Das Buch Daniel
Daniel 4
Die Überhebung des Menschen
Aus Daniel 3 lernen wir, dass die Regierungsmacht direkt nach ihrer Übertragung auf die Nationen dazu benutzt wird, die Rechte Gottes beiseite zu setzen. Dieses ernste Merkmal der menschlichen Regierung hat jede der vier großen Mächte gekennzeichnet und wird seine stärkste Ausprägung in den abschließenden Tagen des letzten Weltreiches erreichen.
Aus Daniel 4 lernen wir, dass die Überhebung des Menschen ein weiteres führendes Merkmal der Zeiten der Nationen ist. Die von Gott übertragene Macht wird vom Menschen für seine eigene Erhöhung und die Befriedigung seines Stolzes benutzt. Indem er Gott in seinen Gedanken außen vor lässt, wird der Mensch wie ein Tier, das kein Verständnis der Gedanken Gottes besitzt und in Unabhängigkeit von Gott lebt.
Diese ernsten Wahrheiten werden in Form eines Briefes von Nebukadnezar vorgestellt, der an alle Völker, Völkerschaften und Sprachen adressiert ist und von seinen eigenen Erfahrungen berichtet.
Gott hatte bereits durch Gesichte und göttliches Eingreifen geredet, doch offensichtlich war der König nicht in eine persönliche Beziehung zu Ihm gebracht worden. Nach der Deutung des Traumes des großen Bildes hatte Nebukadnezar Daniel große Ehre zuteilwerden lassen und anerkannt, dass Daniels Gott der Gott der Götter und ein Herr der Könige war. Doch so sehr er auch beeindruckt war – er selbst beugte sich nicht vor Gott. Es wurde keine persönliche Verbindung zwischen seiner Seele und Gott hergestellt. Auch im Zusammenhang des Eingreifens Gottes seitens seiner Diener im Feuerofen wurde deutlich, dass der König sehr bewegt war und in der Folge königliche Befehle über die Haltung erließ, die andere in Bezug auf Gott einzunehmen hatten. Doch während der König die Macht des „Gottes Sadrachs, Mesachs und Abednegos“ bezeugte, erkannte er Gott nicht als den allein wahren Gott an und fügte sich Ihm nicht.
Schließlich handelt Gott in seiner Gnade mit dem König in persönlicher Weise, indem Er ihn dahin führt, sich zu Gott als dem Höchsten zu wenden und seine Autorität über die menschlichen Angelegenheiten anzuerkennen. Zum ersten Mal hat Nebukadnezar es persönlich mit Gott zu tun. In der Folge sendet er dieses persönliche Sündenbekenntnis aus und beschreibt die Art und Weise, auf die er selbst zur Unterwerfung gegenüber Gott gebracht worden war.
„Nebukadnezar, der König, allen Völkern, Völkerschaften und Sprachen, die auf der ganzen Erde wohnen: Friede euch in Fülle! Es hat mir gefallen, die Zeichen und Wunder mitzuteilen, die der höchste Gott an mir getan hat. Wie groß sind seine Zeichen, und wie mächtig seine Wunder! Sein Reich ist ein ewiges Reich, und seine Herrschaft währt von Geschlecht zu Geschlecht!“ (3,31–33).
Der Brief des Königs richtet sich an alle, die auf der Erde wohnen. Er erzählt den Menschen alles, was „der höchste Gott an [ihm] getan hat“ und als er an die Wunder und Wege Gottes mit ihm denkt, bricht er in Lobpreis aus.
„Ich, Nebukadnezar, wohnte ruhig in meinem Haus und hatte Gedeihen in meinem Palast“ (4,1).
Während er diese Wege Gottes wiedergibt, beschreibt er zunächst die Umstände, in denen Gott begann, an ihm zu wirken. „Ich, Nebukadnezar, wohnte ruhig in meinem Haus“, spricht er, „und hatte Gedeihen in meinem Palast“. Als ein wahrer Weltmensch fand er Ruhe und Wohlstand im Genuss seiner eigenen Dinge ohne irgendeinen Gedanken an Gott.
„Ich sah einen Traum, er erschreckte mich; und Gedanken auf meinem Lager und Gesichte meines Hauptes ängstigten mich“ (4,2).
Inmitten des Wohlstands des Königs sprach Gott in einem Traum zu ihm. Obwohl er den Traum nicht verstand, war er deutlich genug, um ihn mit der schrecklichen Vorahnung von kommendem Bösem zu erfüllen.
„Und von mir wurde Befehl gegeben, alle Weisen von Babel vor mich zu führen, damit sie mir die Deutung des Traumes kundtäten. Darauf kamen die Wahrsagepriester, die Sterndeuter, die Chaldäer und die Wahrsager herbei; und ich trug ihnen den Traum vor, aber sie taten mir seine Deutung nicht kund“ (4,3.4).
In seiner Angst wendet sich der König wieder an seine Weisen, jedoch nur um festzustellen, dass sie den Traum nicht deuten können. Der Grund dafür ist einfach. Der Traum war eine Botschaft von Gott und kann daher nur von Gott gedeutet werden. Der natürliche Mensch kann die menschlichen Dinge verstehen, doch es „weiß auch niemand, was in Gott ist, als nur der Geist Gottes“. Die Dinge Gottes können nur geistlich erkannt werden.
„Und zuletzt trat vor mich Daniel, dessen Name Beltsazar ist, nach dem Namen meines Gottes, und in dem der Geist der heiligen Götter ist; und ich trug ihm den Traum vor“ (4,5).
„Und zuletzt trat vor mich Daniel“. Man könnte denken, dass Daniel, nachdem er gebraucht worden war, um die früheren Träume des Königs zu deuten, der Erste sein würde, an den der König sich wendet. Offensichtlich ist Daniel jedoch die letzte Hilfsquelle des Königs. Doch der Mensch, der in den Augen der Menschen der Letzte ist, ist in den Augen Gottes der Erste.
„Beltsazar, du Oberster der Wahrsagepriester, da ich weiß, dass der Geist der heiligen Götter in dir ist und dass kein Geheimnis dir zu schwer ist, so sage mir die Gesichte meines Traumes, den ich gesehen habe, und seine Deutung. Was nun die Gesichte meines Hauptes auf meinem Lager betrifft, so sah ich: Und siehe, ein Baum stand mitten auf der Erde, und seine Höhe war gewaltig. Der Baum wurde groß und stark, und seine Höhe reichte bis an den Himmel, und er wurde gesehen bis an das Ende der ganzen Erde; sein Laub war schön und seine Frucht zahlreich, und es war Nahrung an ihm für alle; die Tiere des Feldes fanden Schatten unter ihm, und die Vögel des Himmels wohnten in seinen Zweigen, und alles Fleisch nährte sich von ihm. Ich sah in den Gesichten meines Hauptes auf meinem Lager: Und siehe, ein Wächter und Heiliger stieg vom Himmel herab. Er rief mit Macht und sprach so: Haut den Baum um und schneidet seine Zweige weg; streift sein Laub ab und streut seine Frucht umher! Die Tiere unter ihm sollen wegfliehen und die Vögel aus seinen Zweigen! Doch seinen Wurzelstock lasst in der Erde, und zwar in Fesseln aus Eisen und Kupfer, im Gras des Feldes; und vom Tau des Himmels werde er benetzt, und mit den Tieren habe er teil am Kraut der Erde. Sein menschliches Herz werde verwandelt und das Herz eines Tieres werde ihm gegeben; und sieben Zeiten sollen über ihm vergehen. Durch Beschluss der Wächter ist dieser Ausspruch, und ein Befehl der Heiligen ist diese Sache, damit die Lebenden erkennen, dass der Höchste über das Königtum der Menschen herrscht und es verleiht, wem er will, und den Niedrigsten der Menschen darüber bestellt. Diesen Traum habe ich, der König Nebukadnezar, gesehen; und du, Beltsazar, sage seine Deutung, da alle Weisen meines Königreichs mir die Deutung nicht kundzutun vermögen; du aber vermagst es, weil der Geist der heiligen Götter in dir ist“ (4,6–15).
Der König beginnt sein Gespräch mit Daniel, indem er ihm versichert, dass er sich der Weisheit und Macht völlig bewusst ist, die mit Daniel ist, auch wenn der König sie den falschen Göttern zuschreibt.
Dann erzählt er Daniel den Traum, wobei er ihm zunächst das Gesicht des Baumes (4,7–9), dann seine Abholzung (4,10–13), und schließlich den erhabenen Grund für das Umhauen des Baumes vorträgt (4,14). Er schließt seine Ansprache an Daniel, indem er eingesteht, dass alle Weisen seines Königreichs nicht in der Lage sind, die Deutung anzuzeigen. Doch, so spricht der König, „du aber vermagst es“.
„Da entsetzte sich Daniel, dessen Name Beltsazar ist, eine Zeit lang, und seine Gedanken ängstigten ihn. Der König hob an und sprach: Beltsazar, der Traum und seine Deutung ängstige dich nicht. Beltsazar antwortete und sprach: Mein Herr, der Traum gelte deinen Hassern und seine Deutung deinen Feinden“ (4,16).
Bevor er die Deutung des Traumes hört, sehen wir die Wirkung, die er auf Daniel hat. Er war ein Gefangener in einem fremden Land unter dem Joch eines fremden Königs; doch es war kein Vergnügen für Daniel, zu wissen, dass Gericht und Unheil über den König kommen würden. So ist er eine Zeit lang still und seine Gedanken ängstigen ihn. Als der König ihn beruhigt, gibt Daniel schließlich die Deutung des Traumes an.
„Der Baum, den du gesehen hast, der groß und stark wurde und dessen Höhe an den Himmel reichte und der über die ganze Erde hin gesehen wurde, und dessen Laub schön und dessen Frucht zahlreich ist und an dem Nahrung war für alle, unter dem die Tiere des Feldes wohnten und in dessen Zweigen die Vögel des Himmels sich aufhielten: Das bist du, o König, der du groß und stark geworden bist; und deine Größe wuchs und reichte bis an den Himmel und deine Herrschaft bis ans Ende der Erde“ (4,17–19).
Der Baum, der vor den Augen der Erde so beeindruckend war und der allen lebenden Wesen Schutz bot, war ein Bild des Königs selbst.
„Und dass der König einen Wächter und Heiligen vom Himmel herabsteigen sah, der sprach:,Haut den Baum um und verderbt ihn! Doch seinen Wurzelstock lasst in der Erde, und zwar in Fesseln aus Eisen und Kupfer, im Gras des Feldes; und vom Tau des Himmels werde er benetzt, und er habe sein Teil mit den Tieren des Feldes, bis sieben Zeiten über ihm vergehen‘ – dies ist die Deutung, o König, und dies der Beschluss des Höchsten, der über meinen Herrn, den König kommen wird: Man wird dich von den Menschen ausstoßen, und bei den Tieren des Feldes wird deine Wohnung sein; und man wird dir Kraut zu essen geben wie den Rindern und dich vom Tau des Himmels benetzt werden lassen; und es werden sieben Zeiten über dir vergehen, bis du erkennst, dass der Höchste über das Königtum der Menschen herrscht und es verleiht, wem er will. Und dass man gesagt hat, den Wurzelstock des Baumes zu lassen: Dein Königtum wird dir wieder zuteilwerden, sobald du erkannt haben wirst, dass die Himmel herrschen“ (4,20–23).
Nun folgt die Deutung dessen, dass der Baum abgehauen wurde. Dem König wird klar gesagt, dass der Traum ankündigt, dass er von den Menschen ausgestoßen werden wird, um für einen Zeitabschnitt von sieben Jahren seinen Teil mit den Tieren des Feldes zu haben, bis der König die Herrschaft des Höchsten in den menschlichen Königreichen anerkennt. Doch obwohl er seine königliche Würde und Stellung verlieren wird, wird das Königreich bestehen bleiben. Der Wurzelstock des Baumes wird gelassen werden, obwohl der Baum für eine Weile vor den Augen der Menschen verschwinden wird.
„Darum, o König, lass dir meinen Rat gefallen und brich mit deinen Sünden durch Gerechtigkeit und mit deinen Ungerechtigkeiten durch Barmherzigkeit gegen Elende, wenn dein Friede Dauer haben soll“ (4,24).
Am Ende schließt Daniel das Gespräch mit einem deutlichen Aufruf an den König, mit seinen Sünden durch Gerechtigkeit zu brechen und seine Unterdrückung der Armen zu beenden. Dies ist für einen jüdischen Gefangenen in der Tat ein kühnes Zeugnis vor dem größten Herrscher der Welt. Es zeigt sicherlich, dass Gott sich selbst während der Zeiten dieser heidnischen Mächte ein treues Zeugnis auf der Erde bewahrt. Es wird einen gottesfürchtigen Überrest geben, der von Abhängigkeit von Gott und Weisheit vor den Menschen (wie wir in Daniel 2 gesehen haben), von Hingabe an Gott und Macht vor den Menschen (wie Daniel 3 es uns zeigt), und von einem treuen Zeugnis vor Gott gekennzeichnet ist, wie es in diesem Kapitel zu sehen ist.
„Dies alles kam über den König Nebukadnezar. Nach Verlauf von zwölf Monaten ging er auf dem königlichen Palast in Babel umher; und der König hob an und sprach: Ist das nicht das große Babel, das ich zum königlichen Wohnsitz erbaut habe durch die Stärke meiner Macht und zu Ehren meiner Herrlichkeit?“ (4,25–27).
Es folgt nun der Bericht über die Erfüllung des Traumes. Der drohende Schlag wird zwölf Monate lang aufgehalten. Zwischen der Ankündigung des Gerichts und seiner Ausführung wird Platz für Reue gegeben. Würde der König von dieser Gnade Gebrauch machen und sich selbst vor Gott demütigen? Ach! Am Ende von zwölf Monaten ist die Pracht des Königs so groß wie eh und je. Während er in seinem Palast umhergeht, spricht er: „Ist das nicht das große Babel, das ich zum königlichen Wohnsitz erbaut habe durch die Stärke meiner Macht und zu Ehren meiner Herrlichkeit?“ In all diesem stolzen Gerede finden wir keine Anerkennung Gottes. Als der König über die große Stadt Babel schaut, behauptet er, sie zur Befestigung der königlichen Linie gebaut zu haben. Er bekundet, dass alles durch seine Macht und zu seiner Ehre angefertigt worden ist.
„Noch war das Wort im Mund des Königs, da kam eine Stimme vom Himmel herab: Dir, König Nebukadnezar, wird gesagt: Das Königtum ist von dir gewichen! Und man wird dich von den Menschen ausstoßen, und bei den Tieren des Feldes wird deine Wohnung sein, und man wird dir Kraut zu essen geben wie den Rindern; und es werden sieben Zeiten über dir vergehen, bis du erkennst, dass der Höchste über das Königtum der Menschen herrscht und es verleiht, wem er will. In demselben Augenblick wurde das Wort über Nebukadnezar vollzogen; und er wurde von den Menschen ausgestoßen, und er aß Kraut wie die Rinder, und sein Leib wurde benetzt vom Tau des Himmels, bis sein Haar wuchs wie Adlerfedern und seine Nägel wie Vogelkrallen“ (4,28–30).
Dieser überhebliche Stolz des Königs trotz der ernsten Warnungen zeigt, dass die Zeit für das Gericht reif ist. Noch während das Wort im Mund des Königs ist, kommt die Stimme vom Himmel herab und verkündet ihm, dass das angekündigte Gericht nun ausgeführt wird. So lesen wir, dass „in demselben Augenblick ... das Wort über Nebukadnezar vollzogen“ wurde. Nebukadnezar wird von den Menschen ausgestoßen und wird wie ein Tier des Feldes.
Es kann sein, dass dieses Gericht die Form eines Wahnsinns annahm, aber dennoch wird uns erlaubt, den Fall des Königs in direkter Verbindung mit der Hand Gottes zu sehen. Gott hatte dem König „das Königtum, die Macht und die Gewalt und die Ehre“ gegeben (2,37). Trotz der Gaben Gottes und der eindrucksvollen Weise, auf die Gott ein Zeugnis für sich abgelegt hatte, war Gott vergessen worden. Der König, der in seinem Palast ruhte und auf dem Höhepunkt seines Wohlstands war, schreibt all seine Macht und Ehre sich selbst zu und benutzt seine hohe Position zu seiner eigenen Selbstverherrlichung. Niemals zuvor war ein so großer Besitz mit einem solchen Stolz verbunden gewesen. Dennoch hatte Gott Warnungen und Platz für Reue gegeben, jedoch alles vergeblich. Das Gericht muss seinen Lauf nehmen und der König wird wie ein Tier. Wie einmal jemand sagte: „Er macht sich selbst zum Mittelpunkt anstelle von Gott. Er wird ein Tier und verliert völlig seinen Verstand. Ein Tier mag mächtig, groß und stärker als Menschen sein, es mag auf seine Weise viel Scharfsinn zeigen, doch sein Blick ist nach unten gerichtet. Es hat keine Regung des Gewissens und folglich keine Beziehung zu Gott.“
In all diesen Ereignissen sehen wir die Fortsetzung des bösen Verlaufs dieser heidnischen Mächte. Sie werden sich selbst gegen Gott erheben, Gott ignorieren, ihren Wohlstand ihren eigenen Anstrengungen zuschreiben und so einem Tier gleich werden und schließlich Gericht über sich bringen.
Es vergehen sieben Zeiten, dann wird Gott anerkannt. Sieben Zeiten stehen für eine vollständige Zeitperiode und decken prophetisch die gesamte Zeitepoche der heidnischen Herrschaft ab. Wir haben einen ähnlichen Gebrauch von „sieben“ im Zusammenhang mit den sieben Sendschreiben in Offenbarung 2–3, wo sieben Versammlungen ausgewählt werden, um die gesamte Geschichtsepoche der bekennenden Kirche auf der Erde abzudecken. Während der Zeitepoche der heidnischen Macht wird die Herrschaft der Welt ohne Rücksicht auf Gott und daher auch ohne jedes Verständnis seiner Gedanken weitergeführt. Am Ende dieses Zeitabschnitts, nachdem das Gericht sein Werk vollbracht hat, wird Gott von den Nationen bekannt werden.
„Und am Ende der Tage erhob ich, Nebukadnezar, meine Augen zum Himmel, und mein Verstand kam mir wieder; und ich pries den Höchsten, und ich rühmte und verherrlichte den ewig Lebenden, dessen Herrschaft eine ewige Herrschaft ist und dessen Reich von Geschlecht zu Geschlecht währt. Und alle Bewohner der Erde werden wie nichts geachtet, und nach seinem Willen tut er mit dem Heer des Himmels und mit den Bewohnern der Erde; und da ist niemand, der seiner Hand wehren und zu ihm sagen könnte: Was tust du?“ (4,31.32).
Die Betrachtung seiner selbst, seiner Macht und seiner Ehre hatte den König dahin geführt, wie ein Tier zu werden, das nach unten blickt. Doch am Ende der Tage erhob er seine Augen zum Himmel und sein Verstand kehrte augenblicklich zurück. Mit seinem wiedererhaltenen Verstand segnet und lobt er den Höchsten. Dann denkt er an den Menschen und erkennt an, dass im Vergleich mit Gott alle Bewohner der Erde – die größten Könige genauso wie die ärmlichsten Bürger – wie nichts sind. Der Mann, der dachte, er sei alles, erkennt, dass er nichts ist – eine heilsame Lektion für uns alle. Darüber hinaus erkennt er die Souveränität Gottes an, und dass Gott nicht nur Macht über die himmlischen Heere, sondern auch über die Bewohner der Erde hat. Niemand kann seiner Hand wehren oder seine Wege infrage stellen.
„Zur selben Zeit kam mir mein Verstand wieder, und zur Ehre meines Königtums kamen meine Herrlichkeit und mein Glanz mir wieder; und meine Räte und meine Gewaltigen suchten mich auf, und ich wurde wieder in mein Königtum eingesetzt, und ausnehmende Größe wurde mir hinzugefügt. Nun rühme ich, Nebukadnezar, und erhebe und verherrliche den König des Himmels, dessen Werke allesamt Wahrheit und dessen Wege Recht sind, und der die zu erniedrigen vermag, die in Stolz einhergehen“ (4,33.34).
Auf seine Unterwerfung gegenüber Gott hin kehrt der Verstand des Königs zurück und er wird wieder in sein Königtum eingesetzt. So werden die Nationen in den kommenden Tagen nach dem Gericht über die lebenden Völker unter der Herrschaft Christi in Segen wiedereingesetzt werden.
Nebukadnezar wird persönlich dahin gebracht, den König des Himmels zu loben und zu ehren. Zuvor hatte er anerkannt, dass Daniels Gott ein Gott der Götter und der Herr der Könige war; später hatte er einen Befehl erlassen, dass niemand ein Wort gegen Gott sagen darf; doch zuletzt wendet er sich selbst zu Gott und preist ihn. Jetzt sagt er, dass Er „die zu erniedrigen vermag, die in Stolz einhergehen“. Er spricht nicht länger davon, Menschen in Stücke zu hauen und ihre Häuser zu einer Kotstätte zu machen, wenn sie den Gott des Himmels nicht loben und preisen. Er würde nicht mehr in das Herrschaftsgebiet Gottes eindringen, da Gott selbst die Stolzen zu erniedrigen weiß. Er sagt nicht länger anderen, was sie zu tun haben, sondern bekennt, was er selbst tut. Er sagt: „Nun rühme ich, Nebukadnezar, und erhebe und verherrliche den König des Himmels, dessen Werke allesamt Wahrheit und dessen Wege Recht sind, und der die zu erniedrigen vermag, die in Stolz einhergehen.“