Der Christ im Spannungsfeld dieser Welt
1. Mose 38 im Licht unserer Zeit
Lektion 2: Eine falsche Weichenstellung – Der Weg in die Welt
Wir sahen in Lektion 1, dass die Geschichte in 1. Mose 38 eine traurige Geschichte ist, eine Geschichte der ernsten Warnung. Sie zeigt uns den wichtigen Grundsatz, dass ein Mensch das erntet, was er vorher gesät hat. Gleichzeitig wird deutlich, dass die Gnade Gottes auch in einem kaputten Leben siegen kann. Lektion 2 macht uns klar, dass jeder falsche Weg einmal einen Anfang nimmt. Erste Weichenstellungen spielen eine wichtige Rolle in unserem Leben.
Eine folgenschwere Entscheidung
Unser Kapitel beginnt mit den Worten: „Und es geschah zu jener Zeit, dass Juda von seinen Brüdern hinabzog“ (Vers 1). Juda hatte viele Brüder. Gemeinsam lebten sie im Haus ihres Vaters Jakob. Was hat in Juda den Entschluss reifen lassen, seine Brüder zu verlassen? Wir wissen es nicht genau. Jedenfalls ging er weg, um sich bei einem Mann aufzuhalten, der in Adullam wohnte.
Unser Leben besteht aus vielen Entscheidungen, aus großen und kleinen, wichtigen und weniger wichtigen. Manche Entscheidungen treffen wir intuitiv, ohne groß darüber nachzudenken. Manchmal überlegen wir vorher, wägen ab und handeln dann. Einige Entscheidungen bleiben ohne große Folgen, andere wiederum sind in ihren Auswirkungen sehr folgenschwer. Der jüngere Sohn in Lukas 15 wird sich seine Entscheidung, das Haus seines Vaters zu verlassen, reiflich überlegt haben. Auf der einen Seite die vermeintliche Enge des Vaterhauses. Auf der anderen Seite die unendlich scheinende Freiheit in der Welt. Auf der einen Seite ein scheinbar spießbürgerliches Leben mit tausend Sachzwängen. Auf der anderen Seite Freunde, mit denen er jede Nacht zum Tag machen konnte. Auch Lot wird nachgedacht haben, bevor er sich von seinem Onkel Abraham trennte. Auf der einen Seite das Gebirge, mit seinen Mühen und seiner Anstrengung. Auf der anderen Seite die herrliche Ebene von Sodom mit den nahrhaften Weiden für das Vieh. Auf der einen Seite das ihm langweilig scheinende Leben mit seinem Onkel. Auf der anderen Seite die Nähe einer Stadt, die Abwechslung, Lebensfreude und Vergnügen versprach.
Bei Juda mögen die Motive andere gewesen sein als bei dem jungen Mann in Lukas 15 oder bei Lot. Die Entscheidung, die er aber trifft, ist ebenso fatal. Sein Name bedeutet „Lobpreis.“ Sein Leben sollte zur Ehre und zum Preis Gottes sein. In seinem Verhalten drückt er das Gegenteil aus. Hira bedeutet übersetzt „Adel, edle Geburt.“ Die Welt präsentiert sich nicht immer von ihrer „schlechten“ Seite. Nicht alles sieht auf den ersten Blick verdorben aus. Ganz im Gegenteil. Der Name Hira lässt uns daran denken, dass es in der Welt vermeintlich erstrebenswerte und edle Dinge gibt. Wer möchte denn nicht die Karriereleiter ersteigen? Wer möchte nicht etwas von dem Ruhm dieser Welt genießen? Einmal ganz oben auf dem Treppchen stehen, ist das nichts? Das alles mögen Motive sein, die auch uns veranlassen können, unseren „Brüdern“ den Rücken zu kehren.
Noch etwas vervollständigt das Bild: Adullam bedeutet „Gerechtigkeit des Volkes.“ Das mag von dem frommen und religiösen Schein dieser Welt sprechen. Ist die Gerechtigkeit des Volkes denn nicht etwas Wünschenswertes? Es ist bemerkenswert, dass der Name der letzten Versammlung, an die der Apostel Johannes in Offenbarung 2 und 3 einen Brief schreibt, die Bedeutung hat: „die Volksgerechte“ (Laodizea). Und diese Versammlung empfängt ein vernichtendes Urteil aus dem Mund des Herrn Jesus: „So, weil du lau bist und weder warm noch kalt, werde ich dich ausspeien aus meinem Mund“ (Off 3,16). Deutlicher könnte das Missfallen des Herrn kaum ausgedrückt werden.
Weg von seinen Brüdern
Juda verlässt seine Brüder und damit das Haus seines Vaters. Er geht weg von zu Hause. Er will sein eigener Herr sein. Er will seine eigenen Wege gehen. Er will seine eigenen Entscheidungen treffen. Was ist uns die Gemeinschaft mit dem Herrn und unseren Glaubensgeschwistern wert? Freuen wir uns, mit denen zusammen zu sein, die dem Herrn Jesus angehören? Oder finden wir ein solches Leben langweilig, fade und ohne die nötige Würze? Keine Frage, die Welt hat viel zu bieten. Aber es ist im höchsten Maße riskant, die Gemeinschaft mit dem Herrn und die Gemeinschaft mit den Geschwistern aufzugeben, um sich mit dieser Welt zu verbinden. Juda musste das im weiteren Verlauf seines Lebens bitter erfahren. Der weise Salomo warnt seinen Sohn gleich zweimal mit den Worten: „Da ist ein Weg, der einem Menschen gerade erscheint, aber sein Ende sind Wege des Todes“ (Spr 14, 12 und 16, 25).
Das Leben als Christ ist kein Leben als Einsiedler. Christen sind auf Gemeinschaft angelegt. Es ist erstens die Gemeinschaft mit dem Herrn Jesus. Wir dürfen lernen, ganz nahe bei Ihm zu bleiben. David sagte einmal zu einem Mann, der bei ihm Schutz suchte: „Bleibe bei mir, fürchte dich nicht; … denn bei mir bist du wohl bewahrt“ (1. Sam 22,23). David ist in dieser Situation ein Bild von unserem Herrn. Wenn uns einer bewahren kann, dann der Herr Jesus. Barnabas ermutigte die Gläubigen in Antiochien, „mit Herzensentschluss bei dem Herrn zu verharren“ (Apg 11,23). Wenn wir das tun, können wir vor den Verlockungen dieser Welt bewahrt werden.
Zweitens werden wir auch in der Gemeinschaft der Geschwister bewahrt. Als die Moabiterin Ruth auf das Feld des Boas kam, sagte er zu ihr: „Hörst du, meine Tochter? Geh nicht, um auf einem anderen Feld aufzulesen, und geh auch nicht von hier weg, sondern halte dich hier zu meinen Mägden“ (Rt 2,8). Das war genau der richtige Rat. Boas ist – wie David – ein Bild von dem Herrn Jesus. Die Mägde auf dem Feld des Boas sprechen von Menschen, die sich in der Nähe des Herrn aufhalten, sich mit der Bibel, dem Wort Gottes, beschäftigen und ein Leben in Reinheit führen.
Paulus schreibt im 2. Timotheusbrief folgenden wichtigen Satz:
„Die jugendlichen Begierden aber fliehe; strebe aber nach Gerechtigkeit, Glauben, Liebe, Frieden mit denen, die den Herrn anrufen aus reinem Herzen“ (2. Tim 2,22).
Juda hat genau das Gegenteil getan. Er ist nicht vor der Lust geflohen. Er hat mit dem Feuer gespielt. Er hat auch nicht – gemeinsam mit seinen Brüdern – nach Gerechtigkeit, Glauben, Liebe und Frieden gestrebt. Er hat seine Brüder verlassen.
Noch einmal: Was ist uns die Gemeinschaft mit dem Herrn und unseren Geschwistern wert? Diese Frage drängt sich auf. Wir müssen darauf eine Antwort geben! Der Herr, der alles für uns tat, will uns bewahren. Wenn wir ihn verlassen, wenn wir unsere Glaubensgeschwister verlassen, dann können wir sicher sein, dass es der Anfang eines Weges ist, der ins Chaos führt.
Es gibt übrigens erste Symptome einer solchen Entwicklung. Das können z.B. sein:
- Wir haben keine Freude mehr daran, in der Bibel zu lesen.
- Wir führen kein aktives Gebetsleben mehr.
- Wir finden die Zusammenkünfte der Gläubigen langweilig.
- Wir fühlen uns in der Gegenwart unserer Glaubensgeschwister nicht mehr wohl.
Wenn wir diese Symptome bei uns feststellen, dann sollten bei uns „alle roten Lampen angehen“. Dann sind wir auf dem falschen Kurs. Wir sollten aktiv werden und sofort gegensteuern.
Der Weg in die Welt
Juda verlässt seine Brüder. Wo geht er hin? Sein Weg zeichnet den Weg eines Gläubigen in die Welt vor. Wir sahen schon, dass es unterschiedliche Motive für einen solchen Weg geben kann. Wir sahen auch, dass sich die Welt in ganz unterschiedlichem Kleid präsentiert. Aber eines ist immer klar: Das Kleid der Welt schillert in bunten und attraktiven Farben. Der eine möchte etwas erleben: Disco, Freunde, Feten, Partys, Alkohol und, und, und. Den anderen treibt die Befriedigung seiner geschlechtlichen Wünsche und Begierden in die Welt. Endlich den Zwang des kleinbürgerlichen Lebens einer christlichen Familie loswerden. Wieder einen anderen reizt die „edle“ Welt: Er sucht Erfüllung in der Wissenschaft, Kultur und Philosophie. Auch das Geld und die Ehre dieser Welt können locken. Man möchte reich werden, ein ruhmreicher Sportler sein, oder ein vom Erfolg verwöhnter Manager, oder ein populärer Politiker. Wer wollte von sich behaupten, gegen diese Dinge immun zu sein?
Es ist nicht abzustreiten: Die Welt bietet viel – sehr viel. Aber etwas anderes ist auch nicht abzustreiten: Die Welt nimmt immer mehr, als sie bietet! Das hat Lot erfahren. Das hat Simson erfahren. Das hat der jüngere Sohn aus Lukas 15 erfahren, und das werden wir auch in der Geschichte Judas finden. Täuschen wir uns nicht. Die Gleichung geht nie auf. Wir werden immer unendlich mehr bezahlen, als wir bekommen. Deshalb ist es so wichtig, die Weichen richtig zu stellen, den Weg in die Welt erst gar nicht einzuschlagen.
Drei Warnsignale
Gott lässt uns nicht ohne Warnung. Wir erinnern uns an drei klare Warnsignale aus dem Neuen Testament. Es sind drei Stoppschilder, die Gott aufstellt, damit unser Leben nicht in einem Scherbenhaufen endet.
Warnsignal 1: Seid nicht gleichförmig dieser Welt!
„Seid nicht gleichförmig dieser Welt, sondern werdet verwandelt durch die Erneuerung eures Sinnes, dass ihr prüfen mögt, was der gute und wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes ist“ (Röm 12,2).
Der Weg in die Welt beginnt damit, dass wir die Denkmuster und Verhaltensweisen dieser Welt adaptieren. Dabei geht es nicht zuerst um das Äußere, sondern es geht vor allem um das Innere. Denn es wird an dieser Stelle von unserem „Sinn“ gesprochen. Fangen wir an zu denken wie die Welt? Fangen wir an zu urteilen wie die Welt? Oder prüfen wir bei allen Entscheidungen, was der gute, wohlgefällige und vollkommene Wille des Herrn ist? Mit diesem Hinweis liefert uns Gott gleich das Bewahrungsmittel mit.
Warnsignal 2: Liebt nicht die Welt!
„Liebt nicht die Welt noch was in der Welt ist. Wenn jemand die Welt liebt, so ist die Liebe des Vaters nicht in ihm; denn alles, was in der Welt ist, die Lust des Fleisches und die Lust der Augen und der Hochmut des Lebens, ist nicht von dem Vater, sondern ist von der Welt. Und die Welt vergeht und ihre Lust; wer aber den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit“ (1. Joh 2,15–17).
Wer die Gesinnung der Welt übernimmt, wird bald die Welt lieben. Und Gott gibt uns das zweite Warn-signal. Die Liebe zur Welt steht der Liebe des Vaters diametral gegenüber. Wenn jemand die Welt liebt, so ist die Liebe des Vaters nicht in ihm. Johannes bringt es auf den Punkt. Keine Grauzone! Kein Zwischending! Kein goldener Mittelweg! Aber Gott macht auch gleichzeitig klar, dass es sich gar nicht lohnt, die Welt zu lieben. Es ist Fakt: Die Welt vergeht und ihre Lust. Es ist genauso Fakt: Wer den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit. Das eine lohnt sich nie. Das andere lohnt sich immer!
Warnsignal 3: Sei kein Freund der Welt!
„... wisst ihr nicht, dass die Freundschaft der Welt Feindschaft gegen Gott ist? Wer nun irgend ein Freund der Welt sein will, erweist sich als Feind Gottes“ (Jak 4,4).
Es bleibt nicht bei der Liebe zur Welt. Wer das zweite Warnsignal übersieht und das von Gott aufgestellte Stoppschild überfährt, wird schließlich ein Freund dieser Welt. Und wieder zeigt Gott klar und deutlich auf, was das bedeutet: Wer ein Freund dieser Welt sein will, stellt sich als Feind Gottes dar. An dieser Aussage gibt es nichts zu rütteln. Nichts zu beschönigen. Gott sagt es so. Und dann ist es auch so. Ob wir es wollen oder nicht, spielt keine Rolle.
Wollen wir es wirklich so weit kommen lassen? Juda hat alle Warnsignale überhört. Er hatte alle Stoppschilder übersehen. Augen zu und durch! Zweimal wird Hira in unserem Kapitel der „Freund“ Judas genannt (Verse 12 und 20). Wer die Weichen einmal falsch stellt, läuft in der falschen Spur. Gott spricht uns alle an. Seine Warnsignale richten sich an uns. Wollen wir sie hören? Oder verschließen wir die Augen und verstopfen die Ohren?
Ein Weg „hinab“
Der Bibeltext sagt ausdrücklich, dass Juda „hinabzog.“ Ein Weg in die Welt ist immer ein Weg nach unten. Ein Weg, der aus der Gemeinschaft mit dem Herrn und den Glaubensgeschwistern wegführt. Die Bibel spricht von verschiedenen Menschen, die einen solchen Weg „hinab“ gingen. Das Ende war selten gut. Drei Beispiele:
- Abraham, der eigentlich ein Mann des Glaubens war, zog in einem schwachen Augenblick nach Ägypten hinab. Er sah die Hungersnot im Land und glaubte, mit diesem Weg die Lösung für sein Problem gefunden zu haben. Die negativen Folgen haben ihn ein Leben lang begleitet. Siehe 1. Mose 12,10.
- Simson, der starke Richter Israels, ging nach Timna hinab. Er blieb nicht auf den Höhen in der Gemeinschaft mit seinem Gott. Er suchte den Weg in die Niederungen. Dort sah er eine Frau von den Philistern. Er nahm sie, und das Unheil nahm seinen Lauf. Siehe Richter 14,1.
- Jona, der ungehorsame Prophet, glaubte, vor dem Angesicht des Herrn fliehen zu können. Er ging zuerst nach Japho hinab. Dann stieg er in das Schiff hinab und im Schiff in den unteren Schiffsraum. Schließlich ging es in die Tiefen des Meeres hinab. Hätte die Gnade Gottes ihn nicht gerettet, wäre er elend ums Leben gekommen. Siehe Jona 1,3.5 und Jona 2,7.
Herz und Gedanken bewahren
Wo finden falsche Weichenstellungen in unserem Leben ihren Anfang? In unserem Herzen und in unseren Gedanken! Deshalb sagt die Bibel mit allem Nachdruck: „Behüte dein Herz mehr als alles, was zu bewahren ist; denn von ihm aus sind die Ausgänge des Lebens“ (Spr 4,23). Hätte Juda das getan, wäre ihm viel erspart geblieben. Das Herz spricht von unseren Zuneigungen. Es spricht von unseren Empfindungen und Emotionen. Gleichzeitig ist es das Zentrum unserer Persönlichkeit. Der Weg in die Welt fängt selten mit den Füßen an. Die Füße folgen schließlich dem, was sich in unserer Gedanken- und Emotionswelt abspielt. Aus diesem Grund werden wir aufgefordert, jeden Gedanken gefangen zu nehmen „unter den Gehorsam des Christus“ (2. Kor 10,5). Wenn wir unsere Gedanken unkontrolliert „spazieren gehen lassen“, brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn eine Saat in unsere Herzen gelegt wird, die nur Unkraut zum Wachsen bringt. Deshalb lesen wir: „Gib mir, mein Sohn, dein Herz, und lass deine Augen Gefallen haben an meinen Wegen!“ (Spr 23,26). Liebe und Zuneigung zu unserem Herrn, der uns so sehr geliebt hat, sind das beste Bewahrungsmittel davor, in unserer Gedankenwelt und dann auch mit unseren Füßen falsche Wege einzuschlagen.