Betrachtungen über die Briefe des Apostels Johannes
1. Johannes 2
In den ersten Versen des 2. Kapitels sehen wir den treuen Knecht des Herrn als einen wahren „Vater in Christus“ die Seinen in Liebe unterweisend und sie auffordernd: „Meine Kinder, ich schreibe euch dies, damit ihr nicht sündigt“ (V. 1).
Tiefen Frieden und selige Freude verleiht es der Seele, die ihre Zuflucht zu Jesus, dem Lamm Gottes, genommen hat, und die nun im Glauben festhält: „Das Blut von Jesus Christus, seines Sohnes, reinigt uns von aller Sünde“. Dieses Wort steht geschrieben über ihre ganze Vergangenheit und über ihren ganzen Zustand von Natur.
Welch eine gesegnete Tatsache ist dies! Niemals kann man genug dafür danken! Ja, mit Recht sagt der Dichter:
Gott, Dich würdig zu verehren,
Reicht die Ewigkeit nicht hin.
Möcht schon hier dein Lob sich mehren,
Ganz erfüllen Herz und Sinn!
Nun aber steht über dem jetzt betretenen Pfad des Glaubens gleichsam die Überschrift: „Sündigt nicht!“
Die Aufforderung, nicht zu sündigen, finden wir auch in 2. Mose 20,20. Aber welch ein ganz anderer Boden ist dort! Am Berg Sinai offenbarte Gott seine Heiligkeit und tat seine gerechten Forderungen kund. Das Volk stand zitternd von ferne. Wohl sagt Mose: „Fürchtet euch nicht!“, fügt aber hinzu, dass Gottes Furcht vor ihrem Angesicht sein sollte, dass sie „nicht sündigten“. Das Gebot gab aber keine Kraft, um dieser Aufforderung nachkommen zu können, obwohl das Volk kurz zuvor versprochen hatte: „Alles, was der HERR geredet hat, wollen wir tun!“ Wenn aber damals schon, angesichts der Güte Gottes, das nicht Sündigen erwartet wurde, wieviel mehr gilt es jetzt, nachdem Gott solch ein großes Opfer in der Person seines eigenen Sohnes gebracht hat, um uns von der Sündenschuld und von dem ewigen Gericht zu entbinden, nicht zu sündigen! Der erste Beweggrund dazu soll der Gedanke daran sein, was es unseren hochgepriesenen Herrn gekostet hat, und wie Er, der Reine und Fleckenlose, den Zorn eines heiligen Gottes für unsere Sünden auf dem Fluchholz getragen hat. War unsere Sündenschuld nicht schon so groß genug?
Durch Sündigen verlieren wir den Genuss der Liebe und der Gemeinschaft unseres Gottes und Vaters. Wir betrüben dadurch den in uns wohnenden Heiligen Geist und machen uns unfähig, ein Zeugnis für den Herrn zu sein. Wenn von uns gefordert wird, nicht zu sündigen, dann ist auch die Möglichkeit vorhanden, als Sieger über die Sünde einhergehen zu können. Der Heilige Geist ist uns geschenkt als die Kraft für unseren Kampf des Glaubens. Lassen wir uns durch Ihn leiten, dann herrscht nicht die Sünde über uns, Er befähigt uns, in „Neuheit des Lebens“ zu wandeln (Röm 6,4). Ach, dass wir so vielfach nicht unter der Leitung des Geistes stehen, aufhören zu wachen, nachlassen im Gebet und darum so leicht in irgendeine Sünde fallen, sei es in Gedanken, Worten oder Taten!
Weil Gott heilig ist, so muss Er auch von uns Heiligkeit fordern. Er kann die Sünde bei seinen Kindern weder dulden noch sie übersehen. Wir sahen schon, dass Er von seinem Kind, das gesündigt hat, ein rückhaltloses und reumütiges Bekenntnis erwartet, um dann die Sünden zu vergeben, und dies tut Er, weil Er treu und gerecht ist. Vers 1 und 2 des Kapitels machen uns eingehender vertraut mit dem Grund, warum Gott uns nach einem aufrichtigen Bekenntnis die Sünden vergeben kann. Er fordert wohl auf, „nicht zu sündigen“; weil Er aber weiss, was wir sind, und wie leicht wir durch Unwachsamkeit in die Sünde fallen können, lässt Er uns seine gnadenreiche Vorsorge erkennen selbst für solch einen Fall. Unser Gott und Vater kann seine Kinder niemals aufgeben. Gepriesen sei seine wunderbare Liebe!
Es ist ergreifend, wie sofort nach der Aufforderung, nicht zu sündigen, für den Fall, dass es doch vorkam, die Gedanken hingelenkt werden auf den Herrn Jesus Christus, den Gerechten, der dort beim Vater als der Sachwalter der Seinigen tätig ist. Hier ist es nötig, noch einmal zurückzugreifen auf das Bekennen unserer Sünden. Auf welchem Weg wird das Bekenntnis hervorgebracht? Bei näherer Betrachtung werden wir sehen, dass es die Frucht des Dienstes unseres treuen Herrn ist, als unser „Sachwalter beim Vater“.
Klar und deutlich wird uns dies dargestellt in der Geschichte des Apostels Petrus. Wir erinnern uns daran, dass, als der Herr bei der Fußwaschung zu Petrus kam, dieser entschieden abwehrte und nicht zulassen wollte, dass ihm der Herr, den er als den Christus, den Sohn des Iebendigen Gottes, kennen gelernt hatte, die Füße wusch. Der Herr belehrt den sich weigernden Jünger dahin, dass seine Handlungsweise eine bildliche Bedeutung habe, die Petrus später verstehen würde. Weil aber Petrus immer noch abwies, sagte ihm der Herr: „Wenn ich dich nicht wasche, so hast du kein Teil mit mir“ (Joh 13,1–11). Petrus verstand die Bedeutung des Wortes: Teil mit dem Herrn zu haben.
Dieses Teil wollte er geniessen (V. 9). Es ist in der Tat eine große Gnade, errettet zu sein und dadurch Teil an dem Herrn zu haben. Der Herr begehrt aber für uns, das wir Teil nicht nur an Ihm, sondern auch mit Ihm haben, was bedeutet, dass wir uns an Ihm und mit Ihm freuen, so wie Er jetzt in der Herrlichkeit ist, bei dem Vater. Die uns erworbene und geschenkte Errettung ist eine vollkommene, ewige und unbereubare, gegründet auf das ein für alle Mal vollbrachte und ewig vollgültige Erlösungswerk von Jesus Christus. Dem Herrn sei Lob und Dank dafür! Die Freude dieser Errettung und der Genuss der Gemeinschaft mit dem Herrn und mit dem Vater steht und fällt aber mit unserer Treue. Auch der leiseste unreine Gedanke unterbricht schon diesen Genuss; da hat man wohl noch immer Teil an dem Herrn als dem Erretter, aber kein Teil mit Ihm als dem, der treu ist. Der Herr wusste, wohin es mit Petrus kommen würde. Er warnte ihn und sagte ihm zum voraus, das er Ihn verleugnen würde, wie auch, dass Er für ihn gebetet habe. Es ist überaus ergreifend zu sehen, wie der Herr seinen Jünger nicht vergisst. Welch ein starker Trost ist dies für uns alle, die wir Ihm angehören! Anbetungswürdiger Herr!
Als Petrus den Herrn zum dritten Mal verleugnete und der Hahn krähte, blickte Er, der dort vor seinen Richtern stand, sich umwendend, Petrus an. In demselben Augenblick erinnerte sich Petrus an das Wort des Herrn. Bitterlich weinend ging er hinaus. Welche Liebe des Herrn, die das Herz des Petrus erreicht! Das Wort des Herrn brachte sein Gewissen in Tätigkeit. Die Frucht davon war der tiefe Schmerz und die aufrichtige Reue des Petrus. Dies war erst der Anfang seiner Wiederherstellung. Diese fand ihre Vollendung erst, als der siegreiche, auferstandene Herr ihm, als dem ersten der Jünger, begegnete und ihn zur vollen Ruhe brachte. Das verstand Petrus und wusste wohl auch die Bedeutung der Fußwaschung zu schätzen.
Lasst uns nun zurückkehren zu unserem Abschnitt. Unsere Blicke werden dort auf den Sachwalter beim Vater, Jesus Christus, den Gerechten gelenkt. Auffallend ist, dass, wenn es sich um das Bekennen unserer Untreue handelt, wir es mit Gott zu tun haben. Der heilige Gott ist verunehrt, die Person Jesus und sein Opfer nicht gewertet, und der Heilige Geist betrübt worden. Deshalb lesen wir, dass Gott vergibt. Das Kindesverhältnis ist gestört, aber der Vater gibt seine Kinder nicht auf. Wer durch Erlösung und Wiedergeburt ein Kind Gottes geworden ist, der bleibt es auf ewig. Es ist die Gnade, die dieses Band geknüpft hat. Welch ein großer Trost und welch gesegnete Zustimmung des Wortes! Der Feind sucht die Seelen, wenn sie eine Sünde begangen haben, zu beunruhigen und mit Zweifeln zu quälen, ob sie wohl auch wirklich Kinder Gottes seien. Doch – Gott sei dafür gepriesen! – das Kindesverhältnis geht nicht verloren, aber die Freude und der Genuss dieses Verhältnisses werden untergraben. Der Herr aber bemüht sich, die Seelen zur Beugung und Demütigung zu führen. Jetzt erfahren wir die Tätigkeit unseres Sachwalters beim Vater, der als der Gerechte sich für uns verwendet. Wer von uns vermag zu erfassen, was der Herr Jesus als „der Gerechte“ für das Vaterherz Gottes ist! Es gibt viele, die durch Glauben gerecht geworden sind, und die auch als Gerechte hier wandelten, aber als vollkommen Gerechten, von Anfang bis ans Ende des Weges hier, gab es nur einen. Es ist unser hocherhobener Herr! Als solchen bekennen Ihn Stephanus (Apg 7,52) und Jakobus (Jak 5,6). Selbst Pilatus und Judas Iskariot müssen von Ihm bezeugen, dass Er unschuldig ist. Niemand konnte Ihn einer Sünde bezichtigen. Der Fürst dieser Welt kam und hatte „nichts in Ihm“ (Joh 14,30).
Er, der Gerechte, ist aber auch die Sühnung für unsere Sünden. Als solcher ist Er für uns beim Vater tätig. So wie Er einst für Petrus betete, so redet Er jetzt mit dem Vater auch über uns und betet für uns. Der Vater blickt auf Ihn, den Gerechten, sieht Ihn, der Ihn nicht allein im Leben, sondern auch im Tod am Kreuz so vollkommen verherrlichte und durch sein Blut Sühnung für unsere Sünden bewirkte. Auf die Fürbitte des Herrn hin ist der Heilige Geist wirksam im Herzen und Gewissen des verunreinigten Kindes Gottes. Einerseits stellt Er uns die unfassliche Liebestat des Herrn Jesus auf dem Kreuz vor, und dann überführt Er durch Gottes Wort das Gewissen von der begangenen Untreue und Verunreinigung, und wirkt heilsamen Schmerz darüber und auch das Bekenntnis der Sünde. Wenn nun ein solches Bekenntnis stattgefunden hat, dann wirkt der Heilige Geist wiederum durch das Wort Gottes im Herzen die Gewissheit, dass Gott infolge seiner Treue und Gerechtigkeit die Sünden vergeben und uns gereinigt hat von aller Ungerechtigkeit. Welch wunderbare, göttlich vollkommene Fürsorge ist doch getroffen worden selbst auch für unsere Wiederherstellung nach irgendwelchen Verunreinigungen! Ohne diese Fürsorge würden wir nicht allein schon bald die Freude des Heils verlieren, sondern das Ziel überhaupt nicht erreichen.
Am Throne der Gnade – wer fasset dies Glück?
Begegnet uns, Jesu, Dein huldreicher Blick.
Du Menschensohn auf Gottes Thron,
Vertrittst uns dort immer, versäumest uns nimmer,
Bist unser getreuer Sachwalter.
Wir sehen also, wie alles von Gott ist. Er gab in der Person seines geliebten Sohnes das Lamm für uns in den Tod. Er hat Ihn aus den Toten auferweckt und Ihn für uns als den großen, mitleidsvollen Hohenpriester eingesetzt. Als solcher ist der Herr am Thron der Gnade für uns tätig, um uns zu bewahren vor Verunreinigungen (Heb 4,15.16). Hat eine solche aber dennoch stattgefunden – was allerdings nicht sein sollte – dann ist der Herr, wie einst bei Petrus, mit unserer Wiederherstellung und Reinigung beschäftigt, damit wir wieder Teil mit Ihm und dem Vater haben im Licht. Welche Gnade! Noch einmal sei aber hervorgehoben, dass wir es ja nicht leicht nehmen sollen mit unseren Verunreinigungen auf dem Weg.
Ein Beispiel, wie genau es Gott nimmt mit der Reinheit, haben wir in den Priestern des Alten Bundes. Diese wurden bei ihrer Einweihung ganz gebadet. Dies ist ein Bild der Wiedergeburt. Wenn sie aber aus dem Lager wieder dem Heiligtum nahten, um ihren Dienst auszuüben, waren sie des Todes, falls sie nicht zuvor in dem ehernen Waschbecken ihre Hände und Füße gewaschen hatten (2. Mo 30,17–21). Je mehr wir nachdenken über die Leiden, die der Herr für unsere Sünden erdulden musste, umso mehr werden wir uns fürchten, wieder irgendeine Sünde zu begehen. Und ist es dennoch geschehen, dann wird auch umso mehr Schmerz darüber vorhanden sein; und wir werden uns keine Ruhe gönnen, bis sie bekannt und alles Gott entsprechend geordnet ist. Andrerseits lasst uns aber beherzigen, dass unser Gott dem Bösen gegenüber ein „verzehrendes Feuer“ ist (Heb 12,29).
Es mag noch kurz die Bedeutung der zweiten Hälfte des 2. Verses hervorgehoben werden, dass der Herr die Sühnung ist „nicht allein für unsere Sünden, sondern auch für die ganze Welt“. Ein Wort aus Römer 3 mag helfen, diese Stelle uns verständlicher zu machen. Dort lesen wir in Vers 22, dass „Gottes Gerechtigkeit offenbart worden ist gegen alle und auf alle, die da glauben“. Alle können diese Gerechtigkeit erlangen, aber nur denen wird sie zugerechnet, die im Glauben das Werk des Christus erfassen. Alle aber können Nutzen davon haben, wenn sie zu Ihm umkehren. Es ist sehr wichtig festzuhalten, dass Sühnung nicht Stellvertretung bedeutet. Weil über das Wort: „Er ist die Sühnung für unsere Sünden, nicht allein aber für die unseren, sondern auch für die ganze Welt“, vielfach große Unklarheit besteht, sei hier einiges aus der Feder eines bewährten, schon vor Jahren entschlafenen Bruders hinzugefügt.
„Der Gläubige darf sagen, dass alle seine Sünden gesühnt sind, und er kann hinzufügen, dass diese Sühnung in ihrem Wert und in ihrer Wirksamkeit sich auf die ganze Welt erstreckt, so dass jedermann kommen kann und gleich ihm von derselben Gebrauch machen kann; ja, mehr noch, das ganze Weltall wird einmal die gesegneten Folgen dieses Sühnungswerkes genießen. Ganz falsch aber wäre es, wenn man aus den angeführten Worten den Schluss ziehen wollte, dass Christus die Sühnung der ganzen Welt oder der ganzen Menschheit sei. Der Gedanke der Sühnung beziehungsweise Entfernung der Sünden der ganzen Welt ist der Schrift völlig fremd. Nirgendwo lehrt sie, dass Christus alle Sünden getragen habe, oder mit anderen Worten, dass Er – und damit kommen wir zu der wahren Bedeutung des Wortes „Stellvertretung“ – für die Vergehungen und Schulden aller Menschen haftbar gemacht worden sei und an der Stelle der Schuldigen die gerechte Strafe von Seiten Gottes getragen habe. Wäre das geschehen, so könnte kein Mensch verloren gehen. Gott wäre ungerecht, wenn Er noch irgendeine Forderung an den Sünder stellen wollte; die Lehre von der ewigen Verdammnis wäre eine Fabel und die ewige Vergeltung eine Lüge. Wenn die Schrift von Sündenvergebung redet, so spricht sie immer nur von „vielen“, niemals von „allen“.“
Wir sahen zuletzt, wie der Apostel mit wenigen, aber äusserst klaren und inhaltsreichen Worten uns die Fürsorge des Vaters vor Augen stellt, für den Fall, dass ein Kind Gottes sich irgendwie verunreinigt. Im 3. Vers geht er dazu über, die Kennzeichen des neuen Lebens hervorzuheben: „Und hieran wissen wir, dass wir ihn kennen, wenn wir seine Gebote halten“. Gehorsam ist die Frucht des neuen, göttlichen Lebens, das dem Gläubigen in der Wiedergeburt geschenkt wurde, nämlich das Leben Jesu Christi. Es ist lieblich zu sehen, wie bei denen, die noch nicht lange der Errettung teilhaftig geworden waren, zugleich das Verlangen wach wurde, das zu tun, was der Herr den Seinigen gebietet. Aus Liebe und Dankbarkeit begehren sie zu gehorchen. Das sehen wir auch so schön bei Saulus von Tarsus. Als der Herr ihm auf dem Weg nach Damaskus begegnete, und er erkannte, dass er es mit dem Sohn Gottes zu tun hatte, da war seine zweite Frage: „Was soll ich tun, Herr?“ (Apg 22,10). Und als er vor dem König Agrippa seine Bekehrung erzählte, erwähnte er auch den Auftrag, den ihm der Herr gegeben hatte, und fügte hinzu: „Daher... war ich dem himmlischen Gesicht nicht ungehorsam“ (Apg 26,19). Äusserst ergreifend ist es, zu sehen, wie in dem Brief an die Philipper der Gehorsam des Sohnes Gottes hervorgehoben wird. Er „wurde gehorsam bis zum Tod, ja bis zum Tod am Kreuz“ (Phil 2,8). In Hebräer 5,8 lesen wir, dass Er an dem, was Er litt, „den Gehorsam lernte“. In Philipper 2,12 wird dann den Gläubigen das liebliche Zeugnis ausgestellt, dass sie „allezeit gehorsam“ waren. Wie viel ist wohl in den zwei Worten: „allezeit gehorsam“ enthalten! Welche Übungen hat es bei jenen Gläubigen, die die meisten aus dem dunklen Heidentum gekommen waren, gegeben! Kann dies auch von uns gesagt werden?
Nach 1. Petrus 1,2 sind die Erlösten Gottes berufen und geheiligt „zum Gehorsam … Jesu Christi“. Das ist ein hoher Maßstab, aber Gott kann uns keinen niedrigeren geben. Wenn Er aber solchen Gehorsam von uns fordert, dann gibt Er dazu alles Erforderliche. Die neue Natur in uns hat ihre Freude daran, den klar bezeichneten Forderungen, den Geboten Gottes, nachzukommen. Die Kraft dazu ist der in uns wohnende Heilige Geist. Als der Herr auf der Erde war, da ist es vollkommen wahr gewesen, was von Ihm längst zuvor geschrieben stand: „Dein Gesetz ist im Innern meines Herzens“ (Ps 40,8), und deshalb entsprach dem auch vollkommen sein ganzes Leben.
Auf seinem Weg sehen wir dann, in welch einem vollkommenen Gehorsam Er voranging, stets wartend auf die Anweisungen seines Vaters. Jeden Morgen ließ Er sich das Ohr wecken, um zu hören, gleich solchen, die belehrt werden. Er folgte und wich nicht zurück (Jes 50,4.5). Jede seiner Handlungen geschah in völliger Abhängigkeit von seinem Vater. Welch ein Gehorsam! Wie kostbar war dies für das Herz des Vaters! Selbst hinsichtlich seiner Dahingabe sagte der Herr: „Dieses Gebot habe ich von meinem Vater empfangen“ (Joh 10,18).
Die wahre Erkenntnis des Herrn Jesus führt in diese Fußstapfen seines Gehorsams. Was bei Ihm vollkommen war, ist bei uns, je nachdem wir zu Ihm stehen, mehr oder weniger ausgeprägt vorhanden. Wir können nur gesegnet sein, wenn wir uns im Licht Gottes ernstlich fragen, inwieweit wir dem uns vom Herrn beigelegten Namen „Kinder des Gehorsams“ entsprechen. Von einem bereits heimgegangenen Bruder sagte sein Vater: „Er hat mich nie betrübt“.
Geliebte Geschwister, Hand aufs Herz! Wie viel Eigenwille offenbart sich so vielfach in unserem täglichen Leben! Es ist gut, sich im Licht des Wortes Gottes zu prüfen. Dieses Wort enthält Belehrungen für jeden Stand, ob Mann, Frau, Kinder, Herren oder Knechte. Haben wir uns ein jeder da, wo der Herr uns hingestellt, als Kinder des Gehorsams erwiesen? Und wie viel Eigenwillen und Ungehorsam zeigt sich in dem gemeinschaftlichen Leben der Kinder Gottes! O lasst uns zum Herrn flehen: „Herr, wirke, dass dein Gehorsam in unserem Leben mehr gesehen werde!“ Eine Sonntagsschullehrerin in China hat den Kindern das Leben des Herrn Jesus in den Tagen seines Hierseins beschrieben. Da rief ein Mädchen aus: „Den Mann kenne ich!“ Die Lehrerin war ganz überrascht und fragte: „Woher kennst du Ihn?“ Darauf hat es sich herausgestellt, dass in dem Heimatort des Mädchens ein solch treuer Christ lebte. Wie schön und welch ein liebliches Zeugnis war es, nicht wahr, dass dieser Gläubige in seinem Leben und Wandel dieselben Eigenschaften offenbarte wie der Herr.
Sehr bezeichnend ist es, dass der Brief an die Römer sowohl im ersten wie auch im letzten Kapitel das Wort „Glaubensgehorsam“ enthält. Von den dortigen Gläubigen selbst wird auch gesagt: „Gott aber sei Dank, dass ihr Sklaven der Sünde wart, aber von Herzen gehorsam geworden seid dem Bild der Lehre, dem ihr übergeben worden seid“ (Röm 6,17). Lieblich ist zu sehen, wie schon der Psalmist bezeugt: „Ich eile und säume nicht, deine Gebote zu halten“ (Ps 119,60). Ergreifend ist der Gehorsam Abrahams, der sich „frühmorgens“ aufmachte, um das so schwere Gebot Gottes zu erfüllen (1. Mo 22,3). Es ist schon zuvor betont worden, dass die uns geschenkte neue Natur, die aus Gott ist, nichts anderes wünscht, als nur den Weg des Gehorsams zu gehen.
Es gibt in unseren Tagen viel Bekenntnis ohne Wirklichkeit. Hier in 1. Johannes 2,4 haben wir den Prüfstein, um zu erkennen, ob das Bekenntnis eines Menschen wirklich echt ist. Der Herr selbst hat schon gesagt: „An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen.“ „Ein guter Baum kann keine schlechten Früchte bringen, noch kann ein fauler Baum gute Früchte bringen“ (Mt 7,16–20). Ein Mensch mit einem Bekenntnis ohne Leben aus Gott kann für eine Zeit täuschen, es wird aber nicht lange verborgen bleiben, dass er ein Lügner ist. Er kennt Jesus als seinen Erretter und Herrn nicht. Wie viele solche Menschen gibt es heutzutage in der Christenheit! Gott kennt das Herz und sucht nicht ein bloßes Bekenntnis, sondern Wirklichkeit!
In dem 14. Kapitel des Evangeliums Johannes finden wir, dass der Herr von denen, die Ihn lieben, das Halten seiner Gebote erwartet. Er geht dann aber noch weiter und sagt: „Wenn jemand mich liebt, so wird er mein Wort halten“ (Verse 15,21.23). Ähnlich sagt der Apostel, dass das Halten der Gebote des Herrn der Beweis davon sei, dass der Betreffende den Herrn wirklich kennt. In 1. Johannes 2,5 geht er noch weiter und sagt, dass, wer irgend das Wort des Herrn hält, in diesem die Liebe Gottes vollendet ist. Das Neue Testament macht uns bekannt mit den für uns maßgebenden Geboten des Herrn. Es dürfte wohl jedem unserer Leser klar sein, dass es sich hier nicht um die Gebote vom Sinai handelt. Wenn wir nun tun, was Er uns gebietet, so erkennt Er uns an als seine Freunde. Wir finden in Johannes 15,12 ein sehr wichtiges Gebot des Herrn: „Dies ist mein Gebot, dass ihr einander liebt, wie ich euch geliebt habe“. Dazu gehört aber auch die Pflicht, dass wir einander „die Füße waschen“ (Joh 13,14). Der Herr hat auch geboten, dass wir beten sollen, ohne zu ermatten (Lk 18,1; siehe auch Mt 9,38). Es ist auch ein Gebot seiner Liebe, wenn Er, nachdem Er den Jüngern nach dem Passahmahl das Brot und den Kelch gereicht hat, sagt: „Dies tut zu meinem Gedächtnis“ (Lk 22,19.20). Die Gebote des Herrn drücken völlig klar den Willen des Herrn bezüglich der einen oder anderen Sache aus. Der Heilige Geist macht uns mit diesen einzelnen Geboten vertraut; und wer aus Gott geboren ist, fühlt, dass es gilt, diesen Geboten nachzukommen. Für einen treuen Christen ist der Gehorsam ein Vorrecht und eine Freude, niemals eine Last.
Das Wort des Herrn ist jedoch der volle Ausdruck seiner selbst. Der Heilige Geist, der in dem Gläubigen wohnt, erweist sich in diesem wirksam durch das Hervorbringen der Gesinnung Jesu Christi, und zwar nicht allein was die Demut betrifft (Phil 2,5), sondern auch hinsichtlich der Ausführung des „guten und wohlgefälligen und vollkommenen Willens Gottes“ (Röm 12,2).
Ein Kind Gottes, das sich durch den Heiligen Geist leiten lässt, befolgt nicht allein die klar ausgesprochenen Gebote des Herrn, es begehrt vielmehr, „erfüllt zu sein“ mit der Erkenntnis des Willens Gottes, „um würdig des Herrn zu wandeln zu allem Wohlgefallen“ (Kol 1,9.10). Es verhält sich so, wie bei einem treuen, dankbaren Sohn. Dieser ist bemüht, alle ihm vom Vater gegebenen Aufträge zu erfüllen. Er kennt seinen Vater sehr gut und weiß, dass der Vater noch außerdem manche seiner Wünsche zum Ausdruck brachte, aber ohne ihm dafür bestimmte Befehle zu geben. Weil er nun den Vater liebt, so bleibt er nicht stehen bei der Ausführung der gegebenen Anweisungen und Gebote, sondern er sucht darüber hinaus, all dem, was den Wünschen und Gedanken des Vaters entspricht, nachzukommen, ohne dafür bestimmte Aufforderungen oder Gebote erhalten zu haben. Dass er bei solcher Gesinnung, mag die Ausführung auch nur mangelhaft sein, der vollen Anerkennung und der Liebe des Vaters sich erfreut, ist gut zu verstehen.
Die Betrachtung der Liebe Gottes, wie sie sich in dem Herrn Jesus offenbarte, bewegt das Herz und drängt es, nicht allein die Gebote des Herrn zu halten, sondern in allem seinen Willen zu tun, „das vor ihm Wohlgefällige“ schaffend. Wo es so ist, da hat die Liebe Gottes ihr Ziel erreicht. In einem solchen Kind Gottes ist sie „vollendet“, und das Herz erfreut sich des köstlichen Bewusstseins, „in Ihm“ zu sein. Das offenbart sich in dem Wandel und Verhaltendes Gläubigen, wie es auch anders nicht sein kann, wenn Gemeinschaft mit der Natur Gottes vorhanden ist.
Unser hochgepriesener Herr war in jeglicher Hinsicht und in allem die vollkommene Erfüllung und Darstellung des ganzen Willens Gottes. Mit den Worten: „Siehe, ich komme, um deinen Willen, o Gott, zu tun“, kam Er in diese Welt (Heb 10,7.9). Als Er mit zwölf Jahren in Jerusalem im Tempel unter den Lehrern saß und die Mutter ihn dort fand und fragte: „Kind, warum hast du uns das angetan?“, sprach Er: „Warum habt ihr mich gesucht? Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meines Vaters ist?“ (Lk 2,48.49). Ergreifend ist es auch, Ihn zu betrachten, nachdem Er den ausgeführten Auftrag in die Hand des Vaters zurückgegeben hatte: „Vater ... ich habe dich verherrlicht auf der Erde; das Werk habe ich vollbracht, das du mir gegeben hast, dass ich es tun sollte“ (Joh 17,1.4). Seine Speise war, den Willen Dessen zu tun, der Ihn gesandt hatte, und sein Werk zu vollbringen (Joh, 4, 34). Er tat und redete alles wie der Vater Ihn gelehrt hatte. Der Vater hat Ihn auch nicht allein gelassen, weil Er „allezeit das ihm Wohlgefällige“ tat (Joh 8,28.29).
Vers 6 hebt ein anderes Kennzeichen hervor von dem „Bleiben in Ihm“. Wenn jemand behauptet, in Ihm zu bleiben, muss dies bestätigt werden durch einen Wandel, wie der Herr gewandelt hat. Das wird hier als Schuldigkeit hervorgehoben. Der Wandel muss mit dem Bekenntnis des Mundes übereinstimmen und muss die Kennzeichen des Herrn Jesus tragen. So war es bei dem Apostel Paulus, so dass er sagen konnte: „Seid meine Nachfolger, gleichwie auch ich des Christus“ (1. Kor 11,1).
Der Herr war das vollkommene Speisopfer. Sein Gehorsam und seine völlige Abhängigkeit stiegen allezeit als ein duftender Wohlgeruch zu seinem Gott und Vater empor. Er ist auch das „Manna“, das Brot des Lebens aus dem Himmel. Die Beschäftigung mit Ihm, wie Er auf der Erde wandelt – das bedeutet, sich von Ihm zu nähren – wirkt die Verwandlung durch die Erneuerung unseres Sinnes (Röm 12,2). Wir lernen die Wahrheit verstehen, wie sie in dem Jesus ist (Eph 4,21), und dadurch wird auch bei uns ein Wandel ähnlich seinem Wandel hervorgebracht. Die Wirksamkeit des Heiligen Geistes durch die Schrift – das Wort – geht dahin, „damit der Mensch Gottes vollkommen sei, zu jedem guten Werk völlig geschickt“ (2. Tim 3,17). Ja, lasst uns Nachahmer Gottes sein, als geliebte Kinder, und wandeln in Liebe, „wie auch der Christus uns geliebt und sich selbst für uns hingegeben hat als Darbringung und Schlachtopfer, Gott zu einem duftenden Wohlgeruch“ (Eph 5,1.2).
O Jesu, dass dein Name bliebe
Im Grunde tief gedrücket ein
Möcht' Deine süße Jesusliebe
In Herz und Sinn gepräget sein
Im Wort, im Werk, in allem Wesen,
Sei Jesus und sonst nichts zu lesen.
Welch eine große Gnade ist es, dass wir, erlöst durch das kostbare Blut von Jesus Christus, fähig gemacht sind, so zu wandeln, wie Er hier auf der Erde wandelte. Ihn auf seinem Weg hier betrachtend, werden wir mit heiliger Bewunderung und Anbetung erfüllt. Zugleich wird dadurch das neue Leben in uns angefacht und zu größerer Entfaltung gebracht, so dass sich sein Leben immer mehr in unserem Verhalten offenbart. In uns selbst ohnmächtig, aber zu Ihm aufschauend, empfangen wir aus Ihm, der Quelle, Gnade um Gnade für den Wandel in seinen Fußtapfen.
Während der Apostel im 1. Vers dieses Kapitels sagt: „meine Kinder“, indem er vielleicht viele von ihnen zum Herrn geführt, und denen er in Treue gedient hat, so redet er sie in Vers 7 als „Geliebte“ an. Dieser Ausdruck ist bezeichnend, besonders in den Briefen für die Endzeit. In unserem Brief kommt er sechsmal vor. Das Bewusstsein, vom Herrn und von seinem Gott und Vater geliebt zu sein, ist dem Gläubigen so köstlich. Mag es hier durch manche Schwierigkeiten gehen, mögen andere uns verurteilen, das Bewusstsein, dass Gott uns liebt, macht ruhig und getrost. Es hält aufrecht in allen Umständen des Lebens und befähigt, was auch kommen mag, zum Ausharren auf dem schmalen Pfad des Glaubens und der Absonderung. Die „Geliebten“ werden erinnert an das „alte Gebot, das sie von Anfang hatten“. Der Ausdruck: „das sie von Anfang hatten“, ist hier wohl der Schlüssel zum Verständnis des „alten Gebotes“. Es handelt sich da nicht um Gebote, sondern um ein Gebot; es ist das, was der Herr Jesus selbst hier zum Ausdruck gebracht hat in all seinem Tun und Lehren. Das ist den Geliebten verkündigt worden (Kapitel 1,3).
Als der Herr Jesus betreffs seines Todes bat: „Vater, verherrliche deinen Namen!“, da kam eine Stimme aus dem Himmel: „Ich habe ihn verherrlicht und werde ihn auch wiederum verherrlichen“ (Joh 12,28). Der Herr hat seinen Vater, sowohl im Leben wie auch im Tod, vollkommen offenbart und verherrlicht. Die Antwort darauf blieb nicht aus. Er ist durch die Herrlichkeit des Vaters aus den Toten auferweckt worden (Röm 6,4). Das Sitzen des Herrn zur Rechten der Majestät in der Höhe (Heb 1,3) ist die Antwort auf seine Bitte: „Vater ... verherrliche deinen Sohn“ (Joh 17,1). Der Heilige Geist, der als der andere Sachwalter vom Vater gesandt wurde, brachte den Jüngern nicht allein in Erinnerung, was der Herr hier auf Erden war und lehrte, sondern Er unterwies sie auch über den Platz, den der Herr jetzt droben einnimmt. Noch mehr aber, Er zeigt uns jetzt die wunderbare Verbindung mit Ihm, dem verherrlichten Christus. Er belehrt uns, dass wir „in ihm sind und er in uns“ (Joh 14,20). Solche Verbindung und Stellung war vor dem Erlösungswerk des Herrn Jesus unmöglich. Ohne das Sühnopfers des Herrn der Herrlichkeit würde Er „allein“ geblieben sein (Joh 12,24). Nun ist aber durch seinen Tod viel Frucht gebracht worden. Der Heilige Geist ist jetzt tätig, uns die Stellung des Herrn droben kundzutun, sowie auch unsere Darstellung in Ihm droben in der Gegenwart des Vaters. Er hat uns auf diesem Boden mit sich verbunden und schämt sich nicht, uns Brüder zu nennen (Heb 2,11). Welch eine Gnade und welch eine Herablassung und Erhöhung zugleich!
Geliebte, wer vermag hier die Stellung des Christus droben beim Vater je voll und ganz zu verstehen? Welche Höhen tun sich da vor uns auf! Dass aber Er, unser geliebter Herr, solchen Platz droben hat, das können wir gut verstehen; es kann gar nicht anders sein. Nicht verstehen können wir aber, dass wir – einst arme Sklaven Satans, unter die Sünde verkauft und Feinde Gottes – mit Ihm verbunden und in Ihm dort dargestellt sind. Das gehört zu dem „was kein Ange gesehen und kein Ohr gehört hat, und in keines Menschen Herz aufgenommen ist“ (1. Kor 2,9). Wenn das Herz es nur etwas erfasst, dann jubelt es:
In dem Geliebten auserwählt,
Hast Du uns vor dich hingestellt
Als Kinder deiner Liebe.
o Abba, Vater, welch ein Glück!
In Ihm begnadigt, ruht dein Blick
Auf uns mit Wohlgefallen.
Je mehr dies das Herz erfasst, umso wichtiger ist dann die andere Seite: „Ich in euch“. Wir sind im Besitz des neuen Lebens, und indem wir uns durch den Heiligen Geist der Verbindung mit dem verherrlichten Christus, der unser Lehen ist (Kol 3,4), erfreuen und aus Ihm, der Quelle schöpfen, wandeln wir hier in Absonderung und Reinheit, in der Kraft des Herrn durch diese Welt, als seine Zeugen. Das ist der Weg zur Offenbarung dessen, was wahr ist in Ihm und in uns. Möge es dem Geist des Christus gelingen, dies immer mehr und mehr in unserem praktischen Leben hier auf der Erde zur Verherrlichung des Herrn und zum Segen allenthalben, wo wir gehen und stehen, hervorzubringen. Dadurch wird umso mehr bestätigt, dass die Finsternis vergeht und das wahrhaftige Licht schon leuchtet.
Unser Herr kam in diese Welt als „das Licht der Welt“. Wenn wir den Herrn in den Evangelien betrachten, so sehen wir überall die wunderbare Wirksamkeit dieses Lichtes. Dieses Licht leuchtete und legte die Werke der Finsternis bloß, Für diese war in seiner Gegenwart kein Raum. Jetzt ist der Herr droben mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt und Gott erweist sich wirksam, indem Er in die finsteren Menschenherzen leuchtet „zum Lichtglanz der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Angesicht des Christus“ (2. Kor 4,6). Ein jeder, der durch Gottes ewiges Erbarmen zur Erkenntnis Gottes in Christus gekommen ist, erweist sich da, wo er hingestellt ist, als Lichtträger.
Es ist etwas wunderbares, wie das Licht die Finsternis verdrängt. Da werden die Werke der Finsternis abgelegt und Waffen des Lichts angezogen (Röm 13,12). Neues Leben ist da eingezogen, und der Gläubige als ein Kind des Lichts verbreitet Licht; er hat nicht mehr Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis, sondern straft sie vielmehr (Eph 5,11–13). Dies sehen wir sogar schon bei dem bekehrten Schächer auf dem Kreuz. Gewiss wurde dies auch offenbar im Haus und im Dienst des erretteten Kerkermeisters in Philippi. Es wiederholt sich immer wieder, wo wahre Umkehr zum Herrn stattgefunden hat. „Ich bin nicht mehr der alte Johann“, konnte ein früherer Trinker, dem die Gnade der Errettung zuteilwurde, sagen. Das konnten seine Frau und seine Kinder, die voll Furcht vor ihm waren, wenn er früher nach Hause kam, jetzt glücklichen Herzens bezeugen; und auch die Nachbarn erkannten, „das wahrhaftige Licht leuchtet schon“. Ist dies auch bei uns der Fall, in unseren Häusern und Geschäften, Geliebte? O, möchten wir doch immer allen um uns her zum Segen sein inmitten der Finsternis. So war es bei den zu Gott Bekehrten in Thessalonich. Ihr ganzes Verhalten offenbarte die Echtheit ihrer Bekehrung, und sie waren ihrer ganzen Umgebung ein hell leuchtendes Zeugnis (1. Thes 1).
Unsere Stelle redet aber davon, dass die Finsternis „vergeht“. Vorher sahen wir es im Leben einzelner. Die Stelle schließt aber die völlige Verdrängung der Finsternis in sich. Wir wissen wohl, dass trotz der Wirksamkeit der Gnade das Böse in der Welt überhandnimmt. Es wird gipfeln in dem völligen Abfall vom lebendigen Gott und in dem Auftreten des Menschen der Sünde. Dann wird der Herr diese Erde durch Gerichte säubern und seinem irdischen Volk – Israel – nach ernsten Züchtigungen sein Licht zuwenden. Wiederhergestellt, wird der gereinigte und errettete Überrest Israels auch zum Lichtträger inmitten der Völker. Der HERR wird ihm zum ewigen Licht sein. (Vgl. Jes 60,1.3.20 u.a.m.) Und nicht genug damit. Der Herr wird einen Zustand herbeiführen, wo Gott über den Seinigen leuchten wird, und zwar nicht allein während des 1000-jährigen Reiches, sondern auch wenn „alles neu“ gemacht worden ist in dem ewigen Zustand (Off 22,5; 21,1–7). Nur ein Ort mit seinen Insassen wird dieses Segens nicht teilhaftig werden, das ist der Feuer- und Schwefelsee, der dem Teufel und seinen Engeln bereitet ist, wo sowohl das Tier ist als auch der falsche Prophet. Dort werden auch alle jene sein, die hier nie Buße getan und in ihren Sünden gestorben sind, und auch jene, die beim Gericht der „Lebendigen“ dem Sohn des Menschen zur Linken sein werden (Vgl. Off 20,10; 2. Pet 2,4; Jud 6,7; 2. Thes 1,9; Mt 25,41.46). Wie unaussprechlich gesegnet und herrlich es sein wird in der Herrlichkeit, im ewigen Licht, so unbeschreiblich schrecklich wird es sein in der Verdammnis, in der ewigen Finsternis! Schon der Prophet bringt den Sehrecken der Vorahnung des ewigen Gerichts zum Ausdruck: „Wer von uns kann weilen bei verzehrendem Feuer? Wer von uns kann weilen bei ewigen Gluten?“ (Jes 33,14).
Im 9. Vers unseres Kapitels hebt der Apostel noch einmal an mit den Worten: „Wer da sagt“, um solche Menschen zu bezeichnen, die wohl mit dem Mund bekannten, dass sie im Licht sind, deren praktisches Verhalten aber klar bewies, dass sie bis dahin in Finsternis waren. Anstatt Liebe zu den Brüdern, die doch das erste Kennzeichen des göttlichen Lebens ist, äußerten sie Hass. Die göttliche Natur, das neue Leben aus Gott, kann nicht hassen. Durch dieses Leben aus Gott erfreut sich das Kind Gottes unter der Wirksamkeit des Heiligen Geistes der Liebe Gottes und liebt die Brüder. Diese Liebe zu den Brüdern beweist, dass der Gläubige im Licht ist.
Wir können es stets wahrnehmen, dass da, wo neues Leben ist, auch zugleich die Liebe zu den Brüdern in Tätigkeit tritt. Die Tätigkeit dieser Liebe, die aus Gott ist, offenbart sich nicht bei jedem gleicherweise, aber sie wird doch wahrgenommen. Wie lieblich ist es, dies bei der Lydia und dem Kerkermeister zu sehen (Apg 16,15.34)! Die Briefe reden auch immer wieder davon, und die Brüder, die sich im Dienst des Evangeliums bemühen, könnten manche Beispiele davon erzählen.
Bruderhass zeigt nicht nur, dass man in der Finsternis ist, sondern dass man auch in der Finsternis wandelt, und da herrscht völlige Blindheit und Unwissenheit über das Ende dieses Weges. Der Apostel bringt hier denselben Gedanken zum Ausdruck, den der Herr jenen nahelegte, die Ihn nicht als das Licht aufnahmen, um in seinem Licht zu wandeln. Der Herr sagt: „Wer in der Finsternis wandelt, weiß nicht, wohin er geht“ (Joh 12,35). Im Licht wandelnd, liebt man die Brüder und sieht den durch das Blut Jesu geöffneten Himmel, wo der Pfad des Glaubens beim Herrn in Herrlichkeit endet.
Wir haben also in dem betrachteten Abschnitt die Kennzeichen des neuen, göttlichen Lebens, sowie auch das Kennzeichen des natürlichen, unwiedergeborenen Menschen. Wenn dem aber grundsätzlich auch so ist, so mag es denn für uns alle, die wir ans Gnaden Kinder Gottes sind, gut sein, uns zu prüfen, ob für die Tätigkeit der göttlichen Liebe in unserem Leben keine Hindernisse im Weg stehen. Wenn wir nicht wachen, wird die alte Natur, das Fleisch, wirksam werden. Lasst uns die Augen nicht verschließen vor der Gefahr der Unversöhnlichkeit und des Hasses. Die Erfahrung lehrt, wie leicht und lange man mit Bitterkeit im Herzen wandeln kann. Der Herr lässt uns durch den Apostel Jakobus sagen: „Dies, meine Brüder, sollte nicht also sein“ (Jak 3,10). Sollte aber doch solch ein Zustand bei jemandem vorhanden sein, so gönne dir, lieber Bruder, teure Schwester, keine Ruhe, bis alles verurteilt, göttlich geordnet und die Versöhnung mit deinem Bruder oder deiner Schwester stattgefunden hat (siehe Mt 5,23.24). Es ist eine Tatsache, dass der, der unversöhnlich ist und nicht vergeben will, sich selbst auch der Vergebung seitens des Herrn nicht recht erfreuen kann. Der Herr sagt es deutlich: „Wenn ihr aber nicht vergebt, so wird euer Vater, der in den Himmeln ist, auch eure Übertretungen nicht vergeben“ (Mk 11,26). Möge uns immer mehr und in allen Umständen die Liebe kennzeichnen, die sich „nicht erbittern“ lässt und Böses „nicht zurechnet“ (1. Kor 13,5).
Bis dahin sahen wir in unserem Brief, wie in der Person des Sohnes Gottes das Leben in dieser Welt offenbart wurde. Ein jeder nun, der sich vom Vater zur Sohne hat ziehen lassen, empfing und besitzt durch den Glauben an den Namen des Sohnes Gottes das ewige Leben. Die Erkenntnis dieser Tatsache wirkt völlige Freude.
„Nicht sündigen“, sondern in Reinheit zu wandeln, ist unsere Berufung. Sollte aber dennoch – in einem unwachsamen Augenblick – eine Sünde geschehen, hat der Herr für die Wiederherstellung gesorgt. Jesus Christus, der Gerechte, ist für uns als Sachwalter beim Vater. Die Verse 3 – 11 des zweiten Kapitels zeigen dann, wie das neue uns geschenkte göttliche Leben seine Freude hat an den Geboten, d.h. an dem klar ausgesprochenen Willen des Herrn. Nicht allein aber das, sondern auch an dem ganzen Wort Gottes, wie es im Leben des Herrn Jesus so vollkommen zum Ausdruck gekommen ist. Es hält seine Gebote und sein Wort. Weil dieses Leben aus Gott ist, und Gott Liebe ist, so liebt man die Brüder.
Mit dem 12. Vers beginnt ein neuer Abschnitt dieses Briefes. Der Apostel steht im Begriff, sich an die Gläubigen zu wenden, gemäß ihren geistlichen Fortschritten und ihrer inneren Entwicklung. Bevor er es aber tut, redet er sie in ihrer Gesamtheit an: „Ich schreibe euch, Kinder, weil euch die Sünden vergeben sind um seines Namens willen“. Das Wort „Kinder“ begegnet uns in diesem Brief immer wieder. Im ersten Vers unseres Kapitels schreibt der Apostel, warnend vor dem Sündigen: „Meine Kinder“. Es war ihm sehr darum zu tun, dass sie bewahrt blieben als die Frucht seines Dienstes. Im 12. Vers sagt er allgemein: „Kinder“, und wendet sich an sie als an solche, die alle ohne Unterschied im Besitz der vollen Gewissheit der Vergebung ihrer Sünden sind. Irrlehrer waren tätig, den Gläubigen diese Gewissheit abzusprechen und zu rauben, wie es auch in unseren Tagen so vielfach geschieht. Er schreibt an sie eben deshalb, weil sie sich der Vergebung ihrer Sünden erfreuten. Diese Vergebung erlangten sie um des Namens Jesu willen. Im Inneren überführt von ihren Sünden, nahmen sie ihre Zuflucht zu Jesu, dem Erretter, der „unserer Übertretungen wegen dahingegeben und unserer Rechtfertigung wegen auferweckt worden ist“ (Röm 4,25). Sie haben die Kunde des Evangeliums vertrauensvoll in Anspruch genommen und erlangten dadurch die Gewissheit der Erlösung durch sein Blut, „die Vergebung der Vergehungen“ (Eph 1,7). Auch sie konnten durch den Glauben an das ewig vollgültige Erlösungswerk von Jesus Christus, des Sohnes Gottes, glücklichen Herzens bekennen: „So weit der Osten ist vom Westen, hat er von uns entfernt unsere Übertretungen“ (Ps 103,12). Wie groß wurde ihnen der Name und die Person des Sohnes Gottes, der in die tiefsten Tiefen, wo sie gefangen lagen, hinabstieg, um sie zu befreien!
Wo ist unsere Sünd' geblieben?
Christus starb an unsrer Statt.
Unsern Freibrief längst geschrieben,
Christi Blut versiegelt hat.
Ganz gereinigt, Ihm vereinigt,
Der zur Rechten Gottes ist,
Der den Weg zum Heiligtum
Uns geweiht zu seinem Ruhm.
Welch eine sichere Grundlage des Friedens ist doch das Werk von Jesus Christus auf Golgatha! Gott ist durch dasselbe vollkommen zufriedengestellt worden, und der Gläubige nun auf ewig sicher, Gottes untrügliches Wort bezeugt es uns so sonnenklar. Erfreust auch du dich, geschätzter Leser, der Gewissheit der Vergebung deiner Sünden? Noch ist es möglich, aus der Finsternis in sein wunderbares Licht zu kommen, um dann, nachdem man den Herrn Jesus im Glauben erfasst hat, zu bekennen: „In Ihm habe ich die Erlösung, die Vergebung der Sünden“.
Der Apostel kannte seine „Kinder“ als solche, die durch das Blut von Jesus Christus, des Lammes Gottes, von ihren Sünden gereinigt waren, und deshalb suchte er sie weiter zu befestigen in der Wahrheit, damit sie auch im Stand sein würden, die Verführer zu erkennen und abzuweisen.
Der Apostel teilt die Gläubigen ihrer Reife nach in drei geistliche Altersstufen und wendet sich an alle zweimal. Als die ersten redet er die „Väter“ an. „Ich schreibe euch, Väter, weil ihr den erkannt habt, der von Anfang an ist“ (Verse 13.14). Es ist gefragt worden, warum die Väter zuerst erwähnt werden. Die Antwort ist leicht zu finden, wenn wir nur etwas darüber nachdenken, was Er, der von Anfang an ist, für das Herz Gottes, des Vaters, bedeutet. Er ist „der Sohn seiner Liebe“ (Kol 1,13). Der Vater hat von Ihm bezeugt: „Dieser ist mein geliebter Sohn, an welchem ich Wohlgefallen gefunden habe; ihn hört!“ (Mt 3,17; 17,5). Gott hat Ihn „aus den Toten auferweckt und Ihm Herrlichkeit gegeben“. Er begrüßt Ihn „als Hohenpriester nach der Ordnung Melchisedeks“ und hat Ihn „mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt“. Damit hat Er bezeugt, was der Herr für sein Vaterherz ist (1. Pet 1,21; Heb 5,10; 2,9).
Der Sohn „seiner Liebe“ ist aber seitens der Welt verworfen und gekreuzigt worden. Schon damals, als der Herr hier in Niedrigkeit wandelte, waren diejenigen, die Ihn im Glauben aufnahmen, die Gegenstände der Liebe des Vaters. Der Herr bezeugte es ihnen: „Der Vater selbst hat euch lieb, weil ihr mich geliebt und geglaubt habt, dass ich von Gott ausgegangen bin“ (Joh 16,27). Es erfreute das Herz des Vaters, inmitten des Volkes, das seinen geliebten Sohn verwarf, einige, wenn auch nur wenige, zu sehen, die im Glauben Ihn aufnahmen und an Ihm hingen. Das war für Ihn eine besondere Veranlassung, ihnen seine Liebe zuzuwenden. Wir gehen wohl nicht fehl, wenn wir annehmen, dass dies in unserem Kapitel der Grund ist, warum die Väter zuerst genannt werden. Ähnliches finden wir auch schon im Alten Testament bei der Einschätzung derer, die ein Gelübde erfüllten (siehe 3. Mo 27,1–8). Nicht das Schwächste – obwohl es auch seinen Wert hat – wird zuerst erwähnt, sondern das Fortgeschrittenste und Tatkräftigste. Dort haben wir auch die Dreiteilung, wie hier in 1. Johannes 2. Es ist klar, dass die Väter in Christus als solche eine besondere Verantwortung in der Versammlung haben. Dies ist aber nicht der Gegenstand dieser Stelle.
Was von den Vätern gesagt wird, nämlich, dass sie „den erkannt haben, der von Anfang an ist“, scheint nur wenig zu sein; aber dennoch ist es das Höchste, wozu ein Kind Gottes hier heranwachsen kann. Der Heilige Geist wirkt, um eine solche Reife hervorzubringen. Freilich ist es klar, dass, wenn jemand im vorgeschrittenen Alter errettet worden ist, er meistens ein Kind in Christus bleiben wird. Der Reife eines Vaters unter den Gläubigen geht ein treuer, hingehender Wandel voraus. Schon als „Kind“ war Liebe zum Herrn und zu seinem Wort und Volk vorhanden. Als Jüngling hat man sich völlig entschieden erwiesen allem gegenüber, was von und was in der Welt ist. Wie schon im natürlichen Leben ein Vater in der Familie etwas abgeklärtes, besonnenes und ruhiges bedeutet, so auch im geistlichen Leben. Mag sich bei den „Kindern“ und „Jünglingen“ manche Unklarheit und Unsicherheit ereignen, der „Vater“ in Christus vertraut nicht auf sich selbst oder die Umstände, auch wird er nicht durch allerhand Vorkommnisse in der Welt und selbst unter den Kindern Gottes aus der Ruhe gebracht. Er schaut auf zu Christus und wird gekennzeichnet durch die Ruhe und Ergebenheit, die bei seinem Herrn, als Er hier auf der Erde war, stets vollkommen vorhanden waren.
Die „Väter“ in Christus kennen ihren Herrn als „Gott“, gepriesen in Ewigkeit. Sie kennen Ihn als den, der auf eine übernatürliche Weise Knechtsgestalt annahm und nach dem ewigen Liebesratschluss Gottes auf Golgatha das große Werk der Erlösung vollbracht hat. Sie wissen Ihn, den siegreich Auferstandenen, verherrlicht zur Rechten der Majestät in der Höhe. Auf seine baldige Wiederkehr wartend, begehren sie Ihm allein zu leben, Ihn zu verherrlichen und inmitten seiner Heiligen hier eine Hilfe zu sein, sie ermunternd, tröstend und ihre Lasten tragen helfend. Da offenbart sich etwas von dem, was der Apostel ausdrückt mit den Worten: „denn Gott ist mein Zeuge, wie ich mich nach euch allen sehne mit dem Herzen Christi Jesu“ (Phil 1,8). Welch eine Gemeinschaft mit dem Herrn offenbaren solche Worte! Ein „Vater»“ in Christus sucht nicht seine eigene Ehre. Nein! Er tritt gerne zurück und begehrt in selbstloser Liebe nur die Verherrlichung des Herrn und die Förderung und das Wohl seiner Geliebten. Welch ein Segen sind solche Väter und Mütter inmitten des Volkes Gottes! Es ist sehr zu bedauern, dass ihrer nur so wenige sind. Sie fehlten selbst im Anfang schon, wie Paulus den Korinthern schreibt, auch diese hatten „nicht viele Väter“ (1. Kor 4,15). Er selbst erwies sich als ein echter Vater in Christus. Einerseits hatte er alles um des Christus willen aufgegeben und hing ganz und gar an Ihm, und anderseits war er bereit, völlig verwandt zu werden für die Geliebten des Herrn (2. Kor 12,15). Er verlangte beim Herrn zu sein, „denn es ist weit besser“, aber inzwischen war für ihn das Leben Christus. In der Gesinnung des Christus Jesus dastehend, freute er sich darüber, dass durch seinen Märtyrertod das Opfer der Philipper vor Gott nur umso wohlannehmlicher wurde (Phil 1,20–25; 2,17). Und selbst dann, als er schreiben musste, dass „alle, die in Asien waren, sich von ihm abwandten“, ist er getrost. Auch da hat er genug an seinem Herrn. Er wusste, „wem“ er geglaubt hat. Dem Herrn, dessen Liebe und Treue er auf seinem ganzen Weg erfuhr, durfte er sich auch in den schwersten Stunden getrost anvertrauen. Wie im Triumph hebt er hervor: „der Herr stand mir bei“ (2. Tim 1,12.15; 4,17). Welch ein ergreifendes Bild eines Vaters in Christus ist dies! Wie nachahmenswert!
Ein treuer, alt gewordener Diener des Herrn saß im Lehnstuhl, körperlich schwach und abgezehrt. Im Geist aber freute er sich seines vielgeliebten Herrn, und sagte: „Als ich vor zwei Monaten fühlte, dass diese Krankheit zum Tode sein würde, bat ich den Herrn, mir seine Lieblichkeit und Nähe recht spürbar zu machen. Und Er hat es getan und meine Seele mit Ihm selbst erfüllt. Ich weiß, sein kostbares Blut hat sein gesegnetes Werk an meiner Seele getan, aber jetzt ist es seine Liebe, seine Schönheit und Vollkommenheit, was mein Auge und mein Herz erfüllt. Meine Wünsche gehen nicht nach Kronen, habe ich doch Ihn selbst. Bei Ihm selbst werde ich bald sein, bei dem, der am Kreuz hing, der für mich starb! O wie herrlich, bei Ihm zu sein“ – Zeigt uns dies nicht auch einen Vater in Christus!
Nachdem der Apostel unter der Leitung des Heiligen Geistes hervorgehoben hatte, was dem Herzen unseres Herrn Jesus so besonders wohlannehmlich ist und die höchste christliche Reife bedeutet, redet er nun zu den „Jünglingen“ (junge Christen), zu der Klasse, die noch nicht die volle Reife erreicht hat, auch wenn gesundes Wachstum und Gutes sich entfaltete. Die Darstellung der verschiedenen Stufen des geistlichen Lebens unter den Kindern Gottes entspricht hier mehr der Belehrung des Herrn hinsichtlich des Fruchttragens des Samens des Evangeliums (Mt 13,23). Der Herr beginnt mit dem Höchsten, der hundertfältigen Frucht, und geht dann zu der sechzig- und dreißigfältigen über. Es ist so, als ob Er sagen wollte: „Mein Herz wird in besonderer Weise erfreut durch das Hervorbringen der reichsten, der hundertfältigen Frucht.“ Im Markus-Evangelium dagegen finden wir die natürliche Entwicklung, darum zuerst die dreißig-, dann die sechzig- und zuletzt die hundertfältige Frucht (Mk 4,8). Auffallend ist, dass Lukas nur die hundertfältige Frucht erwähnt. Der Herr will uns sagen, dass Er höchste und volle Frucht erwartet. Möchten wir uns allezeit darnach ausstrecken!
Zunächst gibt Johannes den Jünglingen den Grund an, warum ihnen geschrieben wird. Sie haben den „Bösen überwunden“. Welch ein liebliches Zeugnis für jene jungen Pilger! Die Kindheitstage ihrer Errettung waren hinter ihnen. Damals, als sie als verlorene Sünder zu Jesus kamen, erlangten sie nicht allein die Vergebung ihrer Sünden, sondern auch die Befreiung aus der Gewalt und Sklaverei Satans. Sie konnten jauchzen: „Unsere Seele ist entkommen wie ein Vogel aus der Schlinge der Vogelsteller; die Schlinge ist zerrissen, und wir sind entkommen“ (Ps 124,7). Dem Herrn sei Lob und Dank dafür, dass Er nicht allein unsere Sünden getragen hat, sondern am Kreuz auch zur Sünde gemacht wurde und dort an unserer statt gerichtet worden ist, so dass nun jeder Gläubige sagen kann: Sein Tod ist mein Gericht. Als Mensch im Fleisch habe ich im Tod des Herrn vor Gott richterlich mein Ende gefunden.
Am Kreuz ist aber auch ein schwerer Kampf ausgetragen worden. Der Herr hat Satan besiegt, die gottfeindlichen Fürstentümer und Gewalten ausgezogen und sie öffentlich zur Schau gestellt, über sie einen Triumph haltend (Kol 2,15).
Die erste Zeit nach der Errettung ist bei den Gläubigen gekennzeichnet durch besondere, überströmende Freude; damit wollen wir allerdings nicht sagen, dass dies nicht das ganze Leben hindurch der Fall sein sollte. Immerhin wird Satan beim Neubekehrten kaum mit der Welt imponieren können. Die große Gefahr kommt meistens später. Auch versucht Satan den Gläubigen nicht immer durch offene Feindschaft zu bedrängen, sondern auch durch seine List. Sowohl Gottes Wort als auch unsere Erfahrungen bestätigen uns dies. Der erste Brief an die Thessalonicher zeigt uns das Ausharren der Heiligen in den äußeren Bedrängnissen; doch schon der zweite Brief zeigt uns, dass Satan seine Taktik geändert und durch List versuchte, ihnen innerlich zu schaden. Ähnlich war es in Smyrna, Die Drangsal drängte zum Herrn und wirkte Bewährung. In Pergamus kam Satan mit List, und dadurch gelang es ihm in die Versammlung einzudringen und sie von der erhabenen Stellung in Christus abzudrängen. Die Geschichte der einzelnen Gläubigen, als auch die mancher Zeugnisse Gottes, zeigt uns, wie sich dies immer wieder bestätigt. Wie wichtig ist es darum, die Worte des Herrn zu beherzigen: „Wacht und betet, damit ihr nicht in Versuchung kommt“ (Mt 26,41).
Die Jünglinge haben „den Bösen überwunden“. Glückliche junge Christen! Welche Freude war dies für die „Väter in Christus“, vor allem aber für unseren geliebten Herrn! Worin die Angriffe des Bösen bestanden, wird uns nicht gesagt. Dafür werden wir mit der Waffe vertraut gemacht, die uns befähigen soll, den Bösen zu überwinden. Diese Waffe ist Gottes Wort. Die Warnung, „die Welt nicht zu lieben“, lässt uns erkennen, dass der Feind versucht hatte, durch die Welt und ihre Dinge auf die „Jünglinge“ einzuwirken. „Die Lust des Fleisches und die Lust der Augen und der Hochmut des Lebens“ sind die Mittel, durch die Satan versucht, die „Jünglinge“ zu Fall zu bringen. Diese drei Dinge benutzte er schon bei dem ersten Menschenpaar im Garten Eden und brachte dasselbe und dadurch das ganze Menschengeschlecht in Elend und in Trennung von Gott. Das Wort Gottes führt uns immer wieder vor Augen und Herzen, dass der Feind Gottes und seines Volkes, wenn es ihm nicht gelingt, durch Verfolgungen und Drangsale die einen zu Fall zu bringen, durch List und Tücke sein satanisches Ziel zu erreichen sucht. Denken wir an Achan, Simson, David, Judas Iskariot, Demas u.a.m., sowie an all die Untreue unserer Tage mit ihrer Verflachung und Verweltlichung! Die Jünglinge, an die der Apostel schrieb, waren bemüht, das Wort Gottes anzuwenden nicht allein hinsichtlich ihrer Errettung und Befreiung, was die Stellung betrifft, sie übten sich auch täglich darin, praktisch für die Sünde tot zu sein. Ach, die Sünde und die böse Natur bleibt in dem Gläubigen, so lange er hier auf der Erde lebt, aber Gottes Wort belehrt uns, dass durch den Tod des Christus ihre Herrschaft über uns gebrochen ist. Das Kind Gottes ist als Mensch im Fleisch im Tod des Herrn gerichtet und mit Ihm gestorben und nun gilt es, sich der Sünde für tot zu halten und „Gott zu leben in Christus Jesus“ (Röm 6,1–11).
Von wie vielen Angriffen des Bösen, aber auch von wie vielen herrlichen Siegen über Satan redet der Ausspruch: „Ihr habt den Bösen überwunden!“ Gab es Drangsale, sie hielten in der Kraft des Herrn stand. Wenn der Feind versuchte, die Lust der Augen, oder die Lust des Fleisches, oder den Hochmut des Lebens in Tätigkeit zu bringen, so hielten sie sich der Sünde für tot und also wiesen sie die Anläufe Satans ab. So ahmten sie den Glauben und die Entschiedenheit des Vaters der Gläubigen, Abraham, nach, der den König von Sodom abwies mit den Worten: „Ich hebe meine Hand auf zu dem HERRN, zu Gott, dem Höchsten, der Himmel, und Erde besitzt: Wenn vom Faden bis zum Schuhriemen, ja, wenn ich irgendetwas nehme von dem, was dein ist ... Nichts für mich!“ (1. Mo 14,22–24).
Vor allem war den Jünglingen der Herr selbst das vollkommene Vorbild. Durch den Geist in die Wüste geführt, wurde der Herr vom Teufel auch dreimal versucht. Alle diese Versuchungen wies Er siegreich ab. Mit welcher Waffe? Mit dem Wort Gottes! (Mt 4,1–11; Lk 4,1–13). Die Jugend kennzeichnet Frische und tatkräftiges Handeln und dies war in geistlicher Hinsicht auch bei diesen jungen Christen unseres Briefes der Fall. War es aber die natürliche, der Jugend eigene Kraft? O nein! Sich auf eigene Kraft stützen wollen, bedeutet Selbstvertrauen. Im Selbstvertrauen aber dem Feind begegnen bedeutet stets klägliches Versagen, wie wir das bei Simson sehen, der da dachte: „Ich werde davonkommen .... Er wusste aber nicht, dass der HERR von ihm gewichen war“ (Ri 16,20). Er hatte sein Nasiräertum, d.h. seinen Gehorsam und seine Absonderung eingebüßt und infolgedessen die göttliche Kraft verloren. Er fiel in die Hände der Feinde. Welch demütigendes Bild! Auch Petrus wurde, als er in eigener Kraft wandelte, ein Feigling inmitten der Feinde des Herrn, ja selbst einer schwachen Magd gegenüber. In der Kraft des Herrn hingegen vermag er dem ganzen Volk und auch den Obersten und Ältesten von Israel unerschrocken ihre Sünde der Verwerfung des Herrn vorzustellen (Apg 2–4).
Die geistliche Stärke der Jünglinge bestand in der Freude an ihrem Herrn. Es war die Gnade, die in Christus Jesus ist, die sie stark machte (Neh 8,10; 2. Tim 2,1). Und diese Gnade wurde ihnen vermittelt durch das Wort Gottes. Das Wort blieb in ihnen. Das will sagen, dass sie das Wort Gottes in ihren Herzen bewegten. Es war ihre Speise, wie bei dem Propheten Jeremia, der sagen konnte: „Deine Worte waren vorhanden, und ich habe sie gegessen, und deine Worte waren mir zur Wonne und zur Freude meines Herzens“ (Jer 15,16). Sie handelten nach dem Wort des Herrn: „Nicht vom Brot allein soll der Mensch leben, sondern von jedem Wort, das durch den Mund Gottes ausgeht“ (Mt 4,4). Wie die natürliche Nahrung die Kraft des Körpers ist, so das Wort Gottes die Speise für die Seele.
Wie gesegnet ist es, in Psalm 119 zu sehen, was das Wort Gottes für den Psalmisten bedeute! Die Stirn des Psalmes, um es bildlich zu sagen, ziert eine doppelte Glückseligkeit. Diese Glückseligkeit ist die Frucht des „Wandelns“ im Gesetz des HERRN und des „Bewahrens“ des Wortes Gottes. Niemals ist der Pfad des Glaubens dunkel und trostlos, wie viele meinen. Das Wort des Herrn ist dem Glauben die „Leuchte“ für den Fuß, und das „Licht“ auf dem Pfad. Indem der Christ das Wort des Herrn auf Herz und Gewissen wirken lässt, wandelt er auf dem schmalen Pfad „in Reinheit“. Das Wort Gottes erweist ganz wunderbar seine Wirksamkeit in jeglicher Hinsicht. Das erfuhren die Gläubigen aller Zeiten; wie gut für uns, dass wir dieses Wort besitzen! Es ist nur die ernste Frage, welchen Gebrauch wir von diesem Wort machen. Ein „Jüngling“, der in dem Wort des Herrn bleibt, wendet auf seinem ganzen Weg das Wort Gottes auf all sein Tun an. Da ist keine Frage, ob dieses oder jenes „schlimm ist“, oder nicht. Die Frage ist vielmehr die: Gefällt es meinem Herrn? Ist es nach dem Wort Gottes? Entspricht es meiner himmlischen Berufung? Man gehorcht dem Wort Gottes und bleibt damit bewahrt vor den Folgen des Ungehorsams.
Aber das Wort Gottes erweist seine Kraft und Wirksamkeit nicht nur der Sünde und der Welt gegenüber; o nein, es macht uns vertraut mit unserem geliebten Herrn; es gibt uns Einsicht in die Ratschlüsse und Wege Gottes. In der Tat, das Wort Gottes ist „mehr als Gold und gediegenes Gold“. Diesem Wort kommt nichts gleich, und der Psalmist freute sich über dasselbe wie einer, „der große Beute findet“. Das Wort des Herrn ist „lebendig“ und „bleibend“; „Himmel und Erde werden vergehen, aber die Worte des Herrn werden nicht vergehen“ (Lk 21,33).
Wenn aus „Kindern“ „Jünglinge“, und aus diesen „Väter“ werden sollen, dann ist dies nur möglich, wenn man für sein eigenes Herz recht fleissigen Gebrauch macht von dem Wort des Herrn. Dies ist das einzige Mittel, um im Glauben gefördert zu werden. Im Leben des Gläubigen wird sehr bald offenbar, welchen Wert das Wort Gottes für sein Herz hat.
O Wort des Herrn! Du bist mein Licht,
Gibst meinem Fuße Unterricht,
Bist Iautre Milch und kräftig Brot;
Bringst Leben denen, die noch tot.
Du bist wie Honigseim so süß,
Mit heil'ger Lust ich dich genieß!Du tust des Vaters Herz mir kund,
Bist meines Glaubens Felsengrund.
Du wirst noch stark und siegreich stehn,
Wenn Erd' und Himmel untergehn.
Darum, o Herr, mein treuer Hort,
Erhalt mich treu bei deinem Wort.
„Liebt nicht die Welt, noch was in der Welt ist“ (V. 15). Nachdem der Apostel das Gute hervorgehoben hat, ermahnt er nun die „Jünglinge“: „Liebt nicht die Welt!“
Es ist eigenartig und doch wieder gut zu verstehen, dass da, wo eine klare Bekehrung stattfand, und der Erlöste das neue Leben und die Gabe des Heiligen Geistes erlangt hat, auch allgemein sofort eine klare, entschiedene, ablehnende Einstellung dem gegenüber ist, was hier als „Welt“ bezeichnet wird. So war es bei dem Schreiber dieser Zeilen. Aus dem finsteren Katholizismus herausgerettet, fühlte er sofort, dass er nicht mehr dem jetzigen Zeitlauf angehörte, doch wäre er in große Verlegenheit gekommen, wenn ihn jemand gefragt hätte: „Was ist das, die Welt?“
Ja, was ist das, die Welt, vor der hier so ernstlich gewarnt wird? Achten wir vorerst darauf, wie sie entstanden ist. In 1. Mose 1,31 lesen wir: „Und Gott sah alles, was Er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut“. Nun ist an dieser Stelle freilich der Kosmos, das Weltall, gemeint. Das redet von Gottes Allmacht und Weisheit. Das erkannten die Gläubigen schon früh, und ergreifend ist das Zeugnis des Psalmisten: „Die Himmel erzählen die Herrlichkeit Gottes, und die Ausdehnung verkündet seiner Hände Werk ... Keine Rede und keine Worte, doch gehört wird ihre Stimme“ (Ps 19,1–3).
Unser Abschnitt zeigt ganz deutlich, dass mit dem Ausdruck „die Welt“ etwas Verdorbenes, Böses, unserem Gott und Vater ganz Entgegenstehendes gemeint ist. Wie ist aber dieses verdorbene System entstanden? Um den Anfang davon zu finden, müssen wir in den Garten Eden zurückkehren. Dort sehen wir wie Satan, die Schlange, der Verführer, mit List an den Menschen herantrat, und dieser ihm durch seinen Ungehorsam das Tor der Welt öffnete. Damit verlor der Mensch nicht nur den Garten Eden, er verlor den Platz der Unschuld und die Gemeinschaft mit seinem Schöpfer; ausserdem wurde er ein von Furcht erfüllter, armer Sklave Satans und der Sünde. So entstand dieses gottwidrige System Welt, dessen Gott und Fürst Satan ist. Beginnend mit Kain, Jubal und Tubalkain (1. Mo 4), sehen wir die Welt, dieses geistliche System, sich immer mehr ausbreiten, und unter der Führung Satans sich entwickeln. Unsere Tage zeigen uns, welche Höhe diese Entwicklung erreicht hat. Satan bietet mit fürstlicher Freigebigkeit jedem etwas, indem er der Lust des Fleisches, der Lust der Augen und dem Hochmut des Lebens seine Tribute zollt. Er knüpft an die im Menschen wohnende Sünde an, weckt ihre Begierden, bietet in Fülle seine Gaben an, und fesselt so seine Opfer immer mehr und mehr.
Das Jünglingsalter unterscheidet sich wie in natürlicher, so auch in geistlicher Hinsicht sehr von dem Kindheitsalter. Dem jungen Christen drohen ganz andere Gefahren, als dem Kind im Glauben. Deshalb ist der ernste Zuruf an die Jünglinge gerichtet: „Liebt nicht die Welt!“ Sich der Welt und ihren Dingen zuwenden, bedeutet Verlust des Genusses der Liebe des Vaters. Es offenbart auch, dass man vergessen hat, wie die Welt den Sohn Gottes behandelt hat. „Er war in der Welt, und die Welt wurde durch Ihn, und die Welt kannte Ihn nicht“ (Joh 1,10). Nach einem Leben der Liebe und des Wohltuns, hatte die Welt nur das schmachvolle Kreuz für den Herrn übrig. Wie offenbarte sich da ihre Feindschaft!
Das Kreuz bedeutet aber auch das Gericht über die Welt. Kann man sich da mit ihr, die unseren Herrn kreuzigte, und über die das göttliche Urteil gesprochen ist, irgendwie eins machen? Das sei ferne! Wenn auch den Jünglingen bezeugt werden kann: „Ihr seid stark, und das Wort Gottes bleibt in euch, und den Bösen habt ihr überwunden, so darf das doch kein Ruhekissen und keine Bürgschaft für uns werden. Es ist sicher, wenn wir anfangen auf unsere Erfahrungen zu bauen, dass unser Fall sehr nahe ist. Darum ermahnt Paulus die gläubigen Epheser: „Nehmt die ganze Waffenrüstung Gottes, damit ihr an dem bösen Tag zu widerstehen und, nachdem ihr alles ausgerichtet habt, zu stehen vermögt“ (Eph 6,10–18). Lasst es uns nicht vergessen, dass Satan der größte Erfinder ist, wenn es darum geht, die Kinder Gottes zu Fall zu bringen. Beachten wir aber, dass das Christentum nicht eine Reihe von Verboten und Geboten ist. Ein lieber heimgegangener Knecht Gottes sagte: „Weltlichkeit beginnt da, wo irgend Christus nicht der Beweggrund und die Regel ist in dem, was die täglichen Einzelheiten des Lebens ausmacht“. Beachten wir dies, so werden wir nie der Welt „gleichförmig“ sein (Röm 12,2).
„Und die Welt vergeht und ihre Lust“ (V. 17a). Mag die Welt sich noch so sehr gottfeindlich betätigen, ihr Urteil ist gesprochen: sie vergeht. Wenn die Gläubigen in den Himmel aufgenommen sind, wird sich die Welt ungehemmt dem Antichristen in die Arme werfen. Wir haben schon erwähnt, dass der Kreuzes-Tod unseres Herrn das Gericht dieser Welt bedeutet; dort hat sich ihr wahrer Charakter offenbart, und es ist erwiesen worden, dass für sie nur Gericht übrigbleiben kann. Unaufhaltsam naht die Zeit des Gerichts. Das sollte uns tief beeindrucken und bewirken, dass wir uns von der Welt getrennt und „unbefleckt“ halten. Als der HERR Abraham das Gericht Sodoms und Gomorras kundtat, befand sich Abraham völlig außerhalb des Bodens des Gerichtes. So soll es in geistlicher Hinsicht auch mit uns der Welt gegenüber der Fall sein. Wohl soll uns der Gedanke an das herannahende, unaufhaltsame Gericht drängen, gleich Abraham, fürbittend für die Verlorenen tätig zu sein (siehe 1. Mo 18,22–23).
„Wer aber den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit“ (V. 17b). Die Erlösten der Jetztzeit sind nach Gottes eigenem Willen durch das Wort der Wahrheit gezeugt, und eine gewisse Erstlingsfrucht seiner Geschöpfe (Jak 1,18). Was wir sind, verdanken wir einzig und allein seiner unumschränkten und überströmenden Gnade. Ein jeder, der dieser Gnade teilhaftig geworden ist, trauert über jene Zeit, da er seinen eigenen Weg ging; jetzt begehrt er nach dem Willen Gottes zu leben. So war es auch bei Paulus; nachdem der Herr ihm begegnete, war seine erste Frage: „Was soll ich tun, Herr?“. Sein weiteres Leben zeigt uns auch, dass es ihm wirklich bis ans Ende darum zu tun war, den Willen des Herrn zu vollbringen, und in seinen Fußtapfen zu wandeln. Der natürliche Mensch tut seinen eigenen Willen. Dies kennzeichnet ihn. Der Gläubige aber gehört nicht mehr sich selbst; er ist um einen Preis erkauft worden, und nun berufen, in seinem Leib Gott zu verherrlichen (1. Kor 6,20). Wie können wir Gott verherrlichen? So wie Christus Gott verherrlichte, und wie verherrlichte Er Ihn? Indem Er den Willen Gottes tat und „gehorsam wurde bis zum Tod, ja, zum Tod am Kreuz“ (Phil 2,8).
Die Liebe zur Welt und zu allem was in der Welt ist raubt uns die Kraft den Willen Gottes zu vollbringen; deshalb die Warnung sie zu fliehen, sowie der Hinweis darauf, dass sie mit all ihrer Lust vergeht. Nicht nur vermag die Welt keinen wahren Frieden und keine wahre Freude zu geben, sie vergeht, und nimmt ein Ende im Gericht. Gott wird mit ihr abrechnen wegen der Verwerfung seines geliebten Sohnes, und wegen all der von ihr verübten Gottlosigkeiten.
Der Vergänglichkeit dieses ungöttlichen Systems gegenüber strahlt in hellstem Licht die Mitteilung: „Wer aber den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit“. Die an den Herrn Jesus Glaubenden besitzen das ewige Leben. Sie gehören nicht mehr dieser Welt an; sie sind in Verbindung mit Christus in der Herrlichkeit. In dieser Welt sind sie Vertreter des Christus. Gleichwie der Vater Ihn in die Welt gesandt hat, hat Er auch uns gesandt, um gleich Ihm, hier den Willen Gottes zu tun (Joh 17,18; 20,21). Je inniger der Umgang mit dem verherrlichten Herrn ist, umso mehr wird bei dem Gläubigen das Bedürfnis vorhanden sein, zu prüfen: „Was der gute und wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes ist.“ Auf diesem Weg ist dann der Gott des Friedens wirksam, „um uns zu vollenden in jedem guten Werk, um seinen Willen zu tun, in uns schaffend, was vor Ihm wohlgefällig ist, durch Jesus Christus“ (Röm 12,2; Heb 13,20.21).
Unser hochgepriesener Herr konnte sagen: „Meine Speise ist, dass ich den Willen dessen tue, der mich gesandt hat, und sein Werk vollbringe“ (Joh 4,34). Am Ende seines Weges hier auf der Erde konnte Er dem Vater sagen: „Ich habe dich verherrlicht auf der Erde; das Werk habe ich vollbracht, das du mir gegeben hast, dass ich es tun sollte“ (Joh 17,4). Prophetisch sagte Gott von Ihm: „Ich habe David gefunden ... der meinen ganzen Willen tun wird“ (Apg 13,22). Und nun, was ist für uns der Wille unseres Vaters? Schätzen wir es als ein großes Vorrecht, Ihm zu dienen und seinen Willen zu tun? Möge es dem Heiligen Geist gelingen, uns immer wieder darüber zu belehren, was die Welt ist in ihrer Feindschaft Gott gegenüber, und in unseren Herzen das Verlangen vertiefen, nur auf dem Weg des Willens Gottes erfunden zu werden.
Es naht der Tag, wo jedes Opfer der liebenden Hingabe, und jeder Gehorsam, volle Anerkennung und auch reiche Belohnung finden wird. Denn, wenn schon ein irdischer Vater den Sohn lobt und belohnt, wenn er den Auftrag des Vaters zu seinem Wohlgefallen treu ausgeführt hat, wie viel mehr wird dies von unserem Herrn droben am Ziel geschehen! Wenn auch unsere Ausführungen in Verbindung mit den Unterweisungen an die Jünglinge stehen, so wollen wir doch nicht vergessen, dass es für jedes Gotteskind von Bedeutung ist, dies alles zu beherzigen.
Kapitel 2,18–27 enthält eine eingehende Unterweisung an die „Kinder“. Das sind Gläubige, die erst kurze Zeit in der Nachfolge des Herrn stehen. Schon in Vers 13 hob der Apostel hervor, dass sie „den Vater erkannt“ haben. Ihnen wurde zuteil, was selbst die größten und treuesten Heiligen des Alten Bundes nicht besaßen. Gott war als Vater noch nicht offenbart; jetzt aber, da Christus allen heiligen und gerechten Forderungen Gottes Genüge geleistet hat und Ihn verherrlichte, ist der Zugang zum Vaterherzen frei. Schon während der Herr hier auf der Erde pilgerte, konnte Er zu seinen Jüngern sagen: „Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen“ (Joh 14,6.9).
Unsere Stellung als Kinder Gottes ist vor Gott, dem Vater. Durch den Heiligen Geist, den Geist der Sohnschaft, rufen wir: „Abba, Vater!“ Völlig ans Licht gebracht wurde diese kostbare Wahrheit durch die Herniederkunft des Heiligen Geistes. Sofort nach seiner Auferstehung nahm der Herr wieder auf, was Er zuvor unter den Seinigen tat. In Johannes 17,26 lesen wir, wie Er zum Vater spricht: „Und ich habe ihnen deinen Namen kundgetan und werde Ihn kundtun, damit die Liebe, mit der du mich geliebt hast, in ihnen sei, und ich in ihnen.“ Seine Botschaft durch Maria Magdalena an seine Jünger: „Ich fahre auf zu meinem Vater und eurem Vater, zu meinem Gott und eurem Gott“ (Joh 20,17), ist nun die Fortsetzung des Kundtuns des Namens des Vaters, das der Herr während seines Wandels auf der Erde in so erhebender Weise getan hat. Welch eine Gnade, dass es nach dem Ratschluss Gottes war, verlorene, sündige Menschenkinder, seine Feinde, zu retten und durch die Wiedergeburt der göttlichen Natur teilhaftig zu machen.
Die Engel sind erhoben
Zum Dienen und zum Lohen,
Doch Söhne sind sie nicht.
Kein Tod hat sie gekettet,
Kein hoher Preis gerettet,
Kein Arm geführt durch Nacht zum Licht.
Viele Menschen antworten auf die Frage, ob sie Kinder Gottes seien: „Ja, freilich, wir sind alle Kinder Gottes.“ Welch ein großer Irrtum! Sehr zu bedauern ist, dass viele Seelen, die wirklich mit ihren Sünden zum Herrn gekommen sind und von ihrer Schuld befreit und der Errettung teilhaftig geworden sind, dennoch nicht wagen, es für sich in Anspruch zu nehmen, dass sie nun Kinder Gottes sind. Ja, sie betrachten das gar als geistlichen Hochmut und Überhebung, Wieviel Segen geht ihnen dadurch verloren! Ja, sie betrüben den Heiligen Geist, der ihnen Gott, den Vater, offenbaren will. O tritt in Freimütigkeit, mit einem „Abba, Vater!“ vor Ihn. Es ist das Teil aller Erlösten.
„Kinder, es ist die letzte Stunde, und wie ihr gehört habt, dass der Antichrist kommt, so sind auch jetzt viele Antichristen geworden; daher wissen wir, dass es die letzte Stunde ist“ (V. 18). Dieser Vers hat große Bedeutung für alle Kinder Gottes. Als ein Vater wendet sich der Apostel an die Kindlein mit der Mitteilung, dass es „die letzte Stunde“ sei. Mit diesem Ausdruck bezeichnet die Heilige Schrift den ganzen Zeitabschnitt, in welchem der Heilige Geist ein Volk sammelt für den Namen des Herrn, also von dem Tag an, wo der Sohn Gottes die Reinigung der Sünden durch seinen Tod am Kreuz bewirkte, bis zu dem Augenblick der Aufnahme der Versammlung (Gemeinde, Ekklesia) des Herrn in die Herrlichkeit. Es hat bis zum Beginn der Kirchenperiode schon mehrere „Stunden“, d.h. Zeitabschnitte, in den Wegen Gottes mit den Menschen gegeben; z.B. vor und nach dem Sündenfall; ferner nach der Sündflut, vor dem Gesetz und unter dem Gesetz. Jetzt aber ist die letzte Stunde, die letzte Zeitperiode, gekommen.
Diese „letzte Stunde“ kann von zwei verschiedenen Seiten aus betrachtet werden. In dem zweiten Brief an die Korinther schreibt Paulus: „Siehe, jetzt ist die wohlangenehme Zeit; siehe, jetzt ist der Tag des Heils“ (Kapitel 6,2). Da haben wir die Seite der Herablassung Gottes, die Zeit der Gnade. Die andere Seite ist überaus ernst, denn sie bezeichnet die großen Gefahren, die durch den Geist des Antichristen heraufbeschworen sind. Mehr als je gilt es heute „für den einmal den Heiligen überlieferten Glauben zu kämpfen“ (Jud 3). Es ist gesagt worden, wen der jetzige Zeitabschnitt als „die letzte Stunde“ bezeichnet wird, so kann man von den jetzigen Tagen sagen, dass es die „letzte Minute“ ist. Dem ist auch so, wir stehen sehr nahe vor der Ankunft des Herrn. Der Ausdruck „die letzte Stunde“ soll zugleich die Menschen mahnen, sich retten zu lassen, solange es noch möglich ist. Noch zögert Gott mit dem Gericht, aber bald wird Er es ausüben.
Die Kinder Gottes waren zur Zeit der Apostel über den nach der Entrückung kommenden Antichristen klar unterwiesen. Schon in den Propheten finden wir Hinweise auf diesen kommenden Antichrist (siehe Dan 11,36–39; Sach 11,16.17 und andere Stellen). Unser Herr selbst hat auch auf ihn hingewiesen, als Er den Juden sagte: „Ich bin in dem Namen meines Vaters gekommen, und ihr nehmt mich nicht auf; wenn ein anderer in seinem eigenen Namen kommt, den werdet ihr aufnehmen“ (Joh 5,43). Der Apostel Paulus redet eingehend von dem Antichristen in 2. Thessalonicher 2,3–10. Auch im Buch der Offenbarung (Kapitel 13,11–18) wird uns unter dem „anderen Tier“ der Antichrist und sein Tun vor Augen gestellt. Ohne hier noch weiter auf diese Person die von Satan inspiriert wird, einzugehen, sei noch einmal darauf hingewiesen, dass dieser Antichrist in seinem amtlichen Charakter nicht auftreten kann, solange die Ekklesia des Herrn sich noch auf dieser Erde befindet.
Weiter weist der Apostel darauf hin, dass schon jetzt „viele Antichristen“ geworden sind. Diese Menschen bewegten sich eine Zeitlang unter den Gläubigen in der Versammlung. Mit der Zeit aber wurde offenbar, dass es Menschen waren, „die den Geist nicht hatten“ und kein Leben aus Gott besaßen. Dies zeigt, wie schnell Personen zum Tisch des Herrn zugelassen werden können, die niemals als wirklich verlorene Sünder zum Herrn gekommen sind. Es waren Heuchler, die durch List Eingang zu den Gläubigen fanden, wie einst die Gibeoniter zur Zeit Josuas (Jos 9,3–15). Wie notwendig ist es daher, zu allen Zeiten die Geister zu prüfen, ob sie aus Gott sind (Kapitel 4,1). Diese Leute werden Antichristen genannt, weil ihre ganze Einstellung, sowie auch ihr Bekenntnis, Christus dem ewigen Sohn Gottes und der Heiligen Schrift völlig entgegen ist.
Gottes Geist entlarvte diese Menschen als Verführer; sie wurden gezwungen, den Kreis der Kinder Gottes zu verlassen. Ähnliches finden wir in der Versammlung zu Ephesus. Auch dort traten „Böse“ auf. Sie gaben sich als Apostel aus, aber die Gläubigen konnten dieselben „nicht ertragen“, „prüften sie“ und „haben sie als Lügner erfunden“ (Off 2,2). Damals war noch geistige Kraft vorhanden, obwohl man bereits angefangen hatte, „die erste Liebe zu verlassen“. Mit der Zeit wurde der Verfall, wie die Geschichte der christlichen Kirche kundgibt, immer größer, und was birgt sie heute in ihrem Schoss? Antichristliche und schriftwidrige Lehren ohne Zahl werden geduldet und gar gelehrt.
Haben nun die „Kinder“, haben die Heiligen solchem Bösen gegenüber einen wirklichen Schutz, eine Waffe? Dem Herrn sei Lob und Dank, dass diese Frage bejaht werden kann. Sie haben „die Salbung von dem Heiligen und wissen alles“ (V. 20). Unter der „Salbung“ ist hier die Gabe des Heiligen Geistes gemeint. Diese Gabe hatte der Herr Jesus seinen Jüngern verheissen und ihnen auch die mannigfache Bedeutung und Tätigkeit dieser Gabe mitgeteilt.
In Johannes 14 redet der Herr vom Heiligen Geist, von dem „anderen Sachwalter“, der bei ihnen und in ihnen sein und bleiben würde.
Durch diesen Geist sollten sie mit ihrem, nun verherrlichten Herrn, verbunden sein und Ihn sehen. Der Heilige Geist sollte sie „alles lehren“ und „an alles erinnern“, was Er zu ihnen gesagt hatte. In Johannes 15 hören wir, dass der „andere Sachwalter“, der „Geist der Wahrheit“ ist, der „vom Herrn zeugen soll“. In Johannes 16 haben wir eine noch umfangreichere Unterweisung über die Wirksamkeit des Heiligen Geistes. Nachdem der Herr die Bedeutung des Heiligen Geistes hinsichtlich der Welt beschrieben hat, geht Er dazu über, den Jüngern die Wirksamkeit des Heiligen Geistes unter ihnen und in Bezug auf sie vorzustellen. Es ist der Geist, der „in die ganze Wahrheit leitet und das Kommende ihnen verkündigen“ wird.
In Apostelgeschichte 2 finden wir dann die Erfüllung der Verheissung des Herrn. Als die Jünger im Obersaal versammelt waren, wurde ihnen die „Verheissung des Vaters“ – die Gabe des Heiligen Geistes – zuteil. Der Heilige Geist macht Wohnung in ihrer Mitte und auch in dem Herzen jedes Einzelnen. Dadurch wurde die Gesamtheit der Gläubigen „eine Behausung Gottes im Geist“ (Eph 2,22).
Seither ist der Heilige Geist in dieser Welt wirksam, um verlorene Seelen zu Jesu zu führen und die Wiedergeburt zu bewirken. Sein Geist zeugt mit unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind. Welch gesegnete Tatsache!
Bemerken möchten wir noch, dass die Gabe des Heiligen Geistes nicht durch irgendwelche Vermittlung der Menschen erteilt wird, wie oft gelehrt wird, sondern, wie die Errettung des Menschen eine Gnadengabe Gottes ist, so auch die Gabe des Heiligen Geistes.
Die Innewohnung des Heiligen Geistes hat aber auch noch zwei andere Seiten: das Kind Gottes ist „versiegelt“ durch den Heiligen Geist. Diese Versiegelung ist mehr die göttliche Seite, und bedeutet, dass die versiegelte Person dem Herrn angehört, sie ist für Gott erkauft. Die andere Seite macht uns vertraut mit dem köstlichen Gedanken, dass der Heilige Geist uns gegeben ist als „Unterpfand unseres Erbes, zur Erlösung des erworbenen Besitzes“ (Eph 1,13.14). So legt Gott auf uns einerseits das Siegel als Beweis, dass wir für immer sein Besitztum sind; andererseits gibt Er uns zu unserer vollen Gewissheit die Gabe des Heiligen Geistes, damit in uns kein Zweifel aufkommen kann in Bezug auf die Erreichung der ewigen Herrlichkeit. Welch herablassende Gnade Gottes!
Wichtig ist es auch, daran zu denken, dass der Heilige Geist nicht nur der Führer des einzelnen Gläubigen ist, sondern, dass Er auch die Gesamtheit führen will. Das kommt in besonderer Weise bei unseren Zusammenkünften zum Ausdruck. Er allein soll die Leitung haben, sei es zur Anbetung oder zur Betrachtung des Wortes Gottes oder zum Gebet.
„Ihr, was ihr von Anfang an gehört habt, bleibe in euch. Wenn in euch bleibt, was ihr von Anfang an gehört habt, so werdet auch ihr in dem Sohn und in dem Vater bleiben“ (V. 24). Es war nötig, die Kinder zu belehren und zu warnen, auch wenn sie durch die „Salbung von dem Heiligen“ und durch die Erkenntnis der ihnen mitgeteilten Wahrheit, gegen die Lügen und Angriffe Satans gewappnet waren. Es sollte nichts von dem „was von Anfang war“, preisgegeben werden, sondern in ihnen bleiben, denn es bedeutete ihre Sicherheit angesichts der Anläufe des Feindes. Durch das Festhalten an dem, was von Anfang war, wurden auch sie erhalten und bewahrt in der Verbindung und im Genuss der Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn.
Woher kommt es nun, dass viele Christen allen möglichen Irrtümern zum Opfer fallen? Ach, wie weit ist man abgekommen von dem, „was von Anfang war“! Die meisten haben es überhaupt noch niemals kennen gelernt. Allen diesen möchten wir zurufen: „Gehe den Spuren der Herde nach...“ (Hoh 1,8). Lasse dich durch den Heiligen Geist zum Worte zurückführen und vertraut machen mit dem, „was von Anfang war“. Das vermag dich vor allen Irrtümern zu bewahren, sei es die Leugnung der Gottessohn Botschaft Jesu, der wörtlichen Eingebung der Heiligen Schrift, der ewigen Verdammnis usw.; das wird dich auch bewahren vor allen menschlichen Institutionen, dich aber andererseits die Liebe des Christus und die Zuneigung des Vaters geniessen lassen.
Im Bleiben in dem, „was von Anfang war“, haben wir aber auch den Genuss und den Besitz des ewigen Lebens. Petrus bekannte im Namen aller Jünger: „Herr, zu wem sollen wir gehen, du hast Worte ewigen Lebens; und wir haben geglaubt und erkannt, dass du der Heilige Gottes bist“ (Joh 6,68.69). Aber nicht allein hat der Herr Worte ewigen Lebens, Er gibt auch das ewige Leben, und bezeugt, dass Er deshalb erhöht werden müsse, so wie auch einst die Schlange in der Wüste erhöht wurde. Er musste, zur Sünde gemacht, für eine verlorene Welt sterben. Aber nun gibt der Vater dem Sohn, dass „jeder, der an Ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe“ (Joh 3,15.16.36). In der denkwürdigen Unterredung mit dem Vater erklärt der Herr: „Dies aber ist das ewige Leben, dass sie dich, den allein wahren Gott und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen“ (Joh 17,3).
Der natürliche, fromme, religiöse Mensch müht sich ab, um ewiges Leben zu erwerben. Das war auch der Fall bei dem reichen Jüngling. „Lehrer, welches Gute soll ich tun, dass ich ewiges Leben habe?“, fragt er den Herrn. Das ewige Leben kann niemand verdienen, es ist ein freies Geschenk der Liebe Gottes für einen jeden, der reumütig Zuflucht zum Herrn Jesus nimmt. Welche Glückseligkeit verleiht die Gewissheit, das ewige Leben zu besitzen!
„Die Salbung, die ihr von Ihm empfangen habt, bleibt in euch“ (V. 27). Das ist ein großer Trost! Die Wirksamkeit der Salbung mag verschieden sein, je nach Einstellung des Herzens, aber sie geht nie verloren, sie bleibt.
„Ihr bedürft nicht, dass jemand euch belehre“ (V. 27). Das will natürlich nicht sagen, dass wir den Dienst derer verneinen sollen, die der Herr mit Gaben ausgerüstet hat, um der Ekklesia zu dienen. Die Brüder, die Gott damit ausgerüstet hat, sind verantwortlich, diese Gaben auszuüben, und ebenso ist das Volk Gottes verantwortlich, diese Gaben dankbar anzuerkennen.
Auch ist es wunderbar, wie Gott solche, die völlig vereinsamt und nicht in der Lage waren, Gemeinschaft mit dem Volk Gottes zu haben, durch den Heiligen Geist unterwiesen hat. In aller Einfalt lasen sie das Wort, den Herrn um Licht bittend. Das Wort wurde ihnen «süßer als Honig und Honigseim“ (Ps 19,11). Sie lernten die Irrtümer menschlicher Religionen kennen, gaben sie auf und betraten den Weg der Absonderung. Selbst angesichts mancher Prüfungen harrten sie aus. Auf irgend eine Weise führte der Herr sie mit Gläubigen zusammen, die schon länger diesen Weg gingen, und diese waren höchst überrascht über das, was der Herr unmittelbar durch seinen Geist und durch sein Wort an diesen Einsamen gewirkt hatte.
Die Befolgung der Belehrung der Salbung bewirkt ein Bleiben in dem Herrn; und wie gesegnet ist dieses „Bleiben in Ihm“! Wir tun wohl, es zu beherzigen!
Eins ist not – auf dich zuhören,
Auf dein Wort voll Huld und Heil;
Zu bewahren deine Lehren
Ist das allerbeste Teil.
Ja, das Wort, das Du gegeben,
Es ist Wahrheit, Geist und Leben,
Unseres Weges helles Licht,
Wer Ihm folgt, der irret nicht.
„Und nun, Kinder, bleibt in ihm, damit wir, wenn er offenbart wird, Freimütigkeit haben und nicht vor ihm beschämt werden bei seiner Ankunft“ (V. 28). Nachdem sich der Apostel mit den drei Stufen geistlicher Reife beschäftigt hat, wendet er sich nun wieder an alle, und lenkt die Blicke der Gläubigen in die Zukunft, auf die Ankunft des Herrn. Dadurch soll der Ernst und die Heiligkeit im Wandel vertieft werden. Woher aber kommt die dazu nötige Kraft? Da gibt es nur eine Antwort: „Bleibt in ihm!“
In Johannes 15 redet der Herr wiederholt von der Bedeutung des Bleibens. Christus selbst ging den Weg des Gehorsams und blieb auf ihm. So blieb Er aber auch in der Liebe des Vaters, und damit weist Er uns den Weg, um in seiner Liebe zu bleiben. Was die Stellung des Erlösten ist, so ist dieselbe auf Grund des Werkes von Golgatha auf ewig gesichert und gegründet. Das Bleiben in Ihm aber ist abhängig von unserer praktischen Einstellung dem Herrn und seinem Wort gegenüber. Darum sagt der Herr: „Wenn ihr meine Gebote haltet, so werdet ihr in meiner Liebe bleiben.“ Der Weg, in Ihm zu bleiben ist auch der Weg, um bei seiner Ankunft nicht beschämt zu werden. Darum lasst uns auf diesem Weg unentwegt und mit Ausharren eilen, jenem kostbaren Augenblick entgegen, wo Christus kommen und uns zu sich rufen wird in seine Herrlichkeit! Das Bleiben in Ihm ist also ein Mittel, damit „wenn er offenbart wird, wir Freimütigkeit haben und nicht beschämt werden bei seiner Ankunft“. Das gilt nicht nur denen, die in besonderer Weise einen Dienst im Werk des Herrn haben, sondern allen Christen. Lasst uns deshalb in Ihm bleiben, Ihm mit einem ungeteilten Herzen anhangen und Ihm in Treue dienen, dann wird es nicht zur Beschämung gereichen, sondern eine Belohnung der Treue geben!
Die Frucht der Arbeit ist die Freude jedes Kindes Gottes, und ihr sehnlichstes Verlangen ist, die Frucht dereinst voll zu sehen in der Gegenwart des Herrn Jesus Christus, wenn Er die Seinigen heimführen wird ins Vaterhaus. Jeder Dienst in Treue wird dann, wenn der Erzhirte offenbar werden wird, aus seiner Hand „die unverwelkliche Krone der Herrlichkeit“ einbringen (1. Pet 5,4).
Wie wird uns sein! O, was kein Aug' gesehen,
Kein Ohr gehört, kein Menschensinn empfand,
Das wird uns werden, wird an uns geschehen,
Wenn wir hineinzieh'n ins gelobte Land.
Wohlan, den steilen Pfad hinangeklommen;
Es ist der Mühe und des Schweißes wert,
Dahin zu eilen und dort anzukommen,
Wo, mehr als wir versteh'n, der Herr beschert.