Botschafter des Heils in Christo 1862
Die persönliche Gegenwart des Heiligen auf der Erde - Teil 3/4
4. Die Ausgießung des Heiligen Geistes und deren Wirkung
Die Verheißungen Gottes können nimmer fehlen. Getröstet über den Hingang ihres geliebten Herrn, dessen Rückkehr jene beiden Männer in weißem Kleid bei seiner Himmelfahrt aufs Neue verkündigten (Apg 1,10–11), kehrten die Jünger vom Ölberg nach Jerusalem zurück, und blieben daselbst auf einem Obersaal. „Und alle hielten sich einmütig am Gebet und Flehen mit den Weibern und mit Maria, der Mutter Jesu, und mit seinen Brüdern“ (Kap 1,14). „Und als der Tag der Pfingsten erfüllt wurde, waren sie alle einmütig zusammen. Und plötzlich geschah aus dem Himmel ein Brausen, wie eines rauschenden, gewaltigen Windes, und erfüllte das ganze Haus, wo sie saßen. Und es erschienen ihnen zerteilte Zungen wie von Feuer, und es setzte sich auf einen jeglichen von ihnen. Und sie wurden alle mit dem Heiligen Geist erfüllt, und fingen an, in fremden Sprachen zu reden, wie der Geist es ihnen auszusprechen gab“ (Kap 2,1–4). – Jetzt waren alle Verheißungen, sowohl Alten als Neuen Testaments, in Betreff der Sendung des Heiligen Geistes auf diese Erde, erfüllt und verstummten für immer. Die dritte Person in der Gottheit war jetzt auf eine deutliche und bestimmte Weise den Menschen offenbart. Jesus war zur Rechten Gottes verherrlicht und der Heilige Geist unter sichtbaren und herrlichen Zeichen vom Himmel herniedergekommen und in den für Ihn bereiteten Wirkungskreis eingetreten.
Dies wunderbare Ereignis brachte die Menge der Juden zusammen. „Von allem Volk derer, die unter dem Himmel waren“ (V 5), warm an jenem Pfingstfest in Jerusalem versammelt, und wurden bestürzt, als sie aus dem Mund dieser armen und ungelehrten Galiläer, die großen Taten Gottes, ein jeglicher in seiner eigenen Mundart, verkündigen hörten. Andere auch sagten spottend: „Sie sind voll süßen Weins“ (V 6–13).
„Da stand Petrus mit den Elfen auf, erhob seine Stimme und sprach zu ihnen: ... Diese sind nicht trunken, wie ihr meint, ... sondern dies ist es, was durch den Propheten Joel gesagt ist: Und es wird in den letzten Tagen geschehen, spricht Gott, ich werde von meinem Geist auf alles Fleisch ausgießen usw“ (V 14–21; vgl. Joel 3,1–5). – Auf die schreckliche Sünde Israels hatte Gott in Gnade geantwortet, indem Er jene gesegnete Verheißung in Erfüllung brachte. Dieser Jesus, den sie gekreuzigt hatten, hatte die Verheißung des Vaters empfangen und das ausgegossen, was diese Wirkung, die sie hörten und sahen, hervorbrachte (V 33). Sie hatten den Gerechten getötet; aber Gott hatte Ihn auferweckt und zu seiner Rechten gesetzt. Der Heilige Geist war herniedergekommen und gab Zeugnis davon. Und dieses Zeugnis von dem auferstandenen Christus und von der Herrlichkeit Gottes in der Person des Heiligen Geistes in der Mitte Israels bewies die noch fortdauernde Handlungsweise Gottes in Gnade, obgleich mit neuer Verantwortlichkeit verbunden. Als das Gehörte ihre Herzen durchdrang und sie fragten: „Was sollen wir tun, Männer, Brüder?“ Da antwortete Petrus: „Tut Buße, und jeder von euch werde getauft auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung der Sünden; und ihr werdet die Gabe des Heiligen Geistes empfangen“ (V 37–38). zunächst handelte es sich noch um Israel; – „denn euch ist die Verheißung und euren Kindern“; aber dann ging diese Gnade weiter: – „und allen die in der Ferne sind, so viele der Herr, unser Gott herzurufen wird“ (V 39).
Gott sing an, ein neues Haus zu errichten, gegründet auf den Namen Jesu. Zwar gehörte Israel und seinen Kindern die Verheißung des Heiligen Geistes; aber die Erlangung derselben war von der Aufnahme in jenes Haus, worin der Heilige Geist wohnte, abhängig; und in dieses Haus konnte ein jeglicher nur auf dem Weg „der Buße und der Taufe auf den Namen Jesu, zur Vergebung der Sünden aufgenommen werden.“ Israel aber, als Volk, entsprach auch jetzt seiner Verantwortlichkeit nicht; es tat keine Buße. Nur ein Überrest, zunächst dreitausend Seelen, nahmen bereitwillig das Wort an und wurden getauft (V 41). Die Masse aber verhärtete sich, verwarf den Heiligen Geist und sein Zeugnis in der Person des Stephanus (Kap 7), und wurde, als Volk, für eine Zeit bei Seite gesetzt. Die durch den Propheten Joel angekündigten Ereignisse, die mit der Ausgießung des Heiligen Geistes in Verbindung standen, Wurden nur teilweise erfüllt und bis auf eine spätere Zeit verschoben. Die aber gläubig wurden, „verharrten in der Lehre der Apostel, und in der Gemeinschaft, und in dem Brechen des Grobes, und in den Gebeten“ (V 42). das Haus war errichtet, und die Gegenwart des Heiligen Geistes in demselben bezeugte dessen Anerkennung von Seiten Gottes. Es war seine Versammlung, gegründet auf den Felsen, wovon Petrus bezeugte: „Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes“ (Mt 16,15–16). Es war die Wohnstätte des Heiligen Geistes, der Platz seiner Wirksamkeit, um zu lehren, zu trösten, zu ermahnen, zu leiten, zu vertreten und zu regieren. Seine Innewohnung war sowohl das Vorrecht der einzelnen Gläubigen, als auch das des Hauses oder der Versammlung, als ein Leib betrachtet.
Die Gegenwart des Heiligen Geistes war also nicht nur für die Predigt des Evangeliums, sondern auch vor allem für die Gläubigen selbst von den gesegnetsten Folgen. Im nächsten Abschnitt, beim Betrachten der apostolischen Briefe über diesen Gegenstand, wird uns dies noch deutlicher entgegentreten. Ehe wir aber dazu übergehen, wollen wir noch an einige Zeugnisse aus der Apostelgeschichte erinnern, in denen die mächtige Wirkung der persönlichen Gegenwart des Heiligen Geistes auf Erden, namentlich in allerlei Zeichen, Kräften und Wundern, auf das augenscheinlichste erwiesen und bestätigt wurde. Der Fürst dieser Welt war gerichtet, das Gefängnis gefangen geführt und den Menschen wurden Gaben gegeben. – Wir haben schon bei der Ausgießung am Pfingsttag gesehen, dass die mit dem Heiligen Geist Erfüllten in „fremden Sprachen redeten, wie der Geist es ihnen auszusprechen gab.“ Und dies war nicht nur das Vorrecht jener, sondern auch vieler anderer (vgl. Apg 10,46; 19,6). In der Versammlung zu Korinth sehen wir die Gläubigen von dieser Gabe reichlich Gebrauch machen, obgleich es nicht zu ihrem Nutzen geschah (1. Kor 14).
Weiter tritt uns beim Lesen der Apostelgeschichte die Freimütigkeit und die Kraft entgegen, womit sowohl die Apostel als auch andere Gläubige Zeugnis ablegten. Wir sehen auch hierin, wie durch die Sendung des Heiligen Geistes die Verheißung des Herrn erfüllt war: „Ihr Werdet Kraft empfangen.“ Vor Obrigkeiten und Gewalten redeten sie mit einer Unerschrockenheit und einer Überzeugung, die nur durch die Gegenwart dessen in ihnen bewirkt werden konnte, wovon der Herr gesagt hatte: „Er wird euch in derselben Stunde lehren, was ihr sagen sollt“ (Lk 12,11–12 vgl. Apg 4,8 und Kap 5.7.32. usw.).
Eine andere mächtige Wirkung und ein unzweideutiger Beweis von seiner Gegenwart waren die zahlreichen Heilungen allerlei Krankheiten, sowie auch der Besessenen. Wir lesen in Apostelgeschichte 5,12 bis 16: „Durch die Hände der Apostel geschahen viele Zeichen und Wunder unter dem Volk ... so dass sie die Kranken auf die Straßen hinaustrugen und auf Betten und Lager legten, auf dass, wenn Petrus käme, auch nur sein Schatten einen von ihnen überschatten möchte. Es kam aber auch die Volksmenge der umliegenden Städte nach Jerusalem zusammen, und brachten Kranke, und die von unreinen Geistern geplagt warm; – welche alle geheilt wurden.“ Und wir lesen in Kapitel 19,11–12 von Paulus, „dass man sogar Schweißtücher oder Schürzen von seinem Leib auf die Kranken legte, und die Krankheiten von ihnen wichen und die bösen Geister ausfuhren.“ War auch früher die Gegenwart des Herrn auf der Erde durch allerlei Zeichen und Wunder kundgemacht worden, so geschah dies in einer noch ausnehmendem Weise bei der Gegenwart des Heiligen Geistes; denn das Erlösungswerk war vollbracht und Jesus zu seinem Vater zurückgekehrt (Joh 14,12).
Einen anderen klaren Beweis von seiner persönlichen Gegenwart liefert uns die traurige Geschichte von Hananias und Saphira, in Apostelgeschichte 5. Sie hatten von dem Kaufpreis ihres Ackers einen gewissen Teil bei Seite geschafft, was sie aber leugneten; und Petrus sprach deshalb zu Hananias: „Warum hat Satan dein Herz erfüllt, dass du den Heiligen Geist belogen ...?“ (V 3) Der Heilige Geist war in der Versammlung gegenwärtig, und deshalb hatten Beide, Hananias und sein Weib, „nicht Menschen, sondern Gott belogen“ (V 4) und wurden mit dem Tod bestraft (V 5.10).
Unter anderen Beweisen von der Gegenwart des Heiligen Geistes möchte ich hier nur noch auf die Zeugnisse in Apostelgeschichte 8,29.39; 10,19; 11,12; 13,2.4; 15,28 aufmerksam machen wo uns namentlich seine persönliche Tätigkeit auf Erden im Werk des Herrn so klar entgegentritt.
Es war also nicht nur die Ausgießung des Heiligen Geistes mit wunderbaren und herrlichen Zeichen vom Himmel begleitet, sondern seine Gegenwart auf der Erde brachte auch, wie wir gesehen haben, eine große und mächtige Bewegung hervor. An einem Tag wurden dreitausend Seelen gläubig und bildeten eine Versammlung die täglich vermehrt wurde (Apg 2,47), und worin der Heilige Geist wohnte und wirkte, und durch welche Er seine Gegenwart vor den Augen des ganzen Volkes in allerlei Zeichen, Kräften und Wundern offenbarte. Sind nun auch diese Gaben, die eine Zierde der Versammlung waren, ihrer Untreue wegen von ihr weggenommen worden, so ist doch der Heilige Geist selbst geblieben; denn nicht von jenen, aber wohl von diesem haben wir aus dem Mund des Herrn die gewisse zusage: „Er wird bei euch bleiben in Ewigkeit;“ und Er wird zu aller Zeit diejenigen Gaben darreichen, die zur Auferbauung der Versammlung dienlich und nötig sind. O möchte doch keiner beim Seufzen über den Verlust jener äußeren Gaben und beim Trachten danach die weit wichtigere Gegenwart des Heiligen Geistes selbst vergessen und vernachlässigen!