Der Brief an die Hebräer
Kapitel 8
Der unumstößliche Beweis ist nach dem Vorhergesagten gegeben, dass Jesus als Hoherpriester zur Rechten Gottes sitzt. Darum lässt Paulus als Resultat all des Gesagten jetzt folgen: „Die Summe dessen aber, was wir sagen, ist: Wir haben einen solchen Hohenpriester, der sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones der Majestät in den Himmeln, ein Diener des Heiligtums und der wahrhaftigen Hütte, welche der Herr errichtet hat, nicht der Mensch“ (Verse 1–2).
Die Sache, um die es geht, und worauf unser Friede beruht, ist, dass unser Hoherpriester zur Rechten des Thrones der Majestät in den Himmeln sitzt. Es ist nichts mehr zu tun übriggeblieben. Das Werk der Sühnung und Erlösung von Sünden ist vollbracht. Die Sünden sind gesühnt, und die Sünde ist zunichte gemacht. Am Kreuz war unser Herr das Opfer für unsere Sünde. Dort trug Er unsere Sünden, und dort wurde Er zur Sünde gemacht. Er opferte sich selber Gott und übergab sich Ihm, um an unserer Statt gestraft und gerichtet zu werden. Er wurde demzufolge von Gott verlassen und erlitt den Tod als Lohn der Sünde. Gott wurde durch Ihn völlig verherrlicht und Seine Gerechtigkeit wurde in jeder Hinsicht befriedigt. Darum erweckte Ihn Gott aus den Toten und wurden wir mit Ihm lebendig gemacht. Aber nun musste Er unser Hoherpriester werden. Auf der Erde konnte Er das nicht sein, denn dort gab es Priester nach dem Gesetz. Er fuhr gen Himmel, trug das Blut der Sühnung, Sein eigenes Blut – bildlich gesprochen – in das himmlische Heiligtum vor den Thron des gerechten Gottes. Gott nahm es an und gab unserm Hohenpriester einen Platz zu Seiner Rechten. Dort sitzt Er, bis Seine Feinde zum Schemel Seiner Füße gelegt sein werden.
Beachten wir den Unterschied zwischen den Worten hier und denen im ersten Kapitel: „Nachdem Er durch sich selbst die Reinigung der Sünden bewirkt, sich gesetzt hat zur Rechten der Majestät in der Höhe“, so lesen wir dort in Vers 3. Einem solchen geziemte kein anderer Platz. Er, der durch Seine eigene Kraft die Reinigung von den Sünden vollbracht hatte, konnte sich kraft Seiner Rechte und Seiner Herrlichkeit zur Rechten Gottes setzen. Aber im vorliegenden Kapitel sehen wir Jesus nicht zur Rechten Gottes sitzen zum Beweis Seiner persönlichen Vollkommenheit und Herrlichkeit, sondern als unsern Hohenpriester; und darum wird nicht gesagt: „in der Höhe“, sondern „in den Himmeln“. Er war als göttliche Person erwiesen und der wahre König-Priester, von dem nicht Aaron, sondern Melchisedek das Vorbild war. Darum sitzt Er zur Rechten des Thrones der Majestät in den Himmeln. Unser Hoherpriester befindet sich im Heiligtum, so dass wir Gewissheit haben, dass alles durch Ihn in Ordnung gebracht ist, da Sein Werk zu unserer Versöhnung vollendet ist. Und dieses Heiligtum ist nicht auf Erden, sondern in den Himmeln, wohin wir nun freien Zugang haben. Welch ein Vorrecht! Welch eine erhabene Stellung! Wer von den Heiligen des Alten Bundes hätte solches für möglich gehalten? Sie durften nicht einmal in das irdische Heiligtum hineingehen; der Vorhang verhinderte das; wir aber dürfen das himmlische Heiligtum, Gottes eigene Wohnung, betreten. Moses und Elias gingen auf dem Berg der Verklärung in die Wolke, in der Gott, der Herr, wohnte, denn aus der Wolke kam die Stimme: „Dies ist Mein geliebter Sohn, Ihn hört!“, und die Jünger fürchteten sich, als sie Moses und Elias in die Wolke hineingehen sahen. Das ist der Unterschied zwischen dem Zustand unter dem Gesetz und jetzt, nachdem die Erlösung vollbracht ist.
Hast du das verstanden, lieber Leser? Ruht dein Herz in diesem allgenugsamen Opfer? Siehst du deinen Hohenpriester im himmlischen Heiligtum zur Rechten Gottes? Erfüllt es deine Seele mit Friede und Freude, dass du ohne Furcht vor Gottes Angesicht erscheinen kannst? Was sage ich: ohne Furcht? nein, mit Freude und Dankbarkeit. Denn hohes Glück und Dank muss unsere Herzen erfüllen, da wir mit aller Freimütigkeit vor Ihn treten können, der als Richter uns hätte verurteilen und uns für immer von Seinem heiligen Angesicht hätte entfernen müssen, der jedoch Seinen Sohn für uns dahingab, damit Er durch das Erdulden der Strafe eine vollkommene Sühnung zustande brächte und uns in Seine Gemeinschaft aufnehmen könnte.
Wir haben also einen Hohenpriester, der zur Rechten des Thrones der Majestät in den Himmeln sitzt; und Er ist dort ein Diener des Heiligtums und der wahrhaftigen Hütte. Die Stiftshütte in der Wüste war nicht die wahre Hütte; sie war wohl nach dem Vorbild gemacht, das Moses von Gott, dem Herrn, auf dem Berg gezeigt worden war, aber sie war doch von Menschen verfertigt und errichtet. Die wahre Hütte ist im Himmel, und die Priester, die nach dem Gesetz die Gaben opferten, dienten als Vorbild und Schatten der himmlischen Dinge (Verse 3–5). Diese Hütte hat der Herr errichtet, nicht ein Mensch. In ihr ist unser Hoherpriester zur Rechten des Thrones der Majestät gesetzt, und in diesem himmlischen Heiligtum ist Er der Diener, der dort immerdar lebt, um sich für uns zu verwenden, uns auf Seiner Brust und Seinen Schultern zu tragen, für uns betend einzustehen und uns in all unsern Schwachheiten zu Hilfe zu kommen.
Statt eines Hohenpriesters, aus den Menschen genommen nach der Ordnung Aarons, haben wir einen Hohenpriester nach der Ordnung Melchisedeks, den Sohn Gottes. An Stelle eines Priesters, der alljährlich aufs neue opfern musste, haben wir einen Hohenpriester, der einmal ins Heiligtum eingegangen ist, und da Er eine ewige und vollkommene Sühnung zustande gebracht hat, gesetzt ist zur Rechten Gottes. Anstatt der irdischen Hütte haben wir das himmlische Heiligtum, in das wir mit aller Freimütigkeit hineingehen können. Und ebenso, sagt Paulus, wird an Stelle des Alten Bundes ein neuer Bund errichtet werden. Moses, „der eine göttliche Weisung empfing, die Hütte aufzurichten“, war der Mittler des Alten Bundes; aber Christus, der als Diener des himmlischen Heiligtums einen vortrefflicheren Dienst erlangt hat, ist „,Mittler eines bessern Bundes geworden, der auf Grund besserer Verheißungen gestiftet ist“ (Vers 6). In Jeremia 31,31–34, welche Verse hier von Paulus vollständig angeführt werden, wird dieser bessere Bund verheißen, woraus folgt, dass der erste Bund verschwinden musste; denn wenn der erste Bund tadellos gewesen wäre, so wäre für einen zweiten keinen Raum gesucht worden (Vers 7). Auf Grund der Israel von Gott gegebenen eigenen Weissagungen und Verheißungen, musste der erste Bund mit all seinen Schatten und Zeremonien weichen, um einem Neuen Bund Platz zu machen, von dem unser himmlischer Hoherpriester der Mittler ist.
Die Lehre über den Bund wird von vielen nicht recht verstanden; es ist darum nötig, hier ein wenig still zu stehen. Wiewohl in der Schrift von verschiedenen Bündnissen die Rede ist, wie unter anderm vom Bund mit Noah und Abraham, so haben wir es doch bei der Lehre bezüglich des Bundes nur mit dem Bund zu tun, den Gott mit Israel in der Wüste machte, und mit dem Bund, der in den letzten Tagen mit dem israelitischen Volk aufgerichtet werden wird. Denn wo vom ersten oder alten Bund geredet wird, da wird der Bund gemeint, den Gott, der Herr, mit Israel in der Wüste machte; und wo die Rede ist vom zweiten oder neuen Bund, da gilt dies dem Bund, der nach der Weissagung Jeremias in den letzten Tagen mit dem Haus Israel und mit dem Haus Juda vollzogen werden wird. Die Worte Jeremias lassen hierüber keinen Zweifel. „Siehe, es kommen Tage, spricht der Herr, da werde Ich in Bezug auf das Haus Israel und in Bezug auf das Haus Juda einen neuen Bund vollziehen, nicht nach dem Bund, den Ich mit ihren Vätern machte an dem Tag, da Ich ihre Hand ergriff, um sie aus dem Land Ägypten herauszuführen; denn sie blieben nicht in Meinem Bund, und Ich kümmerte mich nicht um sie, spricht der Herr“ (Verse 8–9).
Deutlich steht hier der Bund, den Gott mit Israel in der Wüste machte, dem Bund gegenüber, den Er Israel in den letzten Tagen zu vollziehen verhieß. Beim ersten Bund waren sie nicht geblieben, und der Herr hatte sie demzufolge verworfen; der zweite Bund muss noch aufgerichtet werden, denn, so fährt Gott bei Jeremia fort, „dies ist der Bund, den Ich dem Haus Israel errichten werde nach jenen Tagen: Indem Ich Meine Gesetze in ihren Sinn gebe, werde Ich sie auch auf ihre Herzen schreiben, und Ich werde ihnen zum Gott, und sie werden Mir zum Volke sein. Und sie werden nicht ein jeder seinen Mitbürger und ein jeder seinen Bruder lehren und sagen. Erkenne den Herrn! denn alle werden Mich erkennen vom Kleinen bis zum Großen unter ihnen. Denn Ich werde ihren Ungerechtigkeiten gnädig sein, und ihrer Sünden und ihrer Gesetzlosigkeiten werde Ich nie mehr gedenken“ (Verse 10–12). Wir wissen, dass diese Verheißung noch nicht in Erfüllung gegangen ist. Das israelitische Volk verharrt bis auf den heutigen Tag in seinem Unglauben; es hat noch immer eine Decke auf seinem Herzen und befindet sich noch unter dem Gericht des Herrn. Erst wenn die Fülle der Völker, d. h. die Vollzahl der Auserwählten Gottes aus den Nationen in die himmlische Wohnung eingegangen sein wird, erst dann soll ganz Israel errettet werden (Römer 11,25. 26). In ihr Land zurückgebracht, werden sie alle zum Herrn bekehrt sein, und in Seinen Wegen wandeln.
Wohl wird dagegen angeführt, dass wir nicht an das israelitische Volk, sondern an das geistliche Israel denken müssen, worüber im Brief an die Galater gesprochen wird; doch dem steht die Weissagung Jeremias entgegen. Erstens sagt Er: „Siehe, es kommen Tage, spricht der Herr, da werde Ich in Bezug auf das Haus Israel und in Bezug auf das Haus Juda einen Bund vollziehen.“ Wenn wir nun unter dem Haus Israel das geistliche Israel verstehen müssen, was ist dann das Haus Juda? Diese Erklärung stimmt also nicht. Der Prophet macht einen deutlichen Unterschied zwischen den zehn und den zwei Stämmen, die Jahrhunderte hindurch getrennt waren, doch wieder vereinigt werden sollen, und mit denen der Herr einen neuen Bund aufrichten wird. Zweitens wird ausdrücklich gesagt, dass Jehova mit demselben Volk, mit dem Er einen Bund machte, als Er es aus Ägypten geführt hatte, einen neuen Bund aufrichten wird. Und drittens ergibt sich deutlich aus den Worten: „Und sie werden nicht ein jeder seinen Mitbürger und ein jeder seinen Bruder lehren und sagen: Erkenne den Herrn! denn alle werden Mich erkennen vom Kleinen bis zum Großen unter ihnen“, dass hier vom israelitischen Volk und keineswegs vom geistlichen Israel gesprochen wird. Für ein „geistliches Israel“ hätten diese Worte ganz und gar keinen Sinn. Ferner ergibt sich aus der Beweisführung des Paulus, dass er über den Unterschied zwischen dem ersten und dem zweiten, zwischen dem alten und dem neuen Bund spricht, den Gott, der Herr, mit Israel aufgerichtet hat und aufrichten wird, für welche Aufrichtung der verherrlichte Jesus Bürge geworden ist, wie in Kapitel 7, 22 gesagt wird. Sobald eine Schuld bezahlt ist, verfällt die Bürgschaft. Da nun Jesus für einen besseren Bund Bürge geworden ist, so ist dadurch bewiesen, dass dieser Bund noch nicht aufgerichtet ist.
Aber welches ist der Unterschied zwischen dem Alten und dem Neuen Bund? Um diese Frage gut beantworten zu können, müssen wir erst feststellen, was ein Bund ist. Ein Bund ist eine Übereinkunft zwischen zwei Parteien auf Grund von Bedingungen, die von beiden Partnern gestellt und angenommen werden. Solch ein Bund war es, den Gott, der Herr, mit Seinem Volk machte, an dem Tag, als Er sie mit starker Hand aus Ägypten herausführte. Der Herr sagte zu Israel: „Wenn ihr fleißig auf Meine Stimme hören und Meinen Bund halten werdet, so sollt ihr Mein Eigentum sein aus allen Völkern.“ Unter den Zeichen Seiner Majestät und Heiligkeit – Donner, Blitz, Posaunenschall und Feuer – gab Er ihnen das Gesetz, die zehn Gebote; und obschon das Volk sich fürchtete und glaubte, sterben zu müssen, so sagten sie doch zu drei Malen: „Alles, was der HERR geredet hat, wollen wir tun.“ (Siehe 2. Mose 19,20 und 24.) Siehe da, ein Bund in der wahren Bedeutung des Wortes. Gott verhieß Seine Segnungen unter der Bedingung des Haltens Seiner Gebote; und Israel versprach Gehorsam gegenüber den Geboten Gottes, um dadurch in Gottes Gunst zu stehen und Seiner Segnungen teilhaftig zu werden. Die Bedingungen waren gestellt und angenommen und also der Bund geschlossen. Aber dieser Bund wurde von Israel gebrochen. Sollte der Mensch, der tot ist durch Sünden und Vergehungen, der außerstande ist, etwas Gutes zu tun, sich durch das Halten von Gottes Geboten das Leben erwerben und sich der Gunst Gottes würdig machen können? Unmöglich. Bevor denn auch das Gesetz, auf den steinernen Tafeln von Gottes Finger geschrieben, ins Lager gebracht wurde, war dieses Gesetz bereits durch Israel in seinem vornehmsten Gebot übertreten worden. „Sie blieben nicht in Meinem Bund, und Ich kümmerte Mich nicht um sie, spricht der Herr.“ Aber wusste denn Gott nicht, dass dies die notwendige Folge des Abschlusses eines Bundes mit Israel sein musste? Gewiss! Und warum schloss Er denn diesen Bund? Warum gab Er das Gesetz? Um dem Menschen, der sich imstande wähnte, Gottes Gebote halten zu können, den Beweis zu liefern, dass es ihm nicht möglich ist. „Durch das Gesetz kommt Erkenntnis der Sünde. Das Gesetz kam daneben ein, damit die Übertretung überströmend würde. Wo kein Gesetz ist, wird die Sünde nicht als Übertretung zugerechnet.“ (Siehe Römer 3,20; 5,13 und 20.)
Durch das, was mit Israel in der Wüste vom Sinai geschah, ist also deutlich bewiesen, dass kein Mensch in einem derartigen Bund mit Gott bestehen kann. Mit welchem Volk oder mit welchem Menschen der Herr einen solchen „Bund der Werke“, wie wir es nennen können, aufgerichtet hätte, dieser Bund wäre stets gebrochen worden. Der Herr Seinerseits bleibt treu, der Mensch aber erweist sich als untreu und kommt dadurch unter das Gericht und den Fluch. „Verflucht ist jeder, der nicht bleibt in allem, was im Buch des Gesetzes geschrieben ist.“
Aber der Herr ist gnädig und von großer Güte. Er verheißt in Jeremia, dass Er mit Seinem Volk einen neuen Bund aufrichten wird. Das ist ein Bund ganz anderer Art. Er ist, so sagt der Herr selber, „nicht nach dem Bund, den Ich mit ihren Vätern in der Wüste machte; denn in diesem Bund sind sie nicht geblieben, und Ich kümmerte Mich nicht um sie.“ Wenn der Herr mit ihnen einen neuen Bund nach den gleichen Grundsätzen und auf dieselbe Weise wie der erste Bund aufrichten würde, dann würde derselbe aufs neue gebrochen werden. Aber gegenüber dem Bund der Werke, in dem sie nicht geblieben sind und nicht bleiben konnten, richtet Er einen Bund der Gnade auf, in dem von Bedingungen keine Rede ist, in dem vom Menschen nichts erwartet und verlangt wird, sondern wo alles von Gott kommt, und der also, weil der Herr bis in Ewigkeit Treue hält, immer bestehen bleibt. Ihren Vergehungen unter dem ersten Bund wird der Herr gnädig sein, ihrer Sünden und Gesetzlosigkeiten wird Er nicht weiter gedenken. Durch das Blut des Christus, durch das „Blut des ewigen Bundes“, wie es im dreizehnten Kapitel dieses Briefes genannt wird, hat Er sie alle gesühnt und für immer weggetan, so dass sie als ein gereinigtes Volk vor Seinem Angesicht stehen und in Seiner Gegenwart, ohne Vorhang, erscheinen können. Und sie werden, gänzlich erneuert, durch Ihn selbst in den Stand versetzt werden, in Seinen Wegen zu wandeln; denn der Herr wird Seine Gesetze in ihren Sinn geben und sie auf ihre Herzen schreiben. Er wird ihnen zum Gott, und sie werden Ihm zum Volke sein. Alle ohne Unterschied, vom Geringen bis zum Großen unter ihnen, werden Ihn erkennen.
Dieser Bund, den Gott, der Herr, in den letzten Tagen mit Israel aufrichten wird, ist deshalb ein ganz anderer Bund als der am Sinai geschlossene. In der wahren Bedeutung des Wortes ist es kein Bund, da es keine Übereinkunft zwischen zwei Parteien ist, sondern das Zuströmen der Gnade Gottes zu denen, die außerstande gewesen waren, die Bedingungen, die sie auf sich genommen hatten, zu erfüllen. Nur des Gegensatzes wegen wird er darum ein Bund genannt. Es verhält sich damit wie mit dem Bund, den Gott mit Abraham machte, der auch keine Übereinkunft war zwischen Gott und Abraham, sondern die Verheißung von Segen und Rechtfertigung von Gottes Seite ohne jede Bedingung, weshalb Paulus im Brief an die Galater, wenn er davon redet, von Verheißung spricht anstatt von Bund. (Siehe Galater 3.) Bund im allgemeinen Sinn ist also in der Schrift jede Verbindung, in die es Gott gefällt, sich selber zu stellen, alles, wozu Er sich selber verpflichtet.
Ein bewährter Bruder sagte: „Nach dem Buchstaben wird dieser Bund mit dem Haus Israel und dem Haus Juda gemacht, aber es ist Gnade.“ Gott sagt nicht: „Ich werde ihrer nicht mehr gedenken“, sondern „ihrer Sünden und ihrer Gesetzlosigkeiten werde ich nie mehr gedenken.“ Diese sind vor Seinem Angesicht hinweggetan. Das ist unser Platz. Ein Bund mit dem Menschen als Mensch gemacht läuft notwendig auf die Verurteilung des Menschen hinaus, weil von ihm Gerechtigkeit gefordert wird. Aber hier sagt Gott: „Ich werde meine Gesetze in ihren Sinn geben.“ Steht der Mensch unter dem Alten Bund, dann steht er unter einem „wenn“. Ist er unter dem neuen, dann gibt es kein „wenn“. Dieser Bund nach dem Buchstaben wird mit Israel aufgerichtet, nicht mit uns; doch wir empfangen seine Segnungen. „Dies ist mein Blut, das Blut des Neuen Bundes, das für viele (nicht nur für Israel) vergossen wird zur Vergebung der Sünden.“ Da Israel den Segen nicht angenommen hat, hat Gott die Versammlung berufen, und der Mittler des Neuen Bundes ist in den Himmel eingegangen. Wir sind mit diesem Mittler vereinigt. In den letzten Tagen wird der Bund mit Israel geschlossen werden. Paulus war ein Diener des Neuen Bundes, nicht des Buchstabens, sondern des Geistes. Israel hat keinen Diener des Neuen Bundes nötig, weil alle es erkennen werden, da Gott selber seine Gesetze in ihre Herzen schreiben wird. Wir haben das Gesetz nicht nach dem Buchstaben, sondern im Geist. Alle geistlichen Segnungen des Neuen Bundes sind unser Teil, da der Mittler unser Leben geworden ist und wir mit Ihm vereinigt sind. Wir haben die Vergebung unserer Sünden, und wir gehen ins Innere des Heiligtums hinein. Wir genießen alle geistlichen Segnungen dieses Neuen Bundes, weil er noch nicht aufgerichtet ist mit dem Volk, für das er bestimmt ist.
Nach der Aufführung der Weissagung Jeremias sagt Paulus: „Indem Er sagt: „einen neuen“, hat Er den ersten alt gemacht; was aber alt wird und veraltet, ist dem Verschwinden nahe.“ Durch ihre Verwerfung von Christus hielten die Juden noch am ersten Bund fest und die Einsetzungen des Gesetzes und die Zeremonien des Opferdienstes blieben bestehen; aber Gott hatte den ersten Bund für veraltet erklärt, und darum würde bald der Tempel mit seinem Gottesdienst verschwinden und Israel ohne Priester und ohne Altar, von Gott verworfen, auf der Erde umherirren. Wer geistliches Verständnis hatte, trennte sich vom Judentum, verließ die Zeremonien des Gesetzes und kehrte sich zum Mittler des Neuen Bundes im himmlischen Heiligtum, zum großen Hohenpriester, sitzend zur Rechten der Majestät Gottes.