Betrachtung über das Evangelium nach Matthäus
Kapitel 14-17: Versucht, verfolgt und verworfen
Das erneute Wirken des Herrn, nach dem Einschub der Gleichnisse in Kapitel 13, beginnt mit einem sehr ernsten Ereignis. Herodes hatte Johannes den Täufer getötet.
Das Handeln von Herodes zu diesem Zeitpunkt ist in erschreckender Weise bezeichnend für den Zustand des sündigen, menschlichen Herzens. Wir lesen über ihn: „Zu jener Zeit hörte Herodes, der Vierfürst, das Gerücht von Jesu und sprach zu seinen Knechten: Dieser ist Johannes der Täufer; er ist von den Toten auferstanden, und darum wirken solche Kräfte in ihm“ (
Ein schlechtes Gewissen ist ein unruhiger, lebhafter und aufwühlender Insasse im menschlichen Herzen – ein gutes Gewissen hingegen ist ruhig und still. Ein schlechtes Gewissen neigt dazu, vorschnell zu handeln. Durch alles und jeden wird es alarmiert und fürchtet sich wo keine Furcht sein muss. So war es auch bei den Brüdern Josephs gewesen als sie sich an ihre Schuld aus der Vergangenheit erinnerten (
Das schlechte Gewissen des Herodes brachte das Bild des getöteten Johannes stets vor ihn und eine in Wahrheit noch weit entfernte Tatsache, brachte er in seinen Gedanken mit diesem Bild in Verbindung (die Auferstehung des Johannes). Die Werke Jesu regten ihn nun dazu an zu meinen, Johannes sei bereits von den Toten auferstanden – und dieser Gedanke war für Herodes schrecklich.
Wahrlich, die Auferstehung des getöteten Menschen muss für das Herz des Mörders unerträglich sein. Es sagt ihm gleichsam, dass Der, in dessen Händen Leben und Tod sind, sich selbst auf die Seite des Opfers gestellt hat. So war es damals in der Besorgnis von Herodes und so wird es letztendlich in den Befürchtungen der Welt sein. Denn am Tage der Offenbarung der Macht Jesu, den die Welt jetzt verwirft – Könige, mächtige Männer, Knechte, Bürger, Hauptmänner, die Großen und Reichen – alle werden sie zu den Bergen und den Felsen sagen: „Fallet auf uns und verberget uns vor dem Angesicht dessen, der auf dem Thron sitzt, und vor dem Zorn des Lammes“ (
Die Nachricht des Martyriums des Johannes wird dem Herrn gebracht und es ist offensichtlich dass es Ihn innerlich bewegte. Es trifft Ihn unmittelbar, denn es berührte auch Seine eigene Sicherheit. Wenn schon die Boten so behandelt wurden, was mag wohl den Herrn des Tempels selbst erwarten? Wenn Johannes getötet wurde, was mag wohl mit dem Herrn Jesus getan werden? So mag die natürliche Regung Seiner Seele zu diesem Zeitpunkt gewesen sein. Später sagte Er zu Seinen Jüngern, indem er von Johannes sprach, dass sie „an ihm getan haben, was irgend sie wollten. Also wird auch der Sohn des Menschen von ihnen leiden“ (
Wie vollkommen ist dieser Weg unseres Herrn während dieser einsamen und besonderen Zeit! Sei Seine Herrlichkeit auch noch so groß – und wir wissen dass Er kein Geringerer war als Gott selbst, über alles – und doch war Er Mensch in all den Eigenschaften des Menschseins. Seine Spuren und Wege, die die Schwachheiten des Menschseins zeigen, sind kostbar indem Er durch Seine göttliche Kraft mächtige Werke für die Schwachheiten der Menschen tat. Der Vorüberziehende an der Quelle von Sichar ist wunderbar anzuschauen, ebenso wie der verklärte Herr der Herrlichkeit auf dem Berg. Und in diesem Zeitraum, von Kapitel 14,13 bis zu der Zeit von Kapitel 17,22, sehen wir Ihn in den Schwachheiten der menschlichen Umstände. Sein Leben wird von der Hand des Menschen bedroht und Er zieht sich zurück. Während wir Ihm so folgen, sehen wir Ihn zunächst an einem öden Ort (
Ein wunderbarer, vollkommener, natürlicher Weg für die Schritte des Herrn. Er war in dieser Zeit gleichsam der Ausgesetzte, der Gefährdete – der David, gejagt wie ein Rebhuhn auf den Bergen (
Obwohl Er jedoch in bewusster Gefahr lebte und aufgrund dessen zurückgezogen Seinen Weg ging – indem Er sich dadurch nicht achtlos der drohenden Gefahr aussetzte – zeigt Sein Weg uns dennoch, dass Er weder vor dem Ihm drohenden Feind Angst hatte noch vergaß Er in Liebe Seinem Volk zu dienen. Denn in dieser Zeit gab Er Seinen Widersachern wieder und wieder Antwort auf deren Herausforderungen hin und nährte ebenso immer wieder die Volksmengen die auf Ihn hofften.
Welch eine Fülle moralischer Herrlichkeiten sehen wir hierin! Dies ist der Jesus dessen Weg vor uns erstrahlt. Er achtete die Ihm drohende Gefahr nicht gering und doch ließ Er sich durch sie nicht davon abhalten, Seinen Dienst an Freunden und Feinden auszuführen. Sowohl gegen solche die von Ihm abhängig waren als auch gegen die die Ihn verfolgten. Welche eine kostbare Frucht gegeben zu seiner Zeit von dem Baum der an den Wassern des Flusses gepflanzt worden war (
Wir sehen noch mehr. Während Er sich an der Küste von Tyrus und Sidon aufhielt, wird Er aufgesucht von einer Frau aus Kanaan. Sie bringt ihr Leid zu Ihm. Sie schenkt Ihm ihr Vertrauen.
Sie würde von Ihm Gebrauch machen – gerade das was Seine Liebe mit Freuden gibt. Ja das war Seine wahre Freude, wozu Er in diese Welt gekommen war, um in Seiner Hand die Herzen von Sündern zu sammeln. Jene Frau wusste, dass Er beides – fähig und willens ist – ihr zu dienen. Die Begebenheit ist voller Zartheit und zu Herzen gehendem Interesse für den Leser.
Offenbar besteht der Herr auf den Grundsätzen Gottes trotz all des Leides jener Frau, indem Er zunächst an ihr vorübergeht. Zu den Jüngern sagt Er, im Beisein der Frau: „Ich bin nicht gesandt, als nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel“ (
Das war lieblich – es war vollkommen zu seiner Zeit, eine göttliche Frucht in ihrer Seele! Sie wollte ausschließlich in Übereinstimmung mit den Grundsätzen und Wegen Gottes in Gnade und Regierung gesegnet werden und als verlässlichen und unfehlbaren Zeugen dieser Wege Gottes nahm sie den Herrn selbst an.
Die Mutter des Herrn in
Der natürliche Mensch hätte eine solche Gelegenheit zu seinem eigenen Vorteil genutzt. Wenn Israel Ihn verwarf hätte der Heide Ihn gesucht. Wenn doch die Gefahren von Seiten Seines eigenen Volkes Ihn aus dem Volke hinausgebracht hatten und Fremde Ihn nun aufnahmen, würde Er doch sicherlich Seine Wege ändern. Die Natur hätte so argumentiert. Eine Syrophönizierin verlangte nach Ihm, während Israel Ihn verwarf – könnte Er da vorüberziehen? Würde Er nicht gerade jetzt über die eigentlichen Grenzen Seines Dienstes hinausgehen, um dieser armen Frau zu helfen? Nein. Er war der eine Gehorsame. Er würde nicht, wie ein anderer einst, hinübergehen zu dem König von Gath oder in das Land der Philister. Er ging nicht mit Fleisch und Blut zu Rate (
Wie vollkommen ist dies. Voll moralischer Herrlichkeit ist dieser ganze Weg von Anfang bis Ende! Die Gefahr bringt den Herrn in die abgesonderten Berge und in die Wildnis aber Er schreckt nicht vor dem Feind durch Angst zurück, noch beendet Er Seinen Dienst der Liebe durch Resignation, noch vergisst Er die Rechte anderer obwohl Ihm in deren Mitte Unrecht und Leid widerfährt.
Bei David, der in ähnlichen Umständen war sehen wir dies nicht (
Dennoch ist David mit Sicherheit unter den vorzüglichsten der Menschenkinder. Aber der David aus
Die Sicht auf einen bestimmten Gegenstand hängt prinzipiell davon ab in welches Licht dieser gestellt ist. Unsere Freude an einer Sache hängt maßgeblich davon ab auf welche Weise wir uns dieser Sache nähern. Wie wir bereits gesehen haben war es Unglaube in Israel wodurch der Herr beiseitegesetzt worden war. Und nun ist es dasselbe wodurch Er auf den Berg der Herrlichkeit versetzt wird. Wir sollten diesen Blickwinkel haben um Seine Stellung sowohl in
Jeder Schritt Seines hellen Weges des Segens auf der Erde und inmitten Israels hinterließ Spuren von Dem, der gekommen war um den Bruch Israels zu reparieren. Er erneuerte, so können wir sagen, den Bund mit Seinem Volk, den Bund des Heils und der Rettung. Aber sie wollten nicht. Der Große im Volk sowie der Kleine, der König und die Volksmenge, bezeugten dies – sie wollten nicht.
Im Palast des Königs waren die Laute, die Harfe und der Wein – und das Blut der Gerechten. Die Sünde Babylons wurde in Jerusalem gefunden und noch mehr als die Sünde Babylons. Das Fest des Herodes war voll schrecklicher Rituale, mehr als das jenes Königs als eine Hand den Ausspruch des Todes auf Belsazar und sein Königreich an eine Wand schrieb (
Dies war ein gewaltiger Augenblick. Wir müssen hier ein wenig verweilen. Es ist eine Begebenheit an der wir nicht so schnell vorübergehen möchten.
Kein geringeres Bekenntnis als „Sohn des lebendigen Gottes“ reicht aus (
Der Grund weshalb ein solcher Glaube notwendig ist, ist einfach. Unser verdorbener Zustand in dieser Welt – verdorben durch die Sünde und den Tod – verlangt nach der Gegenwart Gottes selbst unter uns und zwar muss dies im Charakter desjenigen, der Sieger über Sünde und Tod ist, sein. Er, den Gott gesandt hat, ist ein solcher. Er ist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes, des lebendigen Gottes im Fleisch gekommen. Er kam hier her aus genau diesem Grund, um Leben in den Schauplatz des Todes zurückzubringen, die Werke des Teufels zerstörend und die Sünde hinwegtuend. Nach einem solchen verlangt unser Zustand! Derart ist unser Zustand, dass nichts Geringeres als dies für uns ausreicht. Und wenn wir in unseren eigenen Gedanken mit irgendetwas Geringerem als diesem zufrieden sind zeigen wir damit, dass wir noch nicht unseren wahren Zustand erkannt haben, unseren Zustand in der Gegenwart Gottes. Alle Annahme von Christus außerhalb dieses Bekenntnisses – „Sohn des lebendigen Gottes“ – ist nichts. Es ist keine Annahme Seiner Person. Er mag ein Prophet sein, Er mag ein König sein, Er mag einer sein der Wunder vollbringt oder ein Lehrer der himmlischen Geheimnisse – aber wenn dies all unser Verständnis Seiner Person ist dann ist das alles nichts!
Der Glaube hat ein großes und edles Werk auf diesem Schauplatz der Welt und in den täglichen Umständen des menschlichen Lebens zu vollbringen. Er muss seine Ziele durch viele Widerwärtigkeiten und Schleier hindurch erreichen und in seiner eigenen Welt wohnen trotz vieler Hindernisse. Es sind die unsichtbaren Dinge (
In
Der Sohn wird sich selbst entäußern. Er wird Knechtsgestalt annehmen. Er wird bis zum Tode gehorsam sein. Er wird sich selbst mit einer Wolke bedecken und Er verbarg sich unter einem dichten Deckmantel, nicht nur einem Vorhang aus Fleisch, sondern aus Fleisch in Demütigung, Schwachheit und Armut. Aber indem Er dies alles bewirkte konnte Er nicht das Fehlen des Glaubens tolerieren der sein rechtes Werk nur dann tut, wenn man Ihn erkennt. Er würde nicht in Gemeinschaft mit geringwertigen Gedanken über Ihn sein. Er schaut aus nach der Erkenntnis des Glaubens Seiner Herrlichkeit in den Gläubigen mit denen Er wandelt.
Darum tadelte Er Martha. Anstatt zuzugestehen, dass Gott Ihm das geben wird wonach Martha gefragt hat indem Er den Vater darum bittet, sagt Er zu Martha, in der Autorität Seiner eigenen persönlichen Herrlichkeit, „Dein Bruder wird auferstehen“ (
Wie spricht doch dies alles zu unseren Seelen! Der Herr wird solch unvollkommenen Gedanken betreffs Seiner Person keinen Raum lassen. Es war notwendig in dem Reichtum Seiner Gnade, dass Er sich selbst zu nichts machte. Unsere Sünden konnten in nichts Geringerem als diesem Erlösung finden. Aber es bleibt bestehen, dass der Glaube Ihn vollkommen erkennen muss unter diesem Deckmantel der Selbstlosigkeit.
Aber – wie wunderbar ist es, dies hinzuzufügen! – wenn Martha im Unglauben handelte, der in Bezug auf die Erkenntnis Jesu zu kurz kam, so sehen wir doch in
Indem der Herr so von den Meinungen der Menschen über Ihn selbst erfuhr wandte Er sich zu Seinen Jüngern und sagte, „Ihr aber, wer sagt ihr dass ich sei?“ (
Dies stellte den Herrn zufrieden, ja es war für Ihn eine große Freude. Es war die Herrlichkeit einer unmittelbaren Offenbarung des Vaters in dem Geiste und der Erkenntnis eines der Seinen. Er wusste um die Glückseligkeit eines solchen Augenblickes. „Glückselig bist du, Simon, Bar Jona“, sagtw der Herr, „denn Fleisch und Blut haben es dir nicht geoffenbart, sondern mein Vater, der in den Himmeln ist.“ (
Die Bedeutung dieser Szene rechtfertigt, dass wir noch ein wenig länger an dieser Stelle unseres Evangeliums verweilen. Wir haben die Worte der liebenden Martha in
So wie nun der Unglaube durch den Bericht der Jünger bezüglich der Meinungen der Menschen vor Ihm erwiesen worden war, so stand nun nur noch ein einziger Schritt zwischen Ihm und dem Himmel. Entsprechend bereitete Er Seine Apostel darauf vor – die Jünger damals und wir heute erhalten einen Blick auf das Königreich in den Tagen der Macht und Herrlichkeit, wenn der Eine, den die Erde jetzt verwarf, in Seiner Größe erscheinen wird. „Wahrlich, ich sage euch“ sprach der Herr zu den Zwölfen, „Es sind etliche von denen, die hier stehen, welche den Tod nicht schmecken werden, bis sie den Sohn des Menschen haben kommen sehen in seinem Reiche“ (
Nach sechs Tagen – in Übereinstimmung mit der Verheißung des Tausendjährigen Reiches – nimmt der Herr den Petrus, Jakobus und Johannes mit auf einen hohen Berg und sie erhalten ein Bild von Ihm in Seinem Herrlichkeitsleib, zusammen mit Mose und Elia.
Bis dahin hatte es in keiner Weise eine solche Vision gegeben. Abraham und Jakob hatten Visionen von Engeln und von dem Herrn der Engel, aber Seine Herrlichkeit war ihnen verborgen geblieben. Gideon und Manoah hatten ebenfalls Ihn gesehen und ebenso Josua. Der brennende Dornbusch, der gespaltene Fels und der Gipfel des Pisga hatten Mose in Gemeinschaft mit Gott gebracht. Jakob hatte die Leiter, die den Himmel berührte, gesehen. Mose und die Ältesten Israels sahen den Gott Israels mit dem Himmel unter Seinen Füßen wie ein Werk aus Saphirplatten. Propheten hatten Ihn in geheimnisvollen Gewändern gesehen, Jesaja im Tempel und Daniel am Strom Hiddekel. Elisa hatte eine besondere Vision: Nicht den Herrn sondern Wagen und Reiter Israels und den gen Himmel aufgestiegenen Prophet und seinen Meister Elia, hatte er gesehen. (Diese Vision war in einer Hinsicht die am hellsten strahlende von allen, denn die himmlischen Ratschlüsse Gottes wurden darin erkennbar. Es war die Entrückung oder Verwandlung der Gläubigen, so wie es an dem Tag, von dem
Bis hierher hatte es also keine vergleichbare Vision mit der in unserem siebzehnten Kapitel aufgezeigten, gegeben. Die Sicht des Stephanus in späteren Tagen war wohl noch erhabener. Aber in vergangenen Tagen hatte es keine Vision gegeben, wo Menschen, wie hier in
So war es nun im Laufe unseres Evangeliums. Der Unglaube Israels, d.h. der Erde – besiegelt durch die Antwort die der Herr empfing als Er fragte „Wer sagen die Menschen, dass ich, der Sohn des Menschen, sei?“ (
Dies jedoch geschah nur für einen kurzen Augenblick, gerade so wie der Herr auch in
Wir haben jedoch bemerkt, dass der Herr in