach im Bild darstellten. Dies Bewusstsein gab dem Apostel große Freimütigkeit in seinem Dienst. Er verhehlte nichts von der offenbarten Wahrheit; denn er kannte die Wirklichkeit und den hohen Wert dessen, was sie mitteilte, und war Zugleich völlig gewiss, dass er selbst ein Teilhaber jener Herrlichkeit war. Er erwartete mit Sicherheit, sie einmal völlig zu genießen, wozu er schon den Heiligen Geist als Unterpfand empfangen hatte. „Weil wir nun eine solche Hoffnung haben, gebrauchen wir große Freimütigkeit, und nicht, gleich wie Moses eine Decke über sein Angesicht legte, auf dass die Söhne Israels das Ende dessen nicht anschauten, das weggetan werden sollte“ (V 12–13). – das Gesetz, worunter Israel stand, war der Art, dass Israel sogar dadurch verhindert wurde die mit demselben verbundene Herrlichkeit, die doch nur ein Vorbild der besseren und bleibenden Herrlichkeit war, zu erkennen. Das ganze System, das durch die Hand Moses angeordnet war, bedeckte ihre Augen so sehr, dass sie das Ende der darin mitgeteilten Herrlichkeit nicht anschalteten, sondern gänzlich unter den Buchstaben fielen, und dies selbst in Bezug auf jenen Teil des Gesetzes, der ein Zeugnis späterer Dinge war. Auf diese Weise wurde aber nach Gottes weiser Anordnung die Wirkung des Gesetzes an denen, die unter demselben standen, völlig offenbart; sein Dienst war ein „Dienst des Todes und der Verdammnis.“
Das, was aber damals bei Israel stattfand, findet mehr oder weniger auch noch heutzutage bei vielen Gläubigen statt. Sie stellen sich selbst unter das Gesetz, und müssen nicht allein dessen verdammende Kraft erfahren, sondern sind auch nicht einmal im Stand, die Herrlichkeit des Evangeliums zu erkennen. Die Wirkung des Gesetzes macht sie sogar unfähig, den Anblick derselben zu ertragen. Es gibt nicht wenige, die selbst aus der Liebe Christi ein Gesetz machen. Sie betrachten diese Liebe als einen neuen Beweggrund, als eine vermehrte Schuldigkeit, Ihn zu lieben; und sie fühlen sich verpflichtet dieser Schuldigkeit nachzukommen. Sie erkennen weder ihre Befreiung noch den wahren Charakter ihres Verhältnisses zu Christus. Sie betrachten es nicht als ein Vorrecht, Ihn zu lieben, sondern als eine Vorschrift, und stehen also unter einem Gesetz, und folglich, da sie in dessen Erfüllung mangeln, unter der Verdammnis. Der Dienst aber, den Paulus erfüllte, war ein ganz anderer; es war „der Dienst der Gerechtigkeit und des Geistes.“ Er fordert nicht die Gerechtigkeit, um vor Gott zu stehen, sondern offenbart sie. Christus ist diese Gerechtigkeit, und sie ist auf Gottes Seite für uns vollbracht. Der Apostel verkündigte also diese Gerechtigkeit auf Gottes Seite, anstatt sie von den Menschen gemäß des Gesetzes zu fordern; und der Heilige Geist ist das Siegel dieser Gerechtigkeit. Er kam hernieder auf Christus, als Mensch, weil Er vollkommen vor Gott bewährt war – Er war gerecht. Er kam auf uns hernieder, weil wir in Christus die Gerechtigkeit Gottes geworben sind.
Es war also der Dienst des Geistes, dessen Macht darin wirkte, und welcher denen mitgeteilt wurde, die das von dem Apostel verkündigte Evangelium annahmen. Durch diesen Geist empfingen sie auch das Verständnis über die Gedanken und Ratschlüsse Gottes, wie sie in der Person des verherrlichten Christus offenbart waren, in welchem die Gerechtigkeit Gottes erfüllt und auf ewig vorhanden war. Der Heilige Geist offenbart also durch das Evangelium die Gedanken Gottes in Verbindung mit der Herrlichkeit Christi, und befähigt die Gläubigen, indem Er in ihnen wohnt und wirkt, sich darin zu erfreuen. Unter dem Buchstaben aber, worunter Israel lag, war diese Herrlichkeit verborgen; weshalb der Apostel sagt: „Aber, ihr Sinn ist verstockt worden; denn bis auf den heutigen Tag bleibt bei der Vorlesung des alten Bundes dieselbe Decke unaufgedeckt, welche in Christus weggetan wird. Aber bis auf den heutigen Tag, wenn Mose vorgelesen wird, liegt die Decke über ihrem Herzen“ (V 14–15). Da die Kinder Israel die mit dem Gesetz verbundene Herrlichkeit nicht anschauen konnten, so haben sie auch das Verschwinden derselben nicht gesehen; das Ende des alten Bundes ist ihnen verborgen geblieben. Und noch immer bleibt beim Vorlesen des alten Bundes die Decke auf ihren Herzen. In Christus aber ist alles unverhüllt; die Decke ist weggenommen und die herrliche Sache erfüllt worden. Und sobald Israel zum Herrn zurückkehrt, wird die Decke weggenommen werden (V 16), wie schon vorbildlich in 2. Mose 34 gezeigt worden ist, indem Moses die Decke von seinem Angesicht wegnahm, wenn er ins Heiligtum zum Herrn ging. Eine Seele unter das Gesetz bringen heißt also nichts anders, als sie vom Herrn wegbringen und unter Tod und Verdammnis stellen.
„Der Herr aber ist der Geist. Wo aber der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit“ (V 17). – Der Abschnitt von Vers 7–16 ist als eine Parenthese zu betrachten, und es steht also der 17. mit dem 6. Verse in Verbindung, wo vom Dienst des Geistes im Gegensatz zu dem des Buchstaben die Rede ist. Sobald Israel zum Herrn umgekehrt sein wird, wird es des Geistes teilhaftig werden, wie dies bei einer jeden Seele der Fall ist, die in Wahrheit zum Herrn bekehrt wird. Der Herr ist der Geist; Er ist im Geist gegenwärtig; und wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit. Alsdann wird Israel nicht mehr unter dem Joch des Gesetzes und unter der Furcht des Todes und der Verdammnis sein. In Christus finden alle Gläubigen eine vollkommene Freiheit; sie sind im Frieden vor Gott; sie stehen in der Liebe und Gunst Gottes, wie Christus selbst; jede Hülle ist weggenommen, und eine vollkommene Gnade herrscht durch die Gerechtigkeit. Sie schauen den Herrn mit aufgedecktem Angesicht, und sind fähig, es zu tun. „Wir aber alle, mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn anschauend, werden in dasselbe Bild verwandelt von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, als durch den Herrn, den Geist“ (V 18). Die Herrlichkeit im Angesicht Jesu, der zur Rechten Gottes sitzt, ist der Beweis, dass alle Sünden derer, die sie anschauen, ausgetilgt sind. Ehe der Herr dort seinen Platz nahm, hatte Er sie alle getragen. Er selbst, weil Er für uns zur Sünde gemacht war, konnte nicht eher in jene Herrlichkeit eintreten, bis Er unsere Sünden hinweggetan hatte. Wir schauen jene Herrlichkeit an, ohne uns zu fürchten – im Gegenteil, unsere Blicke sind mit Freuden darauf gerichtet; denn jeder Strahl verkündigt uns, dass unsere Sünden getilgt sind. Wir schauen sie an durch den Geist und erfreuen uns darin; und je mehr wir sie anschauen, desto mehr werden wir in dasselbe Bild verwandelt von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, als durch den Herrn den Geist, der uns befähigt, jene Dinge zu genießen und zu verwirklichen. Durch die Kraft des innewohnenden Geistes offenbaren wir immer mehr die Gesinnung und das Wesen Christi, bis wir endlich, wenn Er kommt, völlig seinem Bild gleichförmig sind.
Kapitel 4. – Der Apostel kommt hier aufs Neue auf seinen Dienst zurück, indem er ihn mit seinen Leiden in Verbindung bringt. Der Gegenstand dieses Dienstes ist, wie wir gesehen haben, der verherrlichte Christus, der Überwinder des Todes, dessen Herrlichkeit mit aufgedecktem Angesicht gesehen wird. Der Apostel zeigt nun in diesem Kapitel, dass der Glaube an Ihn uns auch in allen Leiden und Schwierigkeiten, die mit dem irdischen Gefäß, worin dieser Schatz getragen wird, verbunden sind, aufrechterhält und uns über alle Furcht des Todes erhebt. „Deshalb, da wir diesen Dienst haben, wie wir begnadigt worden sind, ermatten wir nicht, sondern haben uns von dem versteckten Wege der Schande losgesagt, indem wir nicht in Arglist wandeln, auch nicht das Wort Gottes verfälschen, sondern uns selbst durch Offenbarung der Wahrheit jedem Gewissen der Menschen im Angesicht Gottes empfehlen“ (V 1–2).
Schon im vorigen Kapitel lesen wir, dass der Apostel den empfangenen Dienst der Gerechtigkeit und des Geistes mit Freimütigkeit erfüllte; und hier versichert er, dass er trotz der damit verbundenen Schwierigkeiten nicht mutlos und sein Glaube nicht entkräftet sei. Auch schwächte er diese Herrlichkeit des Herrn Jesus nicht durch allerlei Schleichwege, sondern verkündigte sie in all ihrer Klarheit und ihrem Glänze, wie sie in Christus selbst offenbart war. Er verfälschte nicht die Lehre durch Vermischung mit anderen Dingen, sondern offenbarte die Wahrheit, das unveränderliche Wort Gottes, in all ihrer Reinheit. Er teilte sie ebenso lauter und unvermischt mit, wie er sie empfangen hatte. Auf diese Weise empfahl er sich jedem Gewissen der Menschen im Angesicht Gottes. Dennoch gab es solche, die trotz allem in ihrer Blindheit und Unwissenheit beharrten; und der Apostel zeigt hier die Ursache davon. „Wenn aber auch unser Evangelium verdeckt ist, so ist es in denen verdeckt, welche verloren gehen, in welchen der Gott dieses Zeitlaufs den Sinn der Ungläubigen verblendet hat, damit der Lichtglanz des Evangeliums der Herrlichkeit des Christus, welcher das Bild Gottes ist, nicht ausstrahle“ (V 3–4). Die Herrlichkeit Gottes war im Angesicht Jesu Christi völlig enthüllt. Wo nun irgend der Lichtglanz dieser Herrlichkeit, die das Evangelium verkündigte, nicht ausstrahlte, da lag eine Decke auf dem Herzen; und dies war der Fall bei denen, die durch den Betrug Satans durch Unglauben verblendet waren; denn jene Herrlichkeit war nicht allein im Angesicht Christi völlig enthüllt, sondern wurde auch durch die lautere Verkündigung des Evangeliums von Seiten des Apostels völlig offenbart. „Denn“ sagt er – „wir predigen nicht uns selbst, sondern Jesus Christus (als) den Herrn; uns selbst aber (als) eure Knechte um Jesu willen“ (V 5). Der Gegenstand ihrer Verkündigung war der Herr, während sie selbst sich als die Diener derer darstellten, welchen sie diese Botschaft verkündigten.
Wir sehen also die Herrlichkeit in der Person Christi, als Folge der vollbrachten Erlösung, erfüllt. Von Ihm ist die Sünde getragen und völlig hinweggetan. Der Tod ist überwunden und der Mensch in die Gegenwart Gottes gebracht. Und die Herrlichkeit Gottes wird jetzt ohne Hülle in dem Angesicht Christi geschaut. Zugleich sehen wir diese Herrlichkeit in Verbindung mit dem Dienst, durch welche dieselbe in der Welt offenbart wird. Die Kraft dieses Dienstes ist der Heilige Geist, der in den vom Herrn berufenen Werkzeugen wirksam ist. Er verkündigt Christus als den, der alle Gerechtigkeit für den Menschen erfüllt hat, und ladet alle ein, die Segnungen der Gnade und Liebe Gottes zu genießen. Er verkündigt uns, dass der Weg zu Gott geöffnet ist, ja, bis zum Allerheiligsten in vollkommener Freiheit. Andererseits ist aber auch der Mensch für die Annahme dieses Evangeliums verantwortlich. Er wird dem schrecklichen Gericht nicht entrinnen, wenn er sich weigert, sich dieser Herrlichkeit zu unterwerfen. Es ist der einzige Weg, um zu Gott zu kommen. Auf jedem anderen Wege, den man einzuschlagen versuchen möchte, würde Christus und sein Werk bei Seite gesetzt und als unzureichend erklärt werden. Jener Weg ist der einzige, auf welchem die Herrlichkeit Gottes in der Person Jesu Christi, und zwar in Verbindung mit der Offenbarung der vollkommenen Liebe und der Erfüllung der vollkommenen und göttlichen Gerechtigkeit, gesehen wird. Hier ist Gott selbst in der Fülle seiner Gnade und seiner ganzen Vollkommenheit. Ein jeder, der dies Evangelium der Herrlichkeit in seinem Herzen aufnimmt, tritt in das Licht Gottes und genießt den Reichtum seiner Liebe und Gnade.
In Vers 6 wird uns ein anderer wichtiger Grundsatz offenbart. Gott selbst ist es, der das Evangelium der Herrlichkeit Christi hervorstrahlen lässt. Es ist derselbe Gott, der einst bei der Finsternis dieser Erde sagte: „Es werde Licht! – Und es ward Licht.“ Wie dort, so auch hier, ist es das Werk seiner Macht. „Denn der Gott, der das Licht aus der Finsternis leuchten ließ, (ist es) der in unsere Herzen geleuchtet hat zum Lichtglanz der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Angesicht Jesu Christi“ (V 6). das Herz des Apostels war zuerst das Gefäß, worin Gott diese Herrlichkeit offenbarte. Durch die Macht des Heiligen Geistes gab Er ihm das Licht der Erkenntnis jener Herrlichkeit, die im Angesicht Christi leuchtete, und befähigte ihn Zugleich, diese Herrlichkeit im Evangelium vor der Welt ausstrahlen zu lassen. Der Apostel genoss zuerst für sich selbst die belebenden und erquickenden Strahlen derselben, und war dann durch den ihm anvertrauten Dienst ein Licht, welches anderen diese Segnungen kundmachte. Dies ist, wenn auch in einem weit geringeren Maße, das Vorrecht aller, die das Evangelium der Herrlichkeit in ihrem Herzen aufgenommen haben.
„Wir haben aber diesen Schatz in irdenen Gefäßen, auf dass die Überschwänglichkeit der Macht sei Gottes und nicht aus uns“ (V 7). Beides, sowohl die Schwachheit der Gefäße, als auch die überschwängliche Macht Gottes, erweist sich besonders in den mannigfachen Umständen und Schwierigkeiten, wodurch Gott die Träger seines Zeugnisses gehen lässt. „Allenthalben bedrängt, aber nicht verengt; keinen Ausweg sehend, aber doch nicht ohne Ausweg; verfolgt, aber nicht verlassen; niedergeworfen, aber nicht umkommend. Allezeit das Sterben des Jesus am Leib umhertragend, auf dass auch das Leben des Jesus an unserem Leib offenbart werde“ (V 8–10). Gott war immer in dem Gefäß; Er war da, um alles allein zu sein. In diesen versuchenden Umständen finden wir einerseits die Schwachheit des Gefäßes, und andererseits die darin wirkende Macht Gottes. Mochte auch das Gefäß zusammenbrechen, und sich inmitten der Schwierigkeiten ohne Hilfe sehen, so war doch das Zeugnis abgelegt und dessen Wirkung hervorgebracht. Ja, je mehr der natürliche Mensch zerstört wurde, desto augenscheinlicher trat die Macht Gottes hervor. Und offenbar trug der Apostel allezeit das Sterben des Jesu an seinem Leib umher. Er war mit Christus gestorben, und dies verwirklichte er in seinem praktischen Leben in all den mannigfachen Schwierigkeiten und Leiden. Stets sah man an ihm das Bild des verachteten und gekreuzigten Christus; seinem ganzen Leben war der Stempel des Kreuzes aufgedrückt, damit auch das Leben des Jesus an seinem Leib offenbart würde (V 10), – jenes Leben, das der Tod nicht anzutasten vermag, welches siegreich über den Tod triumphiert hat. „Denn wir, die Lebenden, werden allezeit um Jesu willen dem Tod überliefert, auf dass auch das Leben des Jesus an unserem sterblichen Fleisch offenbart werde“ (V 11). Als Diener Christi verwirklichte Paulus den Tod von alle dem, was dem natürlichen Leben angehörte. Gott kam ihm durch die Schwierigkeit auf seinem Pfad zu Hilfe, um dies Bewusstsein, dass er mit Christus gestorben war, stets in seinem Herzen wach zu erhalten. Der Tod war auf alles geschrieben, damit Christus, das Leben, allein gesehen wurde. O wie gesegnet und ernst ist das Vorrecht, durch diese Welt zu wandeln und ein Brief Christi zu sein! – Wir sind berufen, den Charakter, die Wege, den Geist und die Gesinnung dessen zu offenbaren, der vollkommen ist. Welch eine herrliche Berufung für einen Menschen, also Christus gleichförmig und das Gefäß der Macht seiner Liebe zu sein! Wir sind aber nur dann fähig, dies alles inmitten einer abgefallenen Welt zu offenbaren, wenn wir unser Gestorbensein mit Christus in unserem praktischen Wandel verwirklichen. Dies war beim Apostel der Fall. Er konnte zu den Korinthern sagen: „So denn wirkt der Tod in uns, das Leben aber in euch“ (V 12). Wenn Paulus auf sich sah, so sah er nur den Tod; aber von Seiten Gottes war das Leben, und es war in ihm offenbart, um es durch seinen Dienst den Korinthern mitzuteilen. Welch ein herrlicher Dienst! Welch eine gesegnete Stellung durch die Gnade, Beides, ein Gefäß zur Verherrlichung des Herrn und zum Segen für andere zu sein. Und Zugleich, welch eine Gleichförmigkeit mit Christus!
Die Wirkung des Todes auf den Apostel in den täglichen Versuchungen, schwächten aber nicht im geringsten sein Vertrauen. Der in ihm wohnende Geist des Glaubens erfüllte ihn mit Trost und Zuversicht, so dass er die Worte, die der Geist Christi, in dem Psalmisten, ausspricht, auf sich anwenden konnte. „Indem wir aber denselben Geist des Glaubens haben, (nach dem was geschrieben steht: 'Ich habe geglaubt, darum habe ich geredet' (Ps 116,10)) glauben auch wir; darum reden wir auch“ (V 13). Trotz aller Gefahr und allem Widerstand gab er von Gott und der Wahrheit Zeugnis. Er wandelte stets in den Fußstapfen des Herrn, weil durch den Glauben das Bewusstsein ihn erfüllte, dass der, welcher den Herrn Jesus auferweckt hatte, auch ihn durch Jesus auferwecken würde (V 14). Brachte ihm auch das Zeugnis für Christus selbst den Tod, so wusste er doch, „dass, wenn wir mitgestorben sind, wir auch mitleben werden“, und dass er mit Christus in derselben Herrlichkeit, worin Er selbst war, würde dargestellt werden. Hatte er das Vorrecht, mit Christus für die Gerechtigkeit und das Werk der Liebe zu leiden, so hatte er auch das Vorrecht, mit Ihm vor dem Angesicht Gottes verherrlicht zu werden. Paulus denkt aber nicht allein an sich, sondern schließt auch zugleich seine geliebten Korinther in diese Segnung mit ein: „Er wird uns darstellen mit euch; denn alles ist um euretwillen, damit die Gnade, überreichlich geworden durch viele, die Danksagung zur Herrlichkeit Gottes überströmen lasse“ (V 15). Sein Zeugnis und sein Leiden war zu ihrem Heil; „er erduldete alles um der Auserwählten willen, auf dass auch sie die Seligkeit, die in Christus Jesus ist, mit ewiger Herrlichkeit erlangen möchten“ (2. Tim 2,10). Das Endziel aber von allem ist die Verherrlichung Gottes, die durch die Danksagung der an vielen überreichlich gewordenen Gnade bewirkt wird.
„Deshalb ermatten wir nicht, sondern, wenn auch unser äußerlicher Mensch verfällt, so wird doch der innerliche von Tag zu Tag erneuert“ (V 16). Die Zerstörung des äußeren Menschen diente zur Erneuerung und Kräftigung des inneren; der scheinbare Verlust war ein großer Gewinn. Doch gab es noch eine andere Wahrheit, die das Herz des Apostels mit Trost und Zuversicht erfüllte. „Denn das schnell vorübergehende Leichte unserer Drangsal bewirkt uns ein überreichlich, überschwängliches, ewiges Gewicht von Herrlichkeit“ (V 17). Blickte Paulus auf die Trübsale, wie in Kapitel 1,8, so war es „über Vermögen;“ war aber sein Herz auf den Herrn gerichtet, und betrachtete er die Leiden im Licht der kommenden Herrlichkeit, deren überschwängliche Größe alle menschlichen Gedanken und Gefühle weit, weit übertraf, so waren sie schnell vorübergehend und leicht. Welch eine tröstliche Hoffnung für alle, die hienieden im Zeugnis für Christus seiner Leiden teilhaftig sind! Alles wird leicht und gering, jede Schwierigkeit unbedeutend und nichtig, sobald die ewige Belohnung – Christus und seine Herrlichkeit – durch den Glauben erkannt und verwirklicht wird. Wie denn nun auch die äußeren Umstände sein mochten – Paulus verzagte nicht: „indem wir nicht“ – sagt er – „die Dinge anschauen, welche man sieht, sondern die, welche man nicht sieht; denn die Dinge, welche man sieht, sind zeitlich; die aber, welche man nicht sieht, ewig“ (V 18). Und hierin liegt die wahre Kraft unseres christlichen Wandels. Es ist der Wandel des Glaubens, der stets auf das Unsichtbare und das ewig Bleibende gerichtet ist. Ein solcher Wandel setzt voraus, dass die Macht des göttlichen Lebens in der Seele offenbart ist, dass die Vergänglichkeit alles Sichtbaren, und die Unvergänglichkeit alles Unsichtbaren und Himmlischen erkannt wird (Fortsetzung folgt).