Betrachtungen über die Briefe des Petrus
2. Petrus 1
Der zweite Brief des Apostels Petrus ist, gleich dem ersten, an die jüdischen Fremdlinge in der Zerstreuung gerichtet. Dem Inhalt nach ist er eine Fortsetzung des ersten, allerdings geht er vom Trösten zum Warnen über. Während der Apostel im ersten Brief in allen Kapiteln von „Leiden“ redet, finden wir dieses Wort im zweiten Brief nicht mehr. Wir finden stattdessen die apostolische Warnung, nicht in die Irrtümer der Ruchlosen zu fallen, weil die Endzeit in Sonderheit durch Irrlehren gekennzeichnet ist. Der Brief enthält deshalb die Ermahnungen:
- Im allerheiligsten Glauben zu verharren,
- Irrlehrer und deren Verführungen abzulehnen und
- Spötter, die die Wiederkunft des Herrn leugnen, nicht anzuhören.
Es ist herzbewegend, wenn wir feststellen, dass Petrus einen Abschiedsbrief schreibt, kurz vor seinem Märtyrertod in Rom. Wie sollten uns seine Worte, gleichsam sein Testament, das gewiss wert ist beachtet zu werden, zu Herzen gehen.
„Simon Petrus, Knecht und Apostel Jesu Christi, denen, die einen gleich kostbaren Glauben mit uns empfangen haben durch die Gerechtigkeit unseres Gottes und Heilandes Jesus Christus: Gnade und Friede sei euch vermehrt in der Erkenntnis Gottes und Jesu, unseres Herrn“ (Verse 1–2).
Petrus bezeichnet die Gläubigen als solche, „die einen gleich kostbaren Glauben mit uns empfangen haben“. Menschen dieser Welt würden den Glauben kaum unter die Kostbarkeiten dieser Erde zählen, aber er ist deshalb so kostbar, weil er mit dem Himmel verbindet. Darum redet Judas (V. 20) von einem „allerheiligsten Glauben“ – ein Glaube, der auf das Ewige, Himmlische und Unvergängliche gerichtet ist, und uns das Jenseitige gegenwartsnah bringt. Es ist offenbar, dass wir das, was so überaus kostbar ist, mit Wachsamkeit festhalten, dass nicht der Feind uns dieser Güter beraube.
Wir haben diesen Glauben empfangen „durch die Gerechtigkeit unseres Gottes und Heilandes Jesus Christus“. Welch überschwängliche Gnade! Nichts ist verdient, nichts erworben, alles ist restlos ein Gnadengeschenk unseres Heiland-Gottes. Es ist nicht ein Glaube an irgendeine Religion, sondern der Glaube an die Gesamtheit aller Wahrheiten der Gottesoffenbarung, die in der Heiligen Schrift enthalten ist. Auch ist die Darstellung der Gerechtigkeit Gottes hier nicht dieselbe, wie sie uns im Brief an die Römer gezeigt wird. Dort ist es die Gerechtigkeit Gottes, die den glaubenden Sünder rechtfertigt. Hier ist es aber die Gerechtigkeit, die im Hinblick auf die Regierung und Herrschaft des Herrn über diese Erde alle Verheißungen erfüllen wird. Nicht nur wird der Herr seine Kirche ihrer ewigen Bestimmung zuführen, er wird auch die ganze Schöpfung freimachen von dem Joch und dem Fluch, die durch die Sünde gekommen sind. In dem Maß, wie wir diese Dinge erfassen, wachsen wir sowohl in der Erkenntnis unseres Gottes, der uns mit ewiger Liebe geliebt, als auch unseres Heilandes, der sein teures Leben für uns auf Golgatha dargebracht hat. O wie reich ist Gottes Gnade, wie tief der Friede, der uns zuteil geworden ist durch den Glauben an Christus! Dennoch wünscht der Apostel, dass beides vermehrt werden möchte, Christus wird uns als Gott und als Heiland vorgestellt. Durch Ihn sind alle Dinge erschaffen worden. Er ist der Gott-Schöpfer, aber Er hat auch alle Dinge durch sein kostbares Blut gereinigt und erworben und ist so der Gott-Heiland geworden.
„Da seine göttliche Kraft uns alles zum Leben und zur Gottseligkeit geschenkt hat durch die Erkenntnis dessen, der uns berufen hat durch Herrlichkeit und Tugend, durch die Er uns die größten und kostbarsten Verheißungen geschenkt hat, damit ihr durch diese Teilhaber der göttlichen Natur werdet, die ihr dem Verderben entflohen seid, das in der Welt ist durch die Begierde“ (Verse 3–4).
Welch eine treffende Illustration zu dem Wort des Apostels Paulus an die Epheser, dass Gott „uns gesegnet hat mit jeder geistlichen Segnung“ (Eph 1,3)! Allerdings war „göttliche Kraft“ notwendig, um uns Leben und Gottseligkeit und alles was damit in Verbindung ist zu schenken. Und wiederum bedarf es unsererseits der Kraft, der Tugend, d.h. der göttlichen, geistlichen Energie, um uns alle diese Kostbarkeiten anzueignen. In Vers 1 lasen wir vom „kostbaren Glauben“ und hier von „kostbaren Verheißungen“. Dies ist uns geschenkt „durch die Erkenntnis dessen, der uns berufen hat“. Erkenntnis und Wachstum ist unzertrennlich miteinander verbunden. Wir könnten nicht wachsen, wenn wir nicht wüssten worin und wozu, und unsere Erkenntnis könnte nicht zunehmen, wenn nicht durch die praktische Verwirklichung dessen, was uns in Jesu, unserem großen Gott und Heiland geschenkt ist. Die Erkenntnis gleicht dem Strom, den der Prophet Hesekiel im 47. Kapitel seines Buches beschreibt, der im Heiligtum seine Quelle hatte. Und je mehr der Prophet in diesem Strom vorwärts strebte, ging das Wasser über seine Knie und wurde so tief, dass er schwimmen musste und dennoch das andere Ufer nicht erreichte. Unendlicher Gnadenstrom, dessen Weite und Tiefe wir nie ergründen werden!
„Berufen durch Herrlichkeit“: Wir stehen in ihr und gehen ihr entgegen. Die Herrlichkeit ist schon heute das, womit wir uns beschäftigen dürfen und was unser Herz erfüllt. Wir genießen sie heute im Glauben, aber bald werden wir mitten in der Wirklichkeit stehen und alle kostbaren Verheißungen erfüllt sehen.
Wenn dann
die Gnade, mit der ich geliebt,
Dort eine Wohnung im Himmel mir gibt,
Wird doch nur Jesus und Jesus allein
Grund meiner Freude und Anbetung sein.
Das wird allein Herrlichkeit sein
Wenn ich sein Angesicht seh',
Wenn frei von Weh ich sein Angesicht seh'.
Noch fügt der Apostel zur Herrlichkeit die „Tugend“ hinzu. Wir haben bereits bemerkt, dass dies geistliche Energie bedeutet. Gewiss verteidigt der Apostel weder eigene Werke und eigenen Eifer, die nur der Selbstbefriedigung dienen, noch eine beschauliche Ruhe und Selbstvergnügen. Wir haben Teil an der göttlichen Natur und dem göttlichen Leben. Es muss und wird sich entfalten – es kann nicht anders sein. Während die Welt in ihrer Lust dem Verderben entgegengeht, hat Gott seine Zeugen mitten in den Machtbereich des Verderbens gestellt, damit dieses Licht noch manchem Verlorenen und Verirrten ein Wegweiser zum Heil sein möchte.
„So wendet ebendeshalb aber auch allen Fleiß an, und reicht in eurem Glauben die Tugend dar, in der Tugend aber die Erkenntnis, in der Erkenntnis aber die Enthaltsamkeit, in der Enthaltsamkeit aber das Ausharren, in dem Ausharren aber die Gottseligkeit, in der Gottseligkeit aber die Bruderliebe, in der Bruderliebe aber die Liebe“ (Verse 5–7).
Der praktische Wert des Wachsens in der Erkenntnis liegt darin, dass wir unserem göttlichen Vorbild gleichgestaltet werden. Die Verheißung gilt aber nicht den Lauen und Trägen, sondern nur dem, der allen Fleiß anwendet. Dieser wird sein „wie ein Baum, gepflanzt an Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit und dessen Blatt nicht verwelkt; und alles, was er tut, gelingt“ (Ps 1,3). Hier ist kein Raum für die Begierde der Welt, den Hochmut des Lebens und sinnliche Begierden. Welche Gnade, dem Machtbereich Satans entflohen zu sein! Ebendeshalb „reichen wir in unserem Glauben die Tugend dar“. Im Griechischen ist Tugend dasselbe Wort wie Tapferkeit. Als Soldaten Jesu Christi kämpfen wir den Kampf des Glaubens und darum haben wir mit Entschlossenheit alles das abgelegt, was noch der alten Natur entspricht. Dies bedingt, in inniger Gemeinschaft mit unserem hochgelobten Herrn zu leben und festzuhalten an seinem Wort.
Sich an
Kreaturen lehnen
Will das Menschenherz so gern,
vor allem sich zu sehnen
Nach Gemeinschaft mit dem Herrn.
Nimmer zieht aus andern Reben
Doch die Rebe ihren Saft,
In dem Weinstock ist das Leben,
Aus dem Weinstock kommt die Kraft.
„Die Tugend“, hat ein erfahrener Bruder gesagt, „ist der moralische Mut, der die Schwierigkeiten überwindet und das Herz regiert, indem er jede Tätigkeit der alten Natur im Zaum hält.“ Wir sind in einer Welt, in der der Fürst der Finsternis regiert, darum bedarf es unsererseits größter Energie, um nicht in das, was vergeht, mitgezogen zu werden. Lot ermangelte der Tugend, Mose des Ausharrens, David der Enthaltsamkeit und Salomo der Gottseligkeit. Der Tugend folgt die Erkenntnis. Wir erlangen sie durch die Erforschung des göttlichen Wortes.
Eigenes Wissen bläht auf, göttliche Weisheit leitet unseren Wandel in Bahnen, die dem Herrn wohlgefällig sind. Fortschritte in der Erkenntnis aber sind abhängig von praktischer Heiligkeit. Je mehr wir aber in der Erkenntnis wachsen, umso kostbarer und herrlicher wird uns die Person des Herrn. Wir werden nicht müde, ihn zu bewundern und zu betrachten. Dies hat zur Folge, dass alles das, was dem Fleisch gefällt, seinen Reiz verliert, und das bewirkt:
Enthaltsamkeit. Wir denken dabei nicht an irgendwelche Gebote und Verbote, sondern das Verleugnen der Begierden der alten Natur. Das bewirkt von selbst das Maßhalten im Essen, Trinken, Schlafen, Geldausgeben, Sport, Erholung usw. Wir können kurz sagen: Enthaltsamkeit ist die Fähigkeit, sich selbst zu regieren und zu beherrschen. Sie steht im Gegensatz zum Willen des Fleisches und das zeigt uns, welch große Wichtigkeit ihr im geistlichen, neuen Leben zukommt. In Apostelgeschichte 24,25 lesen wir, dass Paulus dem Statthalter Felix Gerechtigkeit, Enthaltsamkeit und das kommende Gericht verkündigte, um sein Gewissen zu erreichen. Doch Felix wollte nichts von Enthaltsamkeit wissen und entließ Paulus. Auch für die Gläubigen liegt die Gefahr nahe, in der Enthaltsamkeit nachzulassen und sich der Welt anzupassen. Darum ermahnt Petrus zum:
Ausharren. Wir sehen, wie eins aus dem anderen herauswächst und dass es wichtig ist, in keiner christlichen Tugend nachzulassen und trotz aller Widerstände, die sich uns auf dem Weg entgegenstellen, auszuharren. Nur so werden wir in ununterbrochener Gemeinschaft mit dem Herrn wandeln können. Beharrlichkeit führt auch in geistlichen Dingen zum Ziel und so sehen wir, dass aus dem Ausharren die
Gottseligkeit erwächst. Eine köstliche Belohnung! Glückseligkeit in Gott, welch ein Trost und welch ein Gewinn! An Timotheus schreibt der Apostel Paulus von der Gottseligkeit als von einem Geheimnis und dass man sich darin üben soll (1. Tim 3,16). Gottseligkeit ist Trennung von der Welt, das Sichversenken in das Göttliche, das allein, was den Menschen glücklich, d.h. selig machen kann. Aus der Gottseligkeit geht die
Bruderliebe hervor. Johannes schreibt, dass wenn wir Gott lieben, wir notgedrungen auch den lieben werden, der aus Gott geboren ist (1. Joh 4,21). In der Gottseligkeit geübte Gotteskinder können nicht anders als den Bruder lieben. Das glückselige Band der Gemeinschaft umschließt sie alle und da ist kein Ansehen der Person. Wem an Gottseligkeit mangelt, dem mangelt es auch an der Bruderliebe. Ein solcher wird an den Brüdern nur zu tadeln finden und vieles über sie zu sagen wissen. Die Gottseligkeit aber zeigt uns die Brüder in der Vortrefflichkeit des Christus, Gegenstände derselben Liebe, in der wir auch stehen. Das ist der Ausfluss der wahren Liebe, die durch den heiligen Geist in unsere Herzen ausgegossen ist. Wenn wir aber in Gott gegründet sind, werden wir nicht nur die Brüder lieben, sondern alle Menschen. Darum fügt der Apostel Petrus hinzu:
„... in der Bruderliebe aber die Liebe“. Liebe ist die Natur Gottes selbst, das Band der Vollkommenheit. Die göttliche Liebe umschließt nicht nur die Brüder, sondern alle Menschen, die Erretteten und die Verlorenen. Die göttliche Liebe vermag selbst seine Feinde zu lieben. Selbst wenn uns ein Bruder Unrecht getan hat, so ist das kein Grund, ihn nicht zu lieben, er kann vielmehr dadurch gewonnen und wiederhergestellt werden. Liebe ignoriert nicht das Böse – Johannes stellt sie auf eine Linie mit dem Halten seiner Gebote (1. Joh 5,2). Liebe ist dann nicht Schwachheit, sondern Kraft. Kraft, die Gewaltiges zu vollbringen vermag.
„Denn wenn diese Dinge bei euch vorhanden sind und zunehmen, so stellen sie euch nicht träge noch fruchtleer hin in Bezug auf die Erkenntnis unseres Herrn Jesus Christus“ (V. 8).
Der Herr selbst hat gesagt: „Wer in mir bleibt ..., dieser bringt viel Frucht“ (Joh 15,5). Gott hat Wohlgefallen an Frucht. Die Christen am Ende der Tage des völligen Verfalls werden als erstorbene, fruchtleere Bäume bezeichnet, spätherbstlich, die nicht einmal mehr Blätter, geschweige denn Frucht tragen. Welch schmähliches, beschämendes Ende der Christenheit! Es ist des Petrus größte Sorge, von dieser Welt Abschied nehmend, keine kranken und lahmen Schafe zurück zu lassen.
„Denn bei welchem diese Dinge nicht sind, der ist blind, kurzsichtig und hat die Reinigung seiner vorigen Sünden in vergessen“ (V. 9).
Drei besondere Merkmale kennzeichnen den Christen des Verfalls:
- Er ist blind, weil er Christus aus dem Auge verloren hat. In der Bergpredigt sagt der Herr: „Die Lampe des Leibes ist das Auge; wenn nun dein Auge einfältig ist, so wird dein ganzer Leib licht sein“ (Mt 6,22). Ein einfältiges Auge hat außer dem Herrn keinen anderen Gegenstand des Interesses. Nehmen die vergänglichen Dinge das Auge gefangen, wird es in Bezug auf geistliche Dinge erblinden. Ach, wie viel Kurzsichtigkeit in unseren Tagen – die kostbaren Wahrheiten, die Gott den Seinen anvertraut, sind durch menschliche Gedanken vernebelt. Damit gerät selbst die Gewissheit der Vergebung in Vergessenheit, Loben und Danken für das empfangene Heil gehen verloren. Stur und interesselos vegetiert die Seele dahin.
- Er ist kurzsichtig, denn er hat den Blick in die Ferne verloren und der vom Himmel wiederkehrende Herr wird nicht mehr erwartet. Die kostbare, herrliche Hoffnung, die das Herz erfüllte, ist verwischt und hat Dingen Platz gemacht, die nicht die Zustimmung des Herrn haben. Sollten wir nicht alle Dinge, die an uns herantreten so werten, wie der Herr selbst sie wertet? O möchte der Herr uns wieder den Geist der Unterscheidung schenken, damit wir vor Vermischung und Verflachung bewahrt bleiben.
- „Er hat die Reinigung von seinen früheren Sünden vergessen.“ Ist das nicht betrübend, wenn der Christ nach seiner Bekehrung einen guten Anfang gemacht hat, aber mit der Zeit Herz und Sinn wieder auf das Diesseitige richtet? Er vergisst, dass Gott ihn aus dieser Welt herausgenommen hat, und beschäftigt sich nun wieder von neuem mit dem, was vom Feuer des Gerichts verzehrt werden wird. „Der Hund kehrte um zu seinem eigenen Gespei und die gewaschene Sau zum Wälzen im Kot“ lesen wir im nächsten Kapitel (V. 22).
„Darum, Brüder, befleißigt euch umso mehr, eure Berufung und Erwählung fest zu machen; denn wenn ihr diese Dinge tut, so werdet ihr niemals straucheln“ (V. 10).
Fürwahr, ein ernstes „darum“! Wenn wir zu solchen Vorrechten berufen sind, welche sollten wir dann sein in Hingabe und Treue dem Herrn zu dienen. Ja, mögen wir uns befleißigen daran zu denken, dass wir als Zeugen Jesu Christi das Wort des Lebens in einer dunklen Welt darstellen. Doch wir haben nicht nur unsere Berufung fest zu machen, sondern auch unsere Erwählung. Paulus schreibt an die Thessalonicher: „Wissend, von Gott geliebte Brüder, eure Auserwählung“ (1. Thes 1,4). Welche Festigkeit, welche Sicherheit spricht aus diesen Worten! Der arme unwissende Mensch hält es für Überhebung, wenn man von der Gewissheit des Heils spricht. Das ist begreiflich, denn Satan hat kein Wohlgefallen daran, wenn man Gott beim Wort nimmt, und rügt es als Anmaßung. Der Glaube aber ist Gewissheit und wenn er nicht Gewissheit ist, dann ist es kein Glaube mehr, wenigstens nicht im biblischen Sinn. Ach, dass die Menschen doch von ihren vorgefassten eigenen Meinungen und Ansichten lassen würden, und sich restlos auf das Felsenfundament des göttlichen Wortes stellen würden, da müsste alle Unsicherheit weichen! Unsicherheit und Ungewissheit sind das Kennzeichen des Unglaubens; Sicherheit und Gewissheit das des Glaubens! Gott helfe uns zum rechten Glauben!
Wenn dein
Wort nicht mehr soll gelten
Worauf soll der Glaube ruh'n?
Mir ist's nicht um tausend Welten;
Aber um dein Wort zu tun.
Gibt es ein Heilmittel gegen das Straucheln, das uns so viel Mühe macht und so manche schlaflose Nacht bereitet? Sogar Jakobus, der doch der Gerechte genannt wurde, sagt: „Wir alle straucheln oft“ (Jak 3,2). Petrus aber betont, dass wenn wir uns in seinen Ratschluss vertiefen, wir „niemals straucheln“ werden. Und Judas befiehlt die Heiligen Gott an, der die Seinen „ohne Straucheln zu bewahren vermag“ (V. 24). Als Berufene und Auserwählte dürfen wir in der geistlichen Freiheit wandeln und das ist die Kraft, um uns vor dem Straucheln zu bewahren. Johannes schreibt: „Hieran werden wir erkennen, dass wir aus der Wahrheit sind, und werden vor ihm unser Herz überzeugen [versichern]“ (1. Joh 3,19).
„Denn so wird euch reichlich dargereicht werden der Eingang in das ewige Reich unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus“ (V. 11).
Das „ewige Reich“ steht im Gegensatz zu dem, was um uns her ist und den Stempel der Vergänglichkeit trägt. Sein Reich ist von ewiger Dauer. Es liegt vor uns und Petrus sagt nicht einfach: „Auf dass ihr eingehen mögt“, sondern, dass euch „reichlich dargereicht werden wird“, also wird das, was wir bei unserem Offenbarwerden empfangen, reichlich ausfallen. Das Evangelium ist nicht nur große Gewissheit, es ist auch großer Reichtum. Und alles ist „dargereicht“, also ein Geschenk, wir haben nur hineinzugehen – der Eingang ist weit geöffnet. Es ist das ewige Königreich unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus, d.h. Christus wird in diesem Reich König und Herrscher sein und seine Herrschaft ist eine ewige Herrschaft, die im Diesseits und im Jenseits kein Ende hat.
Jesus
Christus herrscht als König,
Alles wird Ihm untertänig,
Alles legt Ihm Gott zu Fuß,
Jede Zunge soll bekennen,
Jesus sei der Herr zu nennen,
Dem man Ehre geben muss.
Christi
Thron ist unumstößlich,
Christi Leben unauflöslich,
Christi Reich ein ewig Reich.
In der Welt und Himmel Enden
Hat Er alles in den Händen,
Ist allein dem Vater gleich.
„Deshalb will ich Sorge tragen, euch immer an diese Dinge zu erinnern, obwohl ihr sie wisst und in der gegenwärtigen Wahrheit befestigt seid. Ich halte es aber für recht, solange ich in dieser Hütte bin, euch durch Erinnerung aufzuwecken, da ich weiß, dass das Ablegen meiner Hütte bald geschieht, wie auch unser Herr Jesus Christus mir kundgetan hat“ (Verse 12–14).
Die Tage des Apostels Petrus waren gezählt. Der Herr selbst hatte es ihm kundgetan. Das ließ den Apostel nicht erschrecken, vielmehr bemühte er sich nur umso eifriger, dem Volk Gottes noch zu dienen, solange er dazu noch eine Möglichkeit hatte. Es ist rührend dies festzustellen, denn der Märtyrertod wartete auf Petrus. Wohl waren die Heiligen in den göttlichen Wahrheiten unterwiesen, aber es galt, alles was sie besaßen, durch Erinnerung anzufachen und festzuhalten. Die Erinnerung, das Aufwecken für des Herrn Wort, brauchen auch wir Tag für Tag. So wie Israel das Manna täglich sammeln musste, so ist es notwendig, dass auch wir uns jeden Tag aufs Neue an dem Wort des Herrn erfrischen. Es ist unmöglich, dasselbe für zwei oder mehr Tage zu sammeln.
„Ich will mich aber befleißigen, dass ihr auch zu jeder Zeit nach meinem Abschied imstande seid, euch diese Dinge ins Gedächtnis zu rufen“ (V. 15).
Der Apostel Petrus war ein wirklich guter Hirte. Mit welcher Sorgfalt nahm er sich der ihm anvertrauten Herde an. Es ist nun wichtig zu erkennen, dass Petrus gar nicht daran dachte, einen Nachfolger zu ernennen, was doch hätte der Fall sein müssen, wenn es Gottes Absicht gewesen wäre, ein Papsttum aufzurichten. Auch Paulus, als er die Ältesten der Versammlung zusammen berief, befahl sie nicht einem Nachfolger an, sondern dem „Wort seiner Gnade“ (Apg 20,32). So haben wir heute keine Apostel, aber wir haben das Wort der Apostel, die Heiligen Schriften. Sie allein sind heute Richtschnur und Leitfaden für den Pilger hier auf der Erde. Sie enthalten alles, was zu wissen für Zeit und Ewigkeit notwendig ist. Welch ein glückseliger Abschied war es für Petrus, zu wissen, dass die Herde Gottes nun das Wort des Herrn in den Händen hatte, aus dem sie tagtäglich Kraft, Trost, Friede und Freude schöpfen konnte in Fülle.
„Denn wir haben euch die Macht und Ankunft unseres Herrn Jesus Christus nicht kundgetan, indem wir ausgeklügelten Fabeln folgten, sondern als solche, die Augenzeugen seiner herrlichen Größe geworden sind“ (V. 16).
Petrus war mit Jakobus und Johannes auf dem Berg der Verklärung. Dort schaute er im Vorbild die Herrlichkeit, Größe und Majestät des Herrn, wie diese im 1000-jährigen Reich von der ganzen Erde geschaut werden wird. Die Mitteilung von der Macht und Ankunft des Herrn geschah also nicht auf Grund menschlicher Spekulationen, nicht auf Grund von ausgeklügelten Fabeln, wie das bei den Religionen dieser Welt der Fall ist, sondern auf Grund dessen, was der Apostel mit eigenen Augen geschaut hat. Das was Petrus uns übermittelt, ist Wahrheit – unbedingte, sichere, gewisse und zuverlässige Wahrheit. Es gibt nicht sichereres und zuverlässigeres in dieser unsicheren Welt als des Herrn Wort, die Heilige Schrift. Sie bezeugt uns die Allmacht des Herrn und auch seine Wiederkehr. Glückselig derjenige, der sich mit dem Wort des Herrn vertraut macht.
Eins ist not
– auf dich zu hören,
Auf dein Wort voll Huld und Heil;
Zu bewahren deine Lehren,
Ist das allerbeste Teil.
Ja, das Wort, das Du gegeben,
Es ist Wahrheit, Geist und Leben,
Unseres Weges helles Licht,
Wer ihm folgt, der irret nicht.
„Denn Er empfing von Gott, dem Vater, Ehre und Herrlichkeit, als von der prachtvollen Herrlichkeit eine solche Stimme an ihn erging:,Dies ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe‘. Und diese Stimme hörten wir vom Himmel her ergehen, als wir mit ihm auf dem heiligen Berg waren“ (Verse 17–18).
Von Gott, dem Vater, empfing Christus Ehre und Herrlichkeit. Die drei Jünger waren hiervon Zeugen, sie sahen die himmlische Herrlichkeit, schauten die göttliche Majestät des Herrn. Sie sahen auf dem Berg Mose und Elia – auferstanden und verwandelt – die Repräsentanten der himmlischen Heiligen. Die drei Jünger waren Repräsentanten der Heiligen auf der Erde, doch noch mehr als das – sie wurden in die Wolke, ein Bild der Gegenwart Gottes, eingeführt und hörten die Stimme des Vaters, wohl in gewissem Sinn ein Vorbild der Kirche. Des Weiteren hörten die Jünger das Zeugnis Gottes über seinen Sohn: an dem Er Wohlgefallen gefunden hatte. Dieses Wohlgefallen ruhte von Ewigkeit her auf seinem Sohn und es hätte nicht neu ausgesprochen werden müssen. Jetzt aber war der Sohn Gottes als Mensch auf dieser Erde – der erste Mensch, an dem Gott Wohlgefallen haben konnte. Die „prachtvolle Herrlichkeit“ ist die Schechina-Wolke, die Wolke der Herrlichkeit, die Wolke der Gegenwart Gottes. Der „heilige Berg“ ist uns nicht mit Namen genannt, er war heilig durch die Gegenwart des Herrn. Auch die Propheten Jesaja, Jeremia, Hesekiel und Daniel hatten die Herrlichkeit des Herrn geschaut und dies im geschriebenen Wort festgelegt.
„Und so besitzen wir das prophetische Wort umso fester, auf das zu achten ihr wohltut, als auf eine Lampe, die an einem dunklen Ort leuchtet, bis der Tag anbricht und der Morgenstern aufgeht in euren Herzen“ (V. 19).
Das durch die Propheten geredete Wort ist durch die Apostel als erlebte Tatsache befestigt und bestätigt worden. Welche Sicherheit gibt uns das! Die Apostel haben das prophetische Wort mit einer Leuchte, oder einer Lampe, verglichen, die an einem dunklen Ort leuchtet. Ja, das prophetische Wort gleicht einem Leuchtturm, der in dunkler Nacht, umgeben von brandenden Wogen, dem Seemann den sicheren Hafen weist. Dieses Ziel ist für Israel das 1000-jährige Reich, für die Kirche das Vaterhaus. Dieses Ziel unverrückt im Auge behaltend, können wir fröhlich durch die Wirrnisse dieser Zeit gehen. Bald bricht der Tag mit all den schon im Alten Bund verheißenen Segnungen an und der Morgenstern, der bereits in unseren Herzen aufgegangen ist, wird die Beendigung der Nacht der Verwerfung des Messias ankündigen. Der Herr selbst sagt: „Ich bin der glänzende Morgenstern“ (Off 22,16). Schon heute bestrahlt sein milder Strahl den Pfad des Gläubigen und lässt ihn die Wirklichkeit der Dinge schauen. Das prophetische Wort kündet ihm nicht nur die nahe Wiederkunft des Herrn für seine Kirche, die Erneuerung und Wiederherstellung Israels, das wir kurz das 1000-jährige Reich nennen, an, sondern auch das Gericht, das über die Welt der Gottesfeindschaft, der Sünde und des Todes kommen wird. Es kennt der Herr die Seinen und bald werden wir mit allen vereint den schauen, der uns mit dem kostbaren Preis erkauft, und uns bald in die Herrlichkeit des Vaterhauses einführen wird. Dann werden wir mit ihm kommen und er wird hier auf der Erde sein messianisches Königreich als „Wurzel und Geschlecht Davids“ (Off 22,16) errichten.
Thron und
Herrschaft wirst Du teilen
Dort mit deiner sel'gen Braut;
Ewig wird sie bei Dir weilen,
Die hier glaubend Dir vertraut.
Schauend ihre Füll' und Habe,
Preist sie dich ohn' Unterlass;
Doch dass Du bist ihre Gabe,
Bleibt der Freude höchstes Maß,
„Indem ihr dies zuerst wisst, dass keine Weissagung der Schrift von eigener Auslegung ist. Denn die Weissagung wurde niemals durch den Willen des Menschen hervorgebracht, sondern heilige Menschen Gottes redeten, getrieben vom Heiligen Geist“ (Verse 20–21).
Wiederum bestätigt Petrus die Unantastbarkeit des von Gott inspirierten Textes, den Er – durch den Heiligen Geist geleitet – treue Männer hat schreiben lassen. Er betont ernsthaft, „dass keine Weissagung der Schrift von eigener Auslegung ist“, womit er sagen will, dass kein Ausspruch der Bibel unabhängig von den anderen erklärt und aufgenommen werden kann, sondern dass die ganze Heilige Schrift harmonisch eins das andere ergänzt. Dies ist eine umso wunderbarere Erscheinung, weil Gott sich ganz verschiedener Werkzeuge zu völlig verschiedenen Zeiten und unter ganz verschiedenen Umständen bedient hat, um sein Wort zu vollenden. Dennoch bildet das Ganze eine wunderbare Einheit, eine Einheit wie sie vollkommener nicht sein könnte.
Damit schließt das erste Kapitel unseres Briefes. Alles, was zu einem Leben in Gottseligkeit gehört, ist uns geschenkt. Die göttliche Kraft wirkt das neue Leben, um uns einen reichlichen Eingang in das ewige Königreich ohne zu straucheln darzureichen, eine Herrlichkeit, die die drei Apostel als Vorgeschmack auf dem heiligen Berg schauten. Des Weiteren ist uns sein göttliches Wort als das Licht auf dem Weg geschenkt, dass wir nicht irren und unbeschadet das Ziel erreichen.