Botschafter des Heils in Christo 1861
Das Blut des Passahlammes und das Rote Meer
Die hier angeführten Kapitel offenbaren uns in Wirklichkeit und Zugleich als Vorbild ein doppeltes Gericht in Betreff der Feinde Gottes und eine doppelte Errettung in Betreff des Volles Gottes. Zuerst sehen wir, wie Gott als Richter durch Ägyptenland zog und alle Erstgeburt schlug. Der Zweck dieses Gerichts war, den Pharao zu zwingen, von seiner frevelhaften Verfolgung der Kinder Israel abzulassen. In dem Gericht des roten Meeres aber offenbarte Gott seine ganze Macht an den Feinden seines Volkes, und zerstörte mit dem Hauch seines Mundes den, der sich in Übermut gegen Ihn empörte. Pharao samt seinen Reitern und Wagen wurde in den Fluten des Meeres begraben. Es war das Schlussgericht, welches für immer die Feinde Gottes vernichtete. – In dem ersten Gericht nun blieb Israel verschont, und das letztere wurde seine Befreiung. Da Gott als Richter ganz Ägyptenland durchzog und die Erstgeburt der Ägypter tötete, ging Er an den Kindern Israel vorüber. Weshalb aber verschonte Er sie? Durch welches Mittel waren sie vor diesem Gericht in Sicherheit gebracht? Durch ihre Gottesfurcht? O nein; sondern allein durch das Blut des Passahlammes. Auf Befehl Gottes hatte jede Familie der Kinder Israel ein fehlerloses Lamm geschlachtet und dessen Blut an die Türpfosten gestrichen; und der Richter ging an jedem Haus, wo er dieses Blut fand, ohne Weiteres vorüber. Dies Blut reichte vollkommen hin, um das Schwert des Richters abzuhalten. Wo dies Blut aber fehlte, da war auch nichts im Stand, diesem Schwert zu entrinnen. Das Blut allein war das sicheren Schirmdach für das Volk Gottes. Gott selbst hatte in seiner großen Liebe für sein Volk, diesen Weg zur Errettung eröffnet. In dem vergossenen Blut war jede Forderung seiner Gerechtigkeit gegen die Sünde befriedigt und aller Zorn zum Schweigen gebracht. Es bezeugte, dass das Gericht vollzogen, und dass für alles, was Gott in seinem Wesen ist, eine vollkommene und gänzliche Genugtuung geschehen war. Beim Anblick desselben ging Gott als Gott, nach seiner Gerechtigkeit, Heiligkeit und Wahrheit, an den Türen der Kinder Israel schonend vorüber. Dies Blut bezeugte, dass sein Gericht schon vollzogen und seine Gerechtigkeit befriedigt war.
Das Blut des Passahlammes würde Israel aber keinen Schutz gewährt haben, wenn nicht Gott dasselbe verordnet hätte, und Er verordnete es im Hinblick auf das Lamm, „welches schon vor Grundlegung der Welt zuvor erkannt war“ auf das Blut seines eingeborenen Sohnes. Ja, das Blut Christi allein hat die Kraft, uns vor dem Gericht Gottes vollkommen in Sicherheit zu bringen. Gott selbst hat sich sein Lamm auserwählt. O anbetungswürdige Liebe! Gott schonte sich nicht, Er schonte nicht das Blut seines eingeborenen und geliebten Sohnes, um gottvergessene Sünder völlig zu schonen. Christus selbst ging ins Gericht, beladen mit dem Fluch der Sünde und erduldete den Zorn, damit uns kein Gericht treffe, sondern Gnade und Liebe uns überströme. Außer seinem Blut aber gibt es keine Errettung und nur dann, wenn wir durch Glauben auf diesem Blut allein ruhen, haben wir einen sicheren Frieden. Wir verstehen dann, dass in dem Herzen Gottes nur Liebe für uns ist und nicht mehr ein Gedanke von Zorn. Anders aber fürchten wir noch immer Gott als Richter.
Wir dürfen nun aber nicht vergessen, dass selbst dann, wenn wir wirklich bekehrt, wenn wir durch Glauben an das Blut Jesu vor dem Gericht Gottes in Sicherheit gebracht worden, wir noch nicht von der Macht des Feindes befreit sind. Und solange wir nicht von dessen Macht getrennt sind, solange wir uns noch in Ägyptenland befinden, solange wird auch der Feind immer aufs Neue Angriffe gegen den Frieden unserer Seele machen. Doch, Gott sei Dank! wir sind auch von der Macht des Feindes getrennt worden; und dies leitet unsere Gedanken auf das andere Vorbild unserer Errettung, welches uns in dem Durchgang der Kinder Israel durchs rote Meer vorgestellt wird.
Am roten Meere trat Gott in Befreiungsmacht für sein Volk ein, und handelte für dasselbe nach den Absichten seiner Liebe. Er bahnte ihnen mitten im Meer einen Weg, so dass sie trockenen Fußes hindurchgingen. Die Ägypter dagegen, welche denselben Weg zur Empörung einschlugen, wurden von den Wellen bedeckt. Sie erkannten nicht, dass es der Weg Gottes war – ein Weg des Lebens für sein Volk, aber ein Weg des Todes für seine Feinde – ein Weg, der jene für immer von diesen trennte. Israel war jetzt völlig von der Macht seiner Verfolger befreit, und es blieb für sie nichts weiter übrig, als die Liebe und Macht Gottes zu besingen und mit Frohlocken seinen Sieg zu feiern (Kap 15). Gott war verherrlicht und sein Volk errettet; und alle Ehre und aller Ruhm gebührte Ihm allein.
Dies Vorbild vom roten Meere stellt augenscheinlich den Tod und die Auferstehung Christi und seines Volkes vor unsere Augen. Christus selbst hat sich in die Fluten des Todes geworfen, damit die Seinen frei und unberührt von denselben hindurchgehen möchten. In seinem Tod ist Er in die ganze Tiefe unseres Elendes eingetreten, und die Macht Satans und der Zorn Gottes haben an Ihm ihre ganze Stärke entfaltet. In der Auferstehung aber ist Gott selbst ins Mittel getreten, um Christus, und uns in Ihm, tadellos vor sein Angesicht in Liebe darzustellen. Gott selbst ist hier also tätig, um sein Volk aus dem Tod, worin Er es in Christus versetzt hatte, ausgehen zu lassen, und es vor jeder Berührung des Feindes in Sicherheit zu bringen. Jetzt ist der Feind, welcher Gottes Volk hart bedrängte, ohne Rettung geschlagen. Wir sind von seiner Macht, von der Macht des Fürsten dieser Welt, befreit. Wir sind mit Christus auferstanden und für immer in die Gnade und Gunst Gottes gebracht. So völlig wie Christus von jener Macht des Feindes befreit ist, so völlig sind wir es in Ihm, soweit Er von derselben getrennt ist, so weit sind auch wir es in Ihm. In dem auferstandenen Christus haben wir einen Rettungs– und Bergungsort gefunden, wo uns kein Feind mehr antasten kann. Es ist aber, solange wir hienieden sind, nur Sache des Glaubens. Der Glaube allein erkennt und verwirklicht, diese gesegnete Stellung; und für den Gläubigen ist jetzt nichts anderes übriggeblieben, als die Liebe und Macht Gottes zu besingen, und mit jubelndem Herzen seinen Sieg über alle seine und unsere Feinde zu feiern. Jetzt triumphieren wir im Glauben und bald im Schauen.
Das Blut Christi schützt uns also vollkommen vor dem Gericht Gottes, und das rote Meer zeigt uns als Vorbild, dass die Macht, welche uns mit Christus auferweckt hat, uns von der Macht Satans befreit und vor seinen Angriffen gegen den Frieden unserer Seelen in Sicherheit gebracht hat. Möge der Heilige Geist stets unsere Herzen mittels des Glaubens auf diese beiden gesegneten Wahrheiten richten; denn nur dann sind wir fähig, im Frieden hienieden zu wandeln und im Lauf auszuharren. Der christliche Weg, das ist der Weg einer befreiten Seele, beginnt erst nach dem Durchgang durchs rote Meer, nachdem wir in Wahrheit verstanden haben, dass wir mit Christus gestorben und auferstanden sind.