Ährenlese im Neuen Testament (Johannes)
Kapitel 16-18
Johannes 16, 1–18
Wenn es nicht der Herr wäre, der es sagt, hätten wir Mühe zu verstehen, dass sein Weggehen «nützlich» sei für die Jünger. So ist es mit vielen Dingen, die wir nicht verstehen und die uns im Augenblick betrüben, jedoch zu unserem Gewinn sind (Verse 6,7). Der Heilige Geist, vom Himmel gesandt durch den Herrn Jesus, würde die Gläubigen in die ganze Wahrheit leiten (Vers 13). Wir stellen fest, dass der Herr in den Kapiteln 14–16 die Inspiration aller Bücher des Neuen Testaments bestätigt: die Evangelien: «er wird euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe» (Kapitel 14,26); die Apostelgeschichte: «er wird von mir zeugen» (Kapitel 15,26b und 27); die Briefe: «er wird euch alles lehren» (Kapitel 14,26); und schliesslich die Offenbarung: «das Kommende wird er euch verkündigen» (Vers 13). Aber die Gegenwart des Heiligen Geistes hienieden hat auch schwerwiegende Folgen für die Welt, indem Er ihr zeigt, dass sie für die Verwerfung Christi verantwortlich ist (Verse 8–11).
Die Fragen der Jünger (Verse 17–18) beweisen, wie unfähig sie in diesem Augenblick waren, die Belehrungen ihres Meisters zu erfassen (Vers 12). Jetzt aber ist der Heilige Geist gegenwärtig, der den Herrn Jesus verherrlicht, indem Er uns «von dem Seinen» verkündet. Verherrlichen wir Ihn, indem wir das aufnehmen und bewahren, was Er uns kundtut!
Johannes 16, 19–33
Die Jünger werden die Traurigkeit der Trennung erfahren. Aber der Herr Jesus tröstet sie zum voraus, indem Er von der Freude spricht, die sie erwartet, wenn sie Ihn nach seiner Auferstehung wiedersehen werden (Kapitel 20,20). Wleviel Grund zur Freude besitzt doch der Gläubige: die Hoffnung der Wiederkunft des Herrn (vergleiche Vers 22); der Gehorsam gegenüber seinen Geboten (Kapitel 15,10.11 – hast du die Erfahrung der Freude, die er bringt, schon gemacht?); die Abhängigkeit und die Antwort auf unsere Gebete (Kapitel 16,24); die Offenbarungen des Herrn in seinem Wort (Kapitel 17,13); die Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn (1. Johannes 1,3.4); das sind die unerschöpflichen Quellen seiner «völligen Freude».
Warum will der Herr ihnen nicht sagen, dass Er den Vater für sie bitten werde (Vers 26), da dies doch gerade der Gegenstand des ganzen nächsten Kapitels ist? Weit davon entfernt, die Zuneigungen der Jünger für sich zu beanspruchen, ist es sein grosser Gedanke, sie in direkte Verbindung mit dem Vater zu bringen. Deshalb fordert Er sie auf, sich nicht damit zu begnügen, auf Ihn als den Fürsprecher bei Gott zu zählen, sondern die persönliche Erfahrung der Liebe des Vaters und der Macht seines Namens zu machen. «Seid guten Mutes», schliesst der Herr, die Welt, unser gemeinsamer Feind, ist stark, aber ich habe sie überwunden.
Johannes 17, 1–13
Nachdem der Herr Jesus seinen geliebten Jüngern seine letzten Anweisungen und Abschiedsworte gegeben hat, wendet Er sich an seinen Vater. Er, der nie etwas für sich selbst gefordert hat, bittet nun um die Herrlichkeit. Denn es dient zur Verherrlichung Gottes, des «gerechten Vaters» (Vers 25), wenn Er den gehorsamen Sohn ehrt, indem Er Ihn verherrlicht.
Wie ein treuer Botschafter legt der Herr Jesus über seine Mission, die Er hienieden erfüllte, Rechenschaft ab (Vers 4).
Eine Seite dieses Werkes war es, zu den Seinigen vom Vater zu sprechen (Verse 6,26). Nun spricht Er von den Seinigen zum Vater, um sie Ihm anzubefehlen, weil Er selbst sie verlassen wird. Und es bewegt uns, seine Argumente zu hören: «Sie haben dein Wort bewahrt ... sie haben geglaubt, dass du mich gesandt hast», sagt Er als Erstes, obwohl wir wissen, wie schwach der Glaube der armen Jünger war (Verse 6–8; vergleiche Kapitel 14,9).
Übrigens «sind sie dein ...», fährt der Herr fort, wie könntest du sie verlassen?
«Und ich bin in ihnen verherrlicht», fügt Er noch hinzu, indem Er sich auf das Interesse des Vaters für die Verherrlichung seines Sohnes beruft.
Schliesslich betont Er die schwierige Lage seiner Erlösten, die sich in einer Welt befinden, die gefährlich ist und den Glauben auf die Probe stellt. Als vollkommener Fürsprecher verficht Er hier die Sache seiner Jünger und heute die unsrige.
Johannes 17, 14–26
Die Erlösten werden bei ihrer Bekehrung nicht aus der Welt weggenommen (Vers 15). Sie werden vom Herrn sogar ausdrücklich in die Welt gesandt (Vers 18), um das Werk auszuführen, das Er ihnen aufgetragen hat. Trotzdem sind sie «nicht von der Welt», wie der Herr Jesus es auch nicht war. Ihre Stellung ist die von Fremden, die in einem feindlichen Land berufen sind, ihrem höchsten Herrn zu dienen. Aber dieses unvergleichliche Kapitel lehrt uns, dass die Gläubigen keineswegs vergessen sind hienieden, sondern von einem «grossen Hohenpriester» vor den Thron der Gnade gebracht werden (vergleiche Hebräer 4,14–16). Hören wir, was Er vom Vater für sie, die einer solchen Welt ausgesetzt sind, erfleht: »... dass du sie bewahrest vor dem Bösen» (Vers 15).
«Heilige sie durch die Wahrheit»: das ist die Absonderung derer, die seinem Wort gehorchen.
«Auf dass sie alle eins seien»: das ist der Wunsch seines Herzens, der uns demütigt, wenn wir an die Spaltungen unter den Christen denken.
«Auf dass sie auch bei mir seien, wo ich bin» (Vers 24). Sie, die nicht «von» der Welt sind, werden nicht «in» der Welt bleiben. Ihr ewiges Teil ist, beim Herrn Jesus zu sein, um seine Herrlichkeit zu sehen. «Ich will ...», sagt Er, denn die Gegenwart der Seinigen bei Ihm im Himmel ist die Folge der vollständigen Resultate seines Werkes und ein Teil seiner Herrlichkeit und der Herrlichkeit des Vaters.
Johannes 18, 1–11
Nach der «Herrlichkeit, die du mir gegeben hast» (Kapitel 17,22), kommt der «Kelch, den mir der Vater gegeben hat» (Vers 11). Jesus empfängt beides in völliger Abhängigkeit aus der Hand des Vaters. Aber in Übereinstimmung mit dem Charakter dieses Evangeliums haben wir hier nicht den «ringenden Kampf» (Lukas 22,44). Im Gedanken des gehorsamen Sohnes ist das Werk bereits vollbracht (Kapitel 17,4).
Der erbärmliche Judas weiss, wohin er die bewaffnete Schar zu führen hat, um den Herrn zu greifen. Es ist der Ort, wo er selbst an mancher vertraulichen und kostbaren Zusammenkunft teilgenommen hat.
Der, den man mit Verachtung «Jesus, den Nazaräer» nennt, ist kein anderer als der Sohn Gottes. Im vollen Bewusstsein dessen, was geschehen würde, geht Er dieser drohenden Truppe entgegen. Und Er gibt einen Beweis von seiner unumschränkten Macht, durch den man Ihn nach den Schriften hätte erkennen können (Psalm 27,2): Mit einem einzigen Wort wirft Er seine Feinde zu Boden. Aber was ist der Gedanke seines Herzens in diesem für Ihn so schrecklichen Augenblick? «Lasst diese gehen», befiehlt Er denen, die gekommen sind, Ihn zu greifen. Bis zum letzten Moment wachte der gute Hirte über seine Schafe. Jetzt ist die Stunde gekommen, wo Er sein Leben für sie lassen wird (Kapitel 10,11).
Johannes 18, 12–27
Als Petrus bei denen stand, die seinen Meister verhaftet und gebunden hatten, und sich mit ihnen am Kohlenfeuer wärmte, hatte er Ihn praktisch schon verleugnet. Wenn wir in einer Welt, die den Herrn Jesus gekreuzigt hat, unsere Gesellschaft suchen, um ihre Annehmlichkeiten zu teilen, setzen wir uns in der einen oder andern Weise der Gefahr aus, den Herrn zu verunehren. Wir können nicht damit rechnen, bewahrt zu bleiben (als Antwort auf sein Gebet in Kapitel 17,15–17), wenn wir die Absonderung, von der Er in den gleichen Versen (Kapitel 17,16) spricht, nicht verwirklichen. Durch seine Untreue entgeht Petrus für den Augenblick der Schmach und der Verfolgung. War er denn «grösser als sein Herr» (Kapitel 15,20), der seinerseits dem ganzen Hass und der Verachtung der Menschen rückhaltlos begegnet? Auf das heuchlerische Verhör des Hohenpriesters hat der Herr Jesus nichts zu antworten. Er hatte sein Zeugnis öffentlich gegeben. Es liegt jetzt an seinen Richtern, den Beweis des Bösen zu erbringen -wenn sie dazu fähig sind!
Dieses Evangelium unterstreicht -mehr als die drei anderen -die Würde und die Autorität des Sohnes Gottes. Trotz der Demütigungen, die Er erfahren muss, und der Art und Weise, wie man über Ihn verfügt, beherrscht Er diese Szene gänzlich, als der, welcher «sich selbst Gott hingegeben hat», als vollkommenes Schlachtopfer (Epheser 5,2).
Johannes 18, 28–40
Als die Juden Jesum vor den römischen Statthalter führen, wachen sie darüber, dass sie sich nicht verunreinigen ..., obwohl sie ihr Gewissen gleichzeitig mit dem schrecklichsten Verbrechen aller Zeiten belasten!
Der Apostel Paulus gibt Timotheus «das gute Bekenntnis» von Christus Jesus vor Pontius Pilatus als Beispiel (1. Timotheus 6,13). Ungeachtet dessen, was es Ihn kosten mag, bestätigt der Herr seine Königswürde, macht aber gleichzeitig klar, dass sein Reich «nicht von dieser Welt» ist. Der 36. Vers sollte alle aufklären, die heute dafür kämpfen, d.h. alle Anstrengungen machen, um das Reich Gottes auf der Erde aufzurichten. Eine fortschreitende Verbesserung der Welt, die dem Herrn erlauben soll, hier seine Herrschaft anzutreten, ist nichts als eine Illusion. Wenn Er diese Verbesserung nicht herbeigeführt hat – wie sollten dann die Christen es versuchen?
«Was ist Wahrheit?», fragt Pilatus. Aber er erwartet keine Antwort. Er gleicht vielen Menschen, die diese Frage nicht interessiert-im Grunde genommen weil sie sich vor der Antwort fürchten, die ihr Leben anklagen würde. Die Wahrheit stand in der Person des Herrn Jesu vor Pilatus (Kapitel 14,6). Er versucht vergeblich, seiner Verantwortung zu entkommen, indem er vorschlägt, den Gefangenen an dem Passah loszugeben. Einstimmig verlangen die Juden an seiner Stelle die Freilassung des Räubers Barabbas.