Bemerkungen zum Epheserbrief
Kapitel 2
Verse 1–3. Die Nichtjuden befanden sich durch die Sünde sittlich auf dem Platz, welchen Christus tatsächlich und äußerlich um der Sünde willen einnahm. Sie waren tot in ihren Vergehungen und Sünden. Auf solchem Weg wandelten sie entsprechend dem Lauf dieser Welt. Sie trieben mit jenem Strom des machtvollen und weltumspannenden Einflusses Satans dahin. Letzterer ist überall eingedrungen und herrscht über alles. Er gleicht darin der Luft, welche sein Thron ist. So wandelten die „Epheser“ auf der Erde in Übereinstimmung mit diesem Geist, der auch jetzt noch in den Kindern des Ungehorsams wirkt – in denjenigen, die weit entfernt von der Befreiung bleiben, welche durch den Herrn vollbracht wurde.
Aber gilt das nur von den Heiden? – Weit davon entfernt! Der Apostel schreibt: „Auch wir!“ „Wir Juden wandelten in denselben Lüsten; und folglich sind wir“, wie Er sagt, „hinsichtlich der sittlichen Wahrheit unserer Natur, sozusagen, Kinder des Zorns – durch Natur Erben des Zornes jenes Gottes, der Sich nicht mit Sünden verbinden kann.“ Alle waren Kinder des Zorns. Darin bestand der gerechte Lohn für ihre Natur, welche Gott feindlich war.
Verse 4–7. Der Apostel hatte gezeigt, wo sich alle Menschen befanden. Er hatte jeglichen Unterschied beiseite gesetzt, indem er zeigte, welche Natur sie alle gemeinsam haben. Er hatte alle Menschen auf dieselbe Grundlage zurückgeführt, indem er die Juden wegen der Lüste ihres Fleisches auf dieselbe Ebene wie die Heiden, welche von den Juden verachtet wurden, herab brachte. Das war der Mensch in sich selbst, sei er Jude, sei er Heide. Doch Gott, Der reich ist an Barmherzigkeit, machte uns (denn Juden und Nichtjuden werden nun zusammengefaßt), als wir tot in unseren Vergehungen und Sünden waren, zusammen mit Christus lebendig. Falls die Sünde ihrer gemeinsamen Natur sie alle auf denselben Boden vor Gott vereinigte, so stellte Gott sie in Seiner Gnade mit Christus zusammen, indem Er sie mit Christus und damit auch alle zusammen lebendig machte. Die Auferstehung vereinigt für die Segnung solche Menschen in eins, welche die Sünde tatsächlich weit von Gott hinweg geführt hatte. So hat Gott alle zusammen auferweckt und in die himmlischen Örter mit Christus versetzt – sowohl die Gläubigen aus den Juden als auch aus den Heiden. Die Kirche genießt somit die Fülle der Glückseligkeit in Christus entsprechend der Kraft der Auferstehung und der Himmelfahrt, durch welche Gott Christus zu Seiner Rechten im Himmel Sich niedersetzen ließ. Die Sünde vereinigte Sünder auf der Erde in einem einzigen Elend. Die Gnade hat sie zu einer einzigartigen und gemeinsamen Herrlichkeit erhöht entsprechend der Macht, welche Christus aus dem Grab zu dieser Herrlichkeit hinaufgeführt hat.
Kinder des Zorns, Diebe, „Maria Magdalenes“ werden in derselben Herrlichkeit gefunden, wie sie dem Sohn Gottes als Belohnung für Seinen Dienst hienieden verliehen worden ist. Auch wir selbst nehmen an derselben teil. Damit will Gott in den kommenden Zeitaltern den überschwenglichen Reichtum Seiner Gnade in Seiner Güte gegen uns in Christus Jesus erweisen. Wenn Engel und „Fürstentümer“ einen armen Sünder und die Kirche insgesamt in derselben Herrlichkeit sehen wie den Sohn Gottes, werden sie, soweit es für sie möglich ist, die überschwenglichen Reichtümer jener Gnade, die uns dorthin versetzt hat, verstehen.
Verse 8–9. Alles ist ein Geschenk Gottes. Wir nehmen nicht einmal durch Werke an dieser herrlichen Errettung teil, sondern durch Glauben; und auch dieser ist eine Gabe Gottes, damit niemand sich rühmen könnte. Die Herrlichkeit einer solchen Gnade muß ganz und gar auf Gott zurückgeführt werden. Er läßt uns verstehen, daß wir tatsächlich gesegnet sind mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern. Was könnten wir mehr besitzen als eine solche Teilhaberschaft an der Herrlichkeit und dem Erbe Christi Selbst entsprechend der Macht, welche Ihn dorthin versetzt hat? So sehen wir, daß das Teil und die Stellung der Kirche himmlisch sind. Weil wir mit Christus gestorben und von den Toten auferweckt sind, genießt sie alle Seine Vorrechte; und dort droben erfreut sie sich an ihnen. Allein schon durch die Tatsache, daß es die Kirche gibt, ist sie himmlisch.
Verse 10–11. Der Heilige Geist stellt uns noch einen anderen Aspekt dieses Werkes vor im Gegensatz zu den Gedanken an irgendwelche Arbeit von unserer Seite, um diese Herrlichkeit zu erwerben. Wir sind, soweit wir an diesen Segnungen teilhaben, Sein Werk – von Gott geschaffen. Menschliche Werke sind davon ausgeschlossen. Wir sind Sein Werk. Bleiben folglich irgendwelche Werke übrig, insbesondere von seiten eines Christen? – Nein! – Sie haben natürlich ihren Platz. Wir sind für gute Werke geschaffen worden, welche Gott (denn alles ist von Ihm) zuvor bereitet hat, auf daß wir in ihnen wandeln sollen. Das sind nicht die Werke des Gesetzes, damit der Mensch, der sie tut, durch sie lebt; sondern Gott, der in uns diese neue und himmlische Natur erschaffen hat, bereitete auch diese Werke vor – ein angemessener Wandel zu dieser Natur. Die Folge des Werkes Christi ist demnach nicht allein, daß wir für diese himmlische Stellung neu geschaffen wurden; wir sind außerdem durch dasselbe auf der Erde gesetzt, um Seine Kraft offenbar zu machen. Diese beiden großen Segnungen entspringen daraus, daß Gott uns wirklich als den Leib Christi betrachtet. Damit wird gesagt: Wir besitzen dieselbe Herrlichkeit dort droben; und wir sind die Behausung Gottes hienieden. Die Kirche wird die Fülle Christi in der Herrlichkeit sein, wenn alles Ihm unterworfen ist. Während sie auf diese Zeit wartet, sollte sie die Kraft Christi in dieser Welt offenbaren.
Solcherart ist also die Ordnung, die Gesamtheit und die Wirkung dieses machtvollen Werkes, welches die Gnade nach den Reichtümern der Barmherzigkeit Gottes geschaffen hat. Sie hat uns als den Leib Christi in die himmlischen Örter mit Christus versetzt – die Fülle Dessen, der alles in allem erfüllt. Dabei geht es nicht länger um Jude oder Nichtjude, sondern um die geistlichen Segnungen für diejenigen, welche mit Christus lebendig gemacht und auferweckt sind. Das geschah nach den überschwenglichen Reichtümern jener Gnade, welche den Sünder in dieselbe Herrlichkeit wie den Sohn Gottes versetzt hat. Was sollten wir dann sein, da wir zu Teilhabern solcher Vorrechte gemacht worden sind, und zwar entsprechend jener großen Liebe, mit der Gott uns geliebt hat?
Vers 12. Die Israeliten waren sittlich genauso weit von Gott entfernt. Ihrer Stellung nach waren sie allerdings nicht ohne Gott in der Welt. Gott war bei ihnen. Der Bund bestand unter ihnen – und auch die Verheißungen. Die Nichtjuden hatten indessen gar nichts. Sie waren weit von Gott entfernt. Außerhalb der jüdischen Grenzen gab es für sie keinen Weg, Gott in einer Weise zu nahen, die Ihm gefiel. Sie waren völlig von Ihm getrennt. Wir erfahren jedoch aus der Geschichte der Juden, daß Gott beabsichtigte, in späteren Zeiten auf andere Weise zu handeln. Verschiedene Anzeichen, natürlich undeutlich, wiesen darauf hin, daß Gott noch andere Gedanken hatte. Davon sind Rahab und weitere Personen Beispiele.
Verse 13–16. Das Blut Christi entfernte alle Unterschiede zwischen denen, die fern, und denen, die nah waren. Es ist klar, daß die Juden, indem sie ihren Messias dem Tod überlieferten, jegliches Band zwischen ihnen und Gott zerschnitten hatten. Die Zwischenwand der Umzäunung ist niedergetreten. Sie waren jetzt wie alle Nationen und viel schuldiger als diese. Alles, was ihnen gehörte, war ganz und gar zerstört und durch den Tod Christi beiseite gesetzt worden. Die Besonderheit der Juden bestand in den [göttlichen; Übs.] Anordnungen, welche die Heiden ausschlossen, indem letztere an denselben keinen Anteil hatten. Jetzt ist es nicht mehr nötig zu wissen, ob jemand ein Jude oder ein Nichtjude ist; denn wir sehen in Vers 15, daß Gottes Ziel darin besteht, sowohl Juden als auch Nichtjuden zu nehmen, um einen Leib aus ihnen zu bilden. Er hat die Zwischenwand der Umzäunung zerbrochen und möchte nicht das Gemeinwesen Israels wiederherstellen, sondern in Seiner Gegenwart einen neuen Leib bilden, der durch das Kreuz aus beiden Menschengruppen genommen ist. Offensichtlich hat jeder, der durch das Kreuz zu Gott kommt, den jüdischen Boden verlassen. Der Apostel besteht auf diesen Gesichtspunkt. Indem Gott diese Grundlage in Christus gelegt hat, möchte Er jetzt einen einzigen Leib vor Sich haben; und dann zeigt Er auch, wie das hienieden zustande gebracht wird. Falls ich durch das Blut Christi zu Gott gezogen werde, bin ich ein Glied an Christi Leib.
Vers 17. Gott hat durch das Blut Christi zwischen Juden und Nichtjuden Frieden gemacht, indem Er sie beide durch das Kreuz mit Sich versöhnte. Er wirkte etwas Neues – einen neuen Menschen in Christus, in Jesus Selbst. Der Apostel sagt, daß es das Kreuz ist, welches alles zustande brachte, indem es die Zwischenwand der Umzäunung zerbrach. Diese Einheit wurde dem Grundsatz nach aufgerichtet in dem Augenblick, als Christus starb. Das Kreuz hat es bewirkt. Jeder Unterschied ist beseitigt. Der höchste Gedanke Gottes bestand darin, in eins zu versammeln – einen verherrlichten Leib in Seiner Gegenwart vorzufinden. Um das zu erreichen, mußte Er Frieden schaffen und die Zwischenwand der Umzäunung niederbrechen. Das geschah durch das Kreuz Christi. Bemerkenswert ist, daß uns mitgeteilt werden sollte, wie Christus kam, um uns Frieden zu bringen; denn es ist nicht Sein Geist, sondern Er Selbst, der uns Frieden brachte. Dieser Friede vor Gott ist jetzt vollendet. In Christus haben wir den Genuß desselben. Christus bewirkt nicht allein Gutes in uns. Er bringt auch die gute Nachricht von dem Frieden, der geschaffen ist, zu uns – und zwar bringt Er sie in Seiner Person. „Er kam und verkündigte Frieden, euch, den Fernen, und Frieden den Nahen.“
Vers 18. In diesem Vers erkennen wir, was der Weg ist, auf welchem wir Gott nahen. Die Reihenfolge der Wirksamkeit des Heiligen Geistes im Herzen ist umgekehrt zu der, wie die Gnade wirkt. Der Vater handelt durch den Sohn, der Sohn in uns durch den Heiligen Geist; und wenn wir jetzt den Geist haben, wenden wir uns durch den Sohn an den Vater. Ich kann nicht zu Gott beten, ohne daß die Wahrheit über die Dreieinheit (Trinität) geoffenbart wurde. Es handelt sich nicht um eine abstrakte Lehre; denn sie geht in die praktischen Beziehungen eines jeden Tages ein. Es ist der Heilige Geist, der dort, wo Er wirkt, die Einheit schafft. Er ist das Band der Einheit des Leibes. „Also seid ihr denn nicht mehr Fremdlinge.“
Verse 19–20. Es ist hier notwendig zu beachten, daß die Propheten, von denen gesprochen wird, nicht die Propheten des Alten Testaments sind, sondern die des Neuen Testaments. Paulus spricht von den Aposteln und Propheten als solchen, welche die Grundlage gestaltet haben. Hier geht es nicht um das Legen der Grundlage, sondern um das Bauen auf derselben. Die Kirche ist nicht auf die Propheten des Alten Testaments aufgebaut. Sie wird seit dem Tod des Herrn Jesus gebaut; und die Grundlage, auf die sie gebaut wird, ist der gekreuzigte Christus. Alle jüdischen Anordnungen versperrten den Weg gegen Menschen, die nicht aus Israel waren. Die Juden haben sich selbst verworfen, indem sie Christus töteten. Der Vorhang ist zerrissen. Bis zu jener Zeit war demnach Gottes Grundlage noch nicht gelegt, der erste Stein der Kirche noch nicht verbaut. Abraham, Isaak und Jakob sahen die Verheißungen von ferne. Sie hatten an sie geglaubt und dieselben ergriffen. Auch sie werden in der himmlischen Herrlichkeit sein. Doch damals war die Kirche noch nicht auf der Erde. Auf der Erde hat alles statt-gefunden. Dort trat die Sünde ein sowie die Versuchung. Auch das Gesetz wurde auf der Erde gegeben. Christus kam in diese Welt und ebenfalls der Heilige Geist. Durch den Heiligen Geist können wir jetzt innerhalb des Vorhangs in das Heiligtum eintreten. Nachdem die Grundlage gelegt ist (das heißt, seit dem Tod Christi), wurde uns der Heilige Geist gegeben, der uns zu diesem Eintreten fähig macht. Wenn wir diese Wahrheit verlassen, befinden wir uns in völliger Verwirrung. Dann hat die Kirche keine besonderen Kennzeichen – nichts, was sie unterscheidet.
Das Wort „Propheten“ des 20. Verses hat viele Menschen zu einem Irrtum geführt. Hier wird tatsächlich von einer neuen Offenbarung gesprochen – einer Offenbarung, die früher nicht gegeben werden konnte. Sie war ein verborgenes Geheimnis. Gott konnte die Kirche während der jüdischen Haushaltung nicht offenbar machen; denn das Bestehen der Kirche hätte die besondere Stellung dieses Volkes Israel geleugnet. Gott konnte offenbaren, daß die Juden verworfen und gezüchtigt werden sollten; und von diesem Augenblick an zeigt Er, daß Er zu der Barmherzigkeit zurückkehren will, welche die jüdische Nation wieder in die Segnung führen wird. Das wird geschehen, wenn die jüdische Nation das königliche Volk auf der Erde sein wird – wenn Israel durch einen neuen Bund wiederhergestellt ist. Aber dieser neue Mensch – diese neue Offenbarung – besteht darin, daß jene, die heutzutage glauben und Christus angehören, zu Gliedern Seines Leibes werden. Damit befinden sie sich auch in einer Segnung, die dieser Stellung zugehört.
Vers 19 drückt aus, daß wir uns im Haus Gottes befinden; und ab Vers 20 ist klar, daß, um den Aufbau zu beginnen, zunächst der Eckstein gelegt sein muß. Das haben wir schon früher gesehen; und jetzt kommen wir zu den Ergebnissen.
Vers 21. Wir sind noch nicht der Tempel Gottes. Die Kirche wird erst in der Herrlichkeit jener heilige Tempel sein.
Vers 22 beschreibt, was wir jetzt sind. Wir sind die Behausung, ein Zelt [Tabernakel, wie die Stiftshütte; Übs.], in dem Gott durch den Heiligen Geist wohnt wie in alten Zeiten inmitten des Lagers Israels. Später werden wir ein herrlicher Tempel sein. Während wir warten, sind wir die Behausung, der Wohnplatz Gottes. Die Gesegnetheit der Kirche strömt aus dieser Nähe. Falls wir das Bewußtsein haben, die Behausung Gottes zu sein – wie könnten wir das Zelt verunreinigen? Keine Segnung ist wichtiger als diese. Sie ist sogar noch erhabener als jene, die sich auf unser Erbe in der Herrlichkeit bezieht.
Nachdem der Apostel davon gesprochen hat, daß Gott durch den Geist in uns wohnt, betet er dafür, daß wir mit der ganzen Fülle Gottes erfüllt sein mögen. (Epheser 3, 19). Zwei Dinge sind hier zu beachten: 1. Die kommende Herrlichkeit und daß die Kirche ihren Teil in dieser Herrlichkeit hat. 2. Die Behausung Gottes in uns, die wir mit Christus vereinigt sind; wir sind die Behausung Gottes durch den Heiligen Geist. Das ist unsere gegenwärtige Stellung. Wir besitzen das, was in dieser Stellung die höchste Segnung ausmacht. Wenn wir den Heiligen Geist betrüben, verunehren wir Gott, Der in uns wohnt. Dann kann Gott nicht wirken. Wenn Satan mittelst Irrtümern in irgendeinem Teil der Kirche Eingang findet, wird dieselbe auf jeder Seite beunruhigt. Es ist diese Macht Satans, welche die Römische Kirche unterwandert hat. Wie kostbar, daß wir die Behausung Gottes sein sollen, und wie ernst, einen solchen Gott in unserer Mitte zu haben! Von dem Augenblick an, als sich ein Achan im Lager aufhielt, konnte Gott nicht wirken und nicht mitgehen; Israel wurde geschlagen, weil Gott Sich unter ihnen befand. (Josua 7). Dasselbe gilt auch für die Kirche Gottes. Falls wir es vergessen sollten – Gott vergißt es nicht. Es ist kostbar für uns, wenn wir uns daran erinnern, daß, obwohl wir uns im Elend aufhalten, Gott mit uns ist. So wird auch in Haggai 2, 4, als die Juden mit dem Aufbau [des Tempels; Übs.] begannen, gesagt: „Seid stark, … denn ich bin mit euch!“ „In welchem Zustand der Verwüstung ihr euch auch befindet – Ich bin mit euch. Mein Geist befindet Sich unter euch wie an dem Tag, als Ich euch veranlaßte, aus dem Land Ägypten zu ziehen.“ Einzig und allein der Glaube kann diese beiden Dinge in Übereinstimmung bringen, nämlich Elend und die Liebe Gottes.