Ährenlese im Neuen Testament (Römer)
Kapitel 13-16
Römer 13,1–14
Wenn wir uns den obrigkeitlichen Gewalten unterwerfen, gehorchen wir Gott, der sie eingesetzt hat, es sei denn, dass sie etwas von uns fordern, das in offensichtlichem Widerspruch zum Willen des Herrn ist (vergl. Apg 4,19; 5,29). Der Christ, der von der Sicherheit und den öffentlichen Diensten profitiert, die durch den Staat gewährleistet werden, muss sich als guter Bürger benehmen, gewissenhaft seine Steuern bezahlen (V. 7), die Gesetze und Verordnungen beachten; polizeiliche Vorschriften, Zoll usw.
„Seid niemand irgend etwas schuldig» (Vers 8) ist eine Ermahnung, die wir in unserer Zeit, wo der Kauf auf Abzahlung Sitte geworden ist, nicht vergessen wollen. Es gibt nur eine Schuld, die uns bindet, und die wir nie begleichen können: die Liebe, denn sie ist die Antwort auf die unendliche Liebe Gottes zu uns. Im übrigen sind in dem Wort «Liebe» alle Unterweisungen dieses Kapitels zusammengefasst: Liebe «um des Herrn willen» (1. Petrus 2,13), zu unseren Brüdern, zu allen Menschen.
Ein wichtiger Beweggrund um treu zu bleiben und unsere Herzen zu beleben ist die Tatsache, dass «der Morgen kommt» (Jes 21,12). Während die sittliche Nacht dieser Welt andauert, ist der Gläubige aufgefordert, «die Waffen des Lichts» anzuziehen V. 12; Eph 6,13 ff.), ja, den Herrn Jesus Christus selbst anzuziehen (V. 14), das heisst, Ihn anderen zu zeigen, wie man sich mit einem fleckenlosen Kleid schmückt. Wachen wir auf, Freunde! Jetzt ist nicht der Zeitpunkt, um sich gehen zu lassen. Der Herr kommt.
Römer 14,1–18
Die Apostelgeschichte hat uns gezeigt, wieviel Mühe die Christen hatten, die aus dem Judentum kamen, um sich von den Formen ihrer Religion zu lösen. Auch heute sind die Gläubigen in der Christenheit noch zahlreich, die auf äussere Bräuche Wert legen: kein Fleisch essen, Feiertage einhalten usw. Hüten wir uns davor, sie zu kritisieren! Ich habe kein Recht, daran zu zweifeln, dass ein Christ es zur Ehre des Herrn tut (V.6), dessen verantwortlicher Diener er ist. Gewöhnlich ist die Neigung, andere zu richten, der Beweis, dass ich mein eigenes Herz schlecht kenne. Denn wenn ich mich selbst verabscheue und mir gleichzeitig der Gnade Gottes bewusst bin, die mich erträgt, wird jeder Geist der Überheblichkeit aus meinen Gedanken verschwinden. Wie könnte ich mich übrigens als Richter aufspielen, da ich doch bald selber vor dem Richterstuhl Gottes erscheinen muss, um Rechenschaft abzulegen (Verse 10 und 12; obwohl ich schon gerechtfertigt bin)? Nicht nur habe ich die Beweggründe des Verhaltens anderer nicht zu richten, sondern muss auch darüber wachen, durch mein Benehmen niemandem Anstoss zu geben. Ich werde ermahnt, mich von allem zu enthalten, was einem andern Gläubigen zum Verderben (d.h. zum Schaden statt zur Auferbauung) sein könnte. Der 15. Vers gibt mir dafür den entscheidenden Grund: es geht um den Bruder, «für den Christus gestorben ist».
Römer 14,19–15,13
Diese Verse führen das Thema unserer Beziehungen zu andern Gläubigen weiter. Ausser der Warnung, ihnen keinen Anstoss zu geben, finden wir auch positive Ermahnungen: 1. «Dem nachstreben, was des Friedens ist ... und zur gegenseitigen Erbauung dient» (Vers 19). Andere kritisieren, hat das Gegenteil zur Folge. 2. Die Schwachheiten der Schwachen tragen (was keinesfalls bedeutet, den Sünden gegenüber nachsichtig zu sein): das sollen wir hauptsächlich im Gebet tun, indem wir daran denken, dass auch wir, für unsere eigenen Schwachheiten, den Beistand unserer Geschwister nötig haben. 3. Nicht das suchen, was uns gefällt, sondern was unserem Nächsten zum Guten dient. So werden wir den Spuren des vollkommenen Vorbildes folgen (Verse 2,3). Schon mehr als ein Leser der Evangelien hat die überraschende Feststellung gemacht, dass der Herr Jesus nie etwas für sich selbst getan hat. 4. Sich bestreben, untereinander gleichgesinnt zu sein, damit die Gemeinschaft im Gottesdienst nicht gestört werde (Verse 5,6), und einander «aufnehmen» mit der gleichen Gnade, die uns aufgenommen hat (Vers 7).
Beachten wir die Namen, die hier dem «Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus» (Vers 6) gegeben werden. Er ist «der Gott des Ausharrens und der Ermunterung» (Vers 5), die Er unsern Herzen durch sein Wort mitteilt (Vers 4). Er ist auch «der Gott der Hoffnung» und möchte, dass wir in der Hoffnung überreich seien. (Vers 13).
Römer 15,14–33
Der Apostel ist überzeugt, dass die Christen in Rom auf gutem Weg vorangehen (Vers 14). Das Gute bei unseren Brüdern voraussetzen, bedeutet Christus vertrauen, der in ihnen ist. Dadurch werden sie auch angespornt, auf dieser Höhe zu bleiben.
Es ist rührend zu sehen, mit welcher Demut Paulus den Römern seinen Besuch ankündigt; nicht als ob sie seine Ermahnungen nötig hätten, sondern indem er im Gegenteil ihre Fähigkeit anerkennt, «einander zu ermahnen» (Vers 14). Er tut es auch nicht mit dem Gedanken, dass sie dann die Ehre seiner Gegenwart haben würden, sondern mit dem Wunsch, den Aufenthalt bei ihnen zu geniessen (Vers 24). Schliesslich schreibt der grosse Apostel seinen Brüdern in Rom, dass er ihre Gebete nötig habe (Vers 30).
Gedrängt von seinem Eifer für das Evangelium,hatte Paulus oft versucht, sich nach Rom zu begeben (Vers 22). Aber Gott erlaubte es ihm in seiner Weisheit nicht, weil die Hauptstadt der damaligen Welt nicht der Mittelpunkt seines Werkes werden sollte. Die Gemeinde von Rom sollte sich nachher nicht rühmen können, von einem Apostel gegründet worden zu sein, um sich so über andere Versammlungen zu erheben. - Wie sehr hat sie es später doch getan! Die Versammlung (in ihrer Gesamtheit) ist die wahre himmlische und ewige Hauptstadt der Herrlichkeit und der Wege Gottes.
Römer 16,1–16
Das 12. Kapitel hat uns Belehrung über die christliche Hingabe und den christlichen Dienst gegeben. Das 16. Kapitel zeigt uns dies in der Praxis der lieben Gläubigen in Rom, an die Paulus seine Grüsse richtet. Wie jemand gesagt hat, haben wir hier «eine Musterseite des Buches der Ewigkeit ... Es gibt keinen einzigen Dienst, den wir für den Herrn tun, der nicht in seinem Buch niedergeschrieben würde; und nicht nur was der Dienst ist, sondern auch wie er ausgeführt wird.» So werden im 12. Vers Tryphäna und Tryphosa, die im Herrn «arbeiten», nicht gleichzeitig mit Persis, der Geliebten, genannt, weil diese «viel gearbeitet» hat; und ihre Dienste werden getrennt erwähnt. Alles wird anerkannt und notiert von Dem, der sich nicht täuscht.
Paulus vergisst auch nicht, was für ihn getan wurde (Verse 2,4). Hier werden seine Mitarbeiter, Priska und Aquila, wieder erwähnt (Apostelgeschichte 18). Die Versammlung kam einfach in ihrem Haus zusammen (welch ein Kontrast zu den pompösen Kirchengebäuden, die seither in Rom errichtet wurden!).
Die Grüsse in Christus tragen zur Festigung der Bande brüderlicher Gemeinschaft bei. Wir sollten nie vernachlässigen, die Grüsse auszurichten, die uns aufgetragen werden.
Römer 16,17–27
Trotz der Gegenstände der Freude, die Paulus in den Gläubigen in Rom fand (Vers 19), verlor er die Gefahren, denen sie ausgesetzt waren, nicht aus den Augen. Bevor er seinen Brief schliesst, warnt er sie vor falschen Lehrern, die daran zu erkennen waren, dass sie sich selbst zu gefallen suchten, indem sie ihrem eigenen Ehrgeiz und ihren Lüsten dienten («ihrem eigenen Bauch» Vers 18; Philipper 3,19). Das Heilmittel besteht nicht in der Diskussion mit solchen Leuten noch im Studium ihrer Irrtümer, sondern darin, sich von ihnen abzuwenden und «einfältig zum Bösen» zu sein (Verse 17–19; Sprüche 19,27). Trotzdem lassen uns diese Offenbarungen des Bösen nicht unberührt. Um uns zu ermutigen, versichert uns der Heilige Geist daher, dass der Gott des Friedens den Satan bald unter unsere Füsse zertreten werde (Vers 20).
Unter den ersten Christen befanden sich mehrere Verwandte des Paulus (Verse 11,21), was gewiss eine Frucht seiner Gebete war (Kapitel 9,3; 10,1). Möchte uns das zur Fürbitte für unsere noch unbekehrten Angehörigen anspornen!
Was Gott von unserem Glauben erwartet, ist Gehorsam (Verse 19 und 26), und was unser Glaube durch «unseren Herrn Jesus Christus» von Ihm erwarten kann, ist Kräftigung (Vers 25), Weisheit (Vers 27) und Gnade (Verse 20,24). Geben wir Ihm mit dem Apostel Herrlichkeit, indem wir Ihm danken und vor allem leben, um Ihm zu gefallen.