Botschafter des Heils in Christo 1887
Was denkt Gott von mir?
Was denkt Gott von mir? – Wahrlich, eine ernste Frage, wie es keine wichtigere gibt! Denn die Gedanken Gottes über uns sind maßgebend für alle Ewigkeit; von ihnen hängt Leben oder Tod, Seligkeit oder Verdammnis ab. Hast du, mein Leser, diese bedeutungsvolle Frage schon einmal ernstlich an dich gerichtet, und hat sie dich zu einer göttlichen Reue geführt, die niemand gereut? – Doch du fragst vielleicht: „Warum? Ich bin ganz zufrieden mit mir und meinem Gott!“ Ja, aber ist Gott auch zufrieden mit dir? Ist es nicht viel wichtiger, zu fragen und zu wissen: „Was denkt Gott von nur?“ Was sind deine Gedanken wert, wenn sie dich täuschen? Was nützte es Laodizea, dass es von sich dachte und sagte: „Ich bin reich und bin reich geworden und bedarf nichts“, während der Herr ihm sagen musste: „Du weißt nicht, dass du der Elende und der Jämmerliche und arm und blind und bloß bist?“ (Off 3,17)
Tausende und aber Tausende von bekennenden Christen haben sich allerdings noch nie gefragt, und wagen auch nicht, sich zu fragen: Was denkt Gott von mir? Sie sind ganz zufrieden mit sich und führen gar die Sprache von Laodizea. Das Böse in ihnen und in ihrem Leben, ihr verderbter Zustand, hat sie nie zum Nachdenken und in Not gebracht, hat sie nie bestürzt und gebeugt und zu Gott getrieben. Wenn die Umgebung nur mit ihrem Tun und Lassen zufrieden ist, wenn ihr nur das Böse, das in jedem Menschen wohnt und wirkt, möglichst verdeckt bleibt, so denken sie: Was sollte Gott da zürnen? Sollte Er es genauer nehmen? Ach, der Mensch will sich nicht vor Gottes Gerechtigkeit beugen; er gefällt sich im äußeren Schein. Von der Mitwelt geehrt und von der Nachwelt gepriesen zu werden, das ist das höchste Ziel, welches er kennt. Wie ist doch das Herz des Menschen so finster und blind, wie ist es doch so fern von Gott!
Du aber, mein Leser, möchtest du nicht Gottes Urteil über dich kennen? Sage nicht, wie so mancher: „Das kann niemand wissen!“ Nein, du kannst Gottes Urteil wissen; denn Er, der den Mund geschaffen, hat selbst geredet, und zwar „ehemals zu den Vätern in den Propheten“, und „am Ende der Tage zu uns in dem Sohn“, d. h. in der Person des Sohnes (Heb 1,1). Und in Christus Jesu ist uns Gottes Urteil über den Menschen völlig kundgeworden. Und wenn du das Wort Gottes Hur Hand nimmst, so findest du darin nicht nur, dass „alles Fleisch wie Gras ist und alle seine Herrlichkeit wie des Grases Blume“ (Jes 40,6–7), sondern es sagt auch: „Das Dichten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf“, und „alles Gebilde der Gedanken seines Herzens nur böse den ganzen Tag“ (1. Mo 6,5; 8,21).
Vielleicht erwiderst du: „Das bezieht sich doch nur auf eine gewisse Klasse von Menschen, auf die Verrufenen, Verworfenen und Versunkenen!“ – Nein, höre, was Gott sagt: „Es ist kein Unterschied; denn alle haben gesündigt und erreichen nicht die Herrlichkeit Gottes.“ „Da ist nicht ein Gerechter, auch nicht einer. Sie sind alle abgewichen, sie sind allesamt untauglich geworden; da ist nicht, der Gutes tue, da ist auch nicht einer!“ (Röm 3,10 ff)
Siehe, mein Leser, das ist Gottes Urteil über dich. Erkennst du es an? Bist du von der Wahrheit desselben überzeugt und durchdrungen? Beugst du dich unter dasselbe? Dann wirst du auch gewiss von Herzen begehren, versöhnt und frei zu werden; die Notwendigkeit deiner Errettung wird dir klar vor der Seele stehen. Denn „es sei denn, dass jemand von neuem geboren worden, so kann er das Reich Gottes nicht sehen“ (Joh 3,3). Bist du aber von deinem verlorenen, verdorbenen Zustand überzeugt, wie gesegnet ist es dann für dich, zu hören: „Gott will nicht den Tod des Sünders, sondern dass er sich bekehre und lebe.“ Er gab Jesus, seinen Sohn, den Gerechten, für uns ins Gericht ans Kreuz. „Jehova gefiel es, Ihn zu zerschlagen, auf dass wir Frieden hätten“, so hatte der Prophet schon lange vor dem Kommen des Herrn Jesus geweissagt (Jes 53); und als der Herr hienieden war, sagte Er von sich selbst: „Der Sohn des Menschen ist gekommen, zu suchen und zu erretten, was verloren ist“ (Lk 19,10). Zu allen Mühseligen und Beladenen streckt Er die Hände aus und ladet sie zu sich, um ihnen Ruhe zu geben (Mt 11,28). Ja, Er sagt: „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen“ (Joh 6,37). Und Gott rechtfertigt den, der an Jesus glaubt (Röm 326); und der Gläubige kann mit dem Apostel Paulus sagen: „Er ist unserer Übertretungen wegen dahingegeben und unserer Rechtfertigung wegen auferweckt worden“ (Röm 4,25). In dem Opfertod Jesu ist die Schuld des Gläubigen gesühnt, ja, er hat in diesem Tod das richterliche Urteil Gottes über alle seine Werke und über sich selbst empfangen. Er ist, wie das Wort sagt, mit Christus gekreuzigt (Gal 2,20; 5,24; Röm 6,6), und er ist zugleich in dem Auferstandenen mit auferweckt (Eph 2,6; Kol 2,12), so dass er mit dem Apostel ausrufen kann: „Nun lebe ich, aber nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir“ (Gal 2,20). Ja, der Auferstandene lebt in ihm, und er lebt in dem Auferstandenen, steht in Ihm vor Gott. „Ist aber jemand in Christus – eine neue Schöpfung“ (2. Kor 5,17); und: „da ist keine Verdammnis für die, welche in Christus Jesus sind“ (Röm 8,1).
So bestimmt und ernst also das Urteil Gottes über den Sünder, über einen jeden Menschen von Natur ist, so bestimmt und herrlich ist sein Urteil über einen jeden, der im Glauben seine Zuflucht zu Jesu genommen hat. Gott sieht einen solchen nicht mehr in seinen Sünden, in seinem verlorenen Zustand, sondern Er sieht ihn in seinem geliebten Sohn, den Er auferweckt, erhöht und zu seiner Rechten gesetzt und verherrlicht hat. „Darum“, sagt der Apostel Johannes, „haben wir Freimütigkeit auf den Tag des Gerichts, weil, gleich wie Er Christus (Jesus) ist, auch wir sind in dieser Welt“ (1. Joh 4,17). O, wie unendlich gesegnet ist es, von Sünde und Tod, von Schuld und Strafe auf ewig befreit zu sein, um nun in Neuheit des Lebens zu wandeln, Gott zu dienen und Jesus, seinen Sohn, aus den Himmeln zu erwarten, der bald wiederkommen und alle die Seinen in seine Herrlichkeit einführen wird!
Und nun, mein Leser, was willst du tun? Willst du dein Herz gegen die freundliche Einladung Gottes verschließen, oder willst du sein Heil annehmen? Es ist für dich da. Gott sagt: „Komm, es ist alles bereit!“ Willst du dieser Bitte nicht folgen? O, bedenke wohl, wenn du das Heil Gottes verschmähst, wenn du unbekehrt stirbst, so ist dein ewiges Teil fern von Gott, in der äußersten Finsternis. O stehe, Christus ladet dich ein, Er ruft dir zu! So gehe zu Ihm komme, wie du bist; sage Ihm alles. Komme heute noch; ja, „eile, errette deine Seele!“
„Heute, wenn ihr seine Stimme hört, verhärtet eure Herzen nicht!“ (Heb 4,7)