Botschafter des Heils in Christo 1859
Die Würdigkeit des Lammes
„Und ich sah: Und ich hörte eine Stimme vieler Engel um den Thron her und um die lebendigen Wesen und die Ältesten; und ihre Zahl war Zehntausende mal Zehntausende und Tausende mal Tausende, die mit lauter Stimme sprachen: Würdig ist das Lamm, das geschlachtet worden ist, zu empfangen die Macht und Reichtum und Weisheit und Stärke und Ehre und Herrlichkeit und Segnung“ (Off 5,11.12).
So reich und gesegnet auch die Gedanken in der Seele eines jeden Heiligen Gottes in Bezug auf Christus als das „Lamm“ sein mögen, so ist doch zu bezweifeln, dass das, was Ihn im Sinn des Himmels mit seiner eigentümlichen Bedeutsamkeit kennzeichnet – sein Platz und sein Verhalten – so völlig, wie es sein sollte, in der Seele vorhanden sei. Der ergreifende Ausruf des Täufers Johannes: „Siehe, das Lamm Gottes!“ stellt uns die Gnade und Schönheit, sowie auch die lieblichen Vortrefflichkeiten dessen dar, der diesen Namen trägt, und beweist zugleich seinen Anspruch auf die verehrende Anbetung unserer Herzen. Dieser Titel: „Lamm Gottes“ aber, als in der Höhe von Ihm getragen, und in dem Buch der Offenbarung enthüllt, stellt unseren Seelen andere Herrlichkeiten und andere Szenen dar, als diese hier, welche sich vor den Blicken des Johannes enthüllten, da er den heiligen Jesus am Ufer des Jordans gehen sah und sagte: „Siehe, das Lamm Gottes!“
Dieser Titel, welcher unseren Herzen so vertraut ist, ist beinahe ausschließlich mit dem Buch der Offenbarung verbunden, und ist unzweifelhaft dazu bestimmt, die besondere Eigenschaft anzuzeigen, in welcher der Träger desselben darin dargestellt wird. Diese Beobachtung liefert uns einen nützlichen Schlüssel zum Verständnis dieses wunderbaren Buches, welches das Buch der „Rechte des Lammes“ genannt werden könnte, denn alle die Einzelheiten und Grundsätze des prophetischen Teiles dieses Buches sind mit diesem Titel verbunden. Durch seine erste Erwähnung in demselben sehen wir den Himmel, die Erde, und alle erlöste Schöpfung angeregt, demjenigen, welcher ihn trägt, diese siebenfache Zuschreibung des Lobes in Freude darzubringen: „Die mit lauter Stimme sprachen: Würdig ist das Lamm, das geschlachtet worden ist, zu empfangen die Macht und Reichtum und Weisheit und Stärke und Ehre und Herrlichkeit und Segnung“ (Off 5,12). Er allein ist würdig erklärt, den ganzen Tribut des Weltalls zu empfangen, und der Mittelpunkt des allgemeinen Lobes zu werden. Es ist ohne Zweifel ein bemerkenswerter Unterschied in der Darstellung des „geschlachteten Lammes“ in diesem Buch, und der Darstellung unter demselben Titel in Johannes 1,29.36 – die einzige andere Schriftstelle, in welcher dieser Name als ein Titel vorkommt.
In dem Ausdruck des Johannes: „Siehe, das Lamm Gottes, das die Sünden der Welt wegnimmt!“ (Joh 1,29) sehen wir die Person des Herrn Jesus, als Gottes Lamm, als die Verwirklichung oder Verkörperung alles dessen, was in Betreff der Versöhnung vorgebildet wurde, dem Auge des Glaubens dargestellt. Er wird hier als die volle und vollkommene Fürsorge Gottes für das Bedürfnis des Menschen als Sünder bezeichnet und als die einzige Grundlage, auf welcher die Barmherzigkeit des heiligen Gottes den Schuldigen und Befleckten in seine Gegenwart zurückführen kann. Dies charakterisierte ohne Zweifel den Hinweis des Johannes auf Jesus, als das „Lamm Gottes“. Was aber den ganzen Umfang der Worte: „welches die Sünde der Welt wegnimmt“ betrifft, so scheint der Geist uns über den Charakter der persönlichen Erlösung hinaus zu leiten. Er führt uns zu dem Endziel der Offenbarung des Sohnes Gottes, zu der Zerstörung der Werke des Teufels und zu jenem Punkt der Ratschlüsse Gottes hin, in welchem der gesegnete Strom der Erlösung seine Grenze erreicht, und wo die Schöpfung aus dem Unterworfensein „der Eitelkeit“ zurückgeführt, wieder fähig ist, die Strahlen der Güte und der Herrlichkeit ihres Schöpfers zu empfangen und wieder zurückzuwerfen, und sich in der „Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes“ zu erfreuen.
Das als Opfer geschlachtete Lamm hatte seit Abels Zeiten von Seiten der Heiligkeit Gottes bezeugt, dass „ohne Blutvergießung keine Vergebung ist“ (Heb 9,22). Und von Seiten der Liebe Gottes hatte es die Fleckenlosigkeit des Schlachtopfers, und dass es als Brandopfer „dem Herrn zu einem süßen Geruch war“, bewiesen. Gott bezeugte ebenso völlig seine Freude in der Vollkommenheit Jesu, dem „Lamm ohne Fehl und ohne Flecken“ als auch seine Zufriedenheit in seinem wundervollen, vollkommenen und versöhnenden Werk. „Wie auch der Christus uns geliebt und sich selbst für uns hingegeben hat als Darbringung und Schlachtopfer, Gott zu einem duftenden Wohlgeruch“ (Eph 5,1). „Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe“ (Mt 3,17). Aber in der Offenbarung des Johannes ist das „geschlachtete Lamm“ weniger als die Fürsorge der Liebe Gottes, um die Not des Sünders zu befriedigen und auch weniger als der vollkommene Erfüller des Willens seines Vaters vorgestellt, sondern vielmehr als solcher erwiesen, der durch seine Verwerfung und sein Leiden auf der Erde im Himmel einen Anspruch auf die Huldigung aller und den Besitz unumschränkter Gewalt erworben hat. In der Offenbarung, welche Gott hier seiner Versammlung gibt, gehen die Umstände in Beziehung auf Jesus über die Grenzen der Gnade und Versöhnung hinaus, und wir werden aufgefordert, die rechtmäßigen Ansprüche dieses leidenden und verworfenen Opfers, als anerkannt in der Höhe, zu betrachten. Es ist aber auch wahr, dass das Herz eines Heiligen Ihn auch als „den Eingeborenen von seinem Vater, voller Gnade und Wahrheit“ kennt. Das Kreuz in seiner erstaunenswerten und geheimnisvollen Liebe bleibt stets der Anziehungspunkt der Gnade, um das Herz des Sünders zu befriedigen. Der Pfingsttag als Pfand und Siegel der Auferstehung und der Himmelfahrts-Verherrlichung des Hauptes der Kirche, zeugt durch die Gegenwart des bleibenden „Trösters“, von der gegenwärtigen Vereinigung und der künftigen Herrlichkeit, als dem Anteil der Kirche. Aber weiter als das, was die Evangelien von der Menschwerdung und dem Leiden offenbaren, – weiter als das, was die Briefe von der unaussprechlichen Gnade, die, als das gegenwärtige Teil der Kirche, von ihrem Haupt in der Herrlichkeit auf sie herabströmt, und von dem Glanzpunkt ihrer Hoffnung, nämlich „allezeit bei dem Herrn zu sein“ – enthüllen, haben wir in diesem Buch der Offenbarung das Zurückziehen eines Vorhangs, und das Offenbaren von Dingen, welche über das direkte Zeugnis des Heiligen Geistes in der Kirche hinausgehen. Zuerst wird Jesus als Der vorgestellt, welcher überführt und züchtigt (Off 2–3). Dies ist während der Zeit des Verfalls der Kirche sein Zeugnis in der Welt, bis Er jene, welche seiner Sorge völlig unwürdig waren, verwirft. Dann haben wir den prophetischen Teil. Doch wird uns nicht so sehr der Geist, als hienieden von Christus zeugend, vorgeführt, sondern als in der Höhe und in genauester Verbindung mit „dem Lamm“, „welches inmitten des Thrones steht“ (Off 5,6), ebenso als der Geist der Weissagung, der von dem Fortschritt irdischer Ereignisse spricht. Dies geschieht aber nicht so sehr in Betreff der Ereignisse selbst, als vielmehr mit Rücksicht auf die himmlischen Ratschlüsse, welche in der Rechtfertigung der Ansprüche „des Lammes“ ihr Ziel finden. Der Fortschritt des Übels wird zwar bemerkt, aber er wird nur insofern bemerkt, als er zur Einführung der mächtigen Hand, wodurch „das Geheimnis Gottes“ vollendet wird, Veranlassung gibt. Die Öffnung der Siegel, das Blasen der Posaunen und das Ausgießen der Schalen – was auch immer ihre Erfolge auf Erden sein mögen – haben das einzige Ziel, die Ansprüche des Lammes durch die Hand der göttlichen Macht zu offenbaren oder zu bestätigen. Es ist, mit einem Wort, die gesegnete Vollendung durch Macht – die Erfüllung dieses Wortes in Philipper 2,8–11: „Er hat sich selbst erniedrigt, indem er gehorsam wurde bis zum Tod, ja zum Tod am Kreuz. Darum hat Gott ihn auch hoch erhoben und ihm einen Namen gegeben, der über jeden Namen ist, damit in dem Namen Jesu jedes Knie sich beuge, der Himmlischen und Irdischen und Unterirdischen, und jede Zunge bekenne, dass Jesus Christus Herr ist, zur Verherrlichung Gottes, des Vaters.“
Es ist aber in Betreff der Darstellung des Resultats der Demütigung und des Todes des Herrn dieser Unterschied zu bemerken: Hier ist es die Belohnung des vollkommenen Gehorsams Christi gegen den Willen seines Vaters, in der Offenbarung dagegen ist es von Seiten Gottes die Rechtfertigung der Ansprüche dessen, welcher vor den Menschen nur ein leidendes Opfer gewesen wäre – „Wie ein Lamm, das zur Schlachtung geführt wird, und wie ein Schaf, das stumm ist vor seinen Scherern; und er tat seinen Mund nicht auf“ (Jes 53,7). Deshalb fällt in dieser Rechtfertigung notwendiger Weise das Gericht auf die Welt, welche Ihm diese Leiden zugefügt hat, und immer noch seinen Ansprüchen widersteht. Die flüchtigste Betrachtung des Buches der Offenbarung muss uns schon überzeugen, dass sein Inhalt nicht so sehr die Enthüllung des Charakters und der Früchte der Versöhnung in Bezug auf die glücklichen Teilhaber derselben beabsichtigt, als vielmehr die Darstellung der Vorrechte und Ansprüche dessen, durch welchen, in „der Mühsal seiner Seele“ (Jes 53,11) die Versöhnung vollendet wurde, nämlich sein Recht, durch die Versöhnung „alles zu erben.“ Und deshalb ist es auch, dass Christus, als „das Lamm“ inmitten des Thrones, so wie auch die Wirkungen des Thrones selbst hier vielmehr in Verbindung mit der Erde und der Schöpfung stehen, als direkt mit der Kirche.
Das fünfte Kapitel, in welchem diese Würdigkeit des Lammes verkündigt wird, scheint den ganzen Inhalt des prophetischen Teiles des Buches in Kurzem darzustellen. Alles sehen wir hier vollendet. Himmel und Erde und die ganze erlöste Schöpfung erkennen in diesem ergreifenden Lied die vollen Ansprüche der Mittlerherrlichkeit Christi, „des geschlachteten Lammes“ an. Wir sind dadurch bis zur Vollendung gebracht, wo „Er weggetan haben wird alle Herrschaft und alle Gewalt und Macht“ und wo „er das Reich dem Gott und Vater übergibt“ (1. Kor 15,24). „Und jedes Geschöpf, das in dem Himmel und auf der Erde und unter der Erde und auf dem Meer ist, und alles, was in ihnen ist, hörte ich sagen: Dem, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm die Segnung und die Ehre und die Herrlichkeit und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit!“ (Off 5,13).
In der Herausforderung, welche das Lamm auf die Szene bringt, wie symbolisch die Handlung auch sein mag, ist es gar nicht schwer, die einfache Wahrheit, welche sie enthält, zu erforschen. Die Frage: „Wer ist würdig, das Buch zu öffnen und seine Siegel zu brechen?“ zeigt uns einerseits die gänzliche Hoffnungslosigkeit im Blick auf alles um uns her, und stellt uns andererseits mit starker Bezeichnung die Würdigkeit und die Macht Christi dar: In das ganze Geheimnis Gottes, sowohl in Betreff des Fortgangs des Übels in der Welt, als auch ihrer endlichen Erlösung von dessen Macht, hineinzuschauen und es zu offenbaren. Und weiter noch zeigt uns diese Frage, weshalb und um wessen Würdigkeit es ist, dass die Schöpfung von der Macht Satans befreit, und dass ihre Lobesbezeugung dem zurückgegeben wird, welchem sie rechtmäßig zukommt.
„Niemand in dem Himmel, noch auf der Erde, noch unter der Erde vermochte das Buch zu öffnen noch es anzublicken“ (Off 5,3). Die Erlösung des Erbteils Gottes von der Macht Satans ist kein Menschenwerk. Auch liegt es nicht in der Macht der Kreatur, um zu erklären, durch welche Anwendung der Kraft und Weisheit, die ganze List und die ganze Macht Satans vernichtet werden sollte. Es wird aber einer, ja ein Einziger gefunden, um diese Herausforderung anzunehmen, und so wird die drückende Sorge, die auf dem Herzen des Propheten lag, erleichtert. „Ich weinte sehr, weil niemand für würdig befunden wurde, das Buch zu öffnen, noch es anzublicken. Und einer von den Ältesten spricht zu mir: Weine nicht! Siehe, es hat überwunden der Löwe, der aus dem Stamm Juda ist, die Wurzel Davids, das Buch zu öffnen und seine sieben Siegel“ (Off 5,4.5).
„Und ich sah inmitten des Thrones und der vier lebendigen Wesen und inmitten der Ältesten ein Lamm stehen wie geschlachtet, das sieben Hörner hatte und sieben Augen, die die sieben Geister Gottes sind, die gesandt sind über die ganze Erde. Und es kam und nahm das Buch aus der Rechten dessen, der auf dem Thron saß“ (Off 5,6.7). Hier wird das Geheimnis aufgelöst. In der Versöhnung hat Christus ein Anrecht bekommen, sowohl der Herr der ganzen Schöpfung, als auch das gesegnete Haupt der Kirche zu sein. Als das leidende, sanftmütige, nicht widerstrebende Opfer erkennt der Himmel sein Anrecht auf die allgemeine Macht und das Lob aller an.
Obgleich inmitten des Thrones verborgen, wird Er dem Auge des Glaubens als derjenige offenbart, welcher im Besitz der Vollkommenheit der Macht ist – „welches sieben Hörner hatte“ – und ebenso im Besitz der allgewaltigen, alles durchdringenden Tatkraft von Gottes allumfassendem Geist – „welches sieben Augen hatte, welche die sieben Geister Gottes sind, gesandt auf die ganze Erde.“ Hier ist also einer, der fähig ist, dieses Problem aufzulösen, – unauflösbar für alle Übrigen – und eine Herausforderung anzunehmen, die von allen Übrigen abgeschlagen werden muss. Denn wer kann unternehmen, die Rechte des ewigen Gottes zu retten und ein sündenbeflecktes Weltall zu seiner Gunst zurückzuführen? Und wer kann die Macht des Übels austreiben, wodurch die Verwirrung der Schöpfung und deren Trennung von Gott bewerkstelligt wurde? Ehe dieses geschehen kann, muss die Sünde versöhnt, der Tod vernichtet und Satan gefesselt werden. Aber alle diese Macht und Würde finden wir in dem, welcher Davids Sohn und Davids Herr war. „Es hat überwunden der Löwe, der aus dem Stamm Juda ist, die Wurzel Davids, das Buch zu öffnen und seine sieben Siegel“ (Off 5,5). In dem Tod wurde dieser Titel des Erlösers, als „Lamm“ besiegelt; und in der Erlösungsmacht ist alle Herrlichkeit Gottes in Verbindung mit der Kreatur gegründet. Der Tribut des Weltalls muss dem allein gezollt werden, welcher in einer verdorbenen Welt die Herrlichkeit Gottes bis zum Tod verteidigte und welcher, in der Verwaltung der Fülle seiner Macht und Herrlichkeit jeden Strom der Fürsorge zu der Kreatur zum Lob des Schöpfers zurück leiten wird.
Selig ist es für den Heiligen, wenn er auf diese Weise von der Absicht des Himmels unterrichtet, in der Liebe und Gnade dessen ruht, welcher inmitten des Thrones ist, aber noch seliger, wenn er, indem er die Ehre seines Namens jetzt aufrecht zu erhalten sucht, allein auf die Macht dessen rechnet, welcher „die sieben Hörner, und die sieben Augen hat.“ Denn wie völlig ist seine Macht und Gnade darauf gerichtet, um ein Herz zu unterstützen, welches, indem es seinen Willen in einer verdorbenen Welt zu erfüllen sucht, auf seine Güte allein rechnet. Bald wird diese Macht, welche jetzt inmitten der Verwirrung der Macht Satans, im Geheimen unterstützt, treibt und siegt, öffentlich erklärt werden. Und wie wird die Freude des Herzens durch den Gedanken vermehrt, dass dann die Würdigkeit des Lammes kein Geheimnis mehr sein wird, welches im Herzen des Heiligen schwach getragen und welches außerdem von allen Seiten widersprochen und geleugnet wird. Stattdessen wird dann, da das Übel durch die Hand der Macht entfernt ist, jedes Auge auf seine Schönheit blicken, und jedes Herz seine Vorrechte anerkennen und jede Stimme sein würdiges Lob widerschallen lassen. Und wie bald wird diese glänzende Szene der Herrlichkeit auf unsere undeutlichen Vorahnungen einbrechen! „Denn wir haben euch die Macht und Ankunft unseres Herrn Jesus Christus nicht kundgetan, indem wir ausgeklügelten Fabeln folgten, sondern als solche, die Augenzeugen seiner herrlichen Größe geworden sind.“ (2. Pet 1,16) „Der diese Dinge bezeugt, spricht: Ja, ich komme bald“ (Off 22,20).
Dieses Bild hat aber zwei Seiten. Die Ratschlüsse des Himmels in Betreff des Lammes sind schrecklich für das große Babylon in seiner schwelgerischen Herrlichkeit und für die gedankenlosen Bewohner der Erde. Wenn die göttliche Macht in Anwendung gebracht wird, um die Ansprüche des verworfenen Opfers der Erde zu rechtfertigen, so kann nur Unheil und Verwirrung über die kommen, welche seinen Namen verachten und welche zuletzt gegen Ihn, um seinen Ansprüchen zu widerstehen, in Schlachtordnung gefunden werden. „Diese werden mit dem Lamm Krieg führen, und das Lamm wird sie überwinden; denn Er ist Herr der Herren und König der Könige“ (Off 17,14). Ehe aber diese Stunde erscheint, welch ein Bild des Schreckens betreffend der Welt, wird uns bei Eröffnung des sechsten Siegels dargestellt, welche das Lamm vollführt. „Und ich sah, als es das sechste Siegel öffnete: Und es geschah ein großes Erdbeben; und die Sonne wurde schwarz wie ein härener Sack, und der ganze Mond wurde wie Blut, und die Sterne des Himmels fielen auf die Erde, wie ein Feigenbaum, geschüttelt von einem starken Wind, seine unreifen Feigen abwirft. Und der Himmel entwich wie eine Buchrolle, die zusammengerollt wird, und jeder Berg und jede Insel wurden von ihren Stellen gerückt. Und die Könige der Erde und die Großen und die Obersten und die Reichen und die Starken und jeder Knecht und Freie verbargen sich in die Höhlen und in die Felsen der Berge; und sie sagen zu den Bergen und zu den Felsen: Fallt auf uns und verbergt uns vor dem Angesicht dessen, der auf dem Thron sitzt, und vor dem Zorn des Lammes; denn gekommen ist der große Tag seines Zorns, und wer vermag zu bestehen?“ (Off 6,12–17)
Es würde uns ein zu weites Feld eröffnen, wenn wir der Reihe nach auf jede Stelle in diesem Buch aufmerksam machen wollten, in welcher wir, nach den verschiedenen Gesichtspunkten und Verbindungen, mit dem Titel des Lammes in Berührung gebracht werden. Wenn wir das ganze Buch vom fünften Kapitel bis zum Ende durchgehen, so finden wir „das Lamm“ immer vorherrschend.
Das Lied des Himmels ist: „Würdig ist das Lamm, das geschlachtet worden ist“ (Off 5,12). Vor dem Angesicht dessen, der auf dem Thron sitzt, und vor dem Zorn des Lammes suchen die Menschen dieser Welt sich aus Furcht zu verbergen (vgl. Off 6,15.16). Die Palmen tragende Volksmenge vor dem Thron haben ihre Gewänder gewaschen und sie im Blut des Lammes weiß gemacht (vgl. Off 7,9–14). Es ist das Lamm, welches sie weidet, und sie (als ein Hirte) „zu Quellen der Wasser des Lebens“ (Off 7,17) leitet. Es ist das Blut des Lammes, welches gegen alle Anklagen Satans, als dem Verkläger der Brüder Tag und Nacht, in der Höhe verteidigt (vgl. Off 12,10–11). In dem Buch des Lebens des geschlachteten Lammes werden die Namen der Treuen mitten unter den Verderbnissen des wilden Tieres geschrieben gefunden (vgl. Off 13,8). Es ist auch das Lamm, welches mit den Versiegelten auf dem Berg Zion steht, deren Ehre und Vorrecht es ist, „dem Lamm zu folgen, wohin irgend es geht“ (Off 14,1–4). Wer „das Tier und sein Bild anbetet und ein Malzeichen annimmt an seine Stirn oder an seine Hand, […] wird mit Feuer und Schwefel gequält werden vor den heiligen Engeln und vor dem Lamm“ (Off 14,9–10). Es ist das Lied Moses und das Lied des Lammes, welches mit den „Harfen Gottes“ gesungen wird, von denen, welche in Überwindung über das Tier „an dem gläsernen Meer stehen“ (Off 15,2–4). Mit dem Lamm führen das Tier und die zehn Könige Krieg, und das Lamm wird sie überwinden, denn „Er ist Herr der Herren und König der Könige“ (Off 17,12–14). Es ist die Hochzeit des Lammes die den Ton der Freude im Himmel anschlägt und „zum Hochzeitsmahl des Lammes geladen zu sein“ ist dann das Zeichen der Ehre und Glückseligkeit (vgl. Off 19,7–9). Und nachdem die Siegel aufgelöst, die Trompeten geblasen und die sieben Schalen ausgegossen worden, wenn Satan gebunden, und das Tosen des Gerichts auf der Erde gestillt ist, dann ist es „die Braut, die Frau des Lammes“, welche die wundervolle, herrliche Schau ist, welche zu erblicken der Apostel eingeladen wird (vgl. Off 21,9). Es sind die „zwölf Apostel des Lammes“, deren Namen auf den zwölf Grundlagen des heiligen Jerusalems „aus dem Himmel von Gott herabkommend“, sind (Off 21,14). In dieser Stadt ist der Herr, Gott, der Allmächtige, und das Lamm der Tempel, und „ihre Lampe ist das Lamm“ (Off 21,22–23). Es darf kein Einwohner in dieser herrlichen Stadt sein, dessen Name nicht „in dem Buch des Lebens des Lammes geschrieben“ ist (Off 21,27). Und weiter, der „Strom von Wassers des Lebens“ geht hervor aus dem Thron Gottes und des Lammes“ (Off 22,1). Und endlich, wird es keinen Fluch mehr geben, weil der Thron Gottes und des Lammes dort sein wird (Off 22,3).
Dies sind nur kurze und flüchtige Bemerkungen über den wunderbaren Charakter und die wunderbaren Ansprüche dessen, welcher im Himmel als „das Lamm“ empfangen wird, – ein leidendes Opfer hier auf Erden. Jetzt ist er eine Zeit lang im Himmel verborgen, aber Er ist im Begriff, in vollem Glanz der Herrlichkeit des Himmels dargestellt zu werden. Und dann wird zur Rechtfertigung seiner Ansprüche demjenigen kein Platz gewahrt werden können, welcher sich weigert, „vor seinem Namen sich mit Verehrung zu beugen.“ „Und ich sah: Und ich hörte eine Stimme vieler Engel um den Thron her und um die lebendigen Wesen und die Ältesten; und ihre Zahl war Zehntausende mal Zehntausende und Tausende mal Tausende, die mit lauter Stimme sprachen: Würdig ist das Lamm, das geschlachtet worden ist, zu empfangen die Macht und Reichtum und Weisheit und Stärke und Ehre und Herrlichkeit und Segnung. Und jedes Geschöpf, das in dem Himmel und auf der Erde und unter der Erde und auf dem Meer ist, und alles, was in ihnen ist, hörte ich sagen: Dem, der auf dem Thron sitzt und dem Lamm die Segnung und die Ehre und die Herrlichkeit und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit!“ (Off 5,11–13). Die Unordnung und die Verwirrung, der Kummer und der Tod, die alle die Sünde in die Schöpfung Gottes gebracht hat, lassen kein Heilmittel zu, es sei denn durch die Erlösung. Und folglich ist der Anspruch des Lammes auf die Herrlichkeit und das Ihm dargebrachte Lob der wiederhergestellten Schöpfung auf diese Erlösung gegründet. „Und sie singen ein neues Lied: Du bist würdig, das Buch zu nehmen und seine Siegel zu öffnen; denn du bist geschlachtet worden und hast für Gott erkauft“ (Off 5,9)! Diese Wertschätzung des Himmels in Betreff der Würdigkeit des Lammes und die Vorbereitungen in der Höhe, um seine Ansprüche geltend zu machen, werfen einen schrecklichen Schatten über die Gemächlichkeit und Herrlichkeit und über die Macht und Sicherheit der Welt. „Erlösung“ – ach! Die Welt versteht nicht den Inhalt dieses Wortes. Und was das Lamm betrifft, so ruht ihr ganzer Friede allein auf der Anwartschaft seiner Ansprüche.
Während der Hauptgegenstand dieses Buches die Darstellung und Geltendmachung der Ansprüche Christi als das leidende Lamm, auf die allgemeine Huldigung ist, so gibt es doch etwas, was inmitten der Rechtfertigung seiner Herrlichkeit, so zu sagen, zufällig hervorstrahlt. Weit entfernt von der Szene des Streites und von dem Auftreten des Lammes auf dem „weißen Pferd“ (Off 19,11) als „König der Könige und Herr der Herren“ (Off 17,14), um in Gerechtigkeit zu richten und Krieg zu führen, sieht man in den friedlichen Höhen des Himmels „die Hochzeit des Lammes“, und es wird hinzugefügt, seine Frau habe sich bereitet. Denn seine Herrlichkeit kann nicht offenbart werden, ohne dass eine andere mit Ihm auf dem Schauplatz erscheine. „Damit wir auch mitverherrlicht werden“ (Röm 8,17), ist das wunderbare Wort der Schrift. Die Freude muss in der Höhe anfangen, ehe die Herrlichkeit auf dieser Erde enthüllt wird. Vom Himmel kommt das Lamm auf die Erde „zur Erlösung des erworbenen Besitzes“ (Eph 1,14), und zur Übernahme seiner Herrlichkeit. Und wenn der Christus, unser Leben, offenbart werden wird, dann werden auch wir mit Ihm offenbart werden in Herrlichkeit (Kol 3,4).
Hierdurch wird das Herz dessen, der die Verlobung der Kirche mit Christus kennt, deutlich belehrt, wie wenig es mit allen den geschäftigen Zwecken der Menschen zu tun hat, und wie wenig Grund vorhanden ist, die Weisheit, Macht und Herrlichkeit der Welt zu begehren, welches nur die an sich gerissenen Rechte des Christus sind, während ein anderer als Herr und Fürst anerkannt wird. Bis jetzt ist die Erde noch nicht unter der Macht der Erlösung, in welcher sie ihre freiwillige Huldigung dem Lamm darbringt, sondern es ist die Welt, welche das Lamm zum leidenden Opfer machte und welche ihren Widerstand seiner Ansprüche noch beibehält.
(Autor: John Nelson Darby. Aus: Present Testimony, 1850, vol 2, pp. 246 – 255)