Botschafter des Heils in Christo 1861
Was ist zu glauben nötig, um errettet zu werden? - Teil 2/2
Das glorreiche Ereignis der Auferstehung des Herrn ist in der Tat der Brennpunkt, in welchem sich alle Strahlen der göttlichen Gnade vereinigen; es ist – wie schon gesagt – der kräftige Beweis der– Herrlichkeit des Sohnes Gottes. Nachdem Er das Grab verlassen, gebot Er seinen dazu auserwählten Zeugen, allen Nationen, mit Hinweis auf seinen Tod und seine Auferstehung, Buße und Vergebung der Sünden anzukündigen (Lk 24,46–48); und, erfüllend diesen Auftrag, bildete die Auferstehung fortan den Kern ihres Zeugnisses. Schon in den ersten Kapiteln der Apostelgeschichte (vgl. Apg 1,22; 2,24.32.36; 3,15; 4,10; 5,30) stellt uns Petrus in seinen Predigten diese Tatsache in ihrer ganzen Tragweite vor Augen. Dass der von dieser Welt verworfene Jesus der Christus, der Sohn Gottes ist, und dass Gott Ihn aus den Toten auferweckt hat, bildet für den Glauben ein unzertrennliches Ganze. Oder sollte wohl jemand, der etliche Wochen zuvor den Herrn am Kreuz enden sah, dem Zeugnis des Petrus in Betreff seiner Auferstehung Glauben geschenkt haben, ohne Zugleich zu glauben, dass Er der Herr, der Christus sei? Oder sollte im entgegengesetzten Fall jemand Ihn als den Herrn, den Christus erkannt haben, ohne an seine Auferstehung zu glauben? Unmöglich. Das Eine schließt das Andere in sich. Jesus von Nazareth, geboren von der Jungfrau Maria und öffentlich gekreuzigt zu Jerusalem, ist wahrlich der Christus, der Sohn Gottes – Gott offenbart im Fleisch – und als Solcher „in Kraft erwiesen durch Totenauferstehung“.
Eingetreten in das Haus des Kornelius, geht Petrus in seinem Zeugnis noch einen Schritt weiter (Apg 10). Nachdem er die Hauptzüge der Geschichte des Herrn geschildert hat, bezeichnet er Ihn, den Gekreuzigten und Auferstandenen, als den Richter der Lebendigen und der Toten und verkündet jedem Glaubenden durch seinen Namen Vergebung der Sünden. Glauben die Zuhörer etwa nur einen Teil dieser Predigt? Nein; ihr Glaube umfasste das Ganze. Sie glaubten, dass Jesus der Gesalbte (Christus) sei, dass Er gekreuzigt worden und dass Er von Gott aus den Toten auferweckt und zum Richter über alle verordnet sei. Und was war die Wirkung dieses Glaubens? Sie empfingen die Vergebung der Sünden. Oder bezweifelten sie etwa diese Gnadenbotschaft der Sündenvergebung? Keineswegs; denn „als Petrus noch diese Worte redete, fiel der Heilige Geist auf alle, die das Wort hörten.“ Die Vergebung ihrer Sünden ward versiegelt durch die Gabe des Heiligen Geistes; und alle hatten Anteil daran, welche das Zeugnis des Petrus in Betreff des Christus im Glauben aufnahmen.
Auch in den Predigten des Paulus findet die Auferstehung Christi aus den Toten den hervorragendsten Platz (vgl. Apg 13,30.33; 17,3.31). Er verkündet Jesus als den Auferstandenen, und ruft (Apg 13). den Juden in Antiochien zu: „So sei euch denn kund, Männer, Brüder! dass durch diesen euch die Vergebung der Sünden verkündigt wird. Und von allem, worin ihr in dem Gesetz Moses nicht gerechtfertigt werden konntet, ist in diesem jeder Glaubende gerechtfertigt.“ – Und was sollte geglaubt werden? Das, was Paulus verkündigte. Wer nun dieser Predigt des Apostels Glauben schenkte, erhielt von Gott selbst durch den Mund des Paulus die Versicherung, dass er von allem gerechtfertigt sei. Wie einfach, wie süß ist doch das Evangelium, die frohe Botschaft der Gnade Gottes!
Am deutlichsten jedoch tritt die herrliche Tatsache der Auferstehung als Glaubenspunkt in dem 15. Kapitel des Korintherbriefes in den Vordergrund. Sie bildet hier die Hauptsumme des apostolischen Zeugnisses, weil sie, als ein unumstößlicher Beweis der Herrlichkeit des Sohnes Gottes, alle anderen Grundwahrheiten in sich schließt, die zu glauben nötig sind, um selig zu werden. Wer an die Auferstehung des Herrn glaubt, der glaubt auch an seinen Tod; – wer aber glaubt, dass Er gestorben ist, der wird auch die Ursache und den Zweck des Todes dessen kennen, der, ohne Sünde, das Leben in sich selber hatte und mithin nicht unter der Macht des Todes sein konnte. Unmöglich kann Glauben an den Auferstandenen vorhanden sein, ohne zu glauben und zu erkennen, dass unsere Sünden die Ursache und unsere Erlösung der Zweck seines Todes waren. Lieber Leser! Glaubst du wahrhaftig in deinem Herzen, dass Gott Jesus aus den Toten auferweckt hat? Nun, dann glaubst du auch, dass Er der Christus, der Sohn Gottes ist; ja, dann glaubst du auch an das versöhnende Blut dessen, „welchen Gott vorgestellt hat zu einem Gnadenstuhl durch den Glauben an sein Blut.“ Wahrlich, mit dem herrlichen Ereignis der Auferstehung hängt alles zusammen, was zur Seligkeit zu glauben nötig ist; denn „wenn du mit deinem Mund den Herrn Jesus bekennst und in deinem Herzen glaubst, dass Gott Ihn aus den Toten auferweckt hat, wirst du selig werden.“
Was ist also zu glauben nötig,.um selig zu werben? Um dem Leser die Antwort zu erleichtern, wollen wir noch einmal die Hauptmomente unserer Betrachtung flüchtig an seinen Blicken vorüberführen. Wir haben gesehen, dass in Gottes Wort die Seligkeit unzertrennlich an den Glauben geknüpft ist, dass der Glaube zurzeit des Herrn in Ihm den Christus, den Sohn Gottes, den Erlöser der Welt erkannte, dass der Glaube unserer Tage keinen anderen Gegenstand, wohl aber in der Auferstehung Jesu den kräftigsten Beweis und die trefflichste Offenbarung seiner Person, als Sohn Gottes, besitzt, und dass endlich der Glaube an seine Auferstehung aus den Toten die Erkenntnis der Ursache und des Zweckes seines Todes voraussetzen lässt und mithin den Glauben an sein versöhnendes Blut in sich schließt. Was ist also zu glauben nötig, um selig zu werden? Das, was die Apostel in der bestimmtesten und unzweideutigsten Weise betreffs der Person des Christus verkündigt haben; und die Gewissheit der Errettung wird die Frucht dieses Glaubens sein.
Was nun aber ist die Ursache der allgemein herrschenden Unsicherheit hinsichtlich der Errettung bei den Gläubigen unserer Tage? Woher die Furcht und die Unruhe Angesichts der so klaren Aussprüche der heiligen Schrift? – Lieber Leser! Vielleicht räumst auch du ein, dass dir die völlige Gewissheit mangelt, obwohl du an den gekreuzigten und auferstandenen Heiland glaubst; vielleicht sogar holst du aus der Rüstkammer des Wortes Gottes eine Waffe, indem du dich auf die dreitausend am Tag der Pfingsten, die nach der Predigt des Petrus, anstatt ihrer Errettung gewiss zu sein, vielmehr mit zerknirschtem, angsterfülltem Herzen ausriefen: „Was sollen wir tun, Männer, Brüder?“ oder gar auf den Apostel Paulus selbst, der, anstatt die süße Frucht des Glaubens zu genießen, den Angstruf ausstieß: „Wer bist du, Herr!“ – du hast Recht. In diesen beiden einzigen Fällen führt die heilige Schrift uns Personen vor, die wahrlich an Christus glaubten, ohne von der Furcht ihres Gewissens befreit zu sein. Zwischen dem Augenblick, wo die Auferstehung und Erhöhung des Christus geglaubt, und jenem, wo das Mittel und der Grund ihrer persönlichen Seligkeit erkannt wurde, lag eine, wenn auch nur kurze Zwischenzeit. Jedoch die Ursache dieser Erscheinung zu finden, wird uns nicht schwierig sein, wenn wir einen Blick auf die Predigt werfen. Was verkündigte Petrus seinen Zuhörern? Er beschuldigte sie, Jesus von Nazareth getötet zu haben, und verkündigte ihnen, dass Gott Ihn auf erweckt und sowohl zum Herrn als auch zum Christus gemacht habe; aber von Sündenvergebung war keine Rede. Ganze Scharen glaubten dem Zeugnis des Apostels und – „es schnitt ihnen durchs Herz.“ Wie konnten sie – überzeugt, den Messias getötet zu haben – Angesichts der unwiderlegbarsten Beweise seiner Auferstehung und seiner Erhöhung etwas Anders erwarten, als dass Er in Gerechtigkeit von seiner Macht und Herrschaft zu ihrer Vertilgung Gebrauch machen werde? Und– was hätte das Herz des nach Mord lechzenden Saulus zur Freude bewegen können, als er die Macht dessen sah, den er im Unverstand seines Eifers verfolgte? Nein, in beiden Fällen ward dem Glauben nichts geboten, was den Brand in dem erwachten Gewissen löschen konnte. Doch nicht lange dauerte dieser unerträgliche Zustand. Von Neuem wendet sich Petrus an die zerknirschten Herzen seiner Zuhörer, fordert sie auf, sich zu bekehren und sich taufen zu lassen in dem Namen Jesu zur Vergebung der Sünden, und – die Gabe des Heiligen Geistes ist das Siegel ihrer Errettung. Ebenso eilt Hananias, im Auftrag des Herrn, zu dem seit drei Tagen erblindeten Saulus; und dieser, folgend der Mahnung: „Stehe auf, lass dich taufen und deine Sünden abwaschen, seinen Namen anrufend,“ erhebt sich und predigt sogleich Jesus, dass dieser der Sohn Gottes sei.
Was war also die Ursache ihres Schreckens? Sie glaubten nicht über das hinaus, was ihnen verkündigt ward. Weder, der erste Teil der Predigt des Petrus, noch die Erscheinung des Herrn auf dem Weg nach Damaskus enthielt die frohe Gnadenbotschaft der Sündenvergebung. Unmöglich aber, lieber Leser, kannst du diese Ausnahmefälle deinem unsicheren Zustand anpassen, da das Wort Gottes dir den herrlichen Gegenstand deines Glaubens in seiner ganzen Fülle vorführt. Nur die menschliche Weisheit ist es, welche den vollen Glanz des Wortes Gottes verdunkelt und dich hindert, das zu unterscheiden, was so klar und einfach offenbart ist. Seit Petrus, dem Ruf Gottes gehorchend, seinen Fuß in das Haus des Kornelius setzte, ist den Nation die Gnadentür weit geöffnet worden; und von dieser Zeit an wird Jesus nicht nur als der Christus, als der Sohn Gottes, der gestorben und auferstanden, gepredigt, sondern es wird auch Vergebung der Sünden allen denen verkündigt, die dieses Zeugnis in ihrem Herzen glauben. Jetzt ist das Zeugnis von Jesu nicht mehr durch einen Zwischenraum getrennt.
Lieber Leser! Weißt du nun, was zu glauben nötig ist, um selig zu werden? Und glaubst du wirklich, dass Jesus der Christus, der Sohn Gottes, und dass Er unserer Übertretungen wegen dahingegeben und unserer Rechtfertigung wegen auferweckt ist? – Ohne Zweifel. – Bist du denn nun deiner Errettung gewiss? Wie! Du zögerst, diese Frage zu bejahen? Armer Freund! Sage mir doch einmal, wo findest du den Beweis, dass Jesus der Sohn Gottes, und dass Er gestorben und auferstanden ist? – Im Wort Gottes – antwortest du. – Ganz recht. Aber wenn die heilige Schrift in der Tat die Quelle ist, aus welcher du diesen köstlichen Beweis schöpfst, dann hast du auch dieselbe Quelle und denselben Beweis, Dich zu versichern, dass du „glaubend das Leben hast in seinem Namen; – und dass, wenn du mit deinem Mund den Herrn Jesus bekennst und in deinem Herzen glaubst, dass Gott Ihn aus den Toten auferweckt hat, du selig werden wirst“ (Röm 10,9). Gott sei gepriesen für eine so bestimmte, unzweideutige Antwort auf eine so ernste, wichtige Frage!
Jetzt noch zum Schluss ein Wort an denjenigen Leser, der, weil er diese Zeilen nur flüchtig durchgelesen, mit Leichtfertigkeit sagen könnte: „Ei, wenn nichts anderes zu glauben nötig ist, dann gehöre auch ich in die Reihe der Gläubigen; denn ich habe diese Sache nie bestritten.“ Aber, mein Lieber, eine Wahrheit nicht bestreiten und an eine Wahrheit glauben sind zwei verschiedene Dinge. Vielleicht hast du die Wahrheit, dass Jesus – der Gekreuzigte und Auferstandene – der Sohn Gottes ist, nie bestritten, weil andere Gegenstände deine Zeit, deine Gedanken, deine Kräfte in Anspruch nahmen und jeden ernsten Gedanken an die Ewigkeit aus deinem Herzen verbannten, oder gar weil es dir für Torheit galt über Dinge nachzudenken, über welche diese Welt längst schon ihren Stab gebrochen hat. Wohl möglich, dass du nicht diese oder jene grobe Sünde begangen und geradezu kein ärgerliches, lasterhaftes Leben geführt haben wagst; wohl möglich, dass Konzerte, Theater, Bälle, Spiele und andere leidenschaftliche Vergnügungen dich nicht mit ihren Netzen umstrickt haben mögen; aber waren es nicht deine Freunde, war es nicht deine Familie, dein Geschäft, dein Geld, waren es nicht unzählbare Dinge, die mehr Anziehendes und einen unvergleichlich höheren Wert für dich hatten, als der von dieser Welt verworfene Jesus von Nazareth? Nein, wahrlich, an Ihn glaubst du nicht; darum hat Er keinen Wert für dein Herz. Ich will dir es offen sagen, woran du glaubst: Es sind die Dinge, woran du denkst und mit denen du dich beschäftigst. Du glaubst an den Nutzen des Gelbes, und darum ringst du unermüdlich nach seinem Besitz; du glaubst an ein glückliches, bequemes Leben in deiner Familie, und darum suchst du dein Haus so angenehm als möglich einzurichten; du glaubst an den Wert der Gelehrsamkeit, und darum strebst du mit Eifer deinen Geist mit Kenntnissen aller Art zu bereichern; du glaubst endlich an die Vorteile eines guten Namens, und darum trachtest du alle menschlichen Tugenden zur Schau zu tragen. – Siehst du? An diese Dinge glaubst du von ganzem Herzen. O gewiss; wäre der Sohn Gottes der Gegenstand deines Glaubens, – du würdest dich mit Ihm beschäftigen, würdest Ihm vertrauen und Ihn anbeten. Ein eitles, leichtfertiges, unbedachtes Bejahen ist etwas anderes, als der Glaube an eine Sache, an welche eine ewige Erlösung geknüpft ist.
Einmal lebte wirklich ein Mensch auf Erden, ein Mann, der Sohn der Jungfrau Maria, der sein Leben endete unter den Schmerzen der Kreuzigung, und dieser Mensch ist es, den Gott als seinen eingeborenen Sohn anerkannte und den Er auferweckte aus den Toten. – Und dieses ist die Wahrheit, die du nicht glaubst. Du achtest eine so große Errettung gering; und diese Geringschätzung – die Frucht deines Unglaubens – ist der entsetzliche Beweis, dass du den Sohn Gottes mit Füßen trittst. Ohne Zweifel hast du dich auch anderer Sünden schuldig gemacht, die an Zahl die Haare deines Hauptes übertreffen werden, und durch welche, wo du darin beharrst, du dir Zorn aufhäufen wirst für den Tag des Zornes und der Offenbarung des gerechten Gerichtes Gottes; allein die unter allen schrecklichste Sünde ist, dass du dem Zeugnis Gottes in Betreff seines Sohnes nicht glaubst, mithin die in dem Evangelium angekündigte Gnade Gottes von dir stößt und durch dein Beharren im Unglauben die ganze, entsetzliche Last deiner Sünden mit eiserner Kette an deine arme Seele bindest. Schon jetzt in diesem Augenblick ist schon das Urteil Gottes über dich gefällt; denn „wer nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er nicht an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes glaubt“ (Joh 3,18).
O möchte der Herr doch geben, dass du erwachst aus deinem traurigen, trost– und hoffnunglosen Zustand? Möchte doch dein Gewissen kräftig genug überführt und die Frage in dir geweckt werden: „Wer ist dieser Jesus, von welchem Gott in seinem Worte zu mir spricht?“ Möchtest du, ergriffen durch die überschwänglich, allen Menschen erschienene Gnade, glaubend zu den Füßen Jesu sinken, mit dem Ruf: „Mein Herr und mein Gott!“ Gewiss, du würdest voll Freude mit dem Apostel ausrufen: „Gerechtfertigt also aus Glauben, haben wir Frieden mit Gott, durch unseren Herrn Jesus Christus“ (Röm 5,1).