Betrachtungen über die Briefe des Apostels Johannes
1. Johannes 3
Der neue Gedankengang beginnt bereits mit dem 29. Vers des zweiten Kapitels. Dieser Abschnitt hebt hervor, was man über den weiß, der offenbart wird. „Wenn ihr wisst, dass er gerecht ist, so erkennt, dass jeder, der die Gerechtigkeit tut, aus ihm geboren ist“ (Kap. 2,29). Christus ist „gerecht“. So spricht auch Paulus von Ihm, als dem „gerechten Richter“ (2. Tim 4,8). Als solchen wird Ihn einmal ein jeder kennen lernen. Die Kinder Gottes wissen aber schon jetzt, dass Er gerecht ist. Der Herr durchschritt einst als der Gerechte diese Welt; all sein Tun offenbarte es, dass Er gerecht war. Ja, Er hat die Gerechtigkeit „verkündet“ und „nicht verborgen“ (Ps 40,10.11). Gott nennt Ihn den „gerechten Knecht“ (Jes 53,11).
Weil es schon zur Zeit der Apostel viele Verführer gab, war es notwendig, den Kindern Gottes ein Kennzeichen zu geben, um unterscheiden zu können, wer Kind Gottes war und wer nicht. Dieses Kennzeichen war die Gerechtigkeit, d.h. ein Leben, so wie Gott es von dem Menschen erwartet. Aber dies vermag kein Mensch aus eigener Kraft. Jeder muss, bevor er gerecht leben kann, zuerst gerecht geworden sein. Dies geschieht durch den Glauben an das Erlösungswerk unseres großen Heilands, Jesus Christus. „Da wir nun gerechtfertigt worden sind aus Glauben, so haben wir Frieden mit Gott, durch unseren Herrn Jesus Christus“ (Röm 5,1). Es kann nun leicht jemand ein solches Bekenntnis mit dem Mund ablegen, ohne die Gerechtigkeit wirklich zu besitzen. Woran kann man nun erkennen, dass jemand wirklich gerecht ist? Die Antwort hat uns der Herr selbst gegeben: „An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen“ (Mt 7,16). Auch der Apostel Jakobus fordert die Gläubigen auf, den Glauben durch Werke zu bestätigen (Jak 2,17.18). Wir können zwar nicht die Herzen ergründen, aber aus dem Verhalten eines Bekenners können wir wohl wahrnehmen, ob es lediglich ein Mundbekenntnis ist, oder ob tatsächlich Früchte vorhanden sind. Unsere Stelle gibt uns nun ein einfaches, aber dennoch klares Erkennungszeichen: Jeder, der die Gerechtigkeit tut, d.h. darauf bedacht ist, den Willen Gottes zu tun, der ist „aus Gott geboren“.
Wie freundlich ist doch der Herr, dass Er uns so unterweist, um uns vor Enttäuschungen zu bewahren.
„Seht, welch eine Liebe uns der Vater gegeben hat, dass wir Kinder Gottes heißen sollen!“ (V. 1). Der Apostel ist von dieser Tatsache so tief beeindruckt, dass er in heiliger Bewunderung wünscht, dass alle diese Liebe des Vaters betrachten und erheben möchten: „Seht, welch eine Liebe!“
Wo hat diese Liebe ihre Quelle? Im Herzen des Vaters. Wann begann sie? Schon vor Grundlegung der Welt. Da schon fasste Gott den Plan, arme, sündige Menschenkinder heilig und tadellos in Liebe zu machen und zur Sohnschaft zu führen, und sie vor Ihn, den Vater, als seine Kinder zu stellen. „Euch, die ihr tot wart in euren Vergehungen und Sünden, in denen ihr einst wandeltet nach dem Zeitlauf dieser Welt, nach dem Fürsten der Gewalt der Luft, des Geistes, der jetzt wirksam ist in den Söhnen des Ungehorsams; unter denen auch wir einst alle unseren Wandel führten in den Begierden unseres Fleisches“ (Eph 1,4.5; 2,1–3).
Ja, seht diese Liebe! Der Vater wäre nicht befriedigt gewesen, wenn wir nur dem ewigen Gericht entrissen worden wären, auch nicht, wenn wir nur als Knechte vor Ihm stehen würden. Nein! Er wollte glückliche Kinder vor sich haben, die mit einem „Abba, Vater!“ vor Ihn treten würden. Und um dies zu ermöglichen, brachte er die größte Gabe dar, Ihn, seinen geliebten eingeborenen Sohn.
Er hat Ihn am Kreuz dahingegeben in Gericht und Tod. Ein anderer Weg zu unserer Errettung war nicht möglich. „Dem HERRN gefiel es, ihn zu zerschlagen, er hat ihn leiden lassen.“ „Er hat seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern ihn für uns alle hingegeben“ (Jes 53,10; Röm 8,32). Auch war der Tod des Herrn notwendig, um zerstreute Kinder Gottes in eins zu versammeln (Joh 11,52). Müssen wir da nicht bewegten Herzens, ob solcher Liebe in heiliger Anbetung niederfallen und ausrufen: „Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus!“? (Eph 1,3). Weil wir aus Gott geborene Kinder sind und durch die Wiedergeburt seiner Natur teilhaftig geworden, so sind wir nicht nur angenommene, sondern wirkliche, echte Kinder Gottes. Wir können ausrufen und singen:
Kein Mensch dies Wunder fassen kann,
Kein Engel kann's verstehen;
Der Glaube schaut's und betet an,
Bewundert, was geschehen.
Liebe, noch zweifelnde Seele, erfasse in kindlicher Einfalt das Wort: „So viele Ihn aber aufnahmen, denen gab er das Recht, Kinder Gottes zu werden“ (Joh 1,12).
„Geliebte, jetzt sind wir Kinder Gottes“ (V. 2). Als solche bilden wir eine Familie, eine Brüderschaft. Wir haben schon früher darauf hingewiesen, wie lieblich dies in den ersten Tagen, nach der Ausgießung des Heiligen Geistes, zum Ausdruck kam. Da wurde die eine Familie klar gesehen, ob es in Jerusalem, Antiochien, Ephesus oder sonst wo war. Das war ein mächtiges Zeugnis für die Draußenstehenden; zugleich war es auch die Erhörung der Bitte, die Jesus an den Vater richtete: „…damit sie alle eins seien, wie du, Vater, in mir und ich in dir, damit auch sie in uns eins seien, damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast“ (Joh 17,21).
Wo findet aber in unseren Tagen diese eine Familie ihre Darstellung? Ihre Zerrissenheit ist ein Gegenstand der Betrübnis Gottes und ein Stein des Anstoßes für viele in der Welt. Viele liebe Kinder Gottes empfinden es schmerzlich und möchten dennoch so gerne, wenigstens ab und zu, durch Konferenzen und dergleichen der Welt zeigen, dass sie doch alle zusammengehören. Das mag Menschen befriedigen, aber niemals den Herrn. Das Übel wird nicht richtig angefasst und deshalb auch nicht gründlich beseitigt; es bleibt weiter zur Verunehrung des Herrn, dessen kostbares Blut für sie alle, die einzige Grundlage nicht nur ihrer Errettung, sondern auch ihres Einsseins bildet. Der Heilige Geist, der sie alle in eins versammeln möchte, ist auch betrübt und wird gedämpft. Was ist der Grund der Ablehnung der Einheit? Man will nicht zurückkehren zu dem, „was von Anfang war“, und lieber die lieb gewordenen menschlichen Organisationen behalten. So ist auch jegliches Gefühl über das Böse dieses Tuns erstorben, ja, man sucht sich zu rechtfertigen und scheut sich nicht, dem Wort Gottes zu widersprechen. Eigenwille aber nennt Gottes Wort Götzendienst. So weit sind wir in der Christenheit gekommen!
Es mag hier erinnert werden, dass Bruder Darby einst eine diesbezügliche Unterredung mit einem bekannten Professor der Theologie hatte. Der Herr Professor meinte, das wäre ja alles schon richtig mit der Einheit der Kinder Gottes und dem Zusammenkommen derselben, aber das ließe sich heute nicht mehr verwirklichen. Darauf erwiderte Bruder Darby: „Haben Sie es je versucht?“ Dies musste der Theologe verneinen. Und du, lieber Leser, hast du es versucht?
Das Kind Gottes gehört, weil es aus Gott geboren ist, dem Himmel an. Dort ist nun seine Heimat, und in dieser Welt ist es ein Fremdling. So wie durch die Wirksamkeit des Lichtes in der Person des Herrn Jesus die Welt sich verurteilt fühlte und Ihn deshalb hasste, so ist es auch mit jedem Kind Gottes, es wird den Hass der Welt erfahren. Je treuer und entschiedener ein Kind Gottes ist, umso mehr offenbart es sich, dass die Welt uns nicht kennt. Die Welt kennt und versteht nicht die Beweggründe des neuen Lebens. Sie fühlt sich dadurch verurteilt, und dies ruft Hass und Feindschaft hervor. Dies braucht uns aber nicht zu befremden. Der Herr hat es den Seinigen schon zum Voraus gesagt: „Wenn die Welt euch hasst, so wisst, dass sie mich vor euch gehasst hat. Wenn ihr von der Welt wäret, würde die Welt das Ihre lieb haben; weil ihr aber nicht von der Welt seid, sondern ich euch aus der Welt auserwählt habe, darum hasst euch die Welt. Erinnert euch an das Wort, das ich euch gesagt habe: Ein Knecht ist nicht größer als sein Herr. Wenn sie mich verfolgt haben, werden sie auch euch verfolgen“ (Joh 15,18–20). Zum Vater betete Er auch: „Und die Welt hat sie gehasst, weil sie nicht von der Welt sind, wie ich nicht von der Welt bin“ (Joh 17,14).
Wie oft kommt es vor, wenn jemand bekehrt wird, dass er sogar von den nächsten Familienangehörigen verachtet, angefeindet und gehasst wird. Ich denke da an einen über siebzig Jahre alten Bruder. Er ist erst im Alter bekehrt worden. Der Hass und die Feindschaft seiner Frau sind nicht zu beschreiben. Der Herr aber macht ihn stark, sein schweres Los still und ergeben zu tragen. Droben wird offenbar werden, warum der Bruder einen so schweren Weg gehen musste. Hier auf der Erde aber erfährt er jeden Tag die Liebe und Fürsorge seines Herrn.
„Jetzt“ sind wir Kinder Gottes. Nicht erst nach dem Tod; auch nicht, wenn einer eine gewisse Stufe der Heiligung erreicht hat. „Der Geist zeugt mit unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind“ (Röm 8,16). Den Galatern schrieb der Apostel: „Denn ihr alle seid Söhne Gottes durch den Glauben an Christus Jesus“ (Gal 3,26). Welch ein Gnadenstand!
„Es ist noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden; wir wissen, dass, wenn es offenbar wird, wir Ihm gleich sein werden, denn wir werden ihn sehen, wie er ist“ (V. 2).
Aber Gottes Plan mit uns geht noch weiter. Wir dürfen und sollen in dieser Welt Zeugnis davon ablegen, was uns die Liebe Gottes bereits geschenkt hat. Nach außen hin zeigt unser Leib nicht, was wir heute schon sind. Wir gehen hier auf der Erde sogar oft durch mehr Trübsal und Leid, als die Kinder dieser Welt. Dennoch, die Stellung, welche Christus droben einnimmt, ist jetzt schon die unsrige. „Gleich wie er ist, sind auch wir in dieser Welt“ (1. Joh 4,17). Schon dies ist groß und wunderbar. Es wird aber noch in Erfüllung gehen, was der Herr vom Vater erbeten hat: „Vater, ich will, dass die, welche du mir gegeben hast, auch bei mir seien, wo ich bin, damit sie meine Herrlichkeit schauen, die du mir gegeben hast“ (Joh 17,24). Außerdem hat Gott selbst auch den Vorsatz gefasst, alle Erlösten „dem Bild seines Sohnes gleichförmig zu machen, damit er der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern“ (Röm 8,29). Welch ein herrliches Ziel, das Gott mit uns vorhat!
Der Augenblick naht, wo dieses Ziel der Liebe unseres Gottes und Vaters erreicht sein wird, „denn noch eine ganz kleine Zeit, und der Kommende wird kommen und nicht ausbleiben“ (Heb 10,37). Da werden die entschlafenen Heiligen auferweckt werden unverweslich, und wir – die Lebenden – werden verwandelt werden (1. Kor 15,51–57). Dann wird der Augenblick gekommen sein, da wir den Herrn sehen werden, „wie er ist“. Unmöglich ist es, Ihn in unserem sterblichen Leib in seiner Herrlichkeit und Pracht zu sehen. Deshalb muss und wird Er unseren „Leib der Niedrigkeit umgestalten zur Gleichförmigkeit mit seinem Leib der Herrlichkeit, nach der wirksamen Kraft, mit der er vermag, auch alle Dinge sich zu unterwerfen“ (Phil 3,21).
Die Verbindung mit dem Erlöser bedeutet jetzt schon ihre Verherrlichung (Röm 8,30). Durch ihre Gesamtheit als Versammlung Gottes wird jetzt schon den Fürstentümern und Gewalten in den himmlischen Örtern kundgemacht die gar mannigfaltige Weisheit Gottes (Eph 3,10). Was wird es aber dann sein, wenn die ehemals Verlorenen, hassenswürdigen Sünder dort an der Seite des „mit Herrlichkeit und Ehre“ gekrönten Herrn mitverherrlicht stehen werden. Dann tritt in Erscheinung, was der Herr in seiner Unterredung mit dem Vater zum Ausdruck brachte: „Und die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben, damit sie eins seien, wie wir eins sind, und damit die Welt erkenne, dass du mich gesandt und sie geliebt hast, wie du mich geliebt hast“ (Joh 17,22.23). Welche Liebe! Wunderbar über die Maßen, unfassbar groß!
Selbst Engel werden stehen
Und voll Anbetung sehen,
Wie Du, o Herr, die deinen liebst.
Ja, der Augenblick ist nahe, wo der Herr kommt, um uns sich selbst verherrlicht darzustellen. Was wird es für Ihn sein, wenn Er die „Frucht der Mühsal seiner Seele“ an seiner Seite haben wird! Welche Sättigung für Ihn! Dann tritt Er mit uns vor den Vater: Siehe, Ich und die Kinder, die du mir gegeben hast (vgl. Heb 2,13).
Und was wird es für uns Kinder Gottes sein, Ihn, den Schmerzensmann, der für uns am Kreuzesstamm ein Fluch war; Ihn, der für uns die Strafe dort trug und an unserer statt verlassen war, zu sehen. Die Kronen, die dort die Gnade auf unsere Häupter setzte, werden Ihm zu Füßen gelegt, und zwar mit dem Bekenntnis: „Du bist würdig!“ (Off 4,10.11). Dort wird aber nicht nur die Würdigkeit des Herrn als Schöpfer Gegenstand der Bewunderung sein. Nein! Inmitten des Thrones steht „das Lamm, wie geschlachtet“. Ihn zu sehen, wie Er ist, – Ihn, der einst hier verachtet, angespieen, dornengekrönt und für nichts geachtet wurde, der aber durch sein Blut für Gott erkauft hat aus jedem Geschlecht und Sprache und Volk und Nation – das bringt die Anbetung auf den Höhepunkt.
Das ist zunächst die eine, die innere, gleichsam familiäre Seite von dem, „was wir sein werden“. Nun kommt die äußere, die offizielle, amtliche Seite. Wenn Christus, unser Leben, offenbar wird, dann werden auch wir mit Ihm offenbart werden in Herrlichkeit (Kol 3,4). Dann ist die Zeit gekommen, wo Gott „alles unter ein Haupt zusammenbringen wird in dem Christus... in welchem auch wir ein Erbteil erlangt haben… damit wir zum Preise seiner Herrlichkeit seien“ (Eph 1,10–12).
Verstehen wir jetzt das Wort: „Denn ich halte dafür, dass die Leiden der Jetztzeit nicht wert sind verglichen zu werden mit der zukünftigen Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll“? (Röm 8,18). Wie gering erscheint uns in diesem Licht all der Hohn, all die Schmach und die Feindschaft dieser Welt. An jenem Tag wird auch der Augenblick gekommen sein, da der Herr seine Verheißung erfüllen wird: „Siehe, ich werde sie zwingen, dass sie kommen und sich niederwerfen werden vor deinen Füßen und erkennen, dass ich dich geliebt habe“ (Off 3,9). Und selbst dann, wenn die gesegnete Zeit der Herrschaft des Christus, des Sohnes des Menschen, während des „1000-jährigen Reiches“ vorüber und der ewige Zustand eingeführt sein wird, werden die Erlösten des Herrn die Kinder Gottes, ihren besonderen Platz dort innehaben und behalten. Sie sind „die Hütte Gottes“ bei den Menschen.
Es ist für unsere Herzen ein großer Gewinn, viel mit diesem Gegenstand beschäftigt zu sein. Es macht uns frei und löst uns von den Dingen dieser Erde. Und wenn es gilt, um des Herrn willen etwas zu ertragen, so nimmt man es im Licht solcher Herrlichkeiten als ein Vorrecht hin.
„Und jeder, der diese Hoffnung zu ihm hat, reinigt sich selbst, wie er rein ist“ (V. 3). „Diese Hoffnung zu Ihm haben“, bedeutet, dass der Herr der Gegenstand der Erwartung des Herzens ist. Je lebendiger diese Erwartung bei uns ist, desto größer wird die Frucht sein. Wie eine Frau, die ihren Mann von der Reise oder von der Arbeit zurück erwartet, darauf bedacht ist, alles in Ordnung zu haben, wenn er heimkommt, so werden wir uns bemühen, bei der Ankunft unseres Herrn untadelig zu sein.
Betrachten wir aber den Zustand bei uns und in der Christenheit, so müssen wir leider bekennen, dass es da wohl nicht an Erkenntnis fehlt, wohl aber oft an dem Eifer mangelt, „sich von jeder Befleckung des Fleisches und des Geistes zu reinigen und zu begehren die Heiligkeit zu vollenden in der Furcht Gottes“ (2. Kor 7,1). Wie sehr lässt man sich gehen und von dem Zeitgeist beeinflussen!
Es gibt zwei wichtige Punkte, die uns nützlich sein werden, wenn wir der Verflachung entgehen wollen:
Der erste Punkt, der unsere Herzen bewegen soll, ist die Selbstaufopferung des Herrn für uns, die Verlorenen. Der Geist Gottes ruft uns zu: „Denn ihr seid um einen Preis erkauft worden; verherrlicht nun Gott in eurem Leib!“ (1. Kor 6,20). Dieses Bewusstsein sollte ein mächtiger Antrieb sein zu der Hingabe eines ungeteilten Herzens auf dem ganzen Weg. Wo das Herz die Liebe des Herrn erwägt, da ist auch das Verlangen vorhanden, dem Herrn zu leben!
Der zweite Punkt, der auf uns mächtig einwirken und uns beeinflussen sollte, ist die stündliche Erwartung der Wiederkunft des Herrn, und darum „uns zu reinigen, wie er rein ist“. Was schreibt Petrus diesbezüglich? „Welche solltet ihr dann sein in heiligem Wandel und Gottseligkeit! ... Deshalb, Geliebte, da ihr dies erwartet, so befleissigt euch, ohne Flecken und tadellos von ihm erfunden zu werden in Frieden“ (2. Pet 3,11.14). Unsere Herzen sollen durch die Aussicht, bald beim Herrn zu sein, angespornt werden; sich nicht allein vom Bösen fern zu halten, sondern alles tun, was dem Kommenden entspricht und Ihn ehrt, so dass Er dann sein Wohlgefallen darüber zum Ausdruck bringen kann. Wer die Erscheinung des Herrn liebt, der übt sich auch, im Lichte seiner Erscheinung zu wandeln.
Mehre in uns deine Gnade,
Dass wir auf dem Pilgerpfade
Wandeln Dir zum Ruhm, als dein Eigentum
Willig und ergeben, Dir allein zu leben.
„Jeder, der die Sünde tut, tut auch die Gesetzlosigkeit, und die Sünde ist die Gesetzlosigkeit“ (V. 4). Dass auch ein Kind Gottes in Fehler fallen kann, ist gewiss möglich, und der Herr wolle uns alle davor bewahren! Doch das ist nicht der Sinn dieser Worte. Sie bedeuten vielmehr ein Leben in der Sünde, eine Fortdauer des Sündigens, wie es den unbekehrten Menschen kennzeichnet. Wenn wir daran denken, wie doch der Herr Jesus in steter Abhängigkeit von seinem Vater gelebt hat, wird uns das dahin leiten, zu wachen und nüchtern zu sein, uns vor der Sünde zu fürchten und in den Fußstapfen des Herrn zu wandeln!
„Und ihr wisst, dass er offenbart worden ist, damit er unsere Sünden wegnehme, und Sünde ist nicht in ihm“ (V. 5). „Die Sünden wegzunehmen“ war der große Zweck seines Kommens. Diese Worte führen uns gleichsam unter das Kreuz von Golgatha und lenken unsere Herzen auf das Lamm Gottes, das dort die Strafe für unsere Sünden erlitt, die wir verdient hätten. „Und Sünde ist nicht in ihm.“ Es ist ergreifend zusehen, wie Gott darüber wacht, dass sein geliebter Sohn nicht mit den Adamskindern auf einen Boden gestellt wird. Sowohl die prophetischen Hinweise wie auch die Vorbilder in den Opfern zeigen es uns so klar. Mit welcher Feinheit und Klarheit wird es uns auch in Verbindung mit seiner Geburt und mit seinem ganzen Leben in den Evangelien gezeigt! Es erfüllt unsere Herzen mit heiliger Bewunderung, der Person unseres geliebten Herrn in diesen Zeugnissen nachzuspüren.
„Jeder, der in ihm bleibt, sündigt nicht; jeder, der sündigt, hat ihn nicht gesehen, noch ihn erkannt“ (V. 6). In Kapitel 2,28 fordert der Apostel die Gläubigen auf, im Herrn zu bleiben, um so ohne Anstoß zu sein, bis zur Ankunft des Herrn. Hier hebt er hervor, dass „jeder, der in Ihm bleibt“, nicht sündigt. In Johannes 14,20 sagt der Herr: „An jenem Tag werdet ihr erkennen, dass ich in meinem Vater bin und ihr in mir und ich in euch.“ Durch den Glauben an den Opfertod des Herrn sind wir nun mit Ihm, dem verherrlichten Herrn, verbunden, oder wie der Herr sagt: „In Ihm“. Das Leben des Christus ist unser Teil geworden. Es ist aber notwendig, dies nicht allein im Glauben zu erfassen, sondern auch praktisch; dem Herzen nach darin zu verharren. Wenn auf meinem Weg Sünde geschah, so ist das ein Beweis, dass ich nicht in Ihm geblieben bin, denn unmöglich kann ich sündigen, wenn ich in Ihm bleibe, das heißt, in bewusster, lebendiger Gemeinschaft mit Ihm verharre. „In Ihm bleiben“, bedeutet Kraft und siegreiches Leben. Lasst uns unter Gebet wachen, dass es dem Feind nicht gelingt, die Verbindung des Herzens mit dem Herrn zu unterbrechen zur Verunehrung seines Namens und zu unserem großen Schaden!
„Jeder, der sündigt, hat Ihn nicht gesehen, noch Ihn erkannt.“ Diese Worte haben schon manches aufrichtige Gotteskind schwer beunruhigt. Vergessen wir nicht, dass uns hier zwei Familien vor Augen gestellt werden: die des Teufels und die Familie Gottes. Vorliegende Stelle kann unmöglich Kinder Gottes meinen, denn es wird nicht vorausgesetzt, dass sich ein Kind Gottes im Zustand des Sündigens befindet. Es handelt sich hier nicht um einzelne Fehltritte, sondern um eine Fortdauer auf dem Weg des Sündigens. Es gab schon zu Zeit der Apostel Personen, die ein äußeres Bekenntnis zum Christentum zur Schau trugen, in deren Leben aber nicht die geringste Änderung festzustellen war. Ihr ganzes Verhalten bewies, dass sie keine Wiedergeburt, keine Erneuerung durch den Heiligen Geist erlebt hatten. Diese wurden durch den ernsten Ausspruch des Apostels bloßgestellt, und die Kinder Gottes wussten nun, was sie von diesen zu halten hatten.
„Kinder, dass euch niemand verführe! Wer die Gerechtigkeit tut, ist gerecht, wie er gerecht ist“ (V. 7). Zu allen Zeiten hat es Menschen gegeben, die sich verstellten und sich als Gläubige, als Christen ausgaben, und so auf einfältige Kinder Gottes großen Einfluss auszuüben vermochten. Auch der Apostel Paulus redet von solchen, „die durch süße Worte und schöne Reden die Herzen der Arglosen verführen“ (Röm 16,18). Wie dringend notwendig ist es, wachsam zu sein, um nicht „durch den Irrtum der Ruchlosen mit fortgerissen zu werden und aus der eigenen Festigkeit zu fallen!“ (2. Pet 3,17). Manche Gläubige haben nicht gewacht, sind irregeführt worden, und erlitten großen Schaden am inwendigen Menschen. Die innere Stellung offenbart sich nach außen hin: „Wer die Gerechtigkeit tut, ist gerecht, wie er gerecht ist“, und „an ihren Früchten werdet ihr sie erkennen!“ (Mt 7,20). Ähnlich sind auch die echten Schafe des Herrn gekennzeichnet, indem der Herr sagt: Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir (Joh 10,27).
An die Philipper schreibt der Apostel Paulus von „der Gerechtigkeit aus Gott durch den Glauben“ (Phil 3,9). Welche Gnade und welch ein Vorrecht ist es, diese „zugerechnete“ Gerechtigkeit durch den Glauben zu besitzen! Liebe zagende, zweifelnde Seele, schaue auf den verherrlichten Christus zur Rechten der Majestät Gottes. Dort siehst du die Gerechtigkeit und Er ist deine Gerechtigkeit. So wie Christus der Maßstab und das vollkommene Muster für die Reinheit und Heiligkeit ist, so auch für die Gerechtigkeit. Es ist aber wichtig, sowohl zu erkennen, wie auch festzuhalten, dass die zugerechnete Gerechtigkeit sich auswirkt: sie „tut Gerechtigkeit“. Keineswegs wird damit gesagt, dass „Gerechtigkeit-tun“ unsere Sicherheit und Annahme bei Gott bildet. O nein, das kann nie sein. Die Grundlage unserer Errettung und Seligkeit ist einzig und allein die Person und das Werk unseres Herrn, der sich jetzt zur Rechten der Majestät in der Höhe befindet. Seine Annahme schließt meine und die Annahme aller, die da glauben, in sich. Sein Weilen droben bezeugt uns, dass Er gerecht ist, und wir sind „Gottes Gerechtigkeit in Ihm“. Wie groß und wunderbar ist dies!
„Wer die Sünde tut, ist aus dem Teufel, denn der Teufel sündigt von Anfang an. Hierzu ist der Sohn Gottes offenbart worden, damit er die Werke des Teufels vernichte“ (V. 8). Welch ein äußerst ernstes und schwerwiegendes Urteil über die, welche kein Leben aus Gott haben! Sie tun die Sünde. Das kennzeichnet ihre Abstammung und ihre Verbindung: „sie sind aus dem Teufel“. Es ist auffallend, dass der Herr auch den ungläubigen Juden sagen musste: „Ihr seid aus dem Vater, dem Teufel, und die Begierden eures Vaters wollt ihr tun. Jener war ein Menschenmörder von Anfang an und steht nicht in der Wahrheit, weil keine Wahrheit in ihm ist“ (Joh 8,44). Wie ist doch das Wort Gottes so übereinstimmend! Aber wie ernst ist es, wenn Gott vom natürlichen, unbekehrten, oft aber sogar sehr frommen und religiösen Menschen sagen muss, dass der Teufel ihr Vater ist! Gott sei gepriesen, dass mancher, dem man dies vorstellte, in sich kehrte und seine Zuflucht zum Erlöser, Jesus Christus, dem Sohn Gottes nahm und so der Sklaverei Satans entfloh!
Dem Wort „Anfang“ sind wir schon wiederholt begegnet! Unser Brief macht uns vertraut mit jenem Anfang, als Christus kam und uns die Liebe Gottes kundtat. Weiter wurde uns wichtig gemacht, was Er am Anfang brachte und ins Dasein gerufen hat, das, was in uns bleiben soll. Welch köstliches, unaussprechliches Teil ist dies!
Hier aber wird uns ein anderer Anfang vorgestellt und zwar in Verbindung mit dem Teufel. Er sündigt „von Anfang an“. Ohne auf seinen eigenen Fall zurückzukommen, sehen wir den Anfang seines Sündigens schon in Verbindung mit den ersten Menschen im Paradies. Auf eine listige Weise ist es ihm bei Eva gelungen, zunächst Misstrauen gegen Gott zu wirken, und damit dann auch den Hochmut. Alsdann war nur noch ein Schritt zum Ungehorsam und zur Übertretung des göttlichen Gebots. Welch furchtbare Folgen sind aus diesem ersten Fehltritt des Menschen hervorgegangen! Der Mensch wurde aus der lieblichen Gemeinschaft mit seinem Schöpfer gelöst und mit ihm verfiel das ganze Menschengeschlecht der Sklaverei und Sündenknechtschaft des Teufels.
Seit dieser Zeit ist Satan unermüdlich beschäftigt, den Menschen zum Sündigen zu verleiten. Vor allem ist er bemüht, das Dasein des heiligen und gerechten Gottes zu leugnen. Der Mensch soll auf keinerlei Weise beunruhigt werden. Aus dem gleichen Grund versucht er sich selbst zu tarnen, dass er nicht erkannt werden soll. Mit Vehemenz redet er dem Menschen ein: Es gibt kein Gericht und keine Verdammnis; er sagt: du brauchst es in deinem Leben nicht so genau zu nehmen, es gibt keine Abrechnung und keine Vergeltung. Gewissenlos wird deshalb in allen Schattierungen drauflos gesündigt. Wo es ihm aber nicht gelingt, den Glauben an einen lebendigen Gott zu erschüttern, da sucht er den Menschen durch allerlei Religionen zu betören und ihn zu veranlassen, durch eigenes Tun Gott zu befriedigen. Ach, ob gottfeindlich oder religiös, wohin wir auch unsere Blicke richten, überall beweist der Mensch seine Abstammung und Zugehörigkeit; er steht unter der Botmässigkeit des Teufels. Gottes Wort und das praktische Leben des Menschen bestätigen diese furchtbare Tatsache!
Wie unaussprechlich ist die Gnade unseres Herrn Jesus Christus dass Er gekommen ist, „die Werke des Teufels zu vernichten“. Wie kurz ist diese inhaltsreiche Mitteilung gehalten. Wir befanden uns in der Gewalt des Teufels und wenn es galt, uns zu befreien, dann musste der Widersacher überwunden werden. Der Herr selbst belehrte die Jünger indem Er sagte: „So steht geschrieben, dass der Christus leiden und am dritten Tag auferstehen sollte aus den Toten“ (Lk 24,46).
Er musste leiden und Er hat gelitten,
Der Christus, der von Gott verordnet war,
Er hat den größten Sieg, der je erstritten,
In Todeswehen errungen – wunderbar!
In das Haus des Starken drang ein „Stärkerer“, um ihn zu binden. Den vollen Sieg errang Christus über den Teufel am Kreuz. Von diesem Sieg sprach der Herr kurz vor seinem Tod: „Jetzt ist das Gericht dieser Welt; jetzt wird der Fürst dieser Welt hinausgeworfen werden“. Ja dort hat Er den Teufel, der Ihn gleich einem wütenden Löwen zu verschlingen drohte, durch seinen Tod zunichte gemacht, ihn, der die Macht des Todes hatte (Heb 2,14). Am Kreuz hat Er die Fürstentümer und Gewalten ausgezogen und über sie einen Triumph gehalten (KoI 2,14.15). Der mit dem Herrn gekreuzigte Räuber, den Er mit ins Paradies nahm, war ein Beweis seines Triumphes und Sieges.
Auch während seines Wandelns hier auf der Erde, steht der Herr den Gläubigen bei, dass Satan sie nicht anzutasten vermag. Bald kommt der herrliche Augenblick, wo Er die Erlösten alle zu sich ins Vaterhaus führen wird! „Der Gott des Friedens aber wird in kurzem den Satan unter eure Füße zertreten“ (Röm 16,20). In der antichristlichen Drangsalszeit wird er noch furchtbar wüten, aber dann für tausend Jahre gebunden, in den Abgrund geworfen werden. Nach den tausend Jahren wird er wieder aus seinem Gefängnis losgelassen werden und sich neu als derjenige betätigen, der von Anfang sündigte. Dann aber kommt seine endgültige Beseitigung, indem er in den Feuer- und Schwefelsee geworfen wird (Off 20,1–3; 7–10). In dem „ewigen Reich“ unseres Herrn und Heilandes sehen wir die volle Auswirkung und Frucht des Sieges von Golgatha.
„Jeder, der aus Gott geboren ist, tut nicht Sünde, denn sein Same bleibt in ihm; und er kann nicht sündigen, weil er aus Gott geboren ist“ (V. 9). Dieser Vers hat schon manche Kinder Gottes in Unruhe gebracht, weil sie ihn nicht recht verstanden haben. Wir müssen vor allem festhalten, dass der Apostel hier den neuen Menschen, den aus Gott geborenen, vor sich hat. Es ist klar, dass das Leben, das aus Gott ist, unmöglich sündigen kann. Ein veredelter Baum bringt nur die Frucht hervor, die dem Edelreis entspricht und dessen Kennzeichen trägt. Da findet man keine Holzäpfel, keine wilde Frucht. Der Same, der aus Gott ist, bleibt in dem Kind Gottes und trägt die ihm entsprechende Frucht. Das ist das unveränderliche Gesetz dieses Samens und Lebens. Die Tatsache, dass in dem Erlösten auch noch die böse Wurzel, die Sünde, ist, berührt der Apostel hier nicht.
„Hieran sind die Kinder Gottes und die Kinder des Teufels offenbar. Jeder, der nicht Gerechtigkeit tut, ist nicht aus Gott, und wer nicht seinen Bruder liebt“ (V. 10). Das Verhalten des Menschen offenbart deutlich, wessen Geistes Kind er ist. „Tut er nicht Sünde“, so beweist er, dass er Gottes Kind ist. Tut er die Ungerechtigkeit, so dokumentiert er, dass er nicht aus Gott ist. Der Herr möge in seiner Gnade in uns wirken, dass die neue Natur tätig ist und die noch in uns wohnende Sünde nicht wirksam wird; dann werden wir ein Zeugnis in dieser bösen Welt für den Herrn sein. Die Sünde ist das Kennzeichen derer, die aus dem Teufel sind. Der fromme religiöse Mensch lehnt es mit Entrüstung ab, ein „Kind des Teufels“ zu sein. Das war der Fall bei einer „christlichen“ Frau. Sie wusste auf die Frage, ob sie ein Kind Gottes sei, keine Antwort zu geben, und kam deshalb in große innere Unruhe. Sie stellte sich die Frage: „Wem gehöre ich an?“ Darauf erkannte sie, dass sie noch in der Gewalt Satans sei und seiner Familie angehöre. Überführt von ihrem verlorenen Zustand, nahm sie ihre Zuflucht zum Herrn, ergriff Ihn im Glauben als den, der für sie gestorben war, Nun wusste sie, dass sie errettet und ein Kind Gottes sei.
Der nicht wiedergeborene Mensch vermag nicht die Gerechtigkeit Gottes zu tun; er ist auch nicht imstande, „seinen Bruder zu lieben“. Der Apostel fügt hinzu: „Denn dies ist die Botschaft, die ihr von Anfang an gehört habt, dass wir einander lieben sollen; nicht wie Kain aus dem Bösen war und seinen Bruder ermordete; und weshalb ermordete er ihn? Weil seine Werke böse waren, die seines Bruders aber gerecht“ (Verse 11.12).
Diese Botschaft hatten die Jünger von Anfang an gehört. Der Herr hat sie in seinen Abschiedsreden wiederholt hervorgehoben. In Johannes 15,17 sagt Er: „Dies gebiete ich euch, dass ihr einander liebt“. Von Natur führt der Mensch sein Leben in Bosheit und Neid, „verhasst und einander hassend“ (Tit 3,3). Die erste Bestätigung dieser Wahrheit gibt uns die Tat Kains, der seinen Bruder ermordete. Weil Abel im Glauben Gott nahte, wurde er Ihm angenehm. Dem war aber nicht so bei Kain, und das rief seinen Hass hervor, und seine Tat bewies, dass er aus dem Bösen, dem Teufel war. Er wurde seines Bruders Mörder.
Kain fand viele Nachfolger. Ja, die ganze Welt ahmt Kain nach; sie hasst die Kinder Gottes. Sie hat die Natur ihres Vaters, des Teufels, der ein Menschenmörder von Anfang war. Es ist ganz eigenartig, wie sich die Unbekehrten durch den treuen Wandel der Kinder Gottes verurteilt fühlen. Selbst wenn der Gläubige kein Wort sagt, aber getrennt von all dem Treiben dieser Welt in Reinheit zu wandeln sucht, ruft es in dem Herzen des Weltmenschen Feindschaft, ja Hass hervor, er will nicht beunruhigt werden.
„Wundert euch nicht, Brüder, wenn die Welt euch hasst. Wir wissen, dass wir aus dem Tod in das Leben hinübergegangen sind, weil wir die Brüder lieben; wer den Bruder nicht liebt, bleibt in dem Tod“ (Verse 13.14). Von den Kolossern lesen wir, dass sie „Liebe zu allen Heiligen hatten“ (KoI 1,4). Den Thessalonichern konnte Paulus schreiben: „Was aber die Bruderliebe betrifft, so habt ihr nicht nötig, dass wir euch schreiben, denn ihr selbst seid von Gott gelehrt, einander zu lieben, denn das tut ihr auch allen Brüdern gegenüber“ (1. Thes 4,9.10).
Wie gesegnet ist es zu wissen, dass wir aus dem Tod in das Leben übergegangen sind! Von Natur sind wir geistlich tot. Da kommt gar nichts hervor, was Gott gefallen könnte. Sobald aber der Mensch durch die Wiedergeburt Leben aus Gott empfangen hat, beginnt als ein Beweis der Errettung, die Liebe zu den Brüdern in Tätigkeit zu treten. Sie ist die wahrnehmbare Frucht des dem Erlösten mitgeteilten neuen Lebens.
„Jeder, der seinen Bruder hasst, ist ein Menschenmörder und ihr wisst, dass kein Menschenmörder ewiges Leben in sich bleibend hat“ (V. 15). Sollte diese ernste Darstellung nicht eine tiefe Wirkung auf uns ausüben, um uns vor einer Gesinnung des Hasses, auch in ihrer mildesten Form, zu bewahren? Unseren Geschwistern nicht zu vergeben, oder irgendetwas nachzutragen, ist im Grunde genommen auch Hass. Lasst uns viel in der Gegenwart des sanftmütigen und von Herzen demütigen Herrn weilen, um von dem Geist der Unversöhnlichkeit und des Nachtragens befreit zu werden.
„Hieran haben wir die Liebe erkannt, dass er für uns sein Leben hingegeben hat; auch wir sind schuldig, für die Brüder das Leben hinzugeben“ (V. 16). Dieser Vers führt uns unter das Kreuz von Golgatha, hier allerdings nicht, um uns das Heil in Christus anzueignen – wir besitzen es seit dem Tag, da wir bekehrt wurden – vielmehr aber, dass wir im Anschauen seiner Selbsthingabe, ein Beispiel finden möchten, von der Liebe zu unseren Brüdern, und von der Bereitschaft, auch unser Leben für die Brüder darzulegen. Der Herr selbst sagt: „Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr einander liebt, dass, wie ich euch geliebt habe, auch ihr einander liebt“ (Joh 13,34.35). An und für sich wird es wohl äußerst selten vorkommen, dass die Umstände solche Forderungen an unsere Liebe stellen. Bei den Galatern z.B. gab es eine Zeit, wo sie, wenn möglich, ihre Augen ausgerissen und dem Apostel gegeben hätten (GaI 4,15). Von Priska und Aquila schrieb der Apostel den Römern, dass sie für sein Leben ihren eigenen Hals preisgegeben haben. Die Liebe des Apostels zu seinen Brüdern dem Fleisch nach ging so weit, dass er wünschte, um ihretwillen durch einen Fluch von Christus entfernt zu sein (Röm 9,3). Tief bewegt wurde ich, als mir ein Bruder, der durch Hausbrand sehr geschädigt wurde, schrieb: „Eine Schwester, die in dienender Stellung ist, sandte uns zu unserer Ermunterung alles was sie besaß“.Solche Bemühung der Liebe ist überwältigend.
Der Liebe grabe fleißig nur
Kanäle tief und breit!
Gib Acht, sie füllt sie alsogleich
Mit Fluten, warm und weit.Wer nicht mehr gibt, misst was er hat
An Liebe, treu und zart;
Wer austeilt, der empfängt nur mehr
Das ist der Liebe Art.
„Wer aber irgend irdischen Besitz hat und sieht seinen Bruder Mangel leiden und verschließt sein Herz vor ihm, wie bleibt die Liebe Gottes in ihm?“ (V. 17). Gott hat die größte Gabe, die Er geben konnte, für uns dahingegeben. Überwältigt ruft der Apostel aus:
„Gott sei Dank für seine unaussprechliche Gabe!“ (2. Kor 9,15). Der Genuss der Liebe Gottes und des Christus macht das Herz willig und mitteilsam. In dem Maß, wie die Liebe erkaltet, erkaltet auch die Empfindung den Bedürfnissen und Nöten der Brüder gegenüber.
Der Herr belehrt uns sehr ernst über diesen Gegenstand, wenn Er sagt: „Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon, damit, wenn er zu Ende geht, ihr aufgenommen werdet in die ewigen Hütten. Wer im Geringsten treu ist, ist auch in vielem treu, und wer im Geringsten ungerecht ist, ist auch in vielem ungerecht“ (Lk 16,9.10). Weil das Herz des Menschen so trügerisch ist, fordert hier Johannes, als Vater in Christus neu auf: „Kinder, lasst uns nicht lieben mit Worten noch mit der Zunge, sondern in Tat und Wahrheit!“ (V. 18). Vers 19 zeigt uns die Bedeutung der tätigen Liebe, wo dem Bekenntnis auch sofort die Tat folgt. Dies ist dann für uns selbst der Beweis, dass wir aus der Wahrheit sind und das ist ein kostbares Bewusstsein für unsere Herzen in der Gegenwart des Herrn. Es ist zwar auch möglich, dass unser Herz uns verurteilt, denn wir sind schwach und hinfällig. Das ist einerseits demütigend für unsere von Natur überheblichen Herzen, andererseits zeigt es uns, dass die richtigen Gefühle in unseren Herzen vorhanden sind. Wir werden die Erfahrung machen: „Wenn unser Herz uns verurteilt, Gott größer ist als unser Herz und alles kennt“ (V. 20).
Du kennst unsre Herzen,
Du kennst jede Not,
O Du treuer Gott!
Wo der Menschen Hilf zu Ende,
Bleiben mächtig deine Hände.
„Geliebte, wenn unser Herz uns nicht verurteilt, so haben wir Freimütigkeit zu Gott“ (V. 21). Welch liebliche, zarte Anrede: „Geliebte!“ Wiederholt begegnen wir diesem Ausdruck in diesem Brief. Er weist vor allem darauf hin, dass alle Erlösten Gegenstände der ewigen, unveränderlichen Liebe Gottes sind. Dieses Bewusstsein ist in einer Welt, die im Bösen liegt, und die nur Hass und Feindschaft kennt, überaus kostbar. Es gibt dem Herzen Halt und Kraft, wenn es hier auf der Erde durch mancherlei Übungen und Schwierigkeiten geht. Das Herz ruht in dieser Liebe und sie gibt ihm Freimütigkeit mit allen Anliegen vor dem Thron der Gnade zu erscheinen, wissend, wenn „wir seine Gebote halten und das vor ihm Wohlgefällige tun“ (V. 22), dass wir auch Erhörung finden werden.
Ein Herz, das in Übereinstimmung mit dem Vater ist, wird Ihm nur Bitten unterbreiten, die der Heilige Geist wirkt. Das sind vor allem Bitten, welche die Verherrlichung Gottes und seines Sohnes zum Gegenstand haben; ferner das Wohl seines Volkes und die Förderung seines Werkes in dieser Welt. Viele Stellen des Wortes Gottes fordern uns auf, die Reichtümer der Schatzkammer Gottes mit Freimut in Anspruch zu nehmen. Gottes Herz wird erfreut, wenn wir recht viel von Ihm verlangen.
Die Schätze deiner Gnade
Sind auf dem Pilgerpfade
Den deinen reichlich aufgetan!
„Und dies ist sein Gebot, dass wir an den Namen seines Sohnes Jesus Christus glauben und einander lieben, wie er uns ein Gebot gegeben hat. Und wer seine Gebote hält, bleibt in ihm, und er in ihm; und hieran erkennen wir, dass er in uns bleibt, durch den Geist, den er uns gegeben hat“ (Verse 23.24). Man möchte vielleicht hier den Einwand machen, dass es sich hier doch um solche handelt, die schon geglaubt haben. Gewiss! Hinsichtlich der Errettung haben sie an den Herrn Jesus geglaubt, aber darum geht es hier nicht. Es handelt sich darum, auf dem Glaubenspfad Auge und Herz ununterbrochen auf den Herrn gerichtet zu halten, an Ihm sich zu ergötzen und zu weiden. Der Feind ist stets bemüht etwas zwischen uns und den Herrn zubringen und uns seine Person zu verdunkeln. Es gilt zu wachen, dass der Herr nicht aus unserem Gesichtskreis verdrängt werde. Christus im Glauben zu betrachten bedeutet, Kraft, Freude und Ausharren, und das macht wieder fähig, einander zu lieben und das diesbezügliche Gebot zu erfüllen.
Als der Herr Jesus hier auf der Erde wandelte, war Er allezeit gehorsam. Er hielt Gottes Gebote und so blieb Er im Vater und der Vater in Ihm. So kann es beim Gläubigen auch nicht anders sein. Auf dem Weg des Gehorsams erfreut sich der Gläubige des Herrn und genießt in Christus Gott selbst, dessen Natur und Leben wir teilhaftig geworden sind. Welch ein gesegnetes Teil!
Welche Gnade! Wir sind nicht angewiesen auf Vermutungen, oder bloße Gefühle, nein, Gott hat uns seinen Geist gegeben und durch diesen erkennen und genießen wir Gott selbst. Welch eine innige Verbindung wird durch die Sendung und Innewohnung des Heiligen Geistes bewirkt! Wir können nicht anders als in heiliger Bewunderung ausrufen: „Dem allein weisen Gott durch Jesus Christus, Ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit! Amen.“ (Röm 16,27).