Kommentar zum 1. Petrusbrief
1. Petrus 1
Petrus schreibt mit apostolischer Autorität, und obwohl er sich direkt an die zerstreuten jüdischen Christen wendet (Fremde sowohl als Juden unter den Nationen als auch als Christen, getrennt von jüdischen Verwandten), dürfen wir als Gläubige aus den Nationen doch erkennen, dass vieles davon genauso auf uns selbst anwendbar ist. Wir sind auch Pilger und Fremde, die nicht auf dieser Erde zu Hause sind.
Alle Gebiete, von denen in Vers 1 gesprochen wird, liegen in der heutigen Türkei, denn das im ersten Vers erwähnte Asien war das sogenannte Klein-Asien im Westen der Türkei.
Es ist sehr kostbar, dass den Briefempfängern in ihrer schwierigen Fremdlingschaft gesagt wird, dass sie „nach Vorkenntnis Gottes, des Vaters, auserwählt“ (Vers 2) sind. In vollkommener Vorkenntnis aller Dinge, die jemals passieren würden, hatte Gott sie erwählt. Nichts wurde in Bezug auf diese Erwählung unberücksichtigt gelassen, und deshalb kann ein Kind Gottes diesbezüglich vollkommen ruhig sein. Das Kind Gottes selbst mag die Wahrheit der Auserwählung vielleicht nicht völlig verstehen, Gott aber wohl.
Die „Heiligung des Geistes“ (Vers 2) wird als nächstes erwähnt. Sie spricht von der innerlichen Arbeit des Heiligen Geistes in den Seelen, durch die sie von der Welt abgesondert werden. Das führt „zum Gehorsam und zur Blutbesprengung Jesu Christi“ (Vers 2). Der Gehorsam ist die Unterwerfung des Herzens unter den Einen, der selbst beispielhaft vollkommenen und freiwilligen Gehorsam auf seinem Weg auf der Erde gezeigt hat. So wie es seine Freude war, den Willen Gottes zu tun, so sind auch wir zu solch einem ergebenen Gehorsam aufgefordert. Aber auch die Blutbesprengung ist hier ein wesentlicher Aspekt, denn nur sein eigenes Opfer konnte uns in diese Beziehung zu Gott als seine bereitwilligen Diener bringen. Die Frage unserer Sünden und unseres Ungehorsams musste mit diesem kostbaren Werk geklärt werden.
Petrus wünscht ihnen: „Gnade und Friede sei euch vermehrt“ (Vers 2). Gnade, um sie über die Versuchungen zu erheben, die sie erduldeten, und Friede, um sie vor Ängsten durch oder in den Prüfungen zu bewahren.
Petrus hat dann große Freude an der Kostbarkeit der Offenbarung der Herrlichkeit Gottes, des Vaters, in der Person des Herrn Jesus Christus (wie auch Paulus in Epheser 3). Durch diesen gepriesenen Namen ist Gott jetzt in einer Weise offenbart, wie das im Alten Testament nicht der Fall war. Und durch seine überreiche Barmherzigkeit hat Er sie „zu einer lebendigen Hoffnung wiedergezeugt“ (Vers 3). Zuerst wurde Israel als Nation gezeugt, jetzt wurden Einzelne wiedergeboren. Die Barmherzigkeit war ihnen da begegnet, wo sie sich befanden, und hatte in ihren Seelen eine lebendige Hoffnung erweckt, denn der Herr Jesus war aus den Toten auferstanden.
Er selbst ist durch die Auferstehung das Unterpfand für ihr eigenes „unverwesliches und unbeflecktes und unverwelkliches Erbteil“ (Vers 4). Dies steht in Kontrast zu dem irdischen Erbteil Israels, das bereits verdorben, entweiht und nur noch ein Schatten von dem war, was es früher einmal gewesen war. Was sie nun hatten, war vollkommen sicher. Entgegen den damaligen irdischen Hoffnungen war ihr Erbteil für sie jetzt „in den Himmeln aufbewahrt“ (Vers 4). Wenn wir im vierten Vers sehen, dass das Erbteil für Gläubige bewahrt wird, dann finden wir in Vers 5, dass sie selbst auch bewahrt werden für das Erbteil, und zwar durch nichts Geringeres als die Kraft Gottes. Auf ihrer Seite war es der Glaube, der sich im Blick auf die Errettung völlig auf Gottes Kraft verlässt, wenn sie vollkommen aus dieser Welt hinausgerettet würden beim Kommen des Herrn. Diese Errettung ist endgültig und steht kurz bevor,. Durch sie werden die Gläubigen in ihr himmlisches Erbteil eingeführt werden.
Die Kinder Gottes sollen sich freuen über die zuverlässige Erwartung der unvergleichlichen Segnungen, die sie in Aussicht haben – und das angesichts der Tatsache, dass Gott es für nötig ansieht, dass sie „jetzt eine kurze Zeit ... betrübt sind durch mancherlei Versuchungen“ (Vers 6). Man kann hier gut sehen, dass tiefes Leid manchmal doch von großer Freude begleitet werden kann, einer Freude, die nur im Glauben an das, was Gott offenbart hat, zu finden ist. Leid wird nicht verharmlost, denn es ist von Betrübnis durch mancherlei Versuchungen die Rede. Aber das Leid wird von der Gewissheit und der Glückseligkeit der nahenden Errettung überragt.
In Gottes Bewertung ist die Bewährung des Glaubens viel wertvoller als die Veredlung von Gold, das bei den Menschen zwar großen, dauerhaften Wert hat, von dem Gott aber sagt, dass es vergeht. Wenn auch die Prüfung so heiß wie Feuer sein mag, so wird sie doch vorübergehen, während das kostbare Ergebnis nicht nur bestehen bleiben wird, sondern sogar „befunden werde zu Lob und Herrlichkeit und Ehre in der Offenbarung Jesu Christi“ (Vers 7). Das ist das Ergebnis. Und was Ihm Preis, Ehre und Herrlichkeit geben wird, füllt unsere eigenen Herzen mit jubelnder Freude. Bei der Erscheinung des Christus in Herrlichkeit wird auch die Bewährung unseres Glaubens in ihrer ganzen Pracht sichtbar werden..
Er selbst ist uns jetzt schon auf eine Art offenbart, dass wir Ihn lieben, obwohl wir Ihn nicht gesehen haben – und der Glaube an Ihn überwindet das fehlende gegenwärtige Schauen, sodass wir „mit unaussprechlicher und verherrlichter Freude frohlocken“ (Vers 8). Das ist wunderbar – eine Freude, die so groß ist, dass es nicht auszudrücken ist. Wahrhaftig, was ist das für eine Entschädigung! Und es gibt für uns keinen Grund, nicht diese überfließende Freude genießen zu können, egal welche Versuchungen uns begegnen.
Denn das „… indem ihr das Ende eures Glaubens, die Errettung der Seelen, davontragt“ (Vers 9) ist für uns genauso wahr, wie es für sie – die christlichen Juden – war. Es ist eine Errettung, die unendlich viel höher ist als jede Errettung, die Israel je aus der Knechtschaft eines Feindes erfahren hat: Diese war lediglich für ihre Körper, sowohl zeitlich als auch vorübergehend.
In Bezug auf die Errettung der Seele konnten nicht einmal die Propheten des Alten Testaments sagen, dass sie errettet waren. Sie schrieben im Voraus über diese Errettung durch die Kraft des Geistes Gottes, aber forschten und suchten unablässig danach, was die volle Bedeutung ihrer eigenen Schriften war, und ebenso nach der Errettung, die den Gläubigen heute durch die Gnade offenbart werden sollte. Obwohl sie auch, dank der Gnade durch Glauben, auf der Grundlage des Opfers Christi im Himmel sein werden, kannten sie doch nicht die Errettung ihrer Seelen, denn Christus war noch nicht gestorben, um diese Errettung zu vollbringen. Diese Wahrheit konnte vor seinem Tod noch nicht gelehrt werden.
Mit dem Wunsch zu lernen, was diese Errettung war, suchten sie in ihren eigenen Schriften, in denen der Geist Christi von den Leiden und den darauf folgenden Herrlichkeiten Christi spricht, auf welche Zeit damit hingewiesen wurde. Wie muss Jesaja, der Prophet, über seine eigenen Schriften in Kapitel 53 gerätselt haben. Er hätte sich das niemals mit seinem eigenen Verstand ausdacht haben können. Sogar die Jünger – die Ihn während seines Dienstes auf der Erde begleiteten – glaubten Ihm nicht, wenn Er bei mehreren Gelegenheiten schmerzlich von seinem bevorstehenden Tod und seiner Auferstehung sprach (obwohl sie Ihn bewunderten und verehrten). Petrus stritt es ausdrücklich ab, weswegen ihn der Herr ernsthaft tadeln musste (Mt 16, 21–23). Aber es wurde den Propheten von Gott offenbart, dass die Dinge, von denen sie schrieben, zukünftig und nicht für ihre Zeit bestimmt waren. Daniel 9, 24–26 ist darin zum Beispiel ganz genau. Es spricht davon, dass von der Zeit des gegebenen Gebotes, Jerusalem wiederherzustellen und wieder aufzubauen, bis zum Kommen des Messias 69 Jahrwochen – das sind 69 Wochen von Jahren (7 * 69 = 483 Jahre) – vergehen würden und Er danach weggetan sein würde. Diese Zeit traf natürlich präzise so ein, wie es prophezeit wurde, und diese – von den Propheten des Alten Testaments bezeugten – Geschehnisse wurden dann von den Aposteln und Propheten des Neuen Testaments, die Augenzeugen des Todes und der Auferstehung Christi waren, berichtet. Darüber hinaus wurde ihren Predigten göttliche Kraft durch den vom Himmel gesandten Heiligen Geist verliehen, der der gleiche Geist ist, der schon die Worte der Propheten lebendig machte. Diese Dinge sind von so enormer Wichtigkeit, dass sogar „die Engel hineinzuschauen begehren“ (Vers 12). Wie viel mehr sollten wir – die wir im Gegensatz zu den Engeln ein lebendiges, persönliches Interesse an dieser großartigen Errettung haben – uns gern mit diesen Dingen beschäftigen.
„Deshalb umgürtet die Lenden eurer Gesinnung“ (Vers 13). Angesichts einer so großartigen und kostbaren Offenbarung sollte unsere Gesinnung nicht unstet hin und her schwanken, sondern wir sollten uns dieser Errettung in ihrer ganzen Fülle mit ungeteilter Aufmerksamkeit bewusst sein. „Seid nüchtern“ (Vers 13) meint eine verständige Besonnenheit und keine leichtherzige, oberflächliche Einstellung, denn wir dienen einem verworfenen, aber verherrlichten Herrn. „Hofft völlig“ (Vers 13): Das ist keine ungewisse Hoffnung. Es wird ausdrücklich gesagt, dass uns die Gnade bei der Offenbarung Jesu Christi gebracht wird. Das erhält in unseren Herzen eine lebendige, wahrhaftige Erwartungshaltung, die nicht abnimmt. Dies darf nicht zu einer bloßen Lehre werden, die für den späteren Gebrauch auf dem Regal steht. Hier ist nicht die Rede von dem Kommen Christi für seine Heiligen, sondern seiner späteren Erscheinung in Herrlichkeit, wenn seine Gnade in Ihm selbst herrlich dargestellt werden wird.
„Als Kinder des Gehorsams“ (Vers 14) sollten sich solche, die durch die neue Geburt diese kostbare Wesensart erworben haben, auch so verhalten, wie es dieser Wesensart gebührt, nämlich mit einem Gehorsam der Freiwilligkeit und hingegebener Zuneigung. Das beinhaltet, nicht den vorigen Begierden nachzugeben, die das Ergebnis von Unwissenheit waren. Unwissenheit ist nicht nur ein falsches Verstehen, sondern es bedeutet auch, bekannte Dinge zu ignorieren. Das Kind Gottes hat keine Freude daran, sondern hat etwas, was „die vorigen Begierden“ unendlich übertrifft. Es lebt in der Sphäre der neuen Geburt.
Und weil der Vater, der uns berufen hat, heilig ist, soll dieses Merkmal bei allen seinen Kindern in allen Bereichen des Lebens sichtbar sein. Schon im Alten Testament wird in 3. Mose 11,44 gesagt: „Seid heilig, denn ich bin heilig“, und nicht, „… weil das Gesetz es verlangt“. Wenn das damals galt, wie viel mehr für solche, die die errettende Gnade des Herrn Jesus Christus kennen! Es geht um eine liebende Gleichförmigkeit mit einer Person und nicht um ein gesetzeskonformes Verhalten, das etwa von uns gefordert wird. Es beinhaltet die Liebe zum Guten und die Abscheu vor dem Bösen.
In Vers 17 wird über die Regierung des Vaters gesprochen – nicht die Regierung als Richter der ganzen Erde, sondern als eines Vaters über sein eigenes Haus. Es ist kostbar, dass Gläubige Ihn Vater nennen können, einen Vater, der absolut gerecht und unparteiisch das Wesen jedes Werkes bewertet und überblickt. Er geht mit uns nicht wie mit der Welt um, denn es ist eine absolute Wahrheit, dass Gläubige in diesem Sinn „nicht ins Gericht kommen“ (Joh 5, 24). Aber Er kümmert sich als Vater um seine eigenen Kinder und wird sicherlich nichts Böses in seinem eigenen Haus dulden. Darum sollen wir die Zeit der Fremdlingschaft hier in Furcht vor Gott verbringen – nicht in der furchtvollen Erwartung eines ewigen Gerichts, sondern in heilsamer Gottesfurcht, mit nüchternem, ernsthaftem Respekt für seine absolute Autorität und seine erhabene Göttlichkeit, die keineswegs dadurch beiseite gesetzt wird, dass Er uns als Vater mit überreicher Güte und Gnade begegnet. Die Regierung des Vaters gründet sich auf vollkommen hergestellte Beziehungen, von denen sie definitiv Kenntnis hatten. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass sie versuchten, sich selbst in eine Stellung des Segens vor Gott zu bringen. Gerade weil sie wussten, dass sie erlöst waren, wurden sie folglich als Erlöste ermahnt. Es war keine vergängliche Erlösung, wie unter dem Gesetz, wo von Silber (2. Mo 30, 11–16) und Gold (4. Mo 31, 50) gesagt wird, dass diese Sühnung verschaffen konnten. Diese wurden vielleicht als unverderbliche Metalle angesehen, doch Gott nennt sie vergänglich. Dagegen hat das „kostbare Blut Christi“ (Vers 19) in den Augen Gottes einen ewigen, kostbaren Wert. Dadurch sind wir erlöst! Dieses Werk der Erlösung ist aufgrund der Person, die es bewirkt hat, absolut vollkommen. Christus ist diese Person, Er ist das Lamm ohne Fehl und ohne Flecken – keine inneren oder äußeren Unreinheiten – und die Erfüllung des Passahlammes aus 2. Mose 12.
Die Erlösung war kein Plan, den Gott erst gefasst hätte, nachdem der Mensch in Sünde gefallen war: Nein, Christus war vor Grundlegung der Welt als Opfer zuvorbestimmt. Wenn wir uns mit dieser Wahrheit beschäftigen, gibt das der Seele die Gelassenheit einer ewigen Ruhe, denn wir kennen den Gott, der dieses bewirkt hat, als unseren Gott. Was Gott sich in den zurückliegenden Zeiten vorgesetzt hatte, wurde uns erst jetzt durch die Person und das Werk seines geliebten Sohnes offenbart. Eine wahrhaft herrliche Offenbarung!
Es ist normal und richtig, dass wir durch Ihn dem lebendigen Gott vertrauen, der uns sowohl den Sohn gegeben als Ihn auch aus den Toten auferweckt hat, und dass wir Ihm die höchste Ehre geben, die Er verdient. Denn Er ist die Offenbarung des Herzens Gottes, und durch Ihn sind Glauben und Hoffnung in Gott volle Wirklichkeit geworden. Der Glaube ist das gegenwärtige Vertrauen des Herzens auf seine Treue. Die Hoffnung ist die kostbare Erwartung der zukünftigen Herrlichkeiten in seiner Gegenwart.
Mit Vers 22 beginnt ein neuer Abschnitt des Briefes. Wir haben bereits die gnädige und weise Regierung Gottes mit seinen Kindern gesehen. Jetzt sehen wir mehrere neue Beziehungen, in denen der Gläubige des Neuen Testaments steht – im Gegensatz zu dem, was Israel im Alten Testament kannte. Zuerst geht es um Beziehungen zu anderen Gläubigen (den Brüdern bzw. Geschwistern). Diese Ermahnung hier beruht auf der Tatsache, dass wir unsere Seelen durch den Geist zur ungeheuchelten Bruderliebe gereinigt haben. Obwohl es wahr ist, dass Gott selbst durch die neue Geburt dieses Werk der Reinigung gewirkt hat, ist es genauso wahr, dass die Gläubigen dies freiwillig in ihrem Gehorsam gegen die Wahrheit getan haben, denn die Kraft des Geistes Gottes arbeitet mit unserem Gehorsam zusammen. Ohne Zweifel soll hier mehreres erreicht werden, aber zumindest ein Ziel ist die „ungeheuchelte Bruderliebe“ (Vers 22). Gott selbst hat sie verordnet. Nur daher kann es zu diesem Ergebnis kommen: „So liebt einander mit Inbrunst aus reinem Herzen“ (Vers 22). Ein reines Herz beinhaltet aufrichtige und unvermischte Motive, aber „mit Inbrunst“ ist hinzugefügt. Das schließt eine aktive Wärme und Aufrichtigkeit ein, die nichts als selbstverständlich ansieht.
Das ist im Einklang mit dem „Wiedergeborensein“ (Vers 23). Petrus stellt das nicht in Frage, sondern spricht davon, dass es für Gläubige in dem Herrn Jesus Christus tatsächlich wahr ist. Das Volk Israel rühmte sich seiner natürlichen Abstammung, aber das war ein verweslicher Samen. Die neue Geburt dagegen ist aus unverweslichem Samen, durch das reine, lebendige, ewige und für immer bleibende Wort Gottes. Natürlich ist Gott die Quelle davon, doch der Gläubige gehorcht dem Wort, weil er von Neuem geboren ist. Er ist ein Kind des Gehorsams.
„Alles Fleisch“ (Vers 24) steht im Kontrast zum Wort Gottes. Es ist wie Gras, das aufgeht und verdorrt. Seine Blume ist nur für einen kurzen Moment schön, und so strahlen auch die besten Eigenschaften des Menschen auf wie ein Meteor, der schnell erlischt. Die Herrlichkeit Israels wurde beiseite gesetzt und damit die der ganzen Menschheit, aber das Wort Gottes besteht ewig.