Ährenlese im Neuen Testament (Hebräer)
Kapitel 5-8
Hebräer 5, 1–14
Welch ein Gegensatz zwischen dem heiligen Sohn Gottes und dem aus Menschen genommenen Hohenpriester, der wegen seiner eigenen Schwachheit gezwungen war, nachsichtig zu sein! Ein weiterer Gegensatz geht aus Vers 8 hervor. Wir haben nötig, den Gehorsam zu lernen, weil wir von Natur ungehorsam sind. Der Sohn Gottes musste ihn aus einem ganz anderen Grund lernen. Als der erhabene Schöpfer ist Er niemand unterworfen. Gehorchen war für Ihn etwas ganz Neues. Aber so ist Er ein Vorbild geworden und ein Anführer für «alle, die ihm gehorchen» (Vers 9). Wer ist der Anführer, der in einer Gruppe die grösste Autorität hat? Doch der, der damit begonnen hat, unter den schwierigsten Umständen die Aufgaben selber zu erfüllen, die er hernach seinen Untergebenen befiehlt. Möchten wir den Gehorsam in der Schule des Herrn Jesus lernen. Aber zu welcher Sorte Schüler gehören wir? Verdienen wir nicht oft den Tadel in Vers 11: träge im Hören? Hier ist das Wort Gottes nicht, wie im 4. Kapitel, das Schwert, das die Gedanken und Gesinnungen des Herzens offenbar macht, sondern die feste Speise, die das Kind Gottes kräftigt und es fähig macht, selbständig das Gute vom Bösen zu unterscheiden. Das ist der grosse Fortschritt des Christen: mehr und mehr zu empfinden, was dem Herrn gefällt -und was Ihm nicht gefällt.
Hebräer 6, 1–20
Ja, lasst uns geistliche Fortschritte machen, um erwachsen zu werden. Wir wollen uns nicht daran genügen lassen, wie diese Christen, die aus dem Judentum herauskamen, einige grundlegende Wahrheiten zu kennen. Der Herr Jesus will für uns mehr sein als nur ein Retter von toten Werken: ein Herr, ein Vorbild, der höchste Freund.
Die Verse 4–6 sind vom Teufel oft dazu benützt worden, Kinder Gottes zu beunruhigen. In Wirklichkeit handelt es sich hier nicht um Gläubige, sondern um solche, die nur den christlichen Namen tragen. In dem hier beschriebenen Zustand würde man vergeblich das göttliche Leben suchen, dessen die Seele eines wahren Gläubigen teilhaftig geworden ist. Aber leider ist es möglich, inmitten der Vorrechte des Christentums zu leben, ohne sich wirklich bekehrt zu haben! Das war bei gewissen Juden der Fall; vielleicht ist es heute auch wahr von einigen Kindern christlicher Eltern. Was die wahren Gläubigen betrifft, so können sie das Heil nicht verlieren. Aber sie sind immer in Gefahr, sich gehen zu lassen. Nebst den Werken der Liebe, die Gott nicht vergisst, dürfen der Glaube und die Hoffnung nicht vernachlässigt werden (Verse 10, 11, 12). Sie nähren sich von den göttlichen Verheissungen. Der Christ kennt seinen noch unsichtbaren Heimathafen; dort hat er seinen Anker ausgeworfen. So stürmisch das Meer dieser Welt auch sein mag, der Glaube ist das Verbindungstau, das den Erlösten fest mit dem himmlischen Ort verbindet, wo sich der Gegenstand seiner Hoffnung befindet.
Hebräer 7,1–17
Der Verfasser dieses Briefes hat viel zu sagen über Melchisedek (Kapitel 5,10.11). Diese geheimnisvolle Persönlichkeit taucht in der Geschichte Abrahams auf (1. Mose 14). Er handelt als Mittler, indem er Abraham im Auftrag Gottes, des Höchsten, segnet, und anschliessend im Namen des Patriarchen Gott, den Höchsten, preist. Dagegen bleibt alles, was seine Person und seine Herkunft betrifft, ein Geheimnis. Und wir wissen warum. Was den Geist Gottes interessiert, ist hier nicht der Mensch, sondern sein Amt. Als König und Priester ist Melchisedek ein Vorbild des Herrn Jesus, wenn Er in Gerechtigkeit regieren und auf seinem Thron Priester sein wird. Das Priestertum nach der Ordnung Melchisedeks steht in allen Punkten über demjenigen Aarons. 1. Sein Amtsträger ist vortrefflicher als Abraham, da dieser Patriarch Melchisedek den Zehnten gab und durch ihn gesegnet wurde. 2. Es ist älter als die Geschichte Israels und wird nicht nur zugunsten dieses Volkes ausgeübt, sondern für alle Gläubigen. 3. Schliesslich ist es unübertragbar, weil Der, der dieses Amt bekleidet, immer lebt (Vers 25; Römer 8,34).
Viele Leute in der Christenheit glauben, dass es nötig ist, zu Vermittlern, Priestern oder 'Heiligen', Zuflucht zu nehmen. Dieser Brief belehrt sie, dass Gott uns einen einzigen Hohenpriester gegeben hat, der vollkommen ist und für die Ewigkeit genügt (Kapitel 10,21.22).
Hebräer 7, 18–28
Bevor Er höher als die Himmel geworden war, konnte der Herr Jesus nicht unser Hoherpriester sein. Um uns vor Gott zu vertreten, musste Er zuerst sich selbst für uns opfern. Vor allem hatten wir einen Erlöser nötig. Aber jetzt ist der Retter unserer Seelen auch Der, der uns völlig errettet, d.h. die Verantwortung für uns übernimmt bis zu unserem Eingang in seine Herrlichkeit. Und da Erfür immer lebt, haben wir die Gewissheit, dass Er uns keinen Augenblick im Stich lassen wird. Wahrlich, einen solchen Hohenpriester brauchen wir. Seine sittliche Vollkommenheit, die auf jede Weise zum Ausdruck kommt, und seine Stellung vor Gott in Herrlichkeit, führen uns dazu, auszurufen: «Sieh, 0 Gott; und schaue an das Antlitz deines Gesalbten!» (Psalm 84,9).
Bald werden wir seine Fürsprache nicht mehr nötig haben. Sie wird ihr Ende finden, wenn alle Erlösten ihr Leben auf dieser Erde vollendet haben werden. Warum wird aber wiederholt: «Du bist Priester in Ewigkeit»? (Kapitel 5,6; 6,20; 7,17.21). Weil der Priester auch Der ist, der das Lob leitet. Ein ewiger Dienst, den unser geliebter Heiland nicht allein erfüllen wird. Er wird ihn weiterhin mit denen zusammen ausführen, die Er völlig errettet haben wird, und die für immer seine Genossen in der Herrlichkeit sein werden (Kapitel 2,12).
Hebräer 8,1–13
Der alte Bund vom Sinai wurde seinerzeit durch die Schuld Israels gebrochen. Ein neuer Bund wird, wie in Jeremia 31,31ff. angekündigt, mit diesem Volk geschlossen werden. Da der Mensch bewiesen hat, dass er unfähig ist, eine Verpflichtung Gott gegenüber einzuhalten, wird ihm in dem neuen Bund keinerlei Bedingung mehr auferlegt, die er zu erfüllen hätte (Römer 11,27). Die einzige Grundlage wird das Blut Christi sein, in Matthäus 26,28 «das Blut des neuen Bundes» genannt. Vier Punkte werden ihn kennzeichnen:
- Die Gesetze des Herrn werden auf ihre Herzen geschrieben sein, d.h. sie wenden sich an die Liebe.
- Israel wird seine Beziehung als Volk Gottes wiederfinden (Vers 10; Sacharja 8,8).
- Der Herr wird von allen anerkannt werden (Vers 11; Jesaja 54,13).
- Gott wird ihrer Sünden und ihrer Gesetzlosigkeiten nie mehr gedenken (Vers 12).
Was die Christen betrifft, sind sie nicht unter einem Bund, (ist zwischen einem Vater und seinen Kindern ein Vertrag nötig?). Aber sie stehen jetzt schon im Genuss all dieser Segnungen, die Israel verheissen wurden, und besitzen sogar noch mehr: Das göttliche Wort ist in sie eingepflanzt (vergleiche 2. Korinther 3,3). Sie sind jetzt Kinder Gottes. Sie kennen den Herrn durch den Heiligen Geist, der in ihnen wohnt. Sie haben die Gewissheit, dass ihre Sünden für immer getilgt sind. – Leser, sind diese Vorrechte auch die deinigen?