Botschafter des Heils in Christo 1887
Deshalb ermatten wir nicht
Es ist etwas Großes, sagen zu können: „wir ermatten nicht“, wenn wir durch Umstände zu gehen haben, welche durchaus dazu geeignet sind, uns müde und matt zu machen; wenn wir, umgeben von Leiden und Prüfungen aller Art, stets mit Widerwärtigkeiten zu kämpfen haben, ohne dass sich irgendwo ein Ruheort zeigt. Können wir auch in dem gegenwärtigen Augenblick mit Dank gegen den Herrn sagen, dass wir nach außen hin eine Zeit der Ruhe haben, so bleibt doch, gemäß den Wegen der weisen Regierung Gottes, kein Christ von Prüfungen verschont. Keinem Gläubigen können Leiden und Trübsale erspart bleiben, ja, er erfährt diese oft umso mehr, je treuer er ist. Andererseits ist es auch wahr, dass sich mancher durch seine Untreue den Weg schwer macht und sich selbst in Schwierigkeiten bringt, die er nicht haben würde, wenn er sich mehr durch den Geist und das Wort Gottes leiten ließe. Und in diesem Fall tragen die Schwierigkeiten und Leiden mehr den Charakter der Züchtigung oder des Gerichts, und nicht so sehr der Prüfung, wie in dem vorhergehenden Fall. Die Prüfungen dienen zur Bewährung unseres Glaubens, und darum sollen wir sie für lauter Freude achten; ja, wir können uns der Trübsale rühmen, welche Gott zu dem Zweck über uns kommen lässt, um unseren Glauben zu erproben (vgl. Jak 1; 1. Pet 1; Röm 5). Aber der Heilige Geist sagt nie, dass wir uns der Züchtigungen rühmen oder sie für Freude achten sollen; wohl aber ermuntert Er uns, nicht in denselben zu ermatten, indem auch selbst die Züchtigungen schließlich nur ein Beweis der Liebe des Vaters und unserer Sohnschaft sind (Heb 12).
Dann aber ist es auch wahr, dass wir, wenngleich äußerlich in Zeiten der Ruhe, dennoch in den so genannten „schweren Zeiten“ der letzten Tage leben; und diese haben Leiden und Trübsale im Gefolge, welche von den Christen umso tiefer gefühlt werden, je geistlicher und nüchterner ihr Zustand ist. Wie manches Christenherz ist in unseren Tagen mit Schmerz und Trauer erfüllt bei dem Anblick der betrübenden Zustände, die uns von allen Seiten umgeben! Abgesehen von dem in erschreckender Weise überhandnehmenden Verfall der Christenheit, welche Verwirrung, welche Zerrissenheit, welche Untreue und zunehmende Verweltlichung zeigt sich unter denen, die in einem Geist zu einem Leib getauft und zur Erwartung des Herrn berufen sind! Wie viele gibt es, welche Kinder Gottes zu sein bekennen und trotzdem mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln die Wahrheit zu bekämpfen suchen, welche Gott nach seiner großen Güte in unseren Tagen wieder ans Licht gestellt hat! Und ach! Wie oft mag das sogar gegen besseres Wissen geschehen! Wie manche auch gibt es, welche wohl die Wahrheit erkannt und angenommen haben, aber dennoch nicht der Wahrheit gemäß in der Furcht Gottes, sondern vielmehr zu seiner Unehre wandeln! Und wie betrübend ist das Verhalten derer, welche, anstatt sich unter die Zucht der Versammlung zu beugen, ihre Herzen noch mehr verhärten und, unter dem Deckmantel der Wahrheit, durch Verleumdungen oft der böswilligsten Art die Verwirrung noch größer zu machen suchen!
Sicherlich sind diese traurigen Erscheinungen unserer Tage eine beständige Quelle von Leiden und Schmerzen für einen jeden Christen, der den Herrn und seine Versammlung aufrichtig liebt. Und der Feind sucht diese Dinge zu benutzen, um wenn möglich die Treuen matt und träge zu machen und das Zeugnis der Wahrheit zum Schweigen zu bringen. Dieses Zeugnis zu beseitigen, war ja von jeher das Ziel aller seiner Anstrengungen, und wird es bleiben bis zum Ende.
Aber welcherlei Leiden ein Christ auch haben mag, seien es Züchtigungen oder Prüfungen, seien es Schmerzen und Betrübnisse infolge des traurigen Zustandes der Kirche Gottes, so hat er doch in keinem Fall Ursache, zu ermatten. Denn wie groß auch unsere Leiden und Schwierigkeiten sein mögen, so stehen dieselben doch in keinem Vergleich zu den Leiden, die der Apostel seiner Zeit um des Herrn und seines Evangeliums willen zu erdulden hatte, und welchen er in unserem Kapitel in den wenigen Worten Ausdruck gibt: „Allezeit das Sterben Jesu am Leib umhertragend. ... Denn wir, die wir leben, werden allezeit dem Tod überliefert um Jesu willen.“ Aber so schmerzlich seine Leiden auch sein mochten, so hören wir ihn dennoch zweimal in unserem Kapitel sagen: „wir ermatten nicht.“ Dass dies nicht leere Worte waren, nicht hervorgegangen aus einer augenblicklichen Erregung, sondern vielmehr der Ausdruck der geistlichen Energie seines Glaubens, bestätigt uns die ganze Geschichte seines Lebens, soweit uns dieselbe aus der Schrift bekannt ist. Von Anfang bis zu Ende sehen wir ihn seinen Lauf mit einem Mut, einer Energie und einer Ausdauer verfolgen, die uns mit Bewunderung und zugleich Beschämung erfüllen. Die große Ausdehnung des durch ihn vollbrachten Werkes, seine unaufhörlichen Gebete für die Versammlungen und die einzelnen Gläubigen, seine ringenden Kämpfe im Blick auf die beunruhigenden Zustände an manchen Orten, die täglich auf ihn anbringende Sorge für alle Versammlungen – alles das zeugt von seiner rastlosen Tätigkeit, seinem unermüdlichen Eifer und seiner hingebenden Liebe. Selbst seine Feinde mussten bezeugen, dass er beinahe in ganz Asien eine große Volksmenge überredet und vom Götzendienst abgewandt habe (Apg 19,26). Er selbst sagt, dass er „von Jerusalem an und ringsumher bis nach Illyrien (also über Asien hinaus auch in Europa) das Evangelium des Christus völlig verkündigt habe“ (Röm 15,19). Weder der zähe Widerstand des ihn von Ort zu Ort verfolgenden blutdürstigen Hasses der Juden, noch die mannigfachen Gefahren und Anstrengungen auf seinen zu jener Zeit so mühevollen Reisen; weder Schläge noch Gefängnisse, weder Hunger noch Durst, weder Kälte noch Blöße, noch endlich das, was weit schlimmer als alles andere war, der untergrabende Einfluss „falscher Apostel, betrügerischer Arbeiter“, vermochte seinen Eifer zu hemmen, seinen Glauben zu schwächen, seine Liebe zu ermüden. Überall wo sich ihm Gelegenheit bot, in der Synagoge, auf dem Markt, auf dem Areopag, auf den Straßen, an einem Fluss, überall suchte er die Menschen zu überreden und zu Christus zu führen. Und wenn er infolge seines treuen Dienstes mit Nuten geschlagen und ins Gefängnis geworfen wurde, hören wir keine Klage über seine Lippen kommen, sondern im Gegenteil nur Gebete und Lobgesänge. Angesichts der Bande und Trübsale, welche ihm auf seiner letzten Reise nach Jerusalem angekündigt wurden, hatte er nur die Erwiderung: „Aber ich nehme keine Rücksicht auf mein Leben, als teuer für mich selbst, auf dass ich meinen Lauf vollende und den Dienst, den ich von dem Herrn Jesus empfangen habe. ... Denn ich bin bereit, nicht allein gebunden zu werden, sondern auch in Jerusalem für den Namen des Herrn Jesus zu sterben“ (Apg 20,24; 21,13).
Und so treu, unermüdlich und hingebend seine Tätigkeit außerhalb der Versammlung war, ebenso treu war sein Dienst innerhalb derselben. Gestützt ans das Zeugnis der Ältesten konnte er sagen: „Ihr wisst ... wie ich die ganze Zeit bei euch gewesen bin, dem Herrn dienend mit aller Demut und mit Tränen und Versuchungen, die mir widerfuhren durch die Nachstellungen der Juden; wie ich nichts vorenthalten habe von dem, was nützlich ist, das ich euch nicht verkündigt und euch gelehrt hätte, öffentlich und in den Häusern. ... Darum Macht und gedenkt, dass ich drei Jahre Nacht und Tag nicht aufgehört habe, einen jeden mit Tränen zu ermahnen“ (Apg 20). Und wiederum: „Wir sind zart gewesen in eurer Mitte, wie eine Amme ihre eignen Kinder pflegt. ... Ihr seid Zeugen und Gott, wie göttlich und gerecht und untadelig wir gegen euch, die Glaubenden, waren; gleich wie ihr wisst, wie wir einen jeden unter euch, wie ein Vater seine eignen Kinder, euch ermahnt und getröstet und bezeugt haben usw“ (1. Thes 2). Da war kein Ermatten, kein Ermüden! Alle Anstrengungen des Feindes blieben in dieser Beziehung erfolglos, selbst dann noch, als es ihm gelang, nicht nur der segensreichen Tätigkeit des treuen Apostels durch dessen letzte Gefangennahme ein Ziel zu setzen, sondern auch die herrlichen Resultate dieser Tätigkeit zum großen Teil wieder zu zerstören. Sicherlich musste es für das liebende Herz des Apostels ein tiefer Schmerz sein, die teure Herde Gottes so zu sagen dem Feind preisgegeben zu sehen, ohne für sie in der Energie des Geistes in die Schranken treten zu können, wie er dies früher so oft getan hatte; untätig zusehen zu müssen, wie den falschen Arbeitern Tür und Tor geöffnet, wie die Versammlungen verdorben wurden und alle, die in Asien waren, sich von ihm abwandten. Wahrlich, wenn etwas geeignet war, ihn matt zu machen, so waren es diese bitteren und schmerzlichen Erfahrungen am Ende seiner Laufbahn, nach all seiner unermüdlichen Treue und Hingebung. Und trotz alledem finden wir bei ihm kein Ermüden, kein Ermatten.
Das bezeugen uns die herrlichen Briefe, welche er während seiner Gefangenschaft an verschiedene Versammlungen und an einzelne Gläubige schrieb, sowie die unaufhörlichen Gebete, in welchen er Nacht und Tag der Heiligen vor Gott gedachte. Wie hätte er jene Briefe unter der Inspiration des Heiligen Geistes schreiben können, wenn er nicht in vollkommener Ruhe, in Gemeinschaft mit seinem geliebten Herrn gewesen wäre? Oder wie hätte er es vermocht, unablässig für andere vor dem Thron der Gnade beschäftigt zu sein, wenn er sich trübseligen Gedanken über sich selbst und seine Umstände hingegeben hätte? Unmöglich konnte er die herrlichen Ratschlüsse Gottes und die die Erkenntnis übersteigende Liebe des Christus entfalten, wie er dies zum Beispiel im Epheserbrief getan hat, ohne selbst unter dem erhebenden Einfluss dieser Wahrheiten zu stehen. Wäre er mutlos gewesen, und hätte er nicht auf der Höhe der Wahrheiten des Epheserbriefes gestanden, so hätte er gewiss den Gläubigen zu Ephesus nicht zurufen können: „Deshalb bitte ich, nicht mutlos zu werden durch meine Drangsale für euch, welche eure Ehre sind.“ Ebenso sehen wir in dem Brief an die Philipper einen Mann, dessen Herz vollkommen glücklich ist, und der trotz Ketten und Banden sagen kann: „Denn unser Wandel ist in den Himmeln.“ Und in seinem zweiten Briefe an Timotheus gibt er wohl seinem tiefen Schmerz über den Verfall der Kirche Ausdruck, aber trotzdem ist er auch hier, angesichts seines nahen Märtyrertodes, gestärkt durch den Herrn und erfüllt mit lebendiger Hoffnung, fähig, Worte des Trostes und der Ermunterung an sein geliebtes Kind im Glauben zu richten.
Mit einem Wort, Jerusalem, Antiochien, Ikonium, Lystra, Philippi und Rom waren Zeugen der treuen und unermüdlichen Wirksamkeit und der fortwährenden Leiden des Apostels, aber auch ebenso viele Zeugen seiner Energie, seines Ausharrens und seines unerschütterlichen Vertrauens.
Fragen wir jetzt nach den Gründen, welche den Apostel nicht ermatten ließen, so gibt er selbst deren zwei an. Zunächst sagt er: „Darum, weil wir diesen Dienst haben, wie wir begnadigt worden, so ermatten wir nicht.“
Obgleich die Ausübung seines Dienstes für den Apostel mit so vielen Leiden verbunden war, so war doch das, was er durch denselben verkündigte, für ihn eine beständige Quelle des Trostes, der Freude und der Kraft. Das, was er verkündigte, wird uns kurz und bestimmt mitgeteilt in den Worten: „Der Gott unserer Väter hat dich zuvor verordnet, seinen Willen zu erkennen und den Gerechten zu sehen und eine Stimme aus seinem Mund zu hören. Denn du wirst Ihm an alle Menschen ein Zeuge sein von dem, was du gesehen und gehört hast“ (Apg 22,14–15). Wir können wohl verstehen, wie köstlich es für ihn sein musste, dies allen Menschen zu verkündigen. Er hatte Christus in der Herrlichkeit gesehen und aus seinem eignen Mund vernommen, dass die Gläubigen hienieden einen Leib mit Ihm bilden. Er hatte im Licht dieser Herrlichkeit erkannt, welches die Stellung der Gläubigen ist, gemäß den Ratschlüssen Gottes in Gnade. Und darum bildete diese Herrlichkeit und die damit in Verbindung stehende Stellung der Gläubigen den Ausgangspunkt und die Kraft seines Dienstes, wie sie auch der entscheidende Wendepunkt in seinem Leben geworden war.
Das Evangelium des Apostels war das Evangelium der Herrlichkeit des Christus (2. Kor 4,4). Er war beauftragt, unter den Nationen den unausforschlichen Reichtum des Christus zu verkündigen. Er selbst, ehemals ein Feind und Verfolger, war durch das Anschauen der Herrlichkeit Christi bekehrt worden; und die Wirkungen dieses Anschauens, die sich so überaus mächtig erwiesen hatten betreffs seiner Bekehrung, erwiesen sich nicht minder mächtig betreffs seines ganzen späteren Lebens. Aus einem Saulus war ein Paulus, aus einem Lästerer und Schmäher ein ergebener Diener Christi geworden; seine jüdischen Vorurteile und seine Vorzüge nach dem Fleisch, die sich gleich mächtigen Bollwerken seiner Bekehrung hemmend in den Weg gestellt hatten, waren mit einem Schlag vernichtet, so dass er das, was ihm bis dahin Gewinn gewesen war, nunmehr um Christi willen für Verlust achtete. „Ja wahrlich“, sagt er, „ich achte auch alles für Verlust wegen der Vortrefflichkeit der Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn, um dessentwillen ich alles eingebüßt habe und es für Dreck achte, auf dass ich Christus gewinne“ (Phil 3,7–8).
Paulus hatte im Licht der Herrlichkeit Christi gesehen, dass der Mensch im Fleisch mit seinen besten Vorzügen nur Eitelkeit ist; aber er hatte dort auch gesehen und gehört, was der Mensch nach den Ratschlüssen Gottes in Christus ist; und das letztere verfehlte nie seinen ermutigenden Einfluss auf sein eigenes Herz in der Ausübung seines Dienstes. Die Beschäftigung mit der Herrlichkeit Christi und mit dem, was wir in Ihm sind, wird stets eine gesegnete Wirkung auf unser ganzes Verhalten haben. Paulus war bemüht, den unausforschlichen Reichtum und die alle Erkenntnis übersteigende Liebe des Christus vor den Augen der Gläubigen zu entfalten und einen jeden von ihnen in Christus darzustellen, indem er wusste, dass das der einzige Weg war, ihr Verständnis betreffs der ihnen zu teil gewordenen wunderbaren Gnade zu erleuchten, ihre Herzen zu befestigen und mit Trost, Kraft und Freude zu erfüllen.
Der Apostel verkündigte Christus und wusste, dass alles, was wir in Ihm sind und haben, sowohl unsere Stellung vor Gott, als auch die damit verbundenen geistlichen Segnungen: der Friede mit Gott, die Gunst und Liebe Gottes gegen uns, die Kundschaft, das ewige Erbteil usw., dass alles dieses außerhalb des Bereiches des Feindes und jeglicher Verderbnis lag. Und das erfüllte sein Herz, selbst angesichts der Abnahme der Kraft und geistlichen Energie der Kirche und des überhandnehmenden Verfalls in ihrem Innern, mit vollkommenem Vertrauen. Der in Christus Jesus gefasste Ratschluss Gottes konnte durch alle diese Dinge nicht angetastet werden. Das, was er gesehen und gehört hatte, verlor nie seinen Wert, seine Schönheit und seine Kraft; es beleuchtete seinen ganzen Pfad und bildete allezeit eine unversiegbare Quelle der reinsten Freude für ihn. Wie hätte er in der Ausübung eines Dienstes ermatten können, mittelst dessen er solch herrliche Dinge verkündigte?
Aber konnte nicht der Tod ihm diese Dinge rauben, und war nicht die Furcht vor dem Tod geeignet, ihn in der Ausübung seines Dienstes matt zu machen? Keines von beiden. Wohl konnte der Tod seiner segensreichen Wirksamkeit ein Ziel setzen, aber er vermochte nicht, ihm etwas von seinem Teil in Christus zu rauben; auch hatte die Furcht des Todes keine Macht über ihn. Hören wir, was er in dieser Beziehung als den Zweiten Grund anführt, weshalb er nicht ermattete: „Da wir aber denselben Geist des Glaubens haben, (nach dem, was geschrieben steht: Ich habe geglaubt, darum habe ich geredet;) so glauben auch wir, darum reden wir auch, da wir wissen, dass der, welcher den Herrn Jesus auferweckt hat, auch uns mit Jesu auferwecken und mit euch darstellen wird“ (2. Kor 4,13–14). Die Stelle, welche der Apostel hier aus Psalm 116 anführt, zeigt uns den Geist des Glaubens, der in dem jüdischen Überrest der letzten Tage wirksam sein wird. Glaubensmutig legt derselbe Zeugnis ab von der Wahrheit, trotz den äußersten Anstrengungen des Feindes, seinen Mund zum Schweigen zu bringen. Und das, was den Glauben dieses Überrestes inmitten der Drangsale der letzten Tage aufrecht hält, ist die zuversichtliche Hoffnung, bald in dem Reich zu sein, in welchem Jehova als König herrschen wird über die ganze Erde. Dieser Hoffnung gibt er in den Worten Ausdruck: „Ich werde wandeln vor Jehova in dem Land der Lebendigen“ (Ps 116,9).
Derselbe Geist des Glaubens erfüllte den Apostel; er glaubte, darum redete er. Sein Glaube stützte sich auf die Kraft Gottes, welche Jesus aus den Toten auferweckt, und der gegenüber sich die ganze Kraft des Feindes als Ohnmacht erwiesen hat. Das Bewusstsein, dass Gott schließlich diese seine Macht zu Gunsten der Seinen geltend machen und alle durch Jesus Entschlafenen mit Ihm auferwecken und samt allen Heiligen vor Gott darstellen wird, belebte den Mut des Apostels. Nichts ist gewisser, als dass Gott schließlich den Sieg davontragen und über die ganze Macht des Feindes triumphieren wird. Das verbürgt uns die Auferweckung Jesu. Paulus schreibt deshalb auch dem Timotheus, seinem Mitkämpfer und dem Mitgenossen seiner Trübsale: „Halte im Gedächtnis Jesus Christus, auferweckt aus den Toten ... in welchem ich Trübsal leide bis zu Banden, wie ein Übeltäter“ (2. Tim 2,8–9). Und in derselben Gewissheit des endgültigen Sieges ruft er den Heiligen die ermutigenden Worte zu: „Siehe, ich sage euch ein Geheimnis: Wir werden zwar nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden, in einem Nu, in einem Augenblick, bei der letzten Posaune; denn posaunen wird es, und die Toten werden auferweckt werden unverweslich, und wir werden verwandelt werden. Denn dieses Verwesliche muss Unverweslichkeit anziehen, und dieses Sterbliche Unsterblichkeit anziehen. Wenn aber dieses Verwesliche Unverweslichkeit anziehen und dieses Sterbliche Unsterblichkeit anziehen wird, dann wird das Wort erfüllt werden, das geschrieben steht: Verschlungen ist der Tod in Sieg. Wo ist, o Tod, dein Stachel? Wo ist, o Tod, dein Sieg? Der Stachel des Todes aber ist die Sünde, die Kraft der Sünde aber das Gesetz. Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unseren Herrn Jesus Christus! Daher, meine geliebten Brüder, seid fest, unbeweglich, allezeit überströmend in dem Werk des Herrn, da ihr wisst, dass eure Mühe nicht vergeblich ist im Herrn“ (1. Kor 15,51–58).
Wie tröstlich und ermunternd sind diese Worte! Welch eine herrliche Aussicht eröffnen sie vor unseren Blicken! Wie ruhig und getrost können wir allem entgegensehen, was auch kommen mag! Wie ernst und schwer die gegenwärtigen Zeiten auch sein mögen, wie groß die Prüfungen, die der Eine und andere zu bestehen hat, und wie scheinbar vergeblich unsere Arbeit für den Herrn nie haben wir Grund zu ermatten. Vielmehr bewirken die beiden angeführten Gründe, das Anschauen der Herrlichkeit des Herrn und die Gewissheit des endgültigen Sieges bei der Ankunft des Herrn, gerade das Gegenteil. Möchten daher alle Heiligen ihr köstliches Teil in Christus verstehen, möchten sie Ihn erkennen, wie der Apostel Ihn gesehen, gehört und verkündigt hat, um zu wandeln in der Freiheit, für welche Christus uns freigemacht hat (Gal 5,1)! Ja, möchten wir alle die Bedeutung des Wortes verstehen und bewahren: „Der Herr aber ist der Geist; wo aber der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit“ (2. Kor 3,17). Nur dann, wenn wir unsere Stellung in Christus, dem Herrn der Herrlichkeit, erkennen und bewahren, wandeln wir in der wahren Freiheit; nur dann sind wir frei von uns selbst, von der Macht der Sünde, der Knechtschaft des Gesetzes und der Furcht des Todes. Das Teil des Christen ist nicht in den Dingen dieser Welt, sondern droben, wo der Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes. Jetzt ist dort unser Platz im Glauben; bald, ja bald wird er es im Schauen sein. „Der Herr ist nahe!“