Die Briefe des Simon Petrus
2. Petrus 2
Den Herrn verleugnend, der sie erkauft hat
In den folgenden Kapiteln dieses Briefes lenkt der Apostel unsere Aufmerksamkeit, und damit die Aufmerksamkeit aller Gläubigen, auf zwei Formen von Bösem, das die letzten Tage in besonderer Weise kennzeichnet. Kapitel 2 stellt die falschen und bösen Lehrer vor, und Kapitel 3 zeigt die schnell zunehmende Abtrünnigkeit und Spötterei, die wir heutzutage immer mehr um uns herum sehen. Es ist der offene Unglaube, der das Wiederkommen des Herrn leugnet, der sich allein auf das, was in der Schöpfung sichtbar ist, gründet.
Wenn ich irgendeinen Zweifel an der Wahrheit des Wortes Gottes hätte, bräuchte ich nur den zweiten Petrusbrief zu lesen, denn wir haben heute um uns her genau das, wovor uns der Geist Gottes in diesem Brief warnt.
„Es waren aber auch falsche Propheten unter dem Volk, wie auch unter euch falsche Lehrer sein werden, die Verderben bringende Sekten nebeneinführen werden und den Gebieter verleugnen, der sie erkauft hat, und sich selbst schnelles Verderben zuziehen“ (V. 1). „Den Gebieter verleugnen, der sie erkauft hat“, bedeutet, die Ansprüche Christi zu verleugnen, der der Herr ist, der sie erkauft hat. Dies darf nicht mit dem Gedanken der Erlösung verwechselt werden, denn Erlösung und Erkauftsein sind zwei sehr verschiedene Dinge. Nicht jeder Mensch, sondern nur ein Kind Gottes ist erlöst. Erkauft aber sind alle Menschen, ob sie erlöst sind oder nicht. Matthäus 13 spricht davon, dass der Kaufmann den Acker kaufte, wegen des Schatzes, der darin verborgen war und es wird gezeigt, dass der Acker die Welt ist. Durch seinen Tod als Mensch hat Christus ein Anrecht auf jeden Menschen erworben, d. h., Er hat jeden Menschen erkauft.
Somit ist Christus der Herr aller Menschen. Er ist der „Gebieter“. Dieses Bild lehnt sich daran an, dass ein Mann auf den Sklavenmarkt ging und Sklaven kaufte. Und so sagt Petrus auch: „Dieser ist aller Herr“ (Apg 10,36) und Paulus sagt, „dass der Christus das Haupt eines jeden Mannes ist“ (1. Kor 11,3). Daher spricht Petrus von „dem Gebieter, der sie erkauft hat“. Wenn ich auf den Sklavenmarkt ginge und einen Sklaven kaufen würde, dann würde das bei dem Sklaven nur dazu führen, dass er seinen Meister wechseln würde. Erlösung hingegen würden bedeuten, dass die Ketten des Sklaven abgenommen würden und er frei wäre. Erkauft sein hält die Knechtschaft, Erlösung hingegen bringt völlige Befreiung.
„Und viele werden ihren Ausschweifungen nachfolgen, derentwegen der Weg der Wahrheit verlästert werden wird“ (V. 2). Wir wissen, wie das, was Petrus hier sagt, auch tatsächlich in der Geschichte der Christenheit stattgefunden hat. Die rechtmäßigen Ansprüche Christi wurden ignoriert. Das gab es selbst bei denen, die seinen Namen bekennen. Wegen der bösen Wege derer, die bekennen, den Herrn zu kennen, reden die, die „draußen“ sind, übel über den Weg der Wahrheit.
„Und durch Habsucht werden sie euch ausbeuten mit erdichteten Worten; denen das Gericht von alters her nicht zögert, und ihr Verderben schlummert nicht“ (V. 3). Hier zeigt Petrus den Kern der kirchlichen Anmaßungen: Babylon verkauft die Seelen der Menschen (Off 18,13). Es ist eine ernste Sache, in praktischer Weise in Verbindung mit solchen Zuständen zu stehen. Durch Habsucht und betrügerische Worte treiben diese falschen Lehrer für ihren eigenen Gewinn Handel mit Christen. Was als Simonie bekannt ist, das Verkaufen von Seelen, wird hier angedeutet. Aber Gottes Gericht wird dies alles heimsuchen.
„Denn wenn Gott Engel, die gesündigt hatten, nicht verschonte, sondern, sie in den tiefsten Abgrund hinabstürzend, Ketten der Finsternis überlieferte, damit sie aufbewahrt werden für das Gericht; und wenn er die alte Welt nicht verschonte, sondern nur Noah, den Prediger der Gerechtigkeit, als achten erhielt, als er die Flut über die Welt der Gottlosen brachte; und wenn er die Städte Sodom und Gomorra einäscherte und zur Zerstörung verurteilte und sie denen, die gottlos leben würden, als Beispiel hinstellte; und wenn er den gerechten Lot rettete, der von dem ausschweifenden Wandel der Frevler gequält wurde (denn der unter ihnen wohnende Gerechte quälte durch das, was er sah und hörte, Tag für Tag seine gerechte Seele mit ihren gesetzlosen Werken), so weiß der Herr die Gottseligen aus der Versuchung zu retten, die Ungerechten aber aufzubewahren auf den Tag des Gerichts, damit sie bestraft werden“ (V. 4–9). Petrus zählt an dieser Stelle das Handeln Gottes aus vergangenen Zeiten auf und zeigt auch, was Er in Zukunft noch tun wird. Eine bemerkenswerte Aussage über die Engel finden wir in Vers 4. Die Verbindung zwischen diesem Vers und Judas 6 ist eindeutig, jedoch fällt dabei ein Unterschied auf. Petrus spricht von „Engeln, die gesündigt hatten“. Judas sagt, dass sie ihre „Behausung verlassen haben“. Petrus spricht also mehr von dem Eigenwillen, während Judas von der Abtrünnigkeit spricht, denn Judas beschreibt den schrecklichen Zustand der Verdorbenheit in der Kirche, aus dem der Gläubige herausgehen muss.
Es ist wichtig zu verstehen, was Abtrünnigkeit ist. Es bedeutet die erste, ursprüngliche Stellung zu verlassen, in die Gott jemanden gestellt hat. Das ist es, was Adam getan hat. Er war ein Abtrünniger, und dies ist der Unterschied zwischen Adam und Christus. Adams Verlassen seines ersten Zustands war Abtrünnigkeit, denn es war Eigenwille und Ungehorsam, während es bei Christus vollkommener Gehorsam und das Ausführen des Willens Gottes, seines Vaters, war. Er demütigte sich selbst und Gott erhöhte Ihn, und der Apostel sagt uns heute durch den Geist Gottes, „diese Gesinnung sei in euch, die auch in Christus Jesus war.“
Petrus ist sehr deutlich im Bezug darauf, was das Gericht Gottes über diese bösen Menschen sein wird. Der Glaube wartet ruhig auf Gott und findet seine Kraft in Ihm, in der Sicherheit, dass der Tag kommen wird, an dem Er sich rechtfertigen wird, sollen die Spötter sagen, was sie wollen. In der Zwischenzeit hat Gott seinen Blick auf sein Volk gerichtet, damit sie inmitten all des Bösen vor Gott wohlgefällig wandeln.
Der Herr sieht, dass es uns in dieser Hinsicht oftmals wie Lot ergeht: Unsere gerechten Seelen werden inmitten all des verdorbenen Umgangs mit den Gottlosen gequält. Doch der Herr hat seinen Blick auf uns gerichtet, damit wir gottesfürchtig sind, im Gegensatz zu allem um uns herum, denn „der Herr weiß die Gottseligen aus der Versuchung zu retten, die Ungerechten aber aufzubewahren auf den Tag des Gerichts.“
„Besonders aber die, die in der Begierde der Befleckung dem Fleisch nachwandeln und die Herrschaft verachten, Verwegene, Eigenmächtige; sie erzittern nicht, Herrlichkeiten zu lästern, während Engel, die an Stärke und Macht größer sind, nicht ein lästerndes Urteil gegen sie bei dem Herrn vorbringen“ (V. 10.11). Das, was uns hier in diesen Versen vorgestellt wird, ist gerade das, was in unseren Tagen aufkommt – das Prinzip des Eigenwillens. Das ist es, was die Menge der Gottlosen kennzeichnet und sie zu hemmungslosem Benehmen veranlasst. Zuerst verachten sie die Herrschaft des Christus, seine Autorität, und dann verachten sie jegliche andere Form von Autorität. Genau das sehen wir heute um uns her. Wir leben in einer einschneidenden Zeit, einer Zeit radikaler (fundamentaler) Veränderungen, und solcher religiöse Radikalismus, so denke ich, ist das Übelste in den Augen Gottes.
Gott hat Autoritäten in der Welt und auch in der Versammlung eingesetzt. Petrus aber zeigt uns, wozu es die Welt gebracht hat: Es kommt soweit, dass jegliche Autorität verachtet wird.
Es gibt in der Gegenwart Gottes überhaupt keinen Platz für das Fleisch, und es gibt eine feste Ordnung unter Gottes Autorität, die wir nicht übertreten können, ohne großen und ernsten Schaden davonzutragen. Unterwerfung wird uns in der Schrift außerordentlich deutlich befohlen. Die Umkehrung dieses Grundsatzes aber ist überaus verhängnisvoll.
In jeglicher Hinsicht nimmt die Verachtung von Autoritäten zu. Es ist ein fatales Prinzip, das Familien, ganze Völker und auch die Versammlung ruiniert, und es gipfelt in dem „Menschen der Sünde“, der einmal unter der schnell herannahenden Vernichtung durch Christus fallen wird.
„Diese aber, wie unvernünftige, natürliche Tiere, geschaffen zum Fang und Verderben, lästernd über das, was sie nicht wissen, werden auch in ihrem eigenen Verderben umkommen, indem sie den Lohn der Ungerechtigkeit empfangen; die die Schwelgerei bei Tage für Vergnügen halten – Flecken und Schandflecke, die in ihren eigenen Betrügereien schwelgen und Festessen mit euch halten; die Augen voll Ehebruch haben und von der Sünde nicht ablassen, wobei sie unbefestigte Seelen anlocken; die ein Herz haben, in Habsucht geübt, Kinder des Fluches, die, da sie den geraden Weg verlassen haben, abgeirrt sind, indem sie dem Weg Bileams nachfolgten, des Sohnes Bosors, der den Lohn der Ungerechtigkeit liebte, aber eine Zurechtweisung seiner eigenen Verkehrtheit empfing: Ein sprachloses Lasttier, das mit Menschenstimme redete, wehrte der Torheit des Propheten. Diese sind Quellen ohne Wasser, und Nebel, vom Sturmwind getrieben, denen das Dunkel der Finsternis aufbewahrt ist in Ewigkeit. Denn indem sie stolze, nichtige Reden führen, locken sie mit fleischlichen Begierden durch Ausschweifungen die an, die eben entflohen sind denen, die im Irrtum wandeln; ihnen Freiheit versprechend, während sie selbst Sklaven des Verderbens sind; denn von wem jemand überwältigt ist, diesem ist er auch als Sklave unterworfen“ (V. 12–19). Der Geist Gottes stellt uns hier einen äußerst ernsten Zustand vor. Diese Verse beschreiben solche Menschen, die die hier genannten Dinge tun, und was daraus folgend ihr Ende sein wird.
Die Beschreibung ist überaus schrecklich. Es besteht auch Anlass, anzunehmen, dass ein solch verdorbener Zustand unter den falschen Lehrern damals herrschte. Sie weissagen nur um des Gewinns willen – wie Bileam – und die Auswirkung ist, dass sie „mit fleischlichen Begierden durch Ausschweifungen die anlocken, die eben entflohen sind denen, die im Irrtum wandeln“. Wir müssen uns daran erinnern, dass es für jede Art von Versuchung einen Anknüpfungspunkt in unserer Natur gibt, etwas in uns, das auf die Verlockungen Satans antwortet. Wir hätten nicht geglaubt, dass unter bekennenden Christen so etwas möglich sein könnte, wenn nicht Gott selbst es gesagt hätte. Aber Er hat uns gewarnt, damit wir unsere Augen offen halten und wachsam sind, uns Tag für Tag davor zu hüten. Solche, von denen hier gesprochen wird, nennen sich selbst Christen, und doch geben sie ihren Begierden nach und verachten Autorität in derselben Weise, wie es einst einige der Engel taten. Sie halten Festfeier mit wahren Christen – ich denke, dass sie teilnahmen an deren Liebesmahlen – und betrügen sich selbst, während sie andere verderben. Sie geben sich uneingeschränkt dem Bösen hin und während sie anderen Freiheit versprechen, werden sie selbst zu Sklaven der sittlichen Verdorbenheit. Dies alles wird einmal aus der Christenheit werden, sagt Petrus. Und so wurde es auch, wie wir wissen. Das Beste wird zum Schlechtesten, wenn es verdorben wird.
„Denn wenn sie, entflohen den Befleckungen der Welt durch die Erkenntnis des Herrn und Heilandes Jesus Christus, aber wieder in diese verwickelt, überwältigt werden, so ist für sie das Letzte schlimmer als das Erste“ (V. 20). Solche waren eine Zeit lang von der praktischen Beschmutzung durch die Welt befreit gewesen, jedoch nicht durch eine echte Bekehrung oder durch eine neue Geburt, sondern lediglich durch ein äußeres Bekenntnis des Heilandes Jesus Christus. Nun wiederum in das Böse „verwickelt“, nachdem sie durch ihre Erkenntnis des Herrn und Heilandes einmal davon entflohen waren, ist ihre Situation jetzt unendlich schlimmer, als wenn sie gar nicht erst den „Weg der Wahrheit“ (2. Pet 2,2) gekannt hätten.
Diejenigen, die das Christentum ablehnen und verachten, vergessen, wie viel der Mensch dem Christentum in Wahrheit verdankt. Die Welt hat in moralischer, gesellschaftlicher und ziviler Weise von dem Licht, das Gott in seinem Wort gegeben hat, und von den Auswirkungen des Christentums profitiert. Aber heutzutage ist das alles vergessen, und es ist in Mode gekommen, das Ganze als eine alte Fabel zu belächeln und zu verachten.
Die Auswirkung des Christentums war die Befreiung der Menschen aus der Beschmutzung der Welt. Die Wahrheit wurde geistig empfangen und befreite sie. Jedoch wurde es nicht mit dem Gewissen aufgenommen, sonst wäre es geblieben und hätte durch die Gnade Gottes an ihnen gewirkt.
Wenn Menschen einen Teil der Wahrheit, die sie einst kannten, aufgeben, auch wenn dies nur auf intellektueller Ebene geschieht, so werden sie doch oftmals zu den bittersten Feinden der Wahrheit in Christus. Daher nehmen wir uns in Acht davor, auch nur einen Teil der Wahrheit, die Gott uns gegeben hat, aufzugeben. Hier an dieser Stelle sehen wir, wozu es führt, wenn wir von Gott abtrünnig werden. Es ist eine weitaus schlimmere Sache, wenn man die Wahrheit kannte und sie aufgegeben hat, indem man das Wirken des Fleisches zugelassen und der Welt nachgegeben hat, als wenn man die Wahrheit nie gekannt hat.
„Denn es wäre besser für sie, den Weg der Gerechtigkeit nicht erkannt zu haben, als, nachdem sie ihn erkannt haben, sich abzuwenden von dem ihnen überlieferten heiligen Gebot“ (V. 21). Am Anfang des Kapitels wurde von den Gottseligen und den Gottlosen gesprochen. Hier spricht Petrus jetzt von dem „heiligen Gebot“, im Gegensatz zu dem, was diese falschen Lehrer hineinzubringen versuchten und es auch taten.
„Es ist ihnen aber nach dem wahren Sprichwort ergangen: Der Hund kehrte um zu seinem eigenen Gespei und die gewaschene Sau zum Wälzen im Kot“ (V. 22). Wer hat gespien? Der Hund. Und wer kehrte zurück zu dem Gespei? Der Hund. Es war die ganze Zeit ein Hund – niemals ein reines Tier. Und obwohl die Sau gewaschen war, so war es doch die ganze Zeit über eine Sau – nur gewaschen, aber niemals zu einem reinen Tier gemacht, niemals etwas anderes als eine Sau. Man kann keine Sau waschen, sodass sie ein Schaf wird. Bevor die Sau gewaschen wurde, war sie eine schmutzige Sau, und nachdem sie gewaschen wurde, war sie eine gewaschene Sau – aber nur solange sie durch einen Strick zurückgehalten wurde. Sobald dieser Strick durchgenagt und zerrissen war, ging die Sau zurück, um sich im Kot zu wälzen, weil sie eben immer noch eine Sau war. Ihre Natur blieb unverändert. So ist es auch mit dem Unbekehrten, der, nur äußerlich berührt, ein Bekenner Christi ist.
Eine solche Person ist nicht aus Gott geboren noch erneuert, sondern ist nur äußerlich durch die Wahrheit des Christentums beeinflusst gewesen. Es ist ein Mensch in seiner alten Natur, und sobald eine gewisse Zurückhaltung oder Beschränkung weggenommen ist, geht er zurück zu der Sache, die er in Wahrheit liebt. Wenn ein wahrer Christ sich von Christus entfernt und in die Verschmutzungen der Welt verwickelt wird, fühlt er sich elend. Bring eine Sau zum Kot – was wird sie tun? Sich wieder darin wälzen, denn sie hat keinerlei Abscheu vor dem Kot. Aber bring ein Schaf zum Kot – wird es hineingeraten wollen? Nein, es wird nur allzu dankbar sein, da herausgeholt zu werden, sollte es denn einmal aus Versehen hineingefallen sein. So ist es mit einem wahren Christen. Er mag – und leider geschieht es noch so oft – versagen und sündigen, aber so wie es bei Petrus war, ist er dann solange unglücklich, bis er zu seinem Herrn zurückgekehrt ist und dieser ihn gewaschen, wiederhergestellt und ihm vergeben hat.