Botschafter des Heils in Christo 1862

Die persönliche Gegenwart des Heiligen Geistes auf der Erde - Teil 2/4

2. Der Heilige Geist in Verbindung mit der persönlichen Gegenwart Jesu auf Erden

Der Sohn Gottes war erschienen. „Das Wort ward Fleisch“, sagt Johannes, „und wohnte unter uns“ – „(und wir haben seine Herrlichkeit angeschaut, eine Herrlichkeit als eines Eingeborenen von (seinem) Vater) – voller Gnade und Wahrheit“ (Joh 1,14). Er kam in sein Eigentum, und ging umher und lehrte und tat Gutes – Er kam aus dem Schoß des Vaters, um in einer abgefallenen Welt denselben zu offenbaren und den Menschen zu Gott zurückzuführen; aber ach! die Seinen nahmen Ihn nicht auf und die Welt kannte Ihn nicht. Jene überlieferten Ihn in die Hände der Nationen, und Er wurde ans Kreuz geschlagen. Gott empfing Ihn aus dem Tod wieder; und auferweckt durch die Herrlichkeit des Vaters, wurde Er in den Himmel aufgenommen und zur Rechten Gottes gesetzt. – Wir wollen jedoch hier nicht länger bei diesem Gegenstand verweilen. Durch die Erscheinung Christi in der Welt war die persönliche Offenbarung der zweiten Person in der Gottheit auf Erden auf eine ganz deutliche und bestimmte Weise erfüllt. Alle die Verheißungen der Jahrtausende, die Ihn angekündigt hatten, verstummten, und alle Vorbilder und Schatten des Alten Testaments wurden in Ihm verwirklicht und verkörpert.

Was finden wir nun aber während der persönlichen Gegenwart des Herrn auf der Erde in Betreff der Person des Heiligen Geistes? Was wir auch im Alten Testament gefunden haben: – seine Wirksamkeit und seine Verheißungen; nicht aber seine Ausgießung oder bestimmte Offenbarung auf Erden, als eine vom Vater und dem Sohn unterschiedliche Person 1. Um dies Letztere klar und unzweideutig darzutun, möchte ich hier nur drei Stellen anführen. Die erste finden wir in Matthäus 3,11, wo Johannes der Täufer sagt: „Ich freilich taufe euch mit Wasser zur Buße; der hinter mir her Kommende ist mächtiger als ich ... Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen.“ – Jesus war schon auf die Erde herniedergekommen; aber die Taufe mit dem Heiligen Geist war noch eine zu erwartende Sache (vgl. Lk 3,16). – Die zweite Stelle ist im Evangelium Johannes 7,38–39, wo Jesus an dem letzten, dem großen Tage des Laubhüttenfestes im Tempel zu Jerusalem ausruft: „Wer an mich glaubt, gleich wie die Schrift sagt, aus dessen Leib werden Ströme des lebendigen Wassers fließen.“ Und erklärend fügt Johannes hinzu: „Dieses aber sagte Er von dem Geist, welchen die an Ihn Glaubenden empfangen sollten; denn der Heilige Geist war noch nicht, weil Jesus noch nicht verherrlicht worden war.“ – Es ist auch hieraus ganz klar, dass die Sendung des Heiligen Geistes noch zu erwarten stand. – Die dritte Stelle endlich finden wir in Apostelgeschichte 1,5, wo Jesus im letzten Augenblick vor seiner Auffahrt gen Himmel seinen Jüngern bezeugt: „Johannes taufte wohl mit Wasser; ihr aber werdet nach nicht vielen Tagen mit dem Heiligen Geist getauft werden.“ – Also auch da war diese Taufe noch nicht vollzogen, und blieb immer noch eine zu erwartende Sache. – Es ist daher völlig gewiss, dass deren Erfüllung bis zu jenem Pfingsttag in Apostelgeschichte 2 in keiner Stelle der Heiligen Schrift als verwirklicht gefunden werden, und also auch von einer bleibenden Innewohnung seiner Person in den Herzen der Gläubigen nicht die Rede sein kann. Und wie könnte auch überhaupt noch eine Verheißung stattfinden, wenn die verheißene Sache schon vorhanden wäre? Wenn wir also den Heiligen Geist vor seiner Ausgießung in Verbindung mit den Menschen sehen, so kann nur von seiner Wirksamkeit – seiner Kraftäußerung und seinen Gaben die Rede sein, nicht aber von seiner bleibenden Innewohnung. – Lasst uns nun, unter der Leitung des Geistes, zunächst diejenigen Stellen der vier Evangelien untersuchen, die auf seine Wirksamkeit Bezug haben, und dann die darin enthaltenen Verheißungen etwas näher betrachten.

Zunächst erinnern wir an die Stelle in Lukas 1,15, wo dem Zacharias in Bezug auf den ihm verheißenen Sohn Johannes gesagt wird: „Er wird groß sein vor dem Herrn; weder Wein, noch starkes Getränk wird er trinken, und schon von Mutterleib an mit dem Heiligen Geist erfüllt werden.“ – Wenn hiermit nun nicht, wie wir vorhin gesehen haben, die bleibende und persönliche Innewohnung des Geistes ausgesprochen ist, was ist dann damit gemeint? – Johannes wurde von Mutterleib an in einer außerordentlichen Weise mit der Kraft und den Gaben des Heiligen Geistes erfüllt, wie es seiner bevorzugten Stellung, als Vorläufer des Herrn, angemessen war. – Ebenso lesen wir von Elisabeth, seiner Mutter, dass sie bei dem Gruß der Maria mit dem Heiligen Geist erfüllt wurde; und sie weissagte über sie und über die gesegnete Frucht ihres Leibes (Lk, 1,40–45). Und ebenso wurde Zacharias bei der Beschneidung seines Sohnes mit dem Heiligen Geist erfüllt; und wurde gleichfalls dadurch befähigt, über jenen und besonders über Christus zu weissagen. Wir haben hier also einfach die Wirksamkeit des Geistes, eine besondere Mitteilung seiner Kraft und seiner Gaben, die den Johannes zu seinem Amt ausrüstete und Zacharias und Elisabeth zu weissagen befähigte. – Dass aber eine solche besondere Erweisung der Kraft und Wirksamkeit des Heiligen Geistes nicht seine Innewohnung selbst war, erhellt schon daraus, dass jene auch sogar dann stattfinden konnte, wenn diese schon verwirklicht war. So wurde Petrus, als er mehrere Tage nach jenem Pfingsttag vor dem hohen Rat stand, mit dem Heiligen Geist erfüllt (Apg 4,8), und gab mit der größten Freimütigkeit Zeugnis von ihrer Sünde in der Verwerfung Christi. Und ebenso lesen wir in Vers 31 desselben Kapitels, als Petrus und Johannes aus jenem Verhör zu den Ihrigen zurückgekehrt waren und sie einmütig ihre Stimme zu Gott erhoben hatten, dass „sie alle mit dem Heiligen Geist erfüllt wurden“ und das Wort Gottes mit Freimütigkeit redeten. – Dies Erfülltsein und die persönliche Innewohnung des Heiligen Geistes waren also zwei verschiedene Dinge, die sowohl zusammen, als auch getrennt vorhanden sein konnten.

Eine andere Stelle in Betreff der Wirksamkeit des Heiligen Geistes finden wir in Lukas 1,35, wo der Engel Gabriel der Jungfrau Maria erscheint und ihr verkündigt: „Der Heilige Geist wird über dich kommen und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten; darum wird auch das Heilige, was geboren wird, Gottes Sohn genannt werden.“ Und in Matthäus 1,18 wird bezeugt, dass Maria schwanger erfunden wurde von dem Heiligen Geist, und dem Joseph, ihrem Verlobten, im Traum gesagt: „Fürchte dich nicht, Mariam, dein Weib, zu dir zu nehmen; denn was in ihr gezeugt ist, ist von dem Heiligen Geist“ (V 20). Hier haben wir also eine ganz besondere Art der Wirksamkeit des Geistes – seine Zeugung des Sohnes Gottes im Mutterleib der Maria.

Weiter lesen wir von dem alten Simeon, der auf den Trost Israels wartete, dass der Heilige Geist auf ihm war (Lk 2,25). Er stand unter der besonderen Weisung und Leitung dieses Geistes, wie wir dies schon bei den Gläubigen des Alten Testaments gesehen haben. „Es war ihm von dem Heiligen Geist ein göttlicher Ausspruch geworden: er solle den Tod nicht sehen, bevor er den Christ des Herrn gesehen habe. Und er kam durch den Geist in den Tempel“ (V 26–27). – Dies sind wohl die einzigen Stellen in den vier Evangelien, wo von dem Heiligen Geist, als wirkend in den Gläubigen, die Rede ist, obgleich außerdem noch von seiner Wirksamkeit im Allgemeinen gesprochen wird. Im Evangelium Johannes 6,63 sagt Jesus: „Der Geist ist es, der lebendig macht;“ in Lukas 12,12 beruhigt Er seine Jünger in Bezug auf ihre Verantwortung vor der Obrigkeit durch die Worte: „Der Heilige Geist wird euch in derselben Stunde lehren, was ihr sagen sollt“, und im Evangelium Johannes 3,5 bezeugt Er dem Nikodemus, dass der Eingang ins Reich Gottes von einer Wiedergeburt aus Wasser und Geist abhängig sei. – Ehe mir aber zu den Verheißungen des Heiligen Geistes übergehen, müssen wir noch vorher einige Stellen in Bezug auf seine Verbindung mit der Person Christi, während seines Wandels auf Erben, betrachten.

Wenn wir auch mit einer heiligen Scheu in diesen Gegenstand eingehen, da er immer unsere Begriffe übersteigen wird, so dürfen wir doch davon reden, weil er zu den offenbarten Wahrheiten gehört. Es hängt bei diesem so wunderbaren Geheimnis alles von dem Charakter der Stellung ab, die der Herr auf dieser Erde einnahm. Obwohl von Ewigkeit her selbst Gott und eins mit dem Vater, obwohl Herr des Himmels und der Erde, Schöpfer und Erhalter aller Dinge, so verließ Er doch um unsertwillen seine Herrlichkeit und war auf der Erde in Gleichheit des Fleisches der Sünde, machte sich selbst zu nichts, nahm Knechtsgestalt an und verherrlichte als ein völlig abhängiger und gehorsamer Mensch stets seinen Vater. Überall begegnen wir bei seinem Wandel dieser Abhängigkeit und Unterwürfigkeit, und Er selbst bezeugt: „Ich kann nichts von mir selbst tun ... Denn ich suche nicht meinen Willen, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat“ (Joh 5,30). „Mein Vater ist größer als ich“ (Joh 14,28). „Siehe, ich komme ... Deinen Willen o Gott, zu tun“ (Heb 10,7; Ps 40,7–8). In dieser Unterwürfigkeit redete und handelte Er; und alles, was Er redete, und alle seine Handlungen und Wunderwerke, waren durch die Kraft des Heiligen Geistes, den „Er nicht nach Maß besaß“ (Joh 3,34). Durch diesen Geist wurde Er in die Wüste geführt (Mt 4,1; Lk 4,1), um vom Teufel versucht zu werden; durch diesen Geist lehrte, tröstete und heilte Er; (Lk 4,18) und in Kraft dieses Geistes trieb Er die Teufel aus (Mt 12,28). – Auf eine ganz besondere und ausgezeichnete Weise kam dieser Geist auf Ihn hernieder, als Er von Johannes getauft wurde. Er unterzog sich dieser Taufe, um sich mit dem treuen Überrest Israels zu vereinigen, der, gehorsam dem Wort Gottes, sich der Taufe des Johannes unterwarf, um auf einem neuen Grund – auf dem der Buße und der Vergebung der Sünde – mit Gott in Verbindung zu treten. Und als Jesus aus dem Wasser heraufstieg, wurde der Himmel aufgetan und der Heilige Geist stieg in leiblicher Gestalt, gleich wie eine Taube, auf Ihn hernieder; und es geschah eine Stimme aus dem Himmel, welche sagte: „Du bist mein geliebter Sohn, an welchem ich Wohlgefallen gefunden habe“ (Mk 1,10; Lk 3,21–22; Joh 1,32–33). – zum ersten Male haben wir hier die drei Personen der Gottheit deutlich offenbart. Der Vater zeugt vom Himmel, dass Jesus, der auf der Erde war, sein geliebter Sohn sei; wir sehen hier Jesus, den Sohn Gottes, und sehen den Heiligen Geist, in leiblicher Gestalt auf Ihn herniederkommend. Dennoch war dies nicht die Ausgießung des Heiligen Geistes in die Herzen der Gläubigen, noch sein persönliches Wohnen auf der Erde; sondern Er kam allein auf Jesus; und Er, der Sohn Gottes, war der Einzige, der während seines Wandels auf der Erde, die Person des Heiligen Geistes in sich wohnend hatte. – Betrachten wir jetzt 3. Die seinen Jüngern vom Herrn verheißene Sendung des Heiligen Geistes.

Erst am Ende der Laufbahn des Herrn auf dieser Erde hören Wir aus seinem Mund diese Verheißungen. Drei Jahre lang hatten die Jünger ihren geliebten Herrn begleitet, waren von Ihm belehrt, ermahnt, vor allem Nebel bewahrt und mit vieler Langmut getragen worden. Jetzt war der Augenblick nahe gerückt, wo Er von ihnen scheiden musste; – Er ging, um für sie zu sterben. Die Erde konnte Ihn nicht länger behalten; Er musste dahin zurückkehren, von wo Er ausgegangen war; und diesmal konnten Ihm seine viel geliebten Jünger nicht folgen. Sie mussten auf einer Erde zurückbleiben, wo die Sünde wohnte und wo Satan seine Herrschaft ausübte – in einer Welt, die Ihn verwarf und kreuzigte. Was war da natürlicher, als dass ihre Herzen traurig wurden, wenn Er vom Weggehen sprach? In Ihm verloren sie ihren Ratgeber und Führer – ihren besten Freund, der ihr völliges Vertrauen und ihr ganzes Herz besaß; sie verloren den, an dem sie, verbunden durch das zärtlichste Band der Liebe, mit aller Innigkeit ihres Herzens hingen, von dessen Lippen sie die Worte des Lebens gehört und auf dessen Gegenwart sie ihre ganze Hoffnung gesetzt hatten. Was konnte da den Jüngern näherliegen, als tief betrübt zu sein, umso mehr, da sie noch so wenig die große Bedeutung und Notwendigkeit seines Hingangs verstanden, und darin nichts anders erblickten, als eine gänzliche Auflösung ihrer süßen Hoffnungen in Betreff der Erlösung Israels und ein völliges Zerreißen jenes lieblichen Verhältnisses, das bis dahin ihre Herzen so glücklich gemacht hatte? Der Herr selbst aber wusste, was in ihren Herzen vorging; Er kannte ihre Gefühle und verstand ihren ganzen Schmerz; und Er beruhigt sie mit dem süßen Trost, dass sie nie mehr von Ihm getrennt werden sollten – nur für eine kurze Zeit dem Leib nach. Er blieb ewig mit ihnen verbunden; sie waren und blieben seinem Herzen für immer teuer, und Er ging nur hin, um durch seinen Tod dieses Band unauflöslich zu machen, und durch seinen Hingang zum Vater ihnen droben eine Stätte zu bereiten. Dann wollte Er zurückkommen und sie zu sich nehmen, auf dass sie für immer bei Ihm seien; und zu gleicher Zeit verheißt Er ihnen einen anderen Sachwalter, der vorher kommen sollte, um auf ewig bei ihnen und in ihnen zu sein. „Ich werde den Vater bitten und Er wird euch einen anderen Sachwalter geben, dass Er bei euch bleibe in Ewigkeit, den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, weil sie Ihn nicht sieht, noch Ihn kennt. Ihr aber kennt Ihn; denn Er bleibt bei euch und wird in euch sein“ (Joh 14,16–17). „Der Sachwalter aber, der Heilige Geist, welchen der Vater in meinem Namen senden wird, jener wird euch alles lehren und wird euch an alles, was ich euch gesagt habe, erinnern“ (V 26). „Wenn aber der Sachwalter gekommen ist, welchen ich euch von dem Vater senden werde, der Geist der Wahrheit, der von dem Vater ausgeht, Er wird von mir zeugen“ (Joh 15,26). „Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, gekommen sein wird, wird Er euch in die ganze Wahrheit leiten; denn Er wird nicht aus sich selber reden, sondern alles, was Er immer hören wird, wird Er reden und das Kommende wird Er euch verkündigen. Er wird mich verherrlichen; denn von dem Meinigen wird Er empfangen und euch verkündigen“ (Joh 16,13–14).

Dies sind die bestimmten Verheißungen des Herrn in Betreff der Sendung des Heiligen Geistes. Er verheißt den betrübten Jüngern einen anderen Sachwalter, der ihnen seine Stelle auf der Erde ersetzen sollte; Er verheißt ihnen die Person des Heiligen Geistes, und nicht – wie oft behauptet worden ist – nur eine besondere Kraft. Dies geht ganz unzweideutig aus den Eigenschaften hervor, die der Herr bei seiner Verheißung dem zu sendenden Geist beilegt; denn eine Kraft kann nicht lehren, Zeugnis ablegen, in die Wahrheit leiten, das Hörende reden und das Kommende verkündigen. Dies kann nur von einer Person gesagt werden. Wohl sagt der Herr in Apostelgeschichte 1,8: „Ihr werdet Kraft empfangen, indem der Heilige Geist auf euch kommt;“ aber dies will doch keinesfalls sagen, dass sie Kraft empfangen sollten ohne die Person des Heiligen Geistes, sondern mit derselben; und wir sehen namentlich in der ersten Zeit nach der Ausgießung desselben, dass Er sich sowohl durch die Apostel als auch durch andere in dieser Kraft auf eine ausnehmende Weise offenbarte.

Ganz in Übereinstimmung mit dem oben Gesagten lesen wir in Apostelgeschichte 13,2: „Als sie aber dem Herrn dienten und fasteten, sprach der Heilige Geist: Sondert mir nun den Barnabas und den Saulus aus zu dem Werk, wozu ich sie berufen habe“ weiter in Apostelgeschichte 15,28: „Es hat dem Heiligen Geist und uns gut geschienen usw.“; und in 1. Kor 12,11 bezeugt der Apostel: „Alle diese Dinge wirkt ein und derselbe Geist, Jeglichem ins Besondere austeilend, wie Er will.“ Es kann aber nur von einer Person und nicht von einer Kraft gesagt werden, dass sie redet, zum Werk beruft, ihre Meinung kundgibt und selbstständig Gaben austeilt; daher ist es ohne allen Zweifel, dass die Jünger die Person des Heiligen Geistes empfangen sollten, um in Ewigkeit bei ihnen zu bleiben – nicht, wie Jesus, eine Zeitlang von ihnen weggehen; – Er sollte aber nicht nur ewiglich bei ihnen bleiben, sondern auch in ihnen sein.

Wann aber sollte der Heilige Geist herniederkommen? Der Herr selbst gibt die Antwort. „Doch ich sage euch die Wahrheit; es ist euch nützlich, dass ich hingehe. Denn wenn ich nicht hingehe, wird der Sachwalter nicht zu euch kommen. Wenn ich aber hingehe, werde ich Ihn zu euch senden“ (Joh 16,7). zuerst musste der Herr sein Erlösungswerk vollbracht haben und in den Himmel eingegangen sein, ehe Er seinen Jüngern den verheißenen Geist senden konnte. Diese Sendung war also von seinem Hingang abhängig; der Heilige Geist konnte vorher seine Wohnung nicht auf der Erde nehmen. Wenn Er kam, sollte „Er die Welt von der Sünde, von der Gerechtigkeit und von dem Gericht überführen“ (V 8–10). seine Gegenwart war für die Welt der Beweis ihrer Sünde, die sich in der Verwerfung Christi konzentriert hatte – der Beweis der Gerechtigkeit Gottes, der den Gerechten, den sie verworfen, zu sich aufgenommen, und der Beweis von dem Gericht des Fürsten dieser Welt, als solchem, der wider seinen Willen die Absichten Gottes in Gnade erfüllt hatte, wodurch seine Macht gebrochen und der Macht des Geistes völlig unterworfen war.

Bevor nun der Herr kurz vor seiner Himmelfahrt die Verheißung in Betreff des Heiligen Geistes noch einmal wiederholt, wird uns in Johannes 20,21–23 ein Ereignis mitgeteilt, bei dem wir einen Augenblick verweilen müssen. – Als sich Jesus nach seiner Auferstehung in der Mitte seiner Jünger befand, die bei verschlossenen Türen versammelt waren, sagte Er: „Friede euch! Gleichwie mich der Vater gesandt hat, sende ich euch. Und als Er dieses gesagt hatte, hauchte Er sie an und spricht zu ihnen: Empfangt (den) Heiligen Geist. Welchen ihr irgend die Sünden vergebt, denen sind sie vergeben, und welchen ihr irgend sie behaltet, denen sind sie behalten.“ – Der auferstandene Christus brachte hier seinen Jüngern den Frieden, den Er gemacht, und den sie in Folge seines Werkes und seines Sieges besaßen; und bekleidet und erfüllt mit demselben, sendet Er sie in die Welt, gleich wie der Vater Ihn gesandt hatte, um auch anderen diesen Frieden zu bringen. Zu diesem Zweck gibt Er ihnen auch (den) Heiligen Geist, damit sie fähig seien, gemäß seiner Macht die Vergebung der Sünden in eine Welt zu tragen, die unter dem Joch ihrer Sünden seufzt und dem Verderben entgegengeht. Wenn nun aber nachher der Herr in Apostelgeschichte 1,4–5 seine Verheißung in Betreff der Sendung des Heiligen Geistes wiederholt, so kann bei dieser Mitteilung des Geistes keinesfalls die Erfüllung dieser Sendung oder Ausgießung stattgefunden haben, da sonst die wiederholte Verheißung ganz überflüssig gewesen wäre. Vielmehr empfingen die Jünger in dieser Mitteilung des Heiligen Geistes in Johannes 20 den Odem des göttlichen Lebens. Jesus führte sie auf dem Auferstehungsgrunde, als Erstlinge, in die neue Schöpfung ein, indem Er ihnen das Auferstehungsleben einhauchte, sowie Gott dem Adam, bei dessen Einführung in die erste Schöpfung, den Odem des Lebens in seine Nase blies. Wir haben hier also den Geist als Leben und nicht als bei und in ihnen bleibende Person, wie bei der Ausgießung am Pfingsttag; denn – ich sage noch einmal – wenn der Herr im letzten Augenblick seiner Himmelfahrt seine Verheißungen wiederholt und seinen Jüngern befiehlt, „sich nicht von Jerusalem zu entfernen, sondern die Verheißung des Vaters zu erwarten“, und wenn. Er ihnen sagt: „Ihr werdet nach nicht vielen Tagen mit dem Heiligen Geist getauft werben“, dass dann jene Verheißungen, sowie alle vorhergehenden des Alten Testaments erst am Pfingsttag in Apostelgeschichte 2 ihre wirkliche und bestimmte Erfüllung gefunden haben. Und mit dieser Überzeugung gehen wir jetzt zu diesem so unermesslich wichtigen und gesegneten Ereignis selbst über (Fortsetzung folgt).

Fußnoten

  • 1 Über seine Offenbarung bei der Taufe Christi werden wir später reden.
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