Die christliche Taufe
Was bedeutet sie?
Die Taufe Unbekehrter
Was aber ist – und ich hatte diese Frage schon früher angedeutet –, was aber ist, wenn jemand, der noch nicht von neuem geboren ist, getauft wird? Nun, dann vollzieht sich auch an ihm ein Stellungswechsel, aber es ist ein äußerer Wechsel ohne innere Wirklichkeit, ein Wechsel, der nur seine Verantwortlichkeit erhöht.
Auch für diesen Fall zeigt uns die Heilige Schrift ein Beispiel. Simon, der Zauberer, war offensichtlich nicht von neuem geboren, dennoch war er von Philippus getauft worden (Apg 8,13). Wohl heißt es von ihm: „Aber auch Simon selbst glaubte“, doch der weitere Verlauf seiner Geschichte zeigt, dass es sich dabei nicht um einen lebendigen Glauben an den Herrn Jesus handelte, sondern nur um ein äußeres Überführtsein von der Macht Gottes in Philippus. Dieser Simon hat nie die Vergebung der Sünden erlangt, aber er ist darauf getauft worden! Sind Buße und Glaube in der Seele vorhanden, so empfängt sie die auf der Erde verwaltete Segnung. Fehlen sie, wird sie nicht erlangt. Wie ernst ist das! Erinnert uns das nicht an die ernsten Worte des Herrn in Markus 16: „Wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden“?
In der Christenheit gibt es erschütternd viele Menschen, die sich noch nicht bekehrt haben, aber getauft sind. Auch sie sind zur Vergebung der Sünden getauft worden. Ob sie das selbst oder die sie Taufenden verstanden hatten, spielt dabei keine Rolle. Simon hat es sicher auch nicht verstanden. Diese Menschen sind durch die Tür in das christliche Bekenntnis eingetreten, sie sind äußerlich Christen geworden, ohne es innerlich zu sein. Sie sind in den Bereich der christlichen Segnungen gekommen, können diese aber, weil sie nicht wahrhaft glauben, nicht erreichen.
Das ist eine überaus ernste Sache. Nicht nur erlangen sie die christlichen Segnungen nicht, sondern der Herr Jesus wird sie gemäß ihrer vermehrten Verantwortlichkeit als bekennende Christen richten. Sie werden ein schwereres Gericht bekommen als Heiden, die nie etwas von Ihm gehört haben. Vielleicht fragt jemand: „Aber die meisten von ihnen sind als kleine Kinder getauft worden. Hat diese Taufe irgendeine Gültigkeit? Ist das überhaupt die christliche Taufe?“
Um mit der zweiten Frage zu beginnen: Es ist die christliche Taufe. Sie sind auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes getauft worden. Das ist ausschlaggebend. Sie mögen auf eine nicht schriftgemäße Art getauft, mögen nur mit einigen Tropfen Wasser besprengt worden sein, dennoch wurde dadurch offen ein Bekenntnis zum Christentum abgelegt, wurden sie äußerlich zu Christen gemacht.
Wer dürfte es ihnen absprechen? Gott jedenfalls tut es nicht. Wenn der böse Knecht in Matthäus 24 den Herrn des Hauses als „seinen Herrn“ bekennt (Vers 48), dann sagt der Herr nicht: „Ich bin nicht dein Herr.“ Nein, Er handelt mit ihm auf dem Boden, auf den er sich gestellt hat. Dies sind die Worte des Herrn Jesus: „… so wird der Herr jenes Knechtes kommen an einem Tag, an dem er es nicht erwartet ... und wird ihn entzweischneiden und ihm sein Teil geben mit den Heuchlern: Dort wird das Weinen und das Zähneknirschen sein“ (Verse 50–51). Der Herr wird mit der Christenheit im Gericht handeln gemäß ihrem Bekenntnis, das sie zu Ihm abgelegt hat.
Die Sendschreiben an Sardes und Laodicäa unterstreichen diesen ernsten Gedanken. Ich gehe einmal davon aus, dass wir ein wenig mit den sieben Briefen in Offenbarung 2 und 3 vertraut sind und ihre prophetische Bedeutung kennen. In diesem Sinne zeigt uns das Sendschreiben an Sardes den Zustand des Protestantismus in der Zeit nach der Reformation und das Sendschreiben an Laodicäa den Zustand der Christenheit in ihrer letzten Phase, bevor sie aus dem Mund des Herrn ausgespien wird. Die Masse ist jeweils geistlich tot. Zu Sardes sagt der Herr: „Ich kenne deine Werke, dass du den Namen hast, dass du lebst, und du bist tot“ (Off 3,1). Gerade durch die Taufe bekennen sie, Leben zu haben. Das ist zwar ein böser Irrtum, gewiss, aber sie bekennen es. Die Folge ist: Der Herr wird mit ihnen gemäß ihrem Bekenntnis handeln und „über sie kommen wie ein Dieb“ (Vers 3).
Und was Laodicäa angeht, so schildert der Herr in diesem Sendschreiben den Zustand des christlichen Zeugnisses in den letzten Tagen: anmaßend, weder kalt noch warm, elend, jämmerlich, arm und blind und bloß (Vers 17). Das ist der Zustand der großen Masse der christlichen Bekenner heute.
Der Herr rät ihnen, von Ihm Gold (göttliche Gerechtigkeit; 1. Kor 1,30), weiße Kleider (praktische Gerechtigkeit; Off 19,8) und Augensalbe (die Salbung mit Heiligem Geist; 1. Joh 2,20) zu kaufen. Aber Er weiß nur zu genau, dass die große Mehrheit diesem Aufruf nicht folgen wird. Und weil sie weder die Kälte offener Feindschaft, noch die Wärme wahrhaftiger Zuneigung, sondern nur die Lauheit der Indifferenz zeigt, der Gleichgültigkeit seinen Interessen gegenüber, wird Er sie als etwas Ekelerregendes aus seinem Mund ausspeien (Vers 16). Er zählt sie wohl alle zum christlichen Bekenntnis, weil sie alle mit der christlichen Taufe getauft sind, aber gerade deswegen wird Er mit ihnen entsprechend ihrer vermehrten Verantwortlichkeit handeln und – sie als bekennende Christen richten.
Nein, der Herr übersieht keineswegs den äußeren Stellungswechsel, der sich an solchen vollzogen hat, die als Kinder getauft wurden. Wir sollten es auch nicht tun!1
So mögen tatsächlich viele Menschen zur falschen Zeit (als Kind), im falschen Zustand (unbekehrt) und auf eine falsche Art und Weise (durch Besprengung) getauft worden sein, aber sie sind dadurch trotzdem ein Teil der Christenheit geworden.
Wäre es nicht so, gäbe es gar keine Christenheit. Wir haben das eben an dem Beispiel von Sardes und Laodicäa gesehen. Und widerruft jemand als Erwachsener diese Taufe nicht ausdrücklich, ist und bleibt er äußerlich ein Christ. Aber gebe es Gott, dass noch viele der getauften Christen in Wahrheit den Heiland fänden und in Ihm Vergebung der Sünden und Frieden mit Gott! Sonst wird ihr Teil ein schreckliches sein.
Fußnoten
- 1 Die grundsätzliche Anerkennung der Taufe, die an Kindern vollzogen wurde, schließt keineswegs die Befürwortung oder Billigung dieser Art von Taufe in sich. Auch darf sie nicht mit einer Anerkennung der christlichen Systeme verwechselt werden, die sie ausüben.